von Kathrin Buholzer » 17.10.2007, 22:45
Zuallerst ich bin neu hier.
Hallo Chaosmom (musste über deinen Nicknamen schmunzeln...) schön, dass du hier bist!Ich kann dir gerne ein paar Tipps geben. Hier erst einmal etwas allgemeines:
Als erstes ist ganz wichtig, dass du versuchst, den Fokus auf das Positive zu richten. D.h Tun deine Kinder etwas, dass du toll findest, etwas dass sie ehr machen sollten, dann versuch sie zu loben. Also wenn sie z.B einen Moment ganz ruhig und lieb spielen, dann geh später zu ihnen und sage: „ Das isch de schön, dass dir so ruehig und lieb gspielt heit.“ Oder „das hett mi de gfreut, dass dir so schön gspilt heit. Aufpassen dass du nicht ins negative fällst. „Es isch de schön, dass der itze ändlich mal nid so lut sit gsi.“ Man nennt das „Beschreibendes Lob“, also genau die Situation beschreiben die du beobachtet hast und diese loben. Versuch ganz stark, dieses Loben in den Alltag einzubeziehen. D.h nimm dir vor, dein Kind mind. 5 Mal am Tag beschreibend zu loben.
Versuch einmal zu beobachten, wann es Schwierigkeiten gibt. Führe ein „Verhaltenstagebuch“. Was ist das Problem, Wann und wo ist es aufgetreten, Was passierte vorher, Was nachher. Evt. wirst du feststellen, dass es ein Verhaltensmuster gibt. Vielleicht tun sie es, weil die eine zeigen will, dass sie etwas besser kann. Vielleicht machen sie es, wenn es ihnen Langweilig ist, evt. suchen sie einfach auch nur Aufmerksamkeit. Vielleicht wirst du auch feststellen, dass es gar nicht so häufig vorkommt, wie du vielleicht im Moment meinst.
Ich habe 3 Kinder. 1J., fast 3J. und 41/2J. Die beiden älteren streiten sich oft. Meistens geht der Streit vom älteren aus. Er neckt den kleinen so, dass dieser lautstark anfängt zu schreien. Auch der ältere schreit, wenn er etwas nicht bekommt. Meistens immer auswärts. Er steht dann neben mir und heult sich die Augen aus.
Es ist ganz wichtig, dass du mit deinen Kindern zusammen ein paar Familienregeln aufstellst. Besprecht miteinander, welchen Umgang ihr untereinander möchtet. Die Grösseren können selber versuchen aufzuzählen, wie man sich verhalten soll, damit es untereinander keinen Streit gibt.Schreib es so auf, dass sie wissen WAS GENAU du von ihnen erwartest, was sie tun sollen. Also nicht: „I wott nid, dass du duesch houe“, sondern „I wott, dass du fiin, lieb, aständig bisch. Du kannst das Fehlverhalten schon aufzählen, aber schau darauf, dass du ihm genau erklärst was du von ihm möchtest. Schreibt, zeichnet, klebt diese Regeln (3-4 sollten am Anfang reichen) auf ein Blatt. Gestalte sie so, dass sie alle verstehen und hängt sie irgendwo gut sichtbar auf. Frag sie auch, was passiert, wenn man jemanden beisst oder schlägt, wie sie sich fühlen würde, wenn ihr jemanden weh tut. Versuch auch evt. Alternativen mit ihr zu besprechen, „ i verstah, dass du mängisch wüetig bisch, was chönnt me denn mache?“.Hesch e Idee? We öpper nid das macht, wo du möchschts, was wär denn e gueti Idee, was chönntsch mache?“ Gib ihr erst Vorschläge, wenn sie selber keine weiss.
Bei Regeln musst du auch mit ihnen abmachen, was passiert, wenn sie sich nicht daran halten. Bei beissen, kratzen, schlagen usw. würde ich dir vorschlagen, den Stillen Stuhl oder die Auszeit anzuwenden. Bei uns müssen die Kinder bei diesem Verhalten sofort in die Auszeit. D.h du gehst zu ihr, sagst was sie falsch gemacht hast, erinnerst sie an die Regel und sagst:„Leonie, du hesch itze grad der Tobias gschlage, mir hei abgmacht, dass mir fiin und lieb mitenand umgöh, drum muesch du itze für 1 oder 2 Min. id Uszyt.“ Du nimmst sie ganz ruhig und bestimmt, und bringst sie in den Auszeitraum. Dieser sollte uninteressant sein, also nicht das Kinderzimmer, sondern das Schlafzimmer, Badezimmer…. Wenn er die festgesetzte Zeit ruhig war (es muss nicht mucksmäuschenstill sein, aber er muss sich einigermassen still verhalten), dann gehst du zu ihm und sagst: „du bisch itze schön still gsi, itze darfsch wieder usecho.“ Versuch nicht mehr über den Vorgang zu sprechen, sondern versuch ihn wieder in eine Aktivität zu verwickeln. Die Auszeit zeigt ihm, dass er ganz klar eine Abmachung eine Regel übertreten hat, es gibt ihm aber auch dir die Möglichkeit euch zu beruhigen. Drohe nicht mit der Auszeit, er wird sonst lernen, dass er erst hören muss, wenn du drohst. Das gilt allgemein bei den Drohungen. Also das berühmte „wed itze nid folgisch, denn… oder itze zelle ig no uf drü“ solltest du vermeiden. Dein Kind lernt nämlich dabei: Ich muss erst dann hören, wenn die Mama laut wird, wenn sie schimpft, droht oder auf 3 zählt. Versuch anstatt zu drohen, das Kind zu motivieren. „Hey, wenn di itze schnäll aziehsch, denn hei mer när no gnue Zyt fürs Büechli.“ Oder „Due di itze alege und wed agleit bisch denn chasch cho ässe.“ (Nicht: wed di itze nid aleisch, de chasch nid cho ässe).
