Eifersucht und Provokation

Hier gibts Antworten auf die wichtigsten Erziehungsfragen

Moderator: Kathrin Buholzer

Eifersucht und Provokation

Beitragvon momy » 29.04.2009, 23:04

Hallo

Bin Mutter von zwei Kindern (Junge 5 Jahre und Mädchen bald 2 Jahre). In letzter Zeit ist das Thema Eifersucht wieder zu spüren. Er nimmt ihr Sachen weg (Nuggi, Spielsachen, Lieblingstier) oder er setzt sich manchmal auf sie oder gibt ihr einen Schups. Wie gehe ich am besten mit seiner Eifersucht um - ausser ihm immer wieder sagen, dass ich ihn lieb habe, mit ihm zu kuscheln (was zwar noch nie gross möglich war)?

Gestern Morgen fühlte ich mich total von seinem Verhalten provoziert (wollte Telefonate erledigen und er sagte er wäre nicht still, da er keinen Trickfilm sehen darf) oder er will sich wieder Schoggi holen oder er telefoniert selbst obwohl ich ihm gesagt habe, dass er das nicht darf. Meine Nerven gingen durch. Was gibt es für Tips um ruhig zu bleiben (ausser Nervenstärckende Mittel)?

Vielen lieben Dank für die Tips.
momy
 
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Beitragvon Kathrin Buholzer » 30.04.2009, 17:15

Hallo

Hallo momy! Erst einmal herzlich willkommen hier auf dem Elternplaneten. Schön, dass du hier gelandet bist und bei uns mitschreibst.

Bin Mutter von zwei Kindern (Junge 5 Jahre und Mädchen bald 2 Jahre). In letzter Zeit ist das Thema Eifersucht wieder zu spüren. Er nimmt ihr Sachen weg (Nuggi, Spielsachen, Lieblingstier) oder er setzt sich manchmal auf sie oder gibt ihr einen Schups. Wie gehe ich am besten mit seiner Eifersucht um - ausser ihm immer wieder sagen, dass ich ihn lieb habe, mit ihm zu kuscheln (was zwar noch nie gross möglich war)?

Achte dich einmal wann das passiert. In welchen Situationen? Sucht er Aufmerksamkeit, ist ihm Langweilig? Hat sie ihn vorher geärgert und er weiss nicht, wie er sich besser wehren soll.

Wenn du herausgefunden hast, warum er es tut, dann versuch mit ihm zusammen eine bessere Alternative zu finden. Gib ihm nicht immer grad die Lösung vor, sondern sag ihm z.B: "Du bist jetzt wütend, weil die Selina dein Spielzeugauto genommen hat. Was könntest du jetzt tun? Was passiert, wenn du es ihm einfach wegnimmst? Hast du eine bessere Idee." Die Streitsituationen lassen sich eher verhindern, wenn dein Sohn Alternativen zu seinem jetzigen Verhalten lernt. Deshalb ist es wichtig, wie du ja schon geschrieben hast, dass du nicht als "Polizist" in die Situation reingehst. Dazu nochmals das wichtigste in Kürze:
Wenn sie sich streiten und du zu ihnen gehst, dann versuche nicht gleich selber die Situation zu klären. Also nicht: „ was isch itze hie scho wider los, Luca was hesch ume gmacht? Muesch immer mit de andere stritte, itze gib ihne sofort die Sache zrügg/la ihn i Rueh usw.“ Versuch als erstes mal zuzuhören. Was genau ist passiert, versuch nicht zu bewerten und Partei für jemanden zu ergreifen. Hör zu und mach dir ein Bild. Wenn nötig fass das Gehörte zusammen: „Also hani das richtig verstande, Lukas du bisch verruckt worde, wüll d Selina dir ds Spilzüg het wäggnoh?"
Versuch auch hier nicht gleich selber die Lösung zu geben. Probier deine Kinder zu einer Lösung zu bewegen. „Also, Lukas, was chönntisch de mache, we d Selina dir ds Spilzüg wägnimmt. Hesch no e anderi Idee, als houe? Was gits itze für ne Möglichkeit? Wie chönnte mir das Problem itze löse?“ Lass ihn einfach so viel selber zur Lösung beitragen, wie er mit seinen 5 Jahren schon kann.
Kinder haben meistens selber sehr gute Ideen Probleme zu lösen, man muss sie nur lassen. Wichtig ist, dass du ihnen nur so viel Hilfe wie nötig gibst, so dass sie das Problem eigentlich selber lösen können. Wenn es dann nicht klappt, oder sie sich nicht einigen können, dann kannst du immer noch einschreiten od. eine Lösung vorschlagen. „Luget, wenn dir öich nid chöit einige, wär itze mit dem Outo spilt, de nimenis itze für ne Moment wäg. 10 Minute gibenis euch de wider und de chöit der de nomal versueche das z löse.“ Es ist nicht deine Aufgabe abzuwägen und den Schiedsrichter zu spielen, du sollst nur Hilfestellungen geben und die Kinder müssen es dann selber versuchen. Das ist für dich einfacher, denn sonst stehst du immer zwischendrin, du bist immer für irgendjemanden „die Böse“ du kannst es nicht allen recht machen. Deshalb ist es für dich auch viel entspannter, wenn deine Kinder nach Lösungen suchen. Sie werden mit der Zeit auch merken, dass sie dich auch nicht immer rufen müssen, denn du ergreifst ja „keine Partei“ mehr für jemanden.

