Abklärung mit 4 ?

Hier gibts Antworten auf die wichtigsten Erziehungsfragen

Moderator: Kathrin Buholzer

Abklärung mit 4 ?

Beitragvon Amelia » 08.03.2012, 13:50

Mein Sohn ist jetzt 4 und kommt im Sommer in den Kindergarten. Wir haben wirklich viel mit ihm durchgemacht, eigentlich fing das schon ganz früh an. Er war motorisch sehr unruhig, schlief wenig (oft weniger als wir Eltern), suchte permanent Grenzen und liess sich von Anfang an nichts sagen. Als ich ihn nach 2 (bei uns sind die Spielgruppen ab 2) in die Spielgruppe schicken wollte, kriegte ich nach dem Schnuppern eine Absage mit den Worten: "so ein Kind ist für uns nicht tragbar". Das war sehr verletzend, vor allem auch weil er wirklich nur einen schlechten Tag hatte. In einer Waldspielgruppe klappte es dann sehr gut, in der Innenspielgruppe musste ich ihn irgendwann ebenfalls rausnehmen, weil er leider mit Vorliebe andere Kindern schlägt - auch heute noch. Seine Entwicklung lief von Anfang an rasant, er lief oder fuhr Velo, wenn andere noch das Springen lernten. Geistig fällt er auch immer wieder auf, er hat unglaubliche Sprüche oder rechnet Dinge vor, von denen wir alle nicht wissen, woher er das kann. Auch schreibt er schon wirklich viele Worte von sich aus, auch 2 und 3-Wortstätze - wie gesagt, er ist im Februar 4 geworden.
Da ich momentan nur noch Mühe habe, weil niemand mehr mit ihm klar kommt, wenn ich ehrlich bin auch ich nicht wirklich, habe ich sämtliche Erziehungsbücher durchgeackert, von TripleP über STEP, Montessori und Gorden - dennoch weiss ich einfach nicht mehr weiter, es tut weh, wenn das eigene Kind immer abgelehnt wird, er ist grundsätzlich nämlich wirklich ein lieber Junge! Ich habe noch zwei weitere Kinder, was bei ihnen "funktioniert" / harmoniert, das geht bei ihm grundsätzlich komplett gar nicht auf. Frieden hat man nur wenn man den ganzen Tag draussen ist, keine anderen Kinder da sind, er das Sagen hat und bestimmen darf.
Die Spielgruppenleiterin und eine Bekannte haben mich unabhängig auf Hochbegabung angesprochen, die Schwiegermutter glaubt an ein ADHS, Authismus war auch schon laiendiagnostiziert. Ich halte nichts von diesen Dingen, aber eine Kindergärtnerin hat mir nun gesagt, es sei einfach für sie, wenn man das Kind vorher abklären lasse (er kommt aber nicht zu ihr).
Was denkt ihr, ist es sinnvoll, eine Abklärung zu machen und bringt das überhaupt irgendjemandem etwas? Ich selbst glaube eben an keine dieser "Diagnosen". Macht das in dem zarten Alter wirklich schon Sinn? Wo bekomme ich Hilfe, denn ich fühle mich echt massivst überfordert und leider nimmt das mein Mann nicht ernst. Auch die Geschwister leiden unter der Situation und ich bin momentan gerade wieder in diesem Kreislauf von "Ständigem Gereiztsein, Laut werden, verbale Attacke, komplette Ungeduld" und das lediglich aus purer Überforderung ... Ich möchte das nicht mehr.
Amelia
 
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Re: Abklärung mit 4 ?

Beitragvon Amelia » 08.03.2012, 14:30

Mal noch ein paar Beispiele, damit man es sich vorstellen kann.

