Hört nicht zu

Hier gibts Antworten auf die wichtigsten Erziehungsfragen

Moderator: Kathrin Buholzer

Hört nicht zu

Beitragvon Mima » 15.04.2010, 12:52

Hallo Kathrin,

Kannst Du mir einen Tip geben? Wie bringe ich meinen Sohn (2.5 Jahre) dazu dass er mir besser zuhört und nicht immer trotzt bzw. das Gegenteil macht. Ein Beispiel: ich sage ihm in 5 Minuten räumen wir den Sandkasten auf und gehen nach Hause (daselbe nochmals nach 3 und nach 1 Minute). Er hilft mir meisst nicht beim aufräumen und will nicht nach Hause kommen obwohl alle anderen Kinder nach Hause gehen. Er setzt sich ganz alleine wieder in den Sandkasten und sagt er bleibe im Sandkasten. Ein anderes Beispiel, wir sind auf einem anderen Spielplatz (nicht zu Hause im Quartier) und ich möchte wieder nach Hause. Trotz meiner mehrmaligen Aufforderung wollte er nicht mitkommen. Ich habe mich auch schon mit seinem kleineren Bruder im Kinderwagen schon auf den Weg gemacht um die Ecke und geschaut ob er mich sucht. Keine Spur.

Vielen Dank für deine Rückantwort.
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Re: Hört nicht zu

Beitragvon Kathrin Buholzer » 20.04.2010, 11:08

Hallo Kathrin,

Kannst Du mir einen Tip geben? Wie bringe ich meinen Sohn (2.5 Jahre) dazu dass er mir besser zuhört und nicht immer trotzt bzw. das Gegenteil macht.

Hallo Mima
da kann ich dich erst einmal beruhigen. Das Verhalten deines Sohnes ist ganz normal. Er ist in der Trotzphase und er muss sich so verhalten, auch wenn's nervig ist.

In der Trotzphase, so ab 2 Jahren erwacht der eigene Wille des Kindes und zeigt sich immer häufiger in Form von Trotzreaktionen und Gehorsamsverweigerungen. Das Wort "Nein" erhält eine ganz wichtige Bedeutung. Das bedeutet aber nicht, dass sich das Kind in erster Linie gegen seine Eltern wendet, sondern vielmehr, dass das Kind leidet, dass es seine Wünsche nicht selber erfüllen kann.
D.h., es ist in dieser Phase nicht mehr in der Lage die Situation zu überblicken oder zu kontrollieren und gerät darum völlig aus den Fugen.
Deine Tochter versucht immer mehr ihre eigenen Wege zu gehen und stösst dabei natürlich und immer wieder an"natürliche" Grenzen. Und sie merkt auch, dass du nicht alles so machst und sagst, wie sie das gerne möchten.

(Hier noch ein paar Erläuterungen aus dem familienhandbuch.de)
>>Diese ersten Erfahrungen mit dem eigenen Willen und den damit verbundenen aggressiven Gefühlen und Konfliktsituationen bzw. der Umgang damit, werden zu Grunderfahrungen, die das weitere Leben des Kindes er- oder entmutigend prägen werden. Die Kinder erlernen im Idealfall, dass:

... es ist gut, einen eigenen Willen zu entwickeln. Dadurch wird es fähig, eigene Entscheidungen zu treffen und zu erproben, und zu erkennen welche Konsequenzen diese Entscheidungen nach sich ziehen.
... Konfliktsituationen nichts wirklich Bedrohliches sind und zum Leben dazugehören und Lösungen gefunden werden können.
... Konfliktsituationen innere und äußere Spannungen erzeugen. Diese Spannungen sind aber auszuhalten und müssen nicht durch andere Tätigkeiten (z.B. Essen) abreagiert oder sogar verdrängt werden.
... es seine Gefühle äußern und zum Ausdruck bringen kann und seine Eltern halten das aus, bewerten sie nicht, sondern helfen ihm dabei, sie zunehmend in Worte zu fassen und auszudrücken. "Auch wenn ich um mich schlage, schreie und tobe, werde ich von meinen Eltern gemocht."
... bewältigte Konflikte Ereignisse sind, auf die man gemeinsam zurückblicken kann und welche die Beziehung vertiefen.
... es macht Spaß, eigene Erfahrungen zu sammeln, auch wenn manchmal Schmerz und Enttäuschung mit dabei sind. Das Kind verzweifelt nicht, da es von seinen Eltern unterstützt wird, es immer wieder neu zu versuchen. >>

Verhindern kannst du solche Trotzanfälle nicht. Es gibt allerdings ein paar Sachen die du tun kannst, damit es vielleicht nicht gar so häufig vorkommt.
- Lass ihm genügend Freiraum, renn nicht ständig hinter ihm her und versuch, ihn nicht mit Anweisungen zu zutexten.
- Stell Regeln auf, aber nicht zu viele und sei konsequent, wenn diese nicht beachtet werden.
- Achte darauf, dass du ihm nicht alles abnimmst und ihm dann nur deine Hilfe anbietest, wenn er nicht weiterkommt. Ganz nach dem Motto: "Hilf mir, es selbst zu tun."

