von Kathrin Buholzer » 26.05.2008, 14:23
Hoi Kathrin. Herzlichen Dank für Deine wertvollen Tipps und Ratschläge. Ich muss gestehen, dass ich auch zu denen gehöre, die immer zuerst auf drei zählen, bevor ich die Konsequenzen ziehe... Soll mein Sohn (2 1/2) z.B. zum Windeln wechseln kommen, kommt er natürlich nicht. Also sage ich ihm, dass ich bis drei zähle und was danach folgt. Natürlich kommt er erst wenn ich bei drei bin, aber immerhin kommt er. Würde ich nicht auf drei zählen, dann würde er überhaupt nicht kommen und müsste bestraft werden. Bisher war meine "Logik", dass ich halt bis drei zähle, er dafür aber kommt und somit eine Bestrafung "umgangen" werden kann, was immer mit Tränen und Schreikrämpfen verbunden ist. Aber Du hast schon recht, er weiss inzwischen, dass er bis drei warten kann, bevor er kommen muss und deshalb höre ich damit auf. Dies macht wirklich Sinn für mich.
Nun möchte ich nochmals auf's schlagen zurück kommen bzw. auf die Bestrafung, wenn er nicht damit aufhört. Hier ein Beispiel: Er schlägt mich auf's Bein und hört damit auch nicht auf, auch wenn ich ihm sage, dass mir das weh tut und wir liebevoll miteinander umgehen. Dann knie ich mich zu ihm und erkläre ihm, dass es nun eine Auszeit gibt, da er nicht "gfouget het".
Hier würde ich es gar nicht soweit kommen lassen. Wenn er dich aufs Bein schlägt, dann ist das ja mehr so ein "Ich-schau-mal-was-Mami-macht-vielleicht-findet-sie- es-ja-lustig". Wenn er das tut würde ich ihm sagen, dass er damit aufhören soll und entweder weglaufen, oder z.B seine Hand nehmen und ein "Klatschsspiel" daraus machen. Er kann seine Hand gegen deine Schlagen, dazu ein Sprüchli aufsagen. Oder das Spiel mit dem "Händesalat". Er hat seine Hand ganz unten, dann kommst du mit deiner, wieder er mit seiner usw. Die unterste Hand kommt zuoberst hin usw.
Bei dieser Situation würde ich nicht gleich was Grosses draus machen. Sag ihm, dass es nicht ok ist. Aber gleich eine Auszeit verhängen würde ich hier nicht.
Sobald er "Auszeit" hört, klingeln bei ihm die Alarmglocken und er beginnt zu schreien und wälzt sich steif auf dem Boden. Da habe ich keine Chance, ihn ruhig an der Hand zu nehmen und ihn ins Zimmer zu bringen. Ich muss ihn dann eher ins Zimmer schleppen, was "bildlich" nicht so toll aussieht. Das zweite Problem ist dann, dass er nicht im Zimmer bleibt und er ständig wieder raus kommt. Ich kann ihn 20 x immer wieder zurück ins Zimmer bringen, er kommt trotzdem wieder heraus. Schlussendlich bleibt er zwischen der Zimmertür stehen und wartet bis die Zeit herum ist. Er beruhigt sich in dieser Auszeit auch nicht wirklich, sondern erst wenn ich danach zu ihm gehe und ihn in die Arme nehme und ihm sage, dass ich ihn noch lieb habe. Kann es sein, dass er diese Bestrafung (ausgeschlossen zu werden) als Liebesentzug sieht?
die Auszeit würde ich nur anwenden, wenn wirklich "Gewalt" im Spiel ist, oder wenn er wirklich einen Wutanfall hat und sich nicht beruhigen kann. Es hilft dir auch, dich zu beruhigen und ihn nicht anzuschreien oder gar zu schlagen.
Das ist am Anfang ganz normal. Die Kinder müssen erst merken, wozu diese Auszeit gut ist und dass sie selber die Möglichkeit haben, sich auszutoben und sich dann auch wieder zu beruhigen.
Wichtig ist, dass du die Auszeit mit ihm in einer ruhigen Minute vorbesprichst. Sag ihm wie das abläuft, für welches Verhalten er in die Auszeit muss und wann du ihn wieder holst. Du kannst auch "Time Out" sagen, schliesslich ist es ja auch wie ein Time Out z.B beim Eishockey. (Spieler schlägt anderem Spieler eins auf die Rübe, er muss 2 Minuten aus dem Spiel, sich beruhigen und darf dann ohne grossen Kommentar wieder ins Spiel zurück und mitspielen).
Es ist normal, dass du ihn am Anfang ins Zimmer tragen musst. Auch dass er schreit und tobt und sich wehrt. ich weiss, dass es am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig ist und man sich selber fragt: "Was mache ich hier überhaupt?" Man ist auch manchmal kurz davor abzubrechen, weil es anstrengend und Kräfteraubend ist. Evt. hat dein Sohn auch schon die Erfahrung gemacht, dass er sich von der "Auszeit" drücken konnte. Lass dich nicht verunsichern, es ist normal und nach ein paar Mal anwenden wird er merken, worums geht. (Unsere 1. Auszeit hat 1,5 Std. gedauert!..)
Nimm ihn erst in den Arm wenn er sich beruhigt hat, lobe und ermutige ihn.
Du kannst ihm sagen, wenn du ihn ins Zimmer bringst, dass du ihn trotzdem lieb hast, dass er aber aus diesem oder jenem Grund jetzt einen Moment in die Auszeit, ins Time Out muss.
(Ich maile dir noch ein paar Merkblätter heute Abend, damit du noch alle Detail dazu hast).