Sohn kommt zu Schwima, stürmt ins Haus, spuckt herum und findet es lustig. Geht ins Wohnzimmer, reisst alle Teppiche von der Wand (ja, es gibt Leute die haben das ;-)), zurück zu mir, um "Tschüss" zu sagen, spuckt wieder rum, danach rennt er nur noch rum, beim Mittagessen nimmt er 5 Löffel, dann geht er wieder weg - man hat keine Chance, ihn am Tisch zu behalten (er ist sehr dünn), er rennt weiter und macht einen Blödsinn nach dem anderen. Badezimmer unter Wasser setzen, Esswaren überall verstreuen, CD's zerstören. Schwimu schneidet gerade in der Küche eine Peperoni, 3 Stücke liegen vor ihr. Er meint so nebenbei: "So , wenn du nun alle halbierst sind es 6 und es reicht für alle". Dann springt er wieder los und spielt seine Rollenspiele, zwischendurch schlägt er grundlos auf seine Geschwister ein. Ein "sie stand mir im Weg" reicht, um mit den beiden Zeigefingern in die Augen zu picksen oder die Krabbelschwester gegen die Wand zu stossen, Gegenstände auf den Kopf zu schlagen - auch schon bis zum Loch im Kopf. Dann kommen oft die lieben Sprüche von Fremden, à la: "alles eine Frage der Erziehung" und sie versuchen es selbst. Das klingt dann etwa so:
- Wenn du mir den Stift nicht gibst, nehme ich ihn dir weg --> Sohnemann läuft ins Zimmer und verschreibt die Wände
- Wenn du nicht lieb bist, dann darfst du nicht mehr hierher kommen --> Sohnemann meint, ist ihm doch egal
- Ein Versuch mit der Angelroute (ein Schokostück angebunden), damit er sich austoben kann, endete damit, dass er am Schluss die Angelroute hatte und sie damit Jagte, auf sie einschlug etc. (eine erwachsene Frau)
- Wenn du mir nicht die Untersätzer gibst, musst du ins Zimmer --> Sohnemann, ins Zimmer gesperrt, hängt an die Gardinen bis die ganze Schiene runter reisst.

Am Abend will er dann sein alltägliches Feuerwehrgeschichtli von mir, das handelt meist von Dingen, die er angestellt hat, die aber gefährlich enden könnten. Mittlerweilen habe ich aber schon das Gefühl, dass er am Tag mit Absicht Blödsinn macht, damit am Abend ein spannenderes Geschichtli rauskommt ... Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. Die Geschichte ist das Grösste für ihn und er hört zum ersten und letzten Mal am Tag ruhig und völlig konzentriert, wenn es sein muss über Stunden, zu. Wir bereden dann auch den Tag nach und den nächsten vor, sonst kann er nicht einschlafen. In diesem Moment ist er auch einsichtig, wir treffen Abmachungen (bspw. zum Thema "am Tisch sitzen bleiben") und schliessen Kompromisse, sagen uns wie doll lieb wir uns haben, er fragt auch oft noch einiges und kann dann relativ ruhig einschlafen (was er eben fast 2 Jahre nicht konnte). Am nächsten Tag beginnt seine ungestüme Art von Neuem, Abmachungen vergessen, beleidigt (und doch, ich glaube zum Teil hat er das von mir, ich will es nicht, fühle mich in dem Moment einfach extrem hilflos), zerstört Mobiliar, setzt alles unter Wasser, kann innerhalb von 5 Minuten aus der ganzen Wohnung ein riesen Chaos machen etc. Draussen ohne andere Kinder ist er dann wieder der liebste Junge der Welt und geht auch auf Kompromisse ein.
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Re: Abklärung mit 4 ?

Beitragvon Kathrin Buholzer » 14.03.2012, 23:18

Mein Sohn ist jetzt 4 und kommt im Sommer in den Kindergarten. Wir haben wirklich viel mit ihm durchgemacht, eigentlich fing das schon ganz früh an. Er war motorisch sehr unruhig, schlief wenig (oft weniger als wir Eltern), suchte permanent Grenzen und liess sich von Anfang an nichts sagen. Als ich ihn nach 2 (bei uns sind die Spielgruppen ab 2) in die Spielgruppe schicken wollte, kriegte ich nach dem Schnuppern eine Absage mit den Worten: "so ein Kind ist für uns nicht tragbar". Das war sehr verletzend, vor allem auch weil er wirklich nur einen schlechten Tag hatte. In einer Waldspielgruppe klappte es dann sehr gut, in der Innenspielgruppe musste ich ihn irgendwann ebenfalls rausnehmen, weil er leider mit Vorliebe andere Kindern schlägt - auch heute noch. Seine Entwicklung lief von Anfang an rasant, er lief oder fuhr Velo, wenn andere noch das Springen lernten. Geistig fällt er auch immer wieder auf, er hat unglaubliche Sprüche oder rechnet Dinge vor, von denen wir alle nicht wissen, woher er das kann. Auch schreibt er schon wirklich viele Worte von sich aus, auch 2 und 3-Wortstätze - wie gesagt, er ist im Februar 4 geworden.
Da ich momentan nur noch Mühe habe, weil niemand mehr mit ihm klar kommt, wenn ich ehrlich bin auch ich nicht wirklich, habe ich sämtliche Erziehungsbücher durchgeackert, von TripleP über STEP, Montessori und Gorden - dennoch weiss ich einfach nicht mehr weiter, es tut weh, wenn das eigene Kind immer abgelehnt wird, er ist grundsätzlich nämlich wirklich ein lieber Junge!