- Oft ist es auch möglich in gewissen Dingen zu verhandeln. D.h du kannst ihm eine Auswahl geben und er kann dann selber entscheiden, was er möchte. ("Soll ich dir die Hand geben, oder willst du alleine raufgehen?" " Möchtest du die blaue oder die grüne Hose anziehen." usw. Einen Kompromiss eingehen, verhandeln, aber nur dort wo es auch wirklich Sinn macht.

- In Situationen in denen er sich ärgert, nützt es oft auch, wenn du versuchst ihn abzulenken. Manchmal merkst du auch schon vorher, dass es bald zu einem Trotzanfall kommt, dann kannst du mit dem Ablenkungsmanöver schon etwas früher anfangen.
Vorausplanen. Sag ihm immer früh genug, was als nächstes passiert, so dass er sich schon frühzeitig darauf einstellen kann.
Versuche dem Wutanfall möglichst wenig Beachtung zu schenken.

Auch wenns stressig und oft auch nervig ist. Lass dich davon nicht beeindrucken. Wenns dich ärgert, verlass einen Moment den Raum. Oft nützt es auch, wenn man einfach einen Schritt zurück steht, sein Kind aus den Augenwinkeln beobachtet und denkt: "Alles ok, ich habe ein ganz normales Kind." Lass dich nicht erpressen, schimpfe auch nicht mit ihm. Bleib ruhig und standhaft und wenn der Anfall vor bei ist, dann geh wieder zu ihm und sage: "Schön, dass du dich wieder beruhigt hast, jetzt kannst du mir zeigen, was du genau tun wolltest, ich helfe dir."

Ganz wichtig ist auch, dass du den Fokus aufs Positive legst. Tut er etwas, das dir gefällt, das du du öfter von ihm sehen möchtest, dann lobe und ermutige ihn und sag ihm genau, WAS dir gefallen hat. "Toll, dass du grad gemacht hast, was ich dir gesagt habe." Pass auf, dass du nicht ins Negative fällst. "Endlich bist du grad gekommen und hast nicht wieder so laut geschrien..."

Zum Thema "Erziehungsfallen" - Warum Kinder nicht gehorchen, hab ich grad zwei Videos gemacht. Schau sie dir doch einmal in Ruhe an, dort findest du vielleicht auch noch ein paar Anhaltspunkte, Videos 26 und 27, Video zum Thema Trotzphasen, Nr. 32:

Alle Videos findest du auch hier: www.youtube.com/elternplanet


Ein Beispiel: ich sage ihm in 5 Minuten räumen wir den Sandkasten auf und gehen nach Hause (daselbe nochmals nach 3 und nach 1 Minute). Er hilft mir meisst nicht beim aufräumen und will nicht nach Hause kommen obwohl alle anderen Kinder nach Hause gehen. Er setzt sich ganz alleine wieder in den Sandkasten und sagt er bleibe im Sandkasten.

Das ist für kleine Kinder oft schwierig einen Schluss zu finden. Am besten hilfst du ihm dabei. In dem du z.B sagst: "So und jetzt backen wir zusammen noch einen letzten Kuchen und dann kannst du mir grad helfen die Spielsachen in den Sack zu packen..." Versuch das spielerisch zu machen, ihn abzulenken und ihm eine Alternative anzubieten. "Wenn wir eingeräumt haben, dann schauen wir noch, ob wir dort vorne einen grossen Stock finden. Komm!"

Ein anderes Beispiel, wir sind auf einem anderen Spielplatz (nicht zu Hause im Quartier) und ich möchte wieder nach Hause. Trotz meiner mehrmaligen Aufforderung wollte er nicht mitkommen. Ich habe mich auch schon mit seinem kleineren Bruder im Kinderwagen schon auf den Weg gemacht um die Ecke und geschaut ob er mich sucht. Keine Spur.

Das würde ich nicht unbedingt machen. Das wirkt dann oft unglaubwürdig, wenn du sagst: "Ich gehe jetzt!" und du dann nach einer Weile ja doch wieder zurückgehen musst um ihn zu holen. Versuch ihn lieber zu motivieren. "Wer ist zuerst beim grossen Baum? Komm wir hüpfen, wir suchen einen Schatz, holen uns ein paar farbige Blätter, du darfst bis zum Baum den Kinderwagen schieben, dort noch etwas kleines essen... usw." Auch hier zuerst einen guten Schluss finden und dann fürs Weggehen: Lass dir etwas einfallen, so dass er abgelenkt ist und gar nicht mehr auf die Idee kommt, dass er ja eigentlich da bleiben wollte.

Schau mal was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder. Mit Fragen, Feedback oder mehr Beispielen, ok?
liebe Grüsse
Kathrin


Vielen Dank für deine Rückantwort.
Mima

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