von Kathrin Buholzer » 10.11.2008, 15:58
Danke für deine vielen Inputs.
Also sie spielt nebenbei noch Fussball in einem Club. Das liebt sie über alles. Sie macht das prima und freut sich jede Woche darauf. Wir haben jeden Woche 1/2 Tag ein Hütikind im selben Alter wie sie. Und sie darf auch Kinder einladen oder zu Kinder spielen gehen. Auch wenn sie gehütet wird oder bei anderen wird redet sie sehr viel.
Ich kann nicht mal sagen wann es mir besonders auffällt, da es ich es so empfinde als würde sie eben den ganzen Tag so viel reden und so hippelig sein. Vorallem fällt es mir an den Wochenenden auf weil sie dann nicht in der Schule ist und ich sie den ganzen Tag so erlebe.
Beobachte das doch einmal ganz genau, während ein paar Tagen und mach dir ein paar Notizen. Vielleicht fällt dir dann auch eine Gemeinsamkeit auf, evt. merkst du dann auch, dass es gar nicht soo viel passiert wie du jetzt vielleicht meinst.
Ich muss vielleicht noch erwähnen dass sie einen 11-jährigen Bruder hat und es im Moment ein Kampf um die jeweilige Position gibt. Sie vertragen sich gar nicht zur Zeit und streiten sehr sehr viel. Daher vesuche ich mit den Kindern oft getrennt was zu machen so kommen beide auf ihre Kosten denn zusammen geht es grad gar nicht. Vielleicht hat das viele reden auch damit zu tun?
Viel reden hat auch ganz viel mit sich mitteilen, zeigen, dass man auch noch da ist zu tun. Es ist gut möglich, dass es für sie im Moment grad der einzige Weg ist, sich mitzuteilen, Anerkennung zu erhalten.
Versuch dich einmal zu achten, dass du ihr dann Aufmerksamkeit schenkst, wenn sie sich gut verhält. Setz den Fokus auf das Positive, lobe und ermutige sie, wenn sie etwas gut kann oder gemacht hat.
Ich weiss, ich muss mir Mühe geben ihr zuzuhören, manchmal sag ich auch ... ja....mhh... oder super... aber ich kann nicht den ganzen Tag auf ihre Sätze eingehen.
Nein, das musst du nicht. Wenn du mit ihr in Kontakt bist, dann muss es ehrlich sein und sie muss sich verstanden und aufgenommen fühlen. Du kannst aber durchaus auch mal sagen: "Das ist ganz toll, was du mir erzählst und was du erlebt hast. Jetzt machen wir hier mal eine Pause. Wir können dann beim zVieri wieder etwas weiter plaudern." Vielleicht kann sie ihr Mitteilungsbedürfnis ja auch in einer etwas anderen Form ausleben. z.B ein Zeichnungstagebuch machen, oder ihre Geschichten, Ideen und Erlebnisse auf Kassette aufnehmen?
Wenn sie aus der Schule nach Hause kommt verstehe ich ihren Redezwang alles zu erzählen, verstehe auch ihre Agression, da es einfach raus muss. Aber wirkt sich das denn auf den ganzen Tag so aus?
Es ist schon wichtig, dass du ihr da Grenzen setzt und sie anleitest. Besprecht das zusammen. Schaut mal die Vor- und Nachteile, die das viele Reden mit sich bringt zusammen an. (Wenn es dann wirklich auch so viel ist, das musst du zuerst einmal genau beobachten).
Wenn sie mal was im TV schauen darf, dann ist sie ganz ruhig und entspannt. Das fällt mir auf.
Vielleicht braucht sie auch immer wieder ein paar "Medienwechsel". Also zeichnen, dann mal etwas hören (Kassettli), Computerspiel, Geschichte vorlesen, Rollenspiele, TV.