Kriegt er denn dieses positive Feedback als mehrmals täglich? Das ist nämlich ganz, ganz wichtig. Auch wenn wir immer das Gefühl haben, dass wir doch loben, tun wir es meist immer ein bisschen zu wenig. Gerade, wenn man eigentlich so viel zum Zurechtweisen hat, rückt das immer etwas in den Hintergrund. Nimm dir das wirklich einmal ganz bewusst vor. Habe auch schon mal ein Video zum Thema: Loben gemacht. Schau mal hier:

http://www.elternplanet.ch/2011/05/loben-und-ermutigen/

Diese beiden Videos kann ich dir auch noch empfehlen:

http://www.elternplanet.ch/2011/05/erzi ... gehorchen/

http://www.elternplanet.ch/2011/05/erzi ... en-teil-2/


Ich habe noch zwei weitere Kinder, was bei ihnen "funktioniert" / harmoniert, das geht bei ihm grundsätzlich komplett gar nicht auf. Frieden hat man nur wenn man den ganzen Tag draussen ist, keine anderen Kinder da sind, er das Sagen hat und bestimmen darf.
Die Spielgruppenleiterin und eine Bekannte haben mich unabhängig auf Hochbegabung angesprochen, die Schwiegermutter glaubt an ein ADHS, Authismus war auch schon laiendiagnostiziert. Ich halte nichts von diesen Dingen, aber eine Kindergärtnerin hat mir nun gesagt, es sei einfach für sie, wenn man das Kind vorher abklären lasse (er kommt aber nicht zu ihr).

Das kann ich von hier natürlich nicht beurteilen. Ich bin auch nicht fürs voreilige abklären, aber in deinem Fall denke ich, dass es dir vielleicht gewisse Zweifel nehmen kann oder dir auch eine Bestätigung gibt. Wenn du weisst, dass du das eine oder andere ausschliessen kannst oder du vielleicht eben diese Bestätigung hast, dann kannst du auch dementsprechend reagieren und weitere Hilfe holen.

Was denkt ihr, ist es sinnvoll, eine Abklärung zu machen und bringt das überhaupt irgendjemandem etwas? Ich selbst glaube eben an keine dieser "Diagnosen". Macht das in dem zarten Alter wirklich schon Sinn?

Der Sohn meiner Freundin, war schon mit ganz klein so auffällig, dass er mit 3 Jahren abgeklärt wurde und bei ihm auch ein ADS diagnostiziert wurde.

Wo bekomme ich Hilfe, denn ich fühle mich echt massivst überfordert und leider nimmt das mein Mann nicht ernst. Auch die Geschwister leiden unter der Situation und ich bin momentan gerade wieder in diesem Kreislauf von "Ständigem Gereiztsein, Laut werden, verbale Attacke, komplette Ungeduld" und das lediglich aus purer Überforderung ... Ich möchte das nicht mehr.

Ich kann dich sehr gut verstehen. Kann aber von hier nicht beurteilen, wie "normal" das Verhalten deines Sohnes tatsächlich ist. So wie du es beschreibst, ist der Leidensdruck recht gross und du und deine Nerven sehr angespannt. Eine Abklärung könnte da sicherlich etwas Licht ins Dunkel bringen.
Was ich dir auch noch empfehlen kann sind Bachblüten. Ich weiss nicht, ob du das schon mal probiert hast. Du kannst dir eine Mischung zusammenstellen lassen, in der Apotheke, bei einem Homöopathen oder auch selber. Du kannst ein kleines Fläschchen kaufen, mit so einem "Spray-Verschluss". Abgekochtes Wasser verwenden und dann die Tropfen dazugeben. Am besten googelst du einmal nach den Symptomen/Gefühlen deines Sohnes wie: aggressiv, frech, unruhig, ungeduldig usw.
Bei uns hat das extrem gut geholfen. Und ich hab das auch meiner Freundin für ihren ADS Jungen empfohlen und sie war auch ganz begeistert.
Weiter gibt es natürlich Kinesiologie, das könntest du vielleicht auch mal versuchen. Pfadi z.B als Freizeitaktivität ist vielleicht auch noch eine Idee.
Aber das alles ersetzt natürlich keine medizinische Abklärung.


