Kind reisst sich Haare aus

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Moderator: Kathrin Buholzer

Kind reisst sich Haare aus

Beitragvon Yeti » 11.01.2012, 15:48

Liebe Kathrin, liebe Mamis

Ich habe soeben dieses Forum entdeckt - auf der Suche nach einer Lösung für mein "Problem". Vielleicht kann mir ja hier jemand weiterhelfen...

Unsere ältere Tochter (3 1/4) reisst sich seit fast 2 Jahren Haare aus. Sie tut dies nur, wenn sie den Nuggi in der Hand hat: nimmt also den Nuggi aus dem Mund und packt mit derselben Hand ein Büschel Haare oben auf dem Kopf, reisst dieses mit Gewalt aus und steckt den Nuggi wieder in den Mund, die Haare darum herum gewickelt. Seit sie den Nuggi konsequent nur noch nachts erhält, ist es viel besser geworden, aber immer noch schlimm genug (deutlich zu sehen, die Leute meinen immer, sie habe sich selber die Haare geschnitten und das sei jetzt am Nachwachsen). Den Nuggi auch nachts abzugewöhnen ist momentan noch unmöglich.

Angefangen hat alles, als wir zuhause einen Sommer lang sehr grossen Stress hatten: Meine schwer kranke Mutter lag im Sterben, mein Mann musste eine umfangreiche Arbeit abgeben und kam nicht vom Fleck (er war unausstehlich und arbeitete auch noch zuhause!), und ich war mit dem zweiten Kind schwanger. In dieser Zeit begann unsere Tochter sich also die Haare auszureissen, und seither hat es nie mehr ganz aufgehört (obwohl der ganze Stress inzwischen wieder weg ist und wir eigentlich völlig relaxed sind :-)). Ich habe schon mit der Mütterberaterin gesprochen. Diese empfahl Kinderbücher, die sich mit Haaren beschäftigen, wie z.B. Pumuckl. Half nichts. Die Krippenbetreuerinnen versuchten ebenfalls, geeignete, kindgerechte Büchlein zu finden - fanden aber nichts. Die Kinderärztin meinte, ich solle das einfach ignorieren - sie würde schon wieder aufhören, wenn niemand es beachte.

Diese Woche war ich mit meiner Tochter beim Coiffeur, um wieder mal die langen mit den kurzgerissenen Stellen abzugleichen und eine Art Frisur in das Ganze zu bringen. Als ich der Coiffeuse vom Haarausreissen erzählte, begann sie, meine Tochter zu "bearbeiten", redete auf sie ein, das sei aber gaaaar nicht gut, wenn sie das mache, sie wolle doch sicher auch schöne lange Haare haben, wenn sie dann in den Kindergarten komme, und am Ende bekam sie eine Süssigkeit, musste der Frau aber versprechen, dass sie nie mehr Haare ausreisse...

Mein Hauptproblem: Soll ich das jetzt thematisieren oder ignorieren? Alle sagen etwas anderes. Unsere Tochter scheint ansonsten ein völlig normales, aktives, kontaktfreudiges, glückliches (sogar extrem aufgestelltes und lustiges!) Kind zu sein ohne irgendwelche erkennbaren Probleme. Natürlich habe ich auch schon im Internet nachgeforscht und bin auf haarsträubende Artikel zu dem Thema gestossen, wonach ich jetzt mit meinem Kind sofort zum Psychiater rennen müsste. Oder sollte ich das vielleicht wirklich???

Es dauert nun doch schon so lange an, dass ich mir langsam Sorgen mache. Vielleicht hat jemand von euch Erfahrung mit so etwas? Ich wäre für jeden Tipp dankbar...

Liebe Grüsse
Yeti
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Re: Kind reisst sich Haare aus

Beitragvon Kathrin Buholzer » 11.01.2012, 16:20

Liebe Kathrin, liebe Mamis

Ich habe soeben dieses Forum entdeckt - auf der Suche nach einer Lösung für mein "Problem". Vielleicht kann mir ja hier jemand weiterhelfen...

Da bin ich mir sicher. :-)

Unsere ältere Tochter (3 1/4) reisst sich seit fast 2 Jahren Haare aus. Sie tut dies nur, wenn sie den Nuggi in der Hand hat: nimmt also den Nuggi aus dem Mund und packt ein Büschel Haare oben auf dem Kopf, reisst dieses mit Gewalt aus und steckt den Nuggi wieder in den Mund. Seit sie den Nuggi konsequent nur noch nachts erhält, ist es viel besser geworden, aber immer noch schlimm genug (deutlich zu sehen, die Leute meinen immer, sie habe sich selber die Haare geschnitten und das sei jetzt am Nachwachsen). Den Nuggi auch nachts abzugewöhnen ist momentan noch unmöglich.

