Depression in der Familie - GERN AN ALLE!

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Depression in der Familie - GERN AN ALLE!

Beitragvon frauundmami » 20.01.2012, 11:39

Am 16.01.12 08:33 schrieb ich folgendes Mail an Kathrin:

Liebe Kathrin

Zuerst einmal vielen Dank für ELTERNPLANET. Ein erfrischender Umgang mit Erziehung und Kinder. Tut mir immer wieder gut.

Hallo ...
Danke fürs Lob. Freut mich, dass du dich auf dem Elternplaneten wohl fühlst.


Kurz zu meiner Person und Situation. Wir haben 2 Kinder fast 6 und fast 4 Jahre alt. Mein Mann hat einen Kaderjop, ich bin 100% für die Familie zuständig.
Ich musste meinen Mann in eine stationäre Behandlung in einer Psychiatrie einliefern. Schnelldiagnose Burnout und schwere Depressionen mit Selbstmordabsichten.
Die Zeit ist schwierig und doch bin ich froh endlich zu wissen, dass er die nötige Hilfe bekommt und hoffentlich auch annimmt.

Jetzt zu meiner Frage. Wie gehe ich damit mit meinen Kindern um. Wir waren ihn schon besuchen, dies war für unser Junge (fast6) sehr wichtig. Ich versuche ihnen immer wieder zu erklären was Papi hat.
Ganz wichtig ist, dass du versuchst so viel Normalität wir möglich beizubehalten. Schau, dass es ganz viele Fixpunkte gibt, die gleich bleiben, damit die Kinder nicht ganz aus dem Konzept fallen.

Aber wie gehe ich damit um, wenn ich heulen muss.
Es bringt nichts, den Kindern etwas vorzuspielen. Sie merken es ja trotzdem irgendwie, weil sie sehr feine Antennen haben. Versuch dich selbst zu bleiben. Wenn du weinen musst, dann weine und sag ihnen auch warum. Traurig sein ist ok. Schau einfach dass du sie nicht zu sehr verunsicherst. Du bist für sie jetzt im Moment "der Fels" in der Brandung. Du bist ihre Stütze, auch wenn du manchmal traurig bist.
Vielleicht könnt ihr auch zusammen besprechen, was ihr tun wollt, wenn ihr den Papi vermisst. Vielleicht alle zusammen ein Bild malen und es dann irgendwo aufhängen, vielleicht ein spezielles Lied hören, was auch immer.


Wieviel kann ich sie von Verwandten und Freundinnen betreuen lassen, ohne sie zu vernachlässigen?
Da darfst du ruhig auch ein bisschen egoistisch sein. Schau, dass es DIR gut geht, dann geht es deinen Kindern auch gut. Wenn du merkst, dass du grad einen Moment Zeit brauchst, für dich oder um deinen Mann zu besuchen, dann nimm dir diese auch. Toll, wenn du liebe Menschen um dich herum hast, die dich unterstützen. Ganz wichtig ist immer, dass du deinen Kindern genau sagst, WAS jetzt passiert, wo du hingehst, warum und was du dort machst. Wichtig ist auch, dass sie immer wissen, wann du wieder kommst.

Soll ich mich um sie kümmern und mein Mann muss in der Klinik selber klarkommen?
Das ist eine Frage, die du mit dir und deinem Mann klären musst. Was tut dir gut? Was ist für ihn besser? Kann er vielleicht besser gesund werden, wenn er etwas Abstand hat. Wie geht es dir dabei?

Was habe ich für Rechte auf HILFE (SPitex)
Da kann ich dir leider nicht so gut weiterhelfen. Da erkundigst du dich am besten bei einem Arzt oder beim Spital. Was du auch machen kannst. Dieses Mail als "neues Thema" im Elternplanet Forum posten.
http://www.elternplanet.ch/forum. Du kannst das auch anonym machen, resp. Einfach selber einen Necknamen wählen und dann mal schauen, ob es jemanden gibt, der ähnliches erlebt hat wie du. Auf der Elternplanet Fanpage bei FB posten geht natürlich auch, dass ist dann halt aber nicht anonym.