Mal noch ein paar Beispiele, damit man es sich vorstellen kann.

Sohn kommt zu Schwima, stürmt ins Haus, spuckt herum und findet es lustig. Geht ins Wohnzimmer, reisst alle Teppiche von der Wand (ja, es gibt Leute die haben das ), zurück zu mir, um "Tschüss" zu sagen, spuckt wieder rum, danach rennt er nur noch rum, beim Mittagessen nimmt er 5 Löffel, dann geht er wieder weg - man hat keine Chance, ihn am Tisch zu behalten (er ist sehr dünn), er rennt weiter und macht einen Blödsinn nach dem anderen.

Ganz wichtig ist, dass du immer gut vorausplanst.
http://www.elternplanet.ch/2011/05/vora ... auberwort/


Badezimmer unter Wasser setzen, Esswaren überall verstreuen, CD's zerstören.

Klare Ansagen machen. Was passiert wenn ihr reingeht, was als nächstes? Zeig ihm, WO er darf und WAS.Gib ihm auch klare Aufträge.

Schwimu schneidet gerade in der Küche eine Peperoni, 3 Stücke liegen vor ihr. Er meint so nebenbei: "So , wenn du nun alle halbierst sind es 6 und es reicht für alle". Dann springt er wieder los und spielt seine Rollenspiele, zwischendurch schlägt er grundlos auf seine Geschwister ein. Ein "sie stand mir im Weg" reicht, um mit den beiden Zeigefingern in die Augen zu picksen oder die Krabbelschwester gegen die Wand zu stossen, Gegenstände auf den Kopf zu schlagen - auch schon bis zum Loch im Kopf.

Es ist oft so, dass sich Kinder noch mehr daneben benehmen, wenn die kleineren Geschwister mobiler werden. Also wenn diese ins "Territorium" der älteren einbrechen. Gerade wenn er etwas ungestüm ist, ist es ganz wichtig, dass du ihm kleine, klare Aufträge gibst, was er denn machen kann. Zeig ihm immer wieder wie ein richtiger Umgang mit der kleinen Schwester aussehen könnte. Schau aber auch, dass er einen Ort hat, wo er sich zurückziehen und die kleine Schwester ihn nicht stören kann. Was halt auch wichtig ist, dass du immer wieder Zeit nur für ihn hast. Also mit ihm alleine etwas unternehmen oder auch am Abend Zeit für ihn reservieren.

Dann kommen oft die lieben Sprüche von Fremden, à la: "alles eine Frage der Erziehung" und sie versuchen es selbst. Das klingt dann etwa so:
- Wenn du mir den Stift nicht gibst, nehme ich ihn dir weg --> Sohnemann läuft ins Zimmer und verschreibt die Wände
- Wenn du nicht lieb bist, dann darfst du nicht mehr hierher kommen --> Sohnemann meint, ist ihm doch egal
- Ein Versuch mit der Angelroute (ein Schokostück angebunden), damit er sich austoben kann, endete damit, dass er am Schluss die Angelroute hatte und sie damit Jagte, auf sie einschlug etc. (eine erwachsene Frau)
- Wenn du mir nicht die Untersätzer gibst, musst du ins Zimmer --> Sohnemann, ins Zimmer gesperrt, hängt an die Gardinen bis die ganze Schiene runter reisst.

Das weisst du ja selber: Keine Drohungen. Lieber sagen, was er davon hat, wenn er dies oder jenes tut. http://www.elternplanet.ch/2011/05/wenn ... orst-dann/

Am Abend will er dann sein alltägliches Feuerwehrgeschichtli von mir, das handelt meist von Dingen, die er angestellt hat, die aber gefährlich enden könnten. Mittlerweilen habe ich aber schon das Gefühl, dass er am Tag mit Absicht Blödsinn macht, damit am Abend ein spannenderes Geschichtli rauskommt ... Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein.