Warum ist das denn unmöglich?
Nuggi abgewöhnen ist gar nicht so schwer. Man stellt sich das schwerer vor als es ist. Ehrlich. Und mit fast 4 braucht sie in der Nacht keinen Nuggi mehr.
Schau mal hier:
http://www.elternplanet.ch/2011/05/schnulleralarm/#more


Angefangen hat alles, als wir zuhause einen Sommer lang sehr grossen Stress hatten: Meine schwer kranke Mutter lag im Sterben, mein Mann musste eine umfangreiche Arbeit abgeben und kam nicht vom Fleck (er war unausstehlich und arbeitete auch noch zuhause!), und ich war mit dem zweiten Kind schwanger. In dieser Zeit begann unsere Tochter sich also die Haare auszureissen, und seither hat es nie mehr ganz aufgehört (obwohl der ganze Stress inzwischen wieder weg ist und wir eigentlich völlig relaxed sind ).

Es ist gut möglich, dass ihr damals der Stress zu schaffen machte, dass sie wütend war, unsicher und nicht wusste, wie sie das ausdrücken soll. Wenn du das Gefühl hast, dass sie depressiv ist, Stimmungsschwankungen hat, psychisch wirklich Schwierigkeiten hat, auffällig ist, dann solltest du das mal mit einem Arzt besprechen. Wenn du aber das Gefühl hast, dass es ihr eigentlich gut geht, sie glücklich, zufrieden und aufgestellt ist, dann kann es gut sein, dass es einfach zur Gewohnheit geworden ist. Vielleicht wenn sie sich aufregt oder sie sich ärgert, sie sich damit beruhigen kann. Schau doch einmal, wann, in welchen Situationen sie das denn tut. Dann kannst du vielleicht ein Verhaltensmuster erkennen. Ist ihr langweilig, überfordert, ängstlich, unsicher, hat sie zu wenig Aufmerksamkeit? Du kannst dann nämlich jeweils schon etwas vorher darauf eingehen, sie ablenken, ihr etwas zu tun geben. Schreib dir auch mal auf, wie oft am Tag das denn tatsächlich passiert. Oft ist es weniger als wir denken.

Ich habe schon mit der Mütterberaterin gesprochen. Diese empfahl Kinderbücher, die sich mit Haaren beschäftigen, wie z.B. Pumuckl. Half nichts. Die Krippenbetreuerinnen versuchten ebenfalls, geeignete, kindgerechte Büchlein zu finden - fanden aber nichts. Die Kinderärztin meinte, ich solle das einfach ignorieren - sie würde schon wieder aufhören, wenn niemand es beachte.

Ich würde dir so eine Mischung aus beidem empfehlen. Schau, dass du das nicht zu einem allgegenwärtigen Thema machst. Also nicht immer und ständig davon reden. Mach das nicht zum Dauerthema. Sonst merkt sie, dass sie damit rasch deine Aufmerksamkeit bekommen kann und zwar für ein Verhalten das ja eigentlich nicht unbedingt wünschenswert ist. Schimpfe auch nicht mit ihr, wenn sie es tut. Beobachte einfach, wann das passiert und lenk sie dann ab. Gib ihr etwas zu tun, lass sie etwas helfen. Wenn sie wütend oder ärgerlich ist, dann schaut einmal in Ruhe, was sie denn stattdessen tun könnte. Vielleicht gibt es ja auch die Möglichkeit, dass du ihr lustige Frisuren machst, mit tollen Haarspangen.

Diese Woche war ich mit meiner Tochter beim Coiffeur, um wieder mal die langen mit den kurzgerissenen Stellen abzugleichen und eine Art Frisur in das Ganze zu bringen. Als ich der Coiffeuse vom Haarausreissen erzählte, begann sie, meine Tochter zu "bearbeiten", redete auf sie ein, das sei aber gaaaar nicht gut, wenn sie das mache, sie wolle doch sicher auch schöne lange Haare haben, wenn sie dann in den Kindergarten komme, und am Ende bekam sie eine Süssigkeit, musste der Frau aber versprechen, dass sie nie mehr Haare ausreisse...

