Meine Tochter und mein Tageskind...

[Shanaya1]

Hallo

auch ich komme wieder einmal mit einem Problem. Wir haben eine 8 Jährige Tochter. Vor 6 Monaten wurde ich angefragt ob ich nicht Lust hätte drei mal die Woche einen ganzen Tag einen 4,5 Jährigen Jungen zu betreuen. Da ich der Auffassung war das so etwas die ganze Familie betrieft, haben wir uns an einen Tisch gesetzt und das zusammen besprochen.
Meine Tochter war Feuer und Flamme, hat zu allem ja gesagt und sich gefreut wie wahnsinnig auf den Jungen. Wir haben sämtliche Vor - und Nachteile besprochen, abgewogen und einmal eine Probezeit von drei Wochen vereinbart. Die sind auch sehr gut verlaufen und ich war guten mutes das es dem Jungen bei uns gefallen würde. Muss dazu sagen, das der Junge aus schwierigen Familienverhältnissen kommt. Etliche Defizite in allen möglichen Bereichen hat und nie gefördert wurde.
Nach drei Wochen hat sich meine Tochter um 180 grad gedreht. Sie würde Eifersüchtig wie verrückt, hat den Jungen nur noch geärgert und gehänselt. Er darf nicht in ihr Zimmer, ihre sachen nicht einmal berühren, sie beachtet ihn nicht, grüsst ihn nicht, redet nicht mit ihm und behandelt ihn als wäre er Luft. Wenn sie dann doch etwas sagt, schreit sie ihn an. Mir sagt sie ständig das sie den Buben nicht will, ich soll ihn " zurückgeben ", er sei langweilig mit ihm könne man nichts machen. Er ist ein sehr stiller ruhiger und lieber Junge, meine Tochter ist eine eher wilde, bei ihr muss immer etwas los sein.
Ich habe wirklich gehoft das legt sich mit der Zeit, aber sie zieht das jetzt schon 6 Monate durch. Ich möchte gerne das der Junge bei uns bleibt. Er hat schon viele Fortschritte gemacht. Ich weis nicht mehr wie ich auf die Attacken meiner Tochter reagieren soll.

Herzlichen Dank für deine Hilfe

[Kathrin Buholzer]

Hallo Shanaya!
Das ist natürlich eine grosse Umstellung auch für deine Tochter. Auch wenn sie sich auf den Jungen gefreut hat, hat sie nun das Gefühl, dass er ihr den Platz streitig macht. Gerade wenn er viel Zuneigung braucht, fühlt sie sich wahrscheinlich etwas von ihrem Thron gestossen. Am besten setzt du dich mal mit ihr zusammen und redest mal mit ihr. Sag ihr, dass ihr den Jungen nicht einfach so, wie ein Kleidungsstück zurückgeben könnt. Sag ihr, dass das ein Job ist, den du angenommen hast, diesen Jungen zu betreuen. Es geht nicht darum zu diskutieren, ob er zurück geht, sondern wie ihr das Zusammensein gestalten wollt. Nimm deine Tochter ernst, hör ihr zu, welche Sorgen und Ängste sie hat, was sie nicht so toll findet an der Situation und versucht zusammen eine Lösung zu finden. Frag sie nach ihren Vorstellungen. "Dich ärgert es, wenn er einfach so, ohne zu fragen in den Zimmer kommt? Was könntest du denn machen, wenn er das tut?" Versuch sie selber zu Antworten zu bewegen. Kinder haben oft sehr gute Ideen, wie man etwas lösen, eine Situation verbessern könnte. pass auch auf, dass du nicht moralisierst, ihr Vorwürfe machst, predigst. Fasse das Gehörte in deinen Worten zusammen: "Habe ich das richtig verstanden..."
Wenn sich eine Familie erweitert, (auch wenns nur temporär und für einige Stunden am Tag oder in der Woche ist) braucht es neue Formen und Regeln. Diese müssen dann natürlich für alle gelten und alle müssen sich daran halten. Wenn deine Tochter merkt, dass der Junge sich auch an diese Strukturen halten muss, nicht nur die Annehmlichkeiten, sondern auch die weniger angenehmen Seiten, das können Ämtli sein, oder beim Nichtbefolgen der Regeln logische Konsequenzen, dann kann sie ihn wahrscheinlich auch besser akzeptieren.
Lobe und ermutige sie immer wieder, auch vor dem Jungen. Wenn sie merkt, dass sie die Ältere ist und gewisse Dinge schon besser kann, oder auch mal etwas mehr schon darf als er, dann wird sie sich weniger vor ihm behaupten müssen.
Du kannst gewisse Regeln (z.B was den Umgang mit dem Tageskind betrifft) nur mit ihr alleine besprechen, die allgemeinen Regeln, dann mit allen zusammen. Schreibt diese auf, zeichnet wenn nötig dazu oder klebt Bilder auf und hängt die Regeln dann irgendwo gut sichtbar auf.

Schau mal, was du damit anfangen kannst und melde dich dann einfach wieder, am besten mit ein paar Beispielen, dann kann ich dir noch etwas konkretere Tipps geben, ok?
liebe Grüsse
Kathrin