Ich versuche eigentlich immer einen geregelten Ablauf zu haben. Vorallem abends. Z'nacht Essen, Pyjama anziehen, Zähne putzen, zusammen spielen oder Geschichte erzählen und ins Bett bringen. Aber gerade das läuft bei ihr immer mit viel Unruhe ab. Sie macht alles und weiss dass es dieser Ablauf ist, aber einfach wie ein Tausendsassa und eben mit viel viel viel Gerede und Hippeligkeit.
Hast du selber von dir das Gefühl das DU ruhig und gelassen bist. Oft übertragen sich Hibbeligkeit, Unruhe und Genervtheit der Eltern rasch auf die Kinder. Versteh mich richtig: Ich will dir das nicht unterstellen, möchte dich einfach anregen, mal ein wenig auf dich und deine Gefühle zu achten. Bist du am Abend beim ins Bett bringen ruhig, gelassen und entspannt? Oder eher angespannt und bist froh, wenn sie dann endlich im Bett ist. Auch solche Stimmungen können sich schnell auf Kinder übertragen und sie geraten dann oft aus dem Häuschen.
Es macht mich einfach dann selber so nervös und ich werde selber so unruhig und dann auch mal laut. Ich sag ihr auch, bitte sei doch jetzt mal für 10 Minuten ein bisschen still ich möchte das oder jenes kurz in Ruhe machen.
Das verstehe ich gut. Trotzdem ist das für deine Tochter widersprüchlich. Du bist nervös und laut, erwartest aber von ihr, dass sie selber das nicht ist.
Ich gebe dir hier noch grundsätzlich mal ein paar Tipps zu den Anweisungen:
Nicht zuviele! Oftmals texten wir unsere Kinder von morgens bis abends mit Anweisungen zu. Je mehr Anweisungen wir geben, umso mehr Möglichkeiten haben die Kinder nicht zu gehorchen. Oftmals geben wir auch einfach nur Anweisungen aus lauter Gewohnheit. "Pass auf dort drüber, diese Pflanzen solltest du nicht anfassen, jetzt musst du dann mal den Schlafanzug anziehen." Hier wäre es besser entweder gar nichts zu sagen oder dann: "Komm her zu mir, Lass die Pflanzen in Ruhe, geh jetzt bitte deinen Schlafanzug anziehen." Überleg dir jeweils, BEVOR du eine Anweisung gibst: Ist diese jetzt wichtig? Denk auch daran, dass du dann auch eine Konsequenz parat haben musst, wenn er sie nicht befolgt.
Frageform! Immer wieder geben wir Anweisungen als Frage. "Könntest du bitte deine Füsse vom Tisch nehmen? Kommst du bitte? Gehst du jetzt die Hände waschen?" Wenn wir eine Anweisung als Frage formulieren, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn das Kind "Nein" sagt. Also sag immer, WAS genau du von deinem Kind erwartest. Positiv Formulieren!
Zu Ungenau! "Lara!" oder "Hör auf mit dem Blödsinn!" "Jetzt reichts aber! "Jetzt benimm dich!" Diese vagen Andeutungen sagen dem Kind weder mit was es aufhören, noch was es stattdessen tun soll.
Negative, emotionale Botschaften: "Bist du heute unmöglich, bist du eine Heulsuse, ein Globi, ein Lama...usw." Also das Kind als Person schlecht machen/kritisiern und nicht sein Verhalten.
Von weit her! Immer zum Kind hingehen. Nicht von der Küche ins Kinderzimmer schreien!
Zur falschen Zeit! Vorher ankündigen. Nicht einfach den Fernseher ausmachen, oder zum essen rufen. Sag ihr vorher wie lange sie etwas tun darf. Stell eine Uhr, oder geh ca. 5 Min. vorher zu ihr hin und sage: "In 5 Minuten können wir essen, wenn ich das nächste Mal komme, dann möchte ich, dass du gleich mitkommst und dir die Hände wäschst."
Es gibt noch weitere "Erziehungsfallen":
Umgang mit Strafen:
Strafe wird angedroht, aber nicht ausgeführt. Das Kind lernt mit der Zeit, dass die Eltern die Strafen nur androhen, aber trotzdem nix passiert.
