Liebe Kathrin. Ja, ich bin ein ein wenig verzweifelt und überfordert. Ich weiss auch kaum wo ich anfangen soll. Unser Sohn geht in die dritte Klasse. Er ist vom Geburtsdatum her der Jüngste in seiner Klasse. Zu meiner totalen Überraschung gab es in der Schule von Anfang an Probleme: Er sei sehr unkonzentriert und störe ständig den Unterricht. Eine schulpsychologische Abklärung (entgegen den Lehrerinnen war ich todsicher dass kein ADHS vorliegt) ergab, dass er an der Grenze zur Hochbegabung liegt, feinmotorisch aber eher noch im Rückstand. Diese Erkenntnis löste allerdings die Probleme in keiner Weise. Die Lehrerinnen kamen nicht mit ihm zurecht. Das ist die eine Seite. Die andere ist sein trödlerisches und verträumtes Verhalten generell, auch zuhause. Er vergisst einfach alles was ihm nicht angewachsen ist.... zwei bis drei Znüniböxli pro Woche sind keine Seltenheit, heute war es wieder ein Turnschuh, der fehlte, Hausaufgaben, Sachen zuhause abgeben oder ausrichten, Bibliothekskarte mitnehmen etc. etc. Er vergisst es. Und bringt damit natürlich nicht nur mich sondern eben auch wieder seine Lehrerinnen gegen sich auf. Dieses Jahr gab es nun einen Lehrerwechsel, was sicher gut ist. Aber ein Gschpänli hat auf dem Spielplatz schon wieder erzählt, unser Sohn sei der einzige, der bestraft worden sei, er habe vor die Tür gemusst. Also geht es gleich weiter. Was ich sicher auch noch erwähnen muss: Ich habe den Eindruck, er steht unter enormer Anspannung. Er isst beispielsweise seine Stifte auf (nicht nur annagen!) und er isst auch Radiergummis und Prittstifte. Natürlich mache ich diese Anspannung mit meiner Erwartungshaltung nicht besser, das ist mir klar, aber ich kann nicht aus meiner Haut. Ich hätte so gern ein bisschen Ernsthaftigkeit und Eigenverantwortung. Dass er mal selber etwas sucht, wenn er etwas verliert, aber das ist ihm alles völlig egal. Dass er unterscheiden lernt zwischen Schulbetrieb und Spielzeit: Dort ist man ruhig und konzentriert und da kann man Gas geben und spielen. Ich habe einfach Horror, dass es nun in der dritten mit der neuen Lehrerin so weiter geht: Anruf um Anruf und Machtlosigkeit zuhause. Mir fällt einfach kein adäquates Erziehungsmittel ein. Ich will den armen Kerl ja nicht noch weiter unter Druck setzen. Aber ich möchte ihn einen Schritt weiter bringen in seiner Entwicklung, dann hätte er es wesentlich leichter und der Druck würde dann auch weniger werden. Ich fühle mich auch selbst unter Druck, weil ich ihm momentan nicht die Mutter sein kann, die ich ihm gerne wäre. Es macht mir Schuldgefühle, dass ich so Schwierigkeiten habe, ihn mit seinen Eigenheiten zu akzeptieren . Ich wäre sehr dankbar für ein Feedback . Fühle mich momentan einfach unsicher, unfähig und überfordert.
Herzliche Grüsse und vielen Dank
Esther