Dann solltest du das schleunigst ändern. Erfinde z.B eine fiktive Figur, einen lustigen Feuerwehrbär oder schau, dass die Geschichte von seinem Plüschtier oder von was auch immer handelt.
Wenn er so gerne Geschichten hört, dann baue die immer mal wieder während des Tages ein. Das können selber erfundene Sein oder auch Bilderbücher zu Themen die er mag. Du kannst Bücher auch immer mal wieder als Belohnung einsetzen. "Wenn du das jetzt schnell erledigt hast, dann haben wir noch Zeit eine Geschichte zusammen anzuschauen."Du kannst in die Bibliothek gehen mit ihm und dort immer wieder neue Bücher holen.
ein paar Ideen findest du vielleicht hier:
http://www.elternplanet.ch/erziehung-mi ... ps-kinder/


Die Geschichte ist das Grösste für ihn und er hört zum ersten und letzten Mal am Tag ruhig und völlig konzentriert, wenn es sein muss über Stunden, zu. Wir bereden dann auch den Tag nach und den nächsten vor, sonst kann er nicht einschlafen. In diesem Moment ist er auch einsichtig, wir treffen Abmachungen (bspw. zum Thema "am Tisch sitzen bleiben") und schliessen Kompromisse, sagen uns wie doll lieb wir uns haben, er fragt auch oft noch einiges und kann dann relativ ruhig einschlafen (was er eben fast 2 Jahre nicht konnte).

Solche Regeln zu treffen sind ganz wichtig, aber mach das nicht am Abend. Mach das in einem ruhigen Moment während des Tages und schreibt eure Abmachungen dann auf, klebt zeichnet und hängt die Regeln dann auf. Schau mal hier:
http://www.elternplanet.ch/2011/05/jetz ... einfuhren/


Am nächsten Tag beginnt seine ungestüme Art von Neuem, Abmachungen vergessen,

Deshalb: Aufschreiben und aufhängen. Positiv formuliert.

beleidigt (und doch, ich glaube zum Teil hat er das von mir, ich will es nicht, fühle mich in dem Moment einfach extrem hilflos), zerstört Mobiliar, setzt alles unter Wasser, kann innerhalb von 5 Minuten aus der ganzen Wohnung ein riesen Chaos machen etc. Draussen ohne andere Kinder ist er dann wieder der liebste Junge der Welt und geht auch auf Kompromisse ein.

Schau mal was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder mit Fragen, Feedback ok?
liebe Grüsse
Kathrin[/color]
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Re: Abklärung mit 4 ?

Beitragvon Amelia » 04.07.2012, 16:23

Vielen Dank für deine Antwort.
Ich habe bewusst etwas Zeit verstreichen lassen, wollte schauen, wie sich alles entwickelt. Leider wird es immer schlimmer - die Schere zwischen Motorik / Intelligenz und Emotion / Soziales Verhalten meine ich. Er schwimmt nun, bindet Schuhe, geht ins Kunstturnen (Quali als absolut Jüngster bestanden), fährt Inlineskates, macht Salti aus dem Stand, fährt freihändig Velo etc. Er löst auch selbstständig Sudoku, währenddem die Gleichaltrigen kaum wissen, was eine Zahl ist, er liest immer mehr, rechnet immer mehr.
Emotional ist es schwierig. Heute wieder musste ich notfallmässig zum Arzt, weil er der Schwester Batterien nachgeworfen hat - Loch im Kopf. Nicht zum ersten Mal. Reklamationen von anderen habe ich fast täglich, es ist echt zermürbend. Seine Reaktion als er das viele Blut sah heute: sie hätte ja nicht dort stehen müssen.
Ich glaube sehr klare Anweisungen zu geben, gut vorzuplanen und auch ihn genügend zu bestärken - ich weiss wirklich nicht, was schief läuft ... 6 Wochen bis zum Kindergarten und ich befürchte das schlimmste und nein, ich schaffe es gerade nicht, positiver zu denken.

frustrierte Grüsse
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Re: Abklärung mit 4 ?