Wenn die Coiffeuse das tut, ist das in Ordnung. Aber ich würde das jetzt nicht auch so thematisieren und darauf rumreiten. Ignorieren und ablenken finde ich die bessere Möglichkeit für dich als Mama.
Schau auch, dass du den Fokus wenn möglich auf das Positive legst. Wenn sie etwas gut gemacht hat, ein positives Feedback gibst und diese Haare einfach mal Haare sein lässt. :-)


Mein Hauptproblem: Soll ich das jetzt thematisieren oder ignorieren? Alle sagen etwas anderes. Unsere Tochter scheint ansonsten ein völlig normales, aktives, kontaktfreudiges, glückliches (sogar extrem aufgestelltes und lustiges!) Kind zu sein ohne irgendwelche erkennbaren Probleme. Natürlich habe ich auch schon im Internet nachgeforscht und bin auf haarsträubende Artikel zu dem Thema gestossen, wonach ich jetzt mit meinem Kind sofort zum Psychiater rennen müsste. Oder sollte ich das vielleicht wirklich???

Ui nein. Wenn sie, wie du schreibst aufgestellt und glücklich ist, dann braucht sie keinen Psychiater.:-)Das wird sich garantiert wieder verlieren, wenn sie das wieder ein bisschen vergisst und du sie ablenkst.
Schau mal was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder, ok?
liebe Grüsse
Kathrin


Es dauert nun doch schon so lange an, dass ich mir langsam Sorgen mache. Vielleicht hat jemand von euch Erfahrung mit so etwas? Ich wäre für jeden Tipp dankbar...

Liebe Grüsse
Yeti
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Re: Kind reisst sich Haare aus

Beitragvon mauselm » 12.01.2012, 10:54

Liebe Yeti

heieiei, das ist ja was... es scheint bei ihr wie ein kleiner, feiner Tick zu sein, eine Gewohnheit, ein "ich-fühl-mich-wohl-dabei"-Ding... ja? Jeder Mensch hat nen Tick. Ob nun auffällig oder schwach oder prägnant oder klammheimlich oder ...

Meiner Freundin Sohn hat dies auch über eine l a n g e Zeit gemacht. Immer beim Einschlafen am Abend. Am Morgen lagen im Bettchen x schwarze Haare von dem süssen Kerl.
Da sie selber Coiffeuse ist und dem nicht weiter abhelfen konnte (nein, die Hände konnte sie nur schlecht am Rücken festbinden :lol: :wink: ), hat sie ihm die Haare über ca. 3-4 Monate einfach ratzefatze kurz abgeschoren. :shock:
Da konnte er nicht mehr "ran" und die Haare wuchsen danach schön gleichmässig nach.

WAS nun aber darauf folgte, ist mit einem Rasierer nicht zu bremsen: Er hat den "Tick" umgelenkt und nun popelt er regelmässig (in einer gewissen Abfolge) mit beiden Fingern ruckartig in der Nase, zack, und schon ist es wieder vorbei.

Was ich damit sagen will: Die gewisse "Zeremonie", die beim Haarereissen, Popeln, Schnuller-Umwickeln, äääääähm, weitere Ticks gibts en masse, wurde bei ihm verlagert auf eine nächste Zeremonie. Zwar sind es nicht mehr die Haare (den Tick wurde ihm ja "abhanden genommen"), doch sind es nun die beiden Nasenlöchlein, die ihn zu SEINER rituellen Handlung locken..

ich denke, dass sie diesen "Tick" (um dem "Problem" einen Namen geben zu wollen, sei's auch der falsche?) so lange für sich behält, wie sie es braucht. Ob Du dies nun thematisierst oder ignorierst: Sie wird - so vermute ich - ihr Verhalten dadurch nicht sonderlich beeinflussen lassen.

Das mit dem Schnullern täte ich mir allerdings überlegen.
Meine Grosse war auch ein extremse Schnullerkind und wie war die Entwöhnung? Ernüchternd leicht. Ja schon fast ein Hohn. Ich hab mir weiss-gott-was für Horrorszenarien vorgestellt - und nichts dergleichen ist passiert.
Nur Mut!

Und wenn der Schnuller mal weg ist, ist das Haarespielen vielleicht auch nicht mehr interessant, da es ja für sie zusammengehört und wie eine kleine Zeremonie für sie ist.

toitoitoi! Das wird schon!
Beste Grüsse aus der Schuhschachtel
Frau Rohner
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