Vielleicht weisst du, wo ich die entsprechende Hilfe bekommen kann. Die ganze Geschichte wird sicher mehrere Monate dauern, bis mein Mann wieder für uns da sein kann. Was kann ich machen, dass ich diese Zeit durchhalte???
Sei nicht zu stolz Hilfe anzunehmen. Nimm was du kriegen kannst. Hilfe im Haushalt, Hilfe mit den Kindern, vielleicht auch Hilfe für dich, damit du dich austauschen kannst. Da ist es oft hilfreich sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Deshalb auch mein Vorschlag, deine Situation zu posten.
Ich hoffe, du kannst etwas damit anfangen und ich wünsche dir ganz, ganz viel Kraft und Energie für die nächste Zeit.

Alles Liebe Kathrin


Hat jemand eine ähnliche Zeit durgemacht? Wie ging es euch? Wo habt ihr Hilfe bekommen?
frauundmami
 
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Re: Depression in der Familie - GERN AN ALLE!

Beitragvon twin-power » 20.01.2012, 20:38

Hallo frauundmami,

Ihr/ du habt schon ne menge geschafft! Die ganze ungewisse zeit davor, die einsicht hilfe für deinen mann
zu holen und dein entschluss , darüber zu sprechen ( auch wenn "nur" virtuell).

Ich wuchs mit einem vater auf, der manisch depressiv war/ ist. Ich kann dir also hier
einfach mal aus der sicht eines kindes schreiben, wie Ich das alles erlebt habe.

Ich erfuhr ziemlich spät von der krankheit meines vaters. Es wurde daraus ein
Tabuthema für uns kinder gemacht. Lange spürte ich zwar, dass etwasnicht stimmt,
aber ivh hatte keine ahnung was. Gerade als kind dacht ich oft, dass ich etwas getan
habe, weshalb sich mein vater dann tagelang im zimmer einschloss und nicht mit uns sprach.

Deine kinder sind zwar noch klein, um alles wirklich zuverstehen, doch gebe ich dir den rat das ganze
nicht zu tabuisieren. Redet darüber, malt oder bastelt für den papa etwas.

Und JA!!! Weine auf jedenfall, wenn es dir darum ist. Auch vor deinen kindern. Meine mama hat
das nie getan und ich habe mir das somit auch getraut. mama war ja stark! Es schien sie nicht sehr berührt
zu haben. Also versuchte ich dies auch.
Auch wenn du weinst, bist du ein sehr wertvolles vorbild für deine kinder!

Hilfe darfst und solltest du auf jedenfall annehmen! Mal die kinder abgeben und einfach
nur zu dir schauen, auf dich achtgeben. Kaffee trinke oder shoppe gehen. In ruhe baden, tv
schauen oder einfach nur schlafen!

Ich würde deine kinder auch ab und an mal zum papa besuchen mit nehmen.
Ich würde hier allerdings auf den zustand deines mannes achten. Evtl. zuerst mit dem
Arzt telefonieren. Wenn dein mann gerade ein tief hat und vo suizid spricht oder düsteren gedanken,
kann das deine kinder sehr belasten. Weisst du in etwa, was ich meine?

Nach dem ersten schock, dass mein vater in der psychiatrie war, ging es der ganzen
Familie besser. Wir hatten uns sehr schnell an einen alltag ohne vatr gwöhnt und in gewisser
Weisse auch genossen. Es war niemand mehr da, für den wir leise durch die wohnung schleichen mussten,
Keiner, der tieftraurig da sass und über selbstmord sprach etc.
Und auf der anderen seite hatten wir die sicherheit, dass auf ihn aufgepasst wird, und zwar
profesionell.

Liebe frauundmami, du wirst sehen, dass wenn du mal alles organiesiert und geregelt hast, es auch einiges positives
an sich hat. Ich wünsche dir viel kraft und mut für die kommende zeit!

