von Kathrin Buholzer » 18.02.2010, 23:43
Hallo Kathrin
zuerst einmal, herzlichen Dank für deine schnelle Antwort. ich verstehe das sehr gut, dass Kinder ein "Vorbild" suchen, vorallem unser Sohn, da er ja nicht gerade viele Kamerädli hat. Leider ist es aber auch so, dass er grundsätzlich überhaupt nicht in eine Gruppe gehen möchte. Ich habe schon so viel versucht. Kinder-Mutter-Singen, Schwimmkurs, er hat sogar einen Spielgruppen-Versuch gehabt, hat ihm alles nicht gefallen. Denn eigentlich ist er ein sehr schüchterner Junge, der überhaupt nicht gerne auf andere Kinder zugeht. Deshalb ist es ja auch so nervig, dass er gerade einen gefunden hat, was uns ja freut, den er mag, aber dann muss es gleich einer sein, der gar nicht zu ihm passt!!! Irgendwie faszinieren ihn allgemein die Jungs, die nur "Schiessdreck" machen (sorry, die Ausdrucksweise!)
Es sind so eingefleischte Gesten. Die sind einfach "drin". Die bringen wir fast nicht mehr weg. So Körperhaltung, Redensart, schnellen mit der Zunge, wenn ich etwas sage oder erklären möchte.... wie soll ich das beschreiben. Es ist schwierig...
Ich möchte dir mal ein paar Beispiele nennen, vielleicht kannst du mir ja gleich dazu Tipps geben. Ich hoffe,das ist o.k für dich. Denn heute morgen ist es schon wieder ausgeartet und die "Aussetzer" von ihm nehmen zu.
- Er kann keinen Satz in normalem Ton sagen. Er schreit andauernd. HEY MAMI, CHUM MAMI, DUE MAMI... das nervt.
Achte dich immer auch darauf, dass du immer zu ihm hingehst, also dass du nicht von weit her rufst. Ignoriere ihn einfach, wenn er dich ruft, oder sag ihm, dass er zu dir kommen und in normalem Ton mit dir sprechen soll.
Und wenn ich ihm sage, ich möchte, dass er in einem normalen Ton mit mir redet, da ich ja schliesslich auch in einem normalen Ton mit ihm rede, dann sagt er: "Ich will das so, Luca redet auch so"...... und si Papi findet das mega cool!!!
Auch wenn's dich nervt. Ignoriere solche Aussagen einfach. Geh nicht darauf ein, schimpfe nicht mit ihm. Lass das einfach so stehen.
- Das schlimmste ist seine Körperhaltung. Gebückt, die Beine breitbeinig, die Hände so in etwas: Jou Man!!! und dann so ein slang in der Stimme mit einem frechen grinsen. Hey! Kathrin.... er ist erst 3 1/2 Jahre alt!!!!!!
Ich kann verstehen, dass dich das ärgert, aber auch hier würde ich dir empfehlen, das zu ignorieren. Je mehr du darauf eingehst, umso interessanter wird es für ihn.
Ich bin am verzweifeln!!!!! dann wirft er einfach seine Kleider herum, ich sage ihm, er soll sein Pijama doch bitte unters Kopfkissen legen, wie wir es zusammen abgemacht haben.
Am besten bastelt ihr zusammen ein kleines Plakat (kannst z.B mal unter Sgubi Türschilder) nachschauen. Oder z.B ein Foto von seinem Pischi, aufkleben. Hängt das Plakat dann beim Bett auf, damit er es immer sieht und es auch nicht vergisst. Erinner ihn dann einfach daran oder du kannst auch eine Punktekarte mit ihm machen.
Dann zieht er eine Grimmasse und schlecht so extra langsam wie möglich zum Kopfkissen, legt es darunter und schaut mich an: "Bisch jetzt zfriede, hä???" Oh Gott!!!!
Versuch über dem zu stehen. Sag einfach: "Ja, tip top. Ja genau, super!" Und sonst keinen Kommentar abgeben... Auch wenn's dir schwer fällt.
- Sein Cousin ist nie bei uns. Meine Schwägerin möchte das nicht. Sie findet unsere Erziehung völlig daneben...
deshalb kommt er nicht hier her.
Passt auf, dass ihr eure unterschiedlichen Erziehungsauffassungen, nicht auf dem Buckel eurer Kinder austrägt. Überleg dir, wie wichtig dir die Beziehung zu deiner Schwägerin ist und wie wichtig es dir ist, dass dein Sohn mit seinem Cousin zusammen ist. Ich denke das ist eine grundsätzliche Entscheidung, die musst du für dich treffen.
Sie findet, ich sei zu streng. Meine Kinder sind eigentlich auch nie bei ihnen, sondern bei den Grosseltern und der Cousin wohnt eben am gleichen Ort. Deshalb sehen sie sich sehr oft. Da reicht schon ein ganzer Nachmittag und wir fangen wieder von vorne an mit Regeln aufstellen. Das mit den Regeln klappt sehr gut, und wir haben auch eine gute Form gefunden, wo sich alle dran halten. Ausser der kleine Sohnemann findet es völlig unwichtig. Er möchte so sein wie Luca, also ist er so.
Versuch das etwas auszublenden. Es spielt eigentlich keine Rolle, ob es jetzt wegen Luca ist oder nicht. Entscheidend ist, dass er sich nicht an die abgemachten Regeln hält. Wie wollt ihr mit dem umgehen? Versucht ihr ihn zu motivieren, zu loben wenn es klappt und welche Konsequenzen haben solche Regelverstösse? Am besten logische Konsequenzen einsetzen. Wenn es mal keine gibt, oder das Problemverhalten schon etwas schlimmer ist, dann habt ihr die Möglichkeit euren Sohn einen Moment auf den stillen Stuhl zu setzen oder ihn auch mal in die Auszeit zu bringen. Schaut, dass ihr euch überlegt, für welches Problemverhalten ihr das evt. einsetzen wollt.