Strafe als letzte Möglichkeit:
Die Eltern warten zu lange, bevor sie auf das Problemverhalten reagieren. Strafen fallen dann häufig zu hart aus.
Inkonsequente Bestrafung:
Die Eltern sind sich nicht einig, ob und wie sie Konsequenzen anwenden. Für das Kind ist es schwierig zu merken, welche Linie jetzt gilt.
Auch wenn ich telefoniere oder mit jemandem reden, zu Hause, auf der Strasse, mit meinem Mann egal mit wem... sie redet immer dazwischen. Zieht mich am Ärmel weil sie die Aufmerksamkeit will.
Kriegt sie die dann auch? Oder hat sie die ab und zu bekommen? Sag ihr immer schon vorher was du von ihr möchtest: "Ich bin jetzt für ein paar Minuten mit Melanie am Telefon. Wenn du noch grad was von mir möchtest, dann kannst du mich jetzt noch schnell fragen. Wenn ich dann am Telefon bin, dann möchte ich, dass du ruhig bis und mich einen Moment in Ruhe lässt." gib ihr dann auch gleich etwas zu tun, damit sie beschäftigt ist.
Kinder können sich angewöhnen sich schlecht zu benehmen, wenn wir sie nicht genügend beachten, wenn sie sich gut verhalten. Deshalb ist es wichtig, dass du ihr immer eine positive Rückmeldung gibst, wenn dir etwas gefallen hat. "Toll, dass du so schön ruhig warst, während ich telefoniert habe."
Oder am Telefon rede ich und sie redet einfach drauf los und fragt mich was oder erzählt was. Ich hab ihr jetzt schon 100x erklärt, dass ich grad nicht mehr ihr reden kann wenn ich mit jemand anderem rede, sie müsse warten.
Es nützt aber alles nichts
Predige nicht einfach alles 100 Mal. Wenn du es immer und immer wieder sagst, dann wird deine Tochter schnell merken, dass du es eh nicht ernst meinst, weil ja nichts passiert.
Deine Tochter hat wohl gelernt, dass du deine Anweisungen immer und immer wieder wiederholst. Erst wenn du dann drohst, laut wirst oder auf 3 zählst, weiss sie, dass du des ernst meinst.
Hier schreib ich dir mal das Wichtigste zu den Anweisungen auf:
Wichtig ist, dass du nicht alles x-mal sagst. Wenn du möchtest, dass dein Kind etwas tut, dann folge diesen Schritten: Geh zu ihm hin (also nicht aus einem anderen Zimmer, von draussen nach drinnen…) rufen, sprich es mit Namen an und sag ihm genau was es tun soll: „bitte geh jetzt deine Zähne putzen, sprich bitte in normalem Ton, versorge bitte deine Schuhe …“ (auch hier, immer sagen, was sie tun sollen, was du von ihnen möchtest). Warte ca. 5 Sekunden und gib ihm Zeit zu gehorchen.
Bleib in der Nähe und beobachte es. Wenn es tut was du gesagt hast, dann lobe es.
Wenn nicht dann gib die Anweisung noch einmal. (Gilt nicht bei Problemverhalten, dann die Anweisung nur einmal geben!).
Wenn es wieder nicht gehorcht, dann musst du eine logische Konsequenz folgen lassen. ( also irgendetwas, welches mit seinem Verhalten in Zusammenhang steht. Die Kinder aus der Situation entfernen, das Spielzeug, den Teller einen Moment wegnehmen, keine Geschichte vorlesen usw.). Sag ihnen immer wieso du es tust, drohe nicht, sondern tu es einfach. Wichtig ist, dass du ihnen immer wieder die Möglichkeit gibst es wieder zu üben. Entferne das Spielzeug nur für ca. 5-30 minuten und gib es ihnen dann wieder.
Beim Telefon musst du unter Umständen den Hörer einen Moment hinlegen, also das Telefon unterbrechen oder halt ganz auflegen um die Sache zu klären.
Schau mal, was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder. Am besten immer grad mit ein paar Beispielen, ok?
liebe Grüsse
Kathrin