Die Auszeit vorher (also wenn es kein Problemverhalten gibt) mit dem Kind vorbesprechen und genau sagen, was passiert, wieso und wie lange man in die Auszeit muss und wann du sie wieder von der Auszeit zurückholst.
Wie soll ich beim Einkaufen reagieren, wenn ich mal das Ü-Ei nicht kaufen will. Er steht mir dann dauernd im Weg rum und schreit. Ich würde dann am liebsten alle Kinder stehen lassen und davon laufen.
Wichtig ist, dass du vorher mit deinen Kindern genau absprichst, wie es abläuft. D.h. vorausplanen. Sag ihnen, wo ihr hingeht, mit wem, wie lange und was ihr dort macht. Evt. kannst du vorher mit ihnen zusammen eine Einkaufsliste zusammenstellen. Sag ihnen was ihr einkaufen müsst. Sag ihnen auch ganz genau, dass ihr nichts kauft. Besprich mit ihnen vorher, was du von ihnen erwartest und macht zusammen Regeln ab. Mach mit ihnen auch eine Belohnung ab, wenn es klappt. "Wenn ihr schön bei mir bleibt und wir friedlich und ruhig zusammen einkaufen können, dann gehen wir nachher noch auf den Spielplatz, können wir zu Hause zusammen ein Spiel machen usw." Sag ihnen auch welche Konsequenz es hat, wenns nicht klappt. Also keine Belohnung. Achte darauf, dass sie während des einkaufens etwas zu tun haben (interessante Beschäftigung). Lass sie Produkte suchen, sprich mit ihnen über Farben, Formen, Produkte usw. Sag ihnen nach dem Einkauf, was gut geklappt hat und was nächstes Mal noch besser laufen könnte.
Wenn der jüngere etwas falsch macht, aus der Sicht des älteren, dann korigiert er ihn und will ihn bestrafen. Er übernimmt eigentlich meine Rolle, was dem jüngeren natürlich absolut nicht passt.
Wenn du das hörst, geh zu ihnen und mach folgendes:
Nicht als „Polizist“ in die Situation rein gehen, sondern als „Vermittler“. Wenn sie sich streiten und du zu ihnen gehst, dann versuche nicht gleich selber die Situation zu klären. Also nicht: „ was isch itze hie scho wider los, Luca was hesch ume gmacht? Muesch immer mit de andere stritte, itze gib ihne sofort die Sache zrügg/la se i Rueh usw.“ Versuch als erstes mal zuzuhören. Was genau ist passiert, versuch nicht zu bewerten und Partei für jemanden zu ergreifen. Hör zu und mach dir ein Bild. Wenn nötig fass das Gehörte zusammen: „Also hani das richtig verstande, Luca du bisch verruckt worde, wüll dr Tim nid hett wölle mit dir spile.“ Versuch auch hier nicht gleich selber die Lösung zu geben. Probier deine Kinder zu einer Lösung zu bewegen. „Also, Tim du möchtsch nümme mit em Luca spile und du Luca möchtsch, no chli mit ihm witer spiele. Was mache mer itze? Was gits itze für ne Möglichkeit, heit der e Idee. Wie chönntet dir das Problem itze löse?“
Kinder haben meistens selber sehr gute Ideen Probleme zu lösen, man muss sie nur lassen. Wichtig ist, dass du ihnen nur soviel Hilfe wie nötig gibst, so dass sie das Problem eigentlich selber lösen können. Wenn es dann nicht klappt, oder sie sich nicht einigen können, dann kannst du immer noch einschreiten od. eine Lösung vorschlagen. „Luget, wenn dir öich nid chöit einige, wär itze mit dem Outo spilt, de nimenis itze für ne Moment wäg. 10 Minute gibenis euch de wider und de chöit der de nomal versueche das z löse.“ Es ist nicht deine Aufgabe abzuwägen und den Schiedsrichter zu spielen, du sollst nur Hilfestellungen geben und die Kinder müssen es dann selber versuchen. Das ist für dich einfacher, denn sonst stehst du immer zwischendrin, du bist immer für irgendjemanden „die Böse“ du kannst es nicht allen recht machen. Deshalb ist es für dich auch viel entspannter, wenn deine Kinder nach Lösungen suchen. Sie werden mit der Zeit auch merken, dass sie dich auch nicht immer rufen müssen, denn du ergreifst ja „keine Partei“ mehr für jemanden. Ich weiss, das ist sehr schwierig am Anfang, vor allem wenn man es sich gewohnt ist, immer gleich einzuschreiten und Tipps zu geben oder zu befehlen, wies jetzt läuft. Es braucht Fingerspitzengefühl um sich auch mal zurückzuhalten und den „Ball“ an die Kinder zurückzugeben. Es wird sicher auch nicht gleich beim ersten Mal klappen, aber probier es einfach immer wieder. Du kannst mir ja ein Feedback geben wie es geklappt hat.