Beitragvon Kathrin Buholzer » 04.07.2012, 17:16

Hallo Amelia
Ich denke schon, dass dein Sohn im Moment intellektuell unterfordert ist. Und was macht man da? man macht halt Blödsinn. :-)
Ich kann deinen Frust verstehen, aber weisst du, das mit den Batterien hätte bei uns auch passieren können... Und das mit dem: "hätte ja nicht dort stehen müssen...." auch. :-)
Ich will das jetzt nicht schön reden, das ist anstrengend ohne Frage, aber mach dich jetzt auch nicht verrückt. Es wird Zeit, dass er in den Kindergarten kommt.
Du zählst so wahnsinnig viele, tolle Sachen auf, die dein Sohn alle schon macht und kann. Unglaublich. Er ist aktiv, begabt, selbstständig usw. DAS muss dein Fokus sein. Er ist seinen Altersgenossen darin weit voraus. Trotzdem ist er erst 4 Jahre alt. Ein kleiner Junge, mit Defiziten, vielen Sachen die er noch lernen muss. Vierjährige können ganz viele Dinge im emotionalen Bereich noch nicht oder noch nicht so gut. Dir fällt es einfach jetzt unheimlich auf, weil er in allem andern schon so weit ist. Verstehst du was ich meine? Mit seinen vielen Fähigkeiten siehst du ihn manchmal wahrscheinlich schon wie einen Sechs- oder Siebenjährigen an. Aber das ist er nicht, er ist 4, er ist noch ein kleiner Junge.
Lass ihm da noch etwas Zeit, um diese Dinge zu üben. Er wird im Kindergarten viele Möglichkeiten dazu bekommen. Wie weit er intelligenzmässig ist, das kann ich von weitem nicht beurteilen. Wenn du das Gefühl hast, das gehe richtung hochbegabt, dann schau mal hier:
http://www.hochbegabt.ch/
Ich denke, dass du alles wichtige und richtige tust, um deinem Sohn ein liebevolles Umfeld zu geben. Vielleicht musst du einfach vermehrt die "Kinderbrille" anziehen und immer wieder versuchen, die Welt mit seinen Kinderaugen zu sehen. Einfach, dass du auch nicht allzu hohe Erwartungen an deinen 4-jährigen hast, der schon soo vieles, so gut kann. Freu dich an diesen Dingen, ermutige, lobe und unterstütze ihn weiterhin so gut. Du bist ein ganz tolles Mami!
liebe Grüsse
Kathrin
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Re: Abklärung mit 4 ?

Beitragvon LillyBee » 05.07.2012, 10:44

Hey,

vielleicht kann ich etwas dazu sagen.

Ich hab ähnliches durch aber eher umgedreht. Mein Sohn war schon immer sehr ruhig, fast zu ruhig.
Auch schon als Baby. Er hat viel geschlafen, fast zu viel. Er fing erst mit 3 1/2 mit dem Sprechen an und war motorisch auch nicht so weit wie andere Kinder. Allerdings konnte er mir Dinge zeigen oder erzählen von denen nicht einmal ich etwas wusste. Zum Beispiel wusste er beim einkaufen GENAU was wir eingekauft hatten, das wusste nicht einmal ich so richtig *hihi* Obwohl er nie richtig hinschaute was ich in den Wagen legte, er nahm das unbewusst einfach auf. Er hatte als er 3 war erstmal mein Netbook in der Hand und konnte nach 2 mal benutzen damit besser umgehen als ich nach Jahren, obwohl er noch nicht einmal richtig sprechen konnte...

Im Kindergarten ging er ein, er versteckte sich eigentlich mehr und zog sich immer weiter zurück. Irgendwann flogen wir dann auch dort raus weil die Erzieher nicht mehr weiter wussten.

Ich war immer der Meinung, jedes Kind ist individuell und braucht seine Zeit.

Ich bin aber froh dann doch angefangen zu haben mich an Ärzte zu wenden. Zuerst waren wir bei normalen Amtsärzten beim Jugendamt. Ich wurde dann immer abgestempelt als wäre ich Schuld daran und ich hätte ihn vernachlässigt und nicht genügend gefördert usw...
Ich bin dann nach langem Kampf zu einem furchtbar kompetenten Psychologen gekommen. Dort hatte ich auch das Gefühl wirklich ernst genommen zu werden.

Sie machten einen Intelligenztest und weitere Übungen um zu prüfen wo genau das Problem liegt. Es kam auch recht schnell ein Ergebnis raus. Mein Sohn hat 80% der Symptome die ein Autist hat aber er ist so direkt keiner. Er liegt in seiner Intelligenz über dem Durchschnitt.
Sein Hauptproblem war allerdings diese Reizüberflutung. Er kann wichtiges und unwichtiges nicht filtern. Das bedeutet, Dinge die unser Gehirn gern einfach nur übersieht, nimmt er bewusst auf. Wie die Sache mit dem Einkaufen.
Das verursachte eben, dass er in einem normalen Kindergarten viel zu vielen Reizen ausgesetzt war.
Er ist auch ein recht ruhiger harmonischer Junge und er kam mit sehr temperamentvollen, manchmal auch groben Kindern nicht klar.