Twin-power
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Re: Depression in der Familie - GERN AN ALLE!

Beitragvon frauundmami » 22.01.2012, 11:07

Hallo Twin-Power

Vielen Dank für deine Worte. Sie geben mir Trost und Zuversicht, dass alles gut wird.
Es stimmt, dass mit der Einweisung eine riesige Last von mir genommen wurde. Endlich wird ihm geholfen, obwohl wirklich realisiert hat er seinen Zustand immer noch nicht. Er will immer noch möglichst schnell wieder arbeiten gehen.

Ich kämpfe jetzt selber mit meiner Erschöpfung. Es gibt Zeiten, da kann ich alles anpacken was ich gerade muss, und heute morgen schleppe ich mich nur noch durch die Wohnung. Hätte Wäsche zu machen, Rechnungen zu zahlen, aufzuräumen, das Mittagessen muss auf den Tisch... Mein Kopf ist schwer, mein Rücken schmerzt und ich bräuchte eine Schulter zum anlehnen...

Ich lese zur Zeit viel über Depressionen und realisiere langsam dass mein Vater, mein Bruder, meine Schwägerin und auch ich schon lange Depressive Symptome haben. Wir leiden alle still, leben eher unglücklich und unzufrieden und krampfen was das Zeug hält, ohne Freude und Glücksempfinden.

Am meisten Sorge ich mich jedoch um meine Kinder. Ich hoffe sie finden einen guten Umgang damit. Basteln und Zeichnen wollen sie nicht. Sie sind eher ruhig im Moment und wir kuscheln viel. Ich spreche mit ihnen darüber wenn sie von sich aus auf mich zukommen. Ich verheimliche nichts. Versuche es kindlich zu erklären.

Die ganze Sache braucht Zeit. Ich hoffe wir können sie nutzen.
Vielen Dank.
frauundmami
 
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Re: Depression in der Familie - GERN AN ALLE!

Beitragvon twin-power » 24.01.2012, 23:35

hallo frauundmami

ach mensch....das braucht alles so viel kraft gell!

dein mann wird erst mit der zeit realisieren, wie es um ihn steht und weshalb. sobald er das verstanden hat, kann er die ursachen ergründen und beheben.

ich würde wirklich schauen, dass du deine kinder vielleicht 2 x pro woche, den ganzen nachmittag abgeben könntest. vielleicht kommt dir der gedanke, dass du deine kinder abschiebst. aber dem ist nicht so. dir werden die zwei nachmittag oder vormittag gut tun. und wenn es dir besser geht, wirkt sich das auch auf deine kinder aus.

erzwingen kannst du bei deinen kindern nichts. egal ob reden oder basteln. einfach da sein. mal hier kuscheln oder mal über den kopf streicheln etc.

bei uns gab es das angebot für eine psychologische betreuungsbegleitung in der klinik. hast du das angebot auch?

mein grossvater, väterliches seits, hatte auch schon depresionen. scheinbar ist das vererbbar. ich wurde schon im kiga abgeklärt, da ich scheinbar alles in schwarz oder dunkel gemalt habe. das ergebnis war, dass mir diese farbe einfach gefällt :-)
aber ein auge darauf zu haben, ist sicherlich von vorteil.

weisst du, wenn die wäsche liegen bleibt oder mal nicht staubgesaugt wird, ist das nicht schlimm. und wenn du mal ne büchse ravioli aufmachst auch nicht. erleichtere dir irgendwie deinen alltag. mach es dir so einfach wie möglich. lass denn frühjahrsputz dieses jahr sein und mach ihn nächstes jahr.

achte gut auf dich. auf deinen schultern muss zur zeit viel lasten. schau, dass dir irgendjemand ein wenig davon abnimmt.

und nun lass dich mal kräftig drücken *drüüüüüccckkk*

ich kann dir leider nicht mehr, als mit worten helfen.

es grüsst dich ganz lieb twin-power
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Re: Depression in der Familie - GERN AN ALLE!