Schliesslich freuen sich die Eltern von Luca ständig über dieses Verhalten, sie finden das cool... so richtig "Jungenhaft" und sie unterstützen es auch, wenn unser Joel so ist. Und wenn ich dann mal eingreife, heisst es gleich: Tu doch nicht so streng mit ihm. Das kannst du nicht verhindern, er wird genau gleich wie unser Luca, da kannst du machen was du willst!!!!!
Das ist genau das was ich vorhin gemeint habe. Ihr Erwachsenen spielt euch quasi gegeneinander aus. Wer hat Recht? Welche Erziehung passt, ist die Beste? usw. Das spüren natürlich eure Kinder. Ich denke auch, dass du ohne Problem noch etwas mehr Selbstvertrauen in deine Erziehungsfähigkeiten setzen darfst. Wenn du vor deinem Sohn Selbstvertrauen ausstrahlst, wenn du selber auch an deine Erziehungsmethoden glaubst, dich nicht von solchen Aussagen verunsichern lässt, wird dein Sohn das auch merken. Vielleicht ist es wirklich im Moment besser, wenn du dich (zumindest im Moment) etwas von deiner Schwägerin zurückziehst.
Und der Kleine hört das natürlich und lacht mich frech an und aus!!!!
Das kann ich irgendwie gut nachvollziehen. Das muss ihn ungeheuer verunsichern, wenn er solche Aussagen hört. Er braucht "einen Fels in der Brandung", jemand der ganz klar Stellung bezieht, ihm Leitplanken und Grenzen vorgibt und sich durch nichts erschüttern lässt...
Meinem Mann ist schon mal der Kragen geplatzt, aber da kassieren wir einfach ein Lachen. Das sind Jungs, sie sind verwandt, sie sind gleich!!! Das macht mich sooo wütend!!!
Vielleicht müsst ihr das mal unter euch Erwachsenen klären. Vielleicht hilft ein klärendes Gespräch. Kommt halt immer darauf an, wie wichtig euch die Beziehung mit ihnen ist.
- Der Cousin ist sehr auf materielle Sachen fixiert. Er bekommt das teuerste und beste Spielzug, und zwar jede Woche etwas neues. Sie sind finanziell in der Lage, das zu machen. Wir aber nicht. Würden es auch nicht, wenn wir es könnten. Aber der Kleine hat jetzt wirklich angefangen zu rebellieren. Luca hat ein Skatebord bekommen, ein Gokart, ein Computer... ich will das auch haben.... warum darf ich das nicht haben? Ich will beim Luca wohnen, der hat so coole Spielsachen.
Das kannst du jetzt halt mal nicht ändern, das muss dein Sohn auch akzeptieren lernen. Das Leben ist nun mal manchmal ungerecht und man kriegt nicht immer alles was man gerne möchte. Vielleicht habt ihr aber dafür mehr Zeit für ihn, macht tolle Ausflüge, spielt mehr, habt mehr Fantasie, Humor?....
Und wenn er dann mal etwas bekommt, dann muss es das schönste, grösste und Beste sein, weil der Luca das auch immer so sieht. Meine Schwägerin fördert das auch. Sie sagt zu ihrem Sohn, kommt geh raus und spiel mit Deinem neuen Gokart, das sieht dann Joel sicher und ist schwer beeindruckt!!!!!!! Toll.... und dann beginnt das Geschrei. Und meine Schwägerin sagt dann nur ruhig vor den Kindern: Du muesch halt go schaffe u nid fuul diheime sitze, denn chönntisch du dine Chind ou so öppis choufe!!!!"
Wenn solche Aussagen fallen, dann wird das deinen Sohn ebenfalls sehr verunsichern. Ich persönlich finde das sehr frech und verletzend und ich würde glaub ich mit jemanden, der mich so hinstellt, nicht mehr viel zu tun haben wollen...
Dass ich aber selber zu meinen Kindern schaue und da eben auch auf vieles verzichten muss, das ignoriert man. Ich gebe meine Kinder nicht täglich den Grosseltern. Ich erzieh sie selber. und habe Zeit für sie. Aber das schätzen meine Kinder momentan überhaupt nicht. Sie sind nur auf materielle Sachen aus, und das verletzt mich.
Das kann ich verstehen. Kinder sind halt schon sehr von materiellen Dingen beeinflusst und sehen auf den ersten Blick nur, wer hat was, wer hat mehr?...
Mach das deinem Sohn auch nicht zum Vorwurf. Vielleicht könnt ihr eine Wunschbox einführen. Er kann seine grössten Wünsche (aber keine materiellen Dinge wie Autos, Bagger usw.) sondern Aktivitäten aufzählen. Dinge, die er gerne mal machen würde. (Passt auch auf, dass ihr auch hier nicht wieder Vergleiche macht).
Ich würde unbedingt versuchen, dass ihr euren Bekanntenkreis erweitert. Also schauen, dass euer Sohn mit vielen anderen Kindern zusammentrifft. Vielleicht gibt es bei euch in der Gemeine einen Familientreff oder so etwas ähnliches.
Ob und wie fest du den Kontakt mit deiner Schwägerin aufrecht erhalten oder zurückschrauben musst, das musst du selber beurteilen. Da hab ich leider auch keinen schlauen Tipp dazu.
Schau mal, was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder, ok?
liebe Grüsse
Kathrin
Gibt es noch eine Rettung???
Liebe Grüsse
Andura