Mit dieser Diagnose konnte ich erstmals die richtigen Entscheidungen treffen. Ich kämpfte für einen Heilpädagogischen Kindergarten in dem nur kleine Gruppen waren. Er ging dann auch dort hin und das war das Beste was ihm passieren konnte. In seiner Gruppe waren nur 5-7 Kinder und die Erzieherin war besonders geschult. Er bekam auch Ergo- und Logopädie um seine Lücken aufzufüllen.

Er holte eigentlich alles auf und hatte überhaupt keine Probleme mehr.

Dann sollte er ja in die Schule kommen. Er sollte aber in eine normale Schule gehen. Mir war aber gleich klar, dass ihn das nach hinten werfen wird. Also musste ich wieder sehr viel kämpfen um ihn auf eine gesonderte Schule zu schicken.
Bei uns gibt es eine Schule für Erziehungshilfe. Dort sind maximal 10 Kinder in der Klasse, ein Lehrer und zusätzlich noch ein Sozialpädagoge. Was Bessers gibt es in meinen Augen nicht. Sie können sich um wirklich jedes Kind intensiv und zeitnah kümmern. Wenn ein Kind gerade stört oder ein Problem hat, kann der Pädagoge sich darum kümmern und der Unterricht geht normal weiter. Der Lernstoff ist auch genau der Gleiche wie in den normalen Schulen.

Ich bin so froh, genau diese Wege gegangen zu sein. Ich bin auch froh genau zu wissen wo die Probleme bei meinem Sohn liegen. Kein Buch kann mir das genau sagen.

Ich weiß, als Mutter möchte man von ADS/ADHS und anderen Dingen ungern etwas hören und diese Diagnosen werden auch mittlerweile jedem 2. Kind angedichtet. Viele Diagnosen sind einfach falsch. Deshalb ist es auch so wichtig einen wirklich kompetenten Fachmann zu finden der sich wirklich Zeit nimmt und genau prüft.
Mit der richtigen Diagnose kann man aber die richtigen Entscheidung für sein Kind treffen.

Ich weiß aber auch, dass sich ADS und ADHS bereits im Babyalter bemerkbar macht. Zur Zeit wird ein Zusammenhang zwischen Schreibabys und den Krankheiten untersucht, denn viele Schreibabys leiden später daran.
Auch sind Jungs viel häufiger betroffen als Mädchen. In der Schule meines Sohnes sind fast nur Jungs, kaum Mädchen.


Ich würde an deiner Stelle auf jeden Fall jemanden aufsuchen der dich unterstützen kann. Vielleicht findest du auch einen Kindergarten der nur kleine Gruppen hat und spezialisiert auf "Problemkinder" ist.

Ich denke, lieber geht man jetzt diese Wege, nach denen er später , wenn er erwachsen ist sowieso nicht mehr gefragt wird, als später ein riesen Problem zu haben.
Viele Menschen warten viel zu lange bei einem Verdacht. Gerade wenn die Kinder noch so klein sind kann man noch so viel ändern. Man kann bei einem 3 jährigen Kind auf jeden Fall schon feststellen ob es ADS/ADHS hat! Später ist die Diagnose zwar einfacher und genauer aber was nützt es einem später.

Wenn ich mir Kinder aus normalen Schulen so ansehen (gegenüber von meinem Haus ist eine Grundschule) dann greif ich mir manchmal an den Kopf. Dort sind einige wenige Kinder die ernste Probleme zu haben scheinen aber niemanden interessiert es. Sei es das Kind was immer weinend in der Ecke sitzt oder die paar Jungs die alles zerstören oder sich blutig prügeln. Was wird nur aus ihnen wenn niemand bemerkt, dass sie Probleme haben?

Viele Menschen sind immer abgeneigt wenn man sagt sein Kind gehe in eine spezielle Einrichtung. Aber ich bin ehrlich. Meine Tochter wird auch in den Heilpädagogischen Kindergarten gehen obwohl sie keine Probleme zeigt. Ich bin einfach so positiv davon beeindruckt und mir ist auch egal was andere denken.



Ich wünsche dir viel Glück!
Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie die Tiere behandelt. (Gandhi)
LillyBee
 
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