Denk dran:
Die Auszeit ist die letzte Möglichkeit und steht am Ende einer langen Kette von Erziehungsfertigkeiten. (Fam. Regeln, direktes ansprechen, klare ruhige Anweisungen, Log. Konsequenzen, Stiller Stuhl und Auszeit. Die Auszeit funktioniert nur, wenn du vor allem auch die anderen Erziehungsstrategien (beschreibend loben, Aufmerksamkeit schenken, Zuneigung zeiten bei positivem Verhalten, beiläufiges lernen usw.) regelmässig anwendest.
Wenn du merkst, dass sich da vielleicht ein Konflikt anbahnt, dann hast du immer noch die Möglichkeit mit ablenken oder einer Alternative anbieten zu reagieren. Oft hilft es auch ein Spiel daraus zu machen, setz deine Fantasie und Kreativität ein.
Momentan muss (darf) er die Auszeit noch in seinem Zimmer absitzen, da er sowieso nie spielt, wenn er einen solchen Trotzanfall hat und wie gesagt ist es für ihn schlimm genug, wenn er von uns ausgeschlossen wird. Sobald es für ihn keine Strafe mehr ist und er einfach in seine Zimmer spielt, dann muss ich mir einen andern Ort für die Auszeit ausdenken.
Der Grund nicht das Kinderzimmer zu nehmen, ist nicht nur, damit er in ein uninteressantes Zimmer kommt. Das Kinderzimmer sollte eigentlich ein Ort sein, der "Positiv" besetzt ist. Also nicht ein Raum, in den man muss um sich zu beruhigen.
Nur; ob Badezimmer, viertes Zimmer oder Schlafzimmer, er wird in jedem Zimmer etwas zum spielen/beschäftigen finden (Schränke ausräumen etc.) und somit hat dies dann wohl den gleichen Effekt wie sein Zimmer. Oder was denkst Du?
Das spielt eigentlich auch keine Rolle. Hauptsache er beruhigt sich wieder. Auch wenn er ein "Hilfsmittel" dazu findet. Da spricht nix dagegen. Es geht ja nicht darum ihn in eine "Gummizelle" einen sterilen Raum zu stecken, damit er möglichst "leidet". :-)
Er soll sich beruhigen, seine Wut soll sich verziehen, er kann über ein alternatives Verhalten nachdenken und dich bewahrt es davor laut zu werden, zu schimpfen und zu schlagen. Verstehst du was ich meine?
Mit dem "ruhigen Stuhl" würde es wohl auch nicht klappen, da er auch dort immer wieder runter kommen würde... Vielleicht hast Du mir ja diesbezüglich noch Tipps, wie ich solche Strafen "erfolgreich" umsetzen kann. Ich danke Dir schon im voraus ganz herzlich und wünsche Dir eine schöne Woche. Liebi Grüess
Auch hier, überleg dir immer zuerst eine log. Konsequenz. Irgendetwas das mit der Situation im Zusammenhang steht. z.b eine Tätigkeit unterbrechen, ein Spielzeug entfernen usw.
Wenn du Situationen hast, in denen es immer wieder Schwierigkeiten gibt, dann kannst du mit ihm zusammen mal die Regeln festlegen.
Besprecht miteinander, welchen Umgang ihr untereinander möchtet. Je älter die Kinder sind, je besser können sie selber versuchen aufzuzählen, wie man sich verhalten soll, damit es untereinander keinen Streit gibt, und man es in der Familie schön und friedlich hat.
Schreib es so auf, dass er weiss WAS GENAU du von ihm erwartest, was er tun soll.
Also nicht: „I wott nid, dass du duesch houe“, sondern „I wott, dass du fiin, lieb, aständig bisch. Du kannst das Fehlverhalten schon aufzählen, aber schau darauf, dass du ihm genau erklärst was du von ihm möchtest. Schreibt, zeichnet, klebt diese Regeln (3-4 sollten am Anfang reichen) auf ein Blatt. Gestalte sie so, dass sie alle verstehen und hängt sie irgendwo gut sichtbar auf. Frag ihn auch, was passiert, wenn man jemanden beisst oder schlägt, wie er sich fühlen würde, wenn ihm jemanden weh tut.
Versuch auch evt. Alternativen mit ihm zu besprechen, „ i verstah, dass du mängisch wüetig bisch, was chönnt me denn mache?“.Hesch e Idee? We öpper nid das macht, wo du möchschts, was wär denn e gueti Idee, was chönntsch mache?“ Gib ihnen erst Vorschläge, wenn sie selber keine wissen. (je nach Alter und wie gut er selber schon sprechen und sich ausdrücken kann).
Und ganz wichtig: Immer gut vorausplanen!
Wichtig ist, dass du ihm immer sagst, was jetzt gerade passiert. (Vorausplanen). "Wir können jetzt eine Runde zusammen spielen und dann muss ich das Mittagessen vorbereiten." Versuch über den Tag immer kurz zu sagen, was als nächstes passiert. So gibt es eine Struktur und dein Sohn weiss immer was als nächstes kommt und was du von ihm erwartest. Versuch auch, wenn immer möglich, dir kurz die Zeit zu nehmen. Nicht immer auf später vertrösten, "ja ich komme gleich, ich muss vorher noch schnell dies und das machen." Wenn dein Sohn etwas von dir will, dann versuch deine Tätigkeit kurz zu unterbrechen. Hör ihm zu, hilf ihm, geh zu ihm und schau was er von dir möchte. Ein paar Sekunden bis zu einer Minute reichen da aus.
Also und weiter gehts! ;-)
Meld dich wieder bei Fragen, Feedback oder mit mehr Beispielen!
Liebe Grüsse
Kathrin