von Kathrin Buholzer » 03.04.2008, 13:38
Hallo Kathrin
Hallo Linda-Prisla! Schön dass du hier gelandet bist! Herzlich willkommen hier im Forum
Du hast mir ja angeboten, mich hier mal zu melden, wegen meinem kleinen Wirbelchen. Mein Mann hat gemeint, Tornado würde besser passen wie Wirbelwind.
Es ist einfach so, das ich alles zig-Mal wiederholen muss, bis meine Tochter es hört. Egal ist, ob ich ruhig bleibe oder laut werde. Werde ich dann laut und wir haben wieder so einen Scheisstag, dann ärgere ich mich dann sehr über mich selber, weil ich wieder laut wurde und nicht versucht habe ruhig zu bleiben.
Achte dich einmal, WIEVIELE Anweisungen du den ganzen Tag gibst. Meistens texten wir unsere Kinder den ganzen Tag mit irgendwelchen Sachen zu, die meistens nicht nötig sind und auch keine Konsequenz mit sich ziehen. D.h wir reden und reden und reden und die Kinder hören gar nicht mehr zu. Überleg dir jeweils vorher kurz: WAS will ich genau von meinem Kind? Oftmals wirst du dann gleich merken, dass die Anweisung eigentlich gar nicht nötig ist, sondern nur so eine Gewohnheits-Ansage, die niemandem etwas bringt.
Dann ist es sehr wichtig WIE du die Anweisungen gibst ist wichtig. Ich kann dir hier ein paar Tipps dazu geben:
Wichtig ist, dass du nicht alles x-mal sagst.
Wenn du möchtest, dass dein Kind etwas tut, dann folge diesen Schritten:
Geh zu ihm hin (also nicht aus einem anderen Zimmer, von draussen nach drinnen…) rufen
sprich sie mit Namen an und sag ihr genau was sie tun soll: „bitte häb dini Füess abe, gang bitte ga Zähnputze, due bitte normal rede, …“ (auch hier, immer sagen, was sie tun soll, was du von ihr möchtest).
Achtung: KEINE Frageform. "Würdest du jetzt bitte aufhören? Kommst du bitte? Lässt du das jetzt bitte sein?" Du gibst ihr eine ANWEISUNG und keine Frage. Sie kann nicht auswählen, ober sie es tun will oder nicht.
Versuch nicht zu drohen! Also nicht: "Wenn du jetzt nicht aufhörst, dann..." oder "Ich sage es jetzt nicht nochmal." oder "Ich zähle jetzt auf 3..." Die Kinder lernen so, dass sie erst gehorchen müssen, wenn du laut wirst oder drohst.
Warte ca. 5 Sekunden und gib ihr Zeit zu gehorchen. Bleib in der Nähe und beobachte sie.
Wenn sie macht, was du gesagt hast, dann lobe sie "Toll, dass du grad gekommen bist.".
Wenn nicht dann gib ihr die Anweisung noch einmal. (Bei Problemverhalten, also wenn sie mit etwas aufhören soll, dann gib die Anweisung nur 1 Mal und lasse dann gleich eine Konsequenz folgen).
Wenn sie wieder nicht gehorcht, dann musst du eine logische Konsequenz folgen lassen. ( also irgendetwas, welches mit ihrem Verhalten in Zusammenhang steht. Sie aus der Situation entfernen, das Spielzeug, den Teller einen Moment wegnehmen, keine Geschichte vorlesen usw.). Sag ihr immer WARUM du es tust, drohe nicht, sondern tu es einfach. Wichtig ist, dass du ihr immer wieder die Möglichkeit gibst es wieder zu üben. Entferne das Spielzeug nur für ca. 5-30 minuten und gib es ihr dann wieder.
Wenn es keine Konsequenz gibt, dann setze sie auf den stillen Stuhl.
Der st. Stuhl ist eine milde und effektive Möglichkeit, dass Kinder angemessenes Verhalten lernen. In vielen Situationen schicken wir die Kinder einfach ins Zimmer, also in die Auszeit. Oft ist diese Konsequenz aber zu "hart" und viele Eltern sind froh, wenn sie sehen dass es noch etwas wie eine "Vorstufe" gibt. Den stillen Stuhl kannst du einsetzen, wenn sie nicht tut, was du ihr sagst, oder wenn andere Konsequenzen keinen Erfolg zeigen.
Der st. Stuhl bedeutet: Das Kind muss seine Beschäftigung unterbrechen und für kurze Zeit in dem Raum, in dem das Problem aufgetreten ist, ruhig sitzen muss. (Zw. 1-5 Minuten je nach Alter). Es kann ein Stuhl sein, eine Treppe, ein Trip Trap. Es ist kein "Schäm-di-Eggli" es muss also nicht ein bestimmter Stuhl sein, an einem bestimmten Ort. Den st. Stuhl kannst du auch beim einkaufen anwenden. Z.B auf einer Treppe, in der Tiefgarage, im Auto, auf dem Spielplatz auf einem Bänkli usw.