Ich versuche immer ruhig zu bleiben, aber Abends und manchmal sogar schon am Nachmittag, ist mein Fass übergelaufen und ich brülle und schreie nur noch herum. Ich bin einfach überfordert. Wie kann ich ruhig bleiben und wie bringe ich meinen ältesten Sohn dazu, nicht immer so ein Theater zu machen.
In dem du ihn lobst und ermutigst, wenn er etwas gut gemacht hat. Wenn er Theater macht, dann schenk ihm keine Aufmerksamkeit. Lass ihn einfach einen Moment oder sage ihm: "Ich komme weider zu dir, wenn du dich beruhigt hast."
In der Migro ihm mit dem drohen, das es heute kein Büechli gibt zum anschauen nützt nichts, weil ich dann das Abends meistens wieder vergessen habe. Und ihn als Strafe im Auto sitzen lassen und mit den anderen Einkaufen gehen,will ich nicht
Drohen ist allgemein eine schlechte Strategie. Die Kinder lernen mit der Zeit: "Solange Mama nicht droht, schreit oder auf 1,2,3 zählt, muss ich eh nicht gehorchen, sie meint es ja eh nicht ernst."
Wichtig ist, dass du nicht alles x-mal sagst.
Wenn du möchtest, dass dein Kind etwas tut, dann folge diesen Schritten: Geh zu ihm hin (also nicht aus einem anderen Zimmer, von draussen nach drinnen…) rufen, sprich ihn mit Namen an und sag ihm genau was er tun soll: „bitte häb dini Füess abe, gang bitte ga Zähnputze…“ (auch hier, immer sagen, was er tun soll, was du von ihm möchtest). warte ca. 5 Sekunden und gib ihm Zeit zu gehorchen. Bleib in der Nähe und beobachte ihn. Wenn er macht, was du gesagt hast, dann lobe ihn. Wenn nicht dann gib ihm die Anweisung noch einmal. Wenn er wieder nicht gehorcht, dann musst du eine logische Konsequenz folgen lassen. ( also irgendetwas, welches mit seinem Verhalten in Zusammenhang steht. Ihn aus der Situation entfernen, das Spielzeug, den Teller einen Moment wegnehmen, keine Geschichte vorlesen usw.). Sag ihm immer wieso du es tust, drohe nicht, sondern tu es einfach. Wichtig ist, dass du ihm immer wieder die Möglichkeit gibst es wieder zu üben. Entferne das Spielzeug nur für ca. 5-30 minuten und gib sie ihm dann wieder. Wenn es keine Konsequenz gibt, dann setze ihn für eine bis 2 Minuten auf den stillen Stuhl. Er muss dann kurz auf einen Stuhl, Treppe, Boden sitzen, sich beruhigen, kurz nachdenken und du holst ihn dann wieder. (Wie bei der Auszeit). Wenn er nicht still ist, dann bring ihn in die Auszeit. Sag ihm warum: „du bisch nid still gsi, drum muesch itze e moment id uszyt/timeout ids zimmer. Ich wünsche dir viel Kraft und Energie beim ausprobieren. Nicht alles auf einmal probieren. Es braucht Zeit, diese Muster, die sich bei euch eingeschlichen haben, zu ändern. Denk dran: viele Verhaltensprobleme deiner Kinder sind antrainiert. Du kannst sie deinen Kindern wieder abtrainieren und ihnen neues Verhalten lehren. Wie das beim Trainieren so ist: es braucht ein paar Schweisstropfen und ist anstrengend! :-) Gib mir Feedback wie es geklappt hat. Bin gespannt! Liebe Grüsse Kathrin