Beitragvon Nucki » 10.02.2012, 21:59

Hallo...
Ich hatte eine Mutter die manisch-depressiv war, sie lebt nicht mehr. Auch bei mir (pflegefamilie) wurde nicht offen über das Thema gesprochen. Ich wurde auch belogen als Kind. Das Vertrauen in Menschen war als Kind und auch heute noch sehr schwierig...
...deshalb mach weiter so, du machst es toll!

Ich war insgesamt 4 Jahre in psychologischer Behandlung, unter anderem wegen Burnout.
Burnout hat sehr viel mit der eigenen Geschichte und Persönlichkeit zu tun. Menschen die als Kinder nie genügen usw. Ich brauchte auch sehr lange, bis ich entlich aufhörte "stark" zu sein.
Es gibt eine Chance für Burnout Patienten.
Ich arbeite immer noch als Pflegefachfrau. Ich habe ein 5 Monate altes Baby und mir geht es gut. Ich musste natürlich lernen auf mich zu hören und mich mehr zu schätzen. Ich habe es geschafft! Ich blockiere z.B. Zeiten in der Agenda, an denen ich etwas für mich tue.
Pass auf dich auf, damit du nicht auch reinrutschst. Versuche dich auf die schönen, kleinen Dinge des Lebens zu konzentrieren. Versuche dich abzugrenzen. Das Burnout muss dein Mann überwinden. Du kannst einfach da sein, nicht versuchen ihm zu helfen. Geh viel nach Draussen. Der Körper braucht es um Serotonin zu bilden (Mangel bei Depression)
Ich arbeite übrigens in der Spitex. Um Haushaltshilfe zu bekommen, müsstest du es versichert haben in einer Zusatzversicherung. Wenn du das hast, musst du es ärztlich Verordnen lassen
Ich hoffe das ich dir ein paar aufmunternde Worte schicke und wünsche dir ganz viel Kraft!
Lg Nucki
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Re: Depression in der Familie - GERN AN ALLE!

Beitragvon Little Lovebird » 28.08.2012, 08:29

Hallo,

Wow zuerst einmal, Hut ab was du alles erleben musstest und geleistet hast. Ist bei mir heute noch so mit meiner Mutter...Auch Sie erkrankte als ich Kind war (Schizophrenie) und seit dem lebe ich mit dem. Aber es war nie einfach. Zum Burnout, mich hat es leider auch mal erwischt vor 2 Jahren. Und ich muss extrem aufpassen dass ich nicht wieder das Ganze zulasse. Aufjedenfall möchte ich dir viel Kraft und Energie geben. Und vielleicht wäre es auch gut, wenn du Dir Hilfe zulegst, um mit dieser ganzen Situation gut klar zu kommen.

Grüsse
Little Lovebird
 
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Re: Depression in der Familie - GERN AN ALLE!

Beitragvon Steff » 09.10.2012, 17:21

Hallo,
ich bin schon seit längerem in einer Altenpflege tätig und erlebe dort häufig bei älteren Menschen eine Art Depression. Ich denke auch, dass es beeindruckend ist, dass deine Familie sich dem Thema so offen stellt. Das erlebt man nicht oft. Viele merken gar nicht, dass sie depressiv sind oder wollen es nicht akzeptieren. Ein bisschen merkt man das auch daran, dass du immer noch dein Leben so leben willst wie vorher (Wäsche waschen, jeden Tag essen kochen etc.). Deine Familie befindet sich in einer besonderen Situation. Akzeptiere das euer Leben sich darum auch etwas ändern muss. versuch gegen deine eigene Traurigkeit anzukämpfen (wenn nötig auch mit professioneller Hilfe) und lass dich auf keinen Fall unterkriegen!
Ich wünsche dir und deiner Familie viel Glück
Wenn du die Welt verändern willst, beginne mit dem Menschen, den du jeden Morgen im Spiegel siehst.
Steff
 
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