Wenn das Kind sich nicht an deine Anweisungen hält und es keine passenden log. Konsequenzen gibt, dann sag ihr: " Du hast jetzt nicht das gemacht, was ich dir gesagt habe, deshalb musst du jetzt für 2 Minuten auf den st. Stuhl." Bringe sie ruhig aber bestimmt dort hin. Wenn sie die festgesetzte Zeit ruhig war ( wie ruhig, das kannst du selber entscheiden, wenn sie noch ein bisschen "rum mötzelt" ist das auch ok) dann darf sie wieder weiterspielen.
Lobe sie dann und sprich den Vorfall nicht mehr an. "Schön, dass du dich beruhigt hast, du bist jetzt schön still gewesen, jetzt darfst du wieder aufstehen."
Wenn sie nicht still sitzt (das ist am Anfang zu 99% der Fall) dann bring sie in die Auszeit. Sag ihr, was sie falsch gemacht hat und bring sie ruhig dorthin. "Du warst auf dem st. Stuhl nicht still, deshalb musst du jetzt in die Auszeit."
Drohe nicht mit der Auszeit, sondern tu es einfach. Oder: "Sarah, du hast jetzt gerade den Marco gehauen, wir haben abgemacht, dass wir anständig und lieb miteinander umgehen. Deshalb gehst du jetzt für 3 - 5 Min. in die Auszeit."
Du nimmst sie ganz ruhig und bestimmt, und bringst sie in den Auszeitraum. Dieser sollte uninteressant sein, also nicht das Kinderzimmer, sondern das Schlafzimmer, Badezimmer….
Wenn sie die festgesetzte Zeit ruhig war (es muss nicht mucksmäuschenstill sein, aber sie muss sich einigermassen still verhalten), dann gehst du zu ihr und sagst: „du warst jetzt schön still, jetzt darfst du wieder rauskommen.“ Versuch nicht mehr über den Vorgang zu sprechen, sondern versuch sie wieder in eine Aktivität zu verwickeln.
Die Auszeit zeigt ihr dass sie ganz klar eine Abmachung eine Regel übertreten hat, es gibt ihr aber auch dir die Möglichkeit euch zu beruhigen.
Drohe nicht mit der Auszeit, sie wird sonst lernen, dass er erst hören muss, wenn du drohst.
Das gilt allgemein bei den Drohungen. Also das berühmte „wed itze nid folgisch, denn… oder itze zelle ig no uf drü“ solltest du vermeiden. Dein Kind lernt nämlich dabei: Ich muss erst dann hören, wenn die Mama laut wird, wenn sie schimpft, droht oder auf 3 zählt.
Versuch anstatt zu drohen, das Kind zu motivieren. „Hey, wenn di itze schnäll aziehsch, denn hei mer när no gnue Zyt fürs Büechli.“ Oder „Due di itze alege und wed agleit bisch denn chasch cho ässe.“ (Nicht: wed di itze nid aleisch, de chasch nid cho ässe).
Die Auszeit vorher (also wenn es kein Problemverhalten gibt) mit dem Kind vorbesprechen und genau sagen, was passiert, wieso und wie lange man in die Auszeit muss und wann du sie wieder von der Auszeit zurückholst.
Denk dran: Die Auszeit ist die letzte Möglichkeit und steht am Ende einer langen Kette von Erziehungsfertigkeiten (Fam. Regeln, direktes ansprechen, klare ruhige Anweisungen, Log. Konsequenzen, Stiller Stuhl und Auszeit. Die Auszeit funktioniert nur, wenn du vor allem auch die anderen Erziehungsstrategien (beschreibend loben, Aufmerksamkeit schenken, Zuneigung zeiten bei positivem Verhalten, beiläufiges lernen usw.) regelmässig anwendest. Überleg dir vorher, für welches Verhalten du die Auszeit anwenden willst. Also z.B für heftige Wutanfälle, spucken, schlagen, beissen, hauen usw.
Du kannst eine Auszeit auch direkt anwenden, ohne vorher noch den st. Stuhl zu brauchen.
Wenn es Problemverhalten gibt, das immer und immer wieder auftaucht. z.B ruhig am Tisch sitzen, in normalem Ton miteinander sprechen, Schuhe und Jacken versorgen usw. dann kannst du mit deinem Kind zusammen ein paar Familienregeln aufstellen.
Besprecht miteinander, welchen Umgang ihr untereinander möchtet.
Schreib es so auf, dass sie weiss WAS GENAU du von ihr erwartest, was sie tun soll. Also nicht: „I wott nid, dass du duesch houe“, sondern „I wott, dass du fiin, lieb, aständig bisch. Du kannst das Fehlverhalten schon aufzählen, aber schau darauf, dass du ihr genau erklärst was du von ihr möchtest. Schreibt, zeichnet, klebt diese Regeln (3-4 sollten am Anfang reichen) auf ein Blatt. Gestalte sie so, dass sie diese versteht und hängt sie irgendwo gut sichtbar auf. Frag sie auch, was passiert, wenn man jemanden beisst oder schlägt, wie sie sich fühlen würde, wenn ihr jemanden weh tut.
Je nachdem wie alt sie ist, kannst du auch versuchen Alternativen mit ihr zu besprechen, „ i verstah, dass du mängisch wüetig bisch, was chönnt me denn mache?“.Hesch e Idee? We öpper nid das macht, wo du möchschts, was wär denn e gueti Idee, was chönntsch mache?“ Gib ihr erst Vorschläge, wenn sie selber keine wissen.
Die einzige Konsequenz die zu Hause hilft ist ins Zimmer stellen und mal toben lassen. Sind wir auswärts und alles reden hilft nichts, dann haben wir Ausflüge auch schon abgebrochen und sind auf der Stelle nach Hause.
Versuch immer gut vorauszuplanen. D.h dass du deiner Tochter immer sagst, was als nächstes passiert. Versuch den Tag in kleinen Schritten zu erklären. Also am morgen z.B "So, ich räume jetzt die Küche auf, du kannst in der Zeit etwas ruhig für dich spielen. Wenn ich fertig bin, komme ich zu dir und dann können wir zusammen etwas machen." Erklär ihr immer was als nächstes passiert und was DU von ihr erwartest, was sie tun soll. Für Ausflüge, also wenn ihr irgendwo hingeht empfehle ich dir folgendes zu machen:
1. Gute Vorbereitung
Sag ihr genau wo ihr hingeht, was passiert, wie lange usw. Mach z.B mit ihr zusammen eine Einkaufsliste. Schaut was ihr alles braucht und schreibt es auf einen Zettel. Sag ihr, dass ihr nur das kauft was auf dem Zettel steht.
Wenn ihr zu Besuch geht, macht die Sachen vorher parat, die ihr dann braucht.
2. Regeln festlegen
Besprich mit ihr die Regeln. Sag ihr was du genau von ihr erwartest. Positiv formulieren "Ich möchte, dass du im Geschäft bei mir bleibst. Ich möchte, du mir auf dem Weg die Hand gibst.... usw."
3. Interessante Beschäftigungen suchen
Häufig klappt es nicht, weil die Kinder gar nicht genau wissen, was wir in der Situation von ihnen erwarten und weil sie nichts zu tun haben: es ist ihnen Langweilig. Versuch ein paar Sachen einzupacken wie Bücher, Malsachen, Spielsachen, Tiere usw. Und versuch sie in die Aktivitäten miteinzubeziehen. Lass sie dir helfen wenns möglich ist (z.B beim einkaufen). Sprecht über Dinge, Farben, Formen, woher kommt dies und jenes... man sagt dem "Beiläufiges Lernen".
3. Belohnungen abmachen
Besprecht zusammen, was passiert, wenn sie sich gut an die Abmachungen hält. z.B zusammen etwas trinken gehen, auf den Spielplatz, ein Dessert nach dem Mittagessen, ein Büechli schauen usw.
4. Konsequenzen einsetzen
Wenn es nicht klappt, sei bereit logische Konsequenzen einzusetzen. Also z.B keine Belohnung oder das kleine Einkaufswägeli zurück bringen, einen Moment in den Wagen sitzen, einen Moment mit ihr rausgehen und auf die Treppe sitzen. Sag ihr dann immer warum du es tust. "Du bist jetzt grad davon gelaufen, obwohl wir abgemacht haben, dass du bei mir bleibst, deshalb gehen wir jetzt kurz raus, oder deshalb gehen wir nach dem einkaufen nicht mehr auf den Spielplatz. Den Ausflug grad abbrechen würde ich nicht machen. Du möchtest ja dem Kind die Gelegenheit geben, es nochmals richtig zu machen und deshalb ist es wichtig, dass du die Aktivität kurz unterbrichst und das Kind es dann nochmals "üben" kann.
5. Nachbesprechen
Sag ihr was gut war, lobe sie dafür und sage ihr auch , was er evt. das nächste Mal noch besser machen könnte.[/color]
Was kann ich tun damit es besser wird?
Du kannst mir gerne noch ein paar konkrete Beispiele aufzählen, dann kann ich dir ganz spezifisch für diese Situationen Tipps geben. Melde dich einfach wieder mit Beispielen, Fragen, Feedback.
liebe Grüsse
Kathrin