Ich weiss, das ist sehr schwierig am Anfang, vor allem wenn man es sich gewohnt ist, immer gleich einzuschreiten und Tipps zu geben oder zu befehlen, wies jetzt läuft. Es braucht Fingerspitzengefühl um sich auch mal zurückzuhalten und den „Ball“ an die Kinder zurückzugeben. Wenn sie sich ständig um das Spielzeug streiten, dann setz dich mit dem Grossen einmal zusammen und schaut einmal, welches Spielzeug er auf gar keinen Fall teilen will. Ihr könnt dieses z.B mit einem farbigen Punkt kennzeichnen. Er erklärt sich aber dann einverstanden, dass der Kleine dann mit den anderen Spielsachen spielen darf. (Das könntet ihr z.B auch bei den Regeln aufschreiben).

Besprecht miteinander, welchen Umgang ihr untereinander möchtet. Der Grössere kann selber versuchen aufzuzählen, wie man sich verhalten soll, damit es untereinander keinen Streit gibt. Schreib es so auf, dass sie wissen WAS GENAU du von ihnen erwartest, was sie tun sollen. Also nicht: „I wott nid, dass du duesch houe“, sondern „I wott, dass du fiin, lieb, aständig bisch. Du kannst das Fehlverhalten schon aufzählen, aber schau darauf, dass du ihm genau erklärst was du von ihm möchtest. Schreibt, zeichnet, klebt diese Regeln (3-4 sollten am Anfang reichen) auf ein Blatt. Gestalte sie so, dass sie alle verstehen und hängt sie irgendwo gut sichtbar auf. Frag sie auch, was passiert, wenn man jemanden beisst oder schlägt, wie sie sich fühlen würde, wenn ihr jemanden weh tut. Versuch auch evt. Alternativen mit ihnen zu besprechen, „ i verstah, dass du mängisch wüetig bisch, was chönnt me denn mache?“.Hesch e Idee? We öpper nid das macht, wo du möchschts, was wär denn e gueti Idee, was chönntsch mache?“ Gib ihnen erst Vorschläge, wenn sie selber keine wissen.
Bei Regeln musst du auch mit ihnen abmachen, was passiert, wenn sie sich nicht daran halten. Bei beissen, kratzen, schlagen usw. würde ich dir vorschlagen, den Stillen Stuhl oder die Auszeit anzuwenden. Bei uns müssen die Kinder bei diesem Verhalten sofort in die Auszeit. D.h du gehst zu ihm, sagst was er falsch gemacht hast, erinnerst ihn an die Regel und sagst: „Luca, du hesch itze grad der Lea gschlage, mir hei abgmacht, dass mir fiin und lieb mitenand umgöh, drum muesch du itze für 1 oder 2 Min. id Uszyt.“ Du nimmst ihn ganz ruhig und bestimmt, und bringst ihn in den Auszeitraum. Dieser sollte uninteressant sein, also nicht das Kinderzimmer, sondern das Schlafzimmer, Badezimmer…. Wenn er die festgesetzte Zeit ruhig war (es muss nicht mucksmäuschenstill sein, aber er muss sich einigermassen still verhalten), dann gehst du zu ihm und sagst: „du bisch itze schön still gsi, itze darfsch wieder usecho.“ Versuch nicht mehr über den Vorgang zu sprechen, sondern versuch ihn wieder in eine Aktivität zu verwickeln. Die Auszeit zeigt ihm, dass er ganz klar eine Abmachung eine Regel übertreten hat, es gibt ihm aber auch dir die Möglichkeit euch zu beruhigen. Drohe nicht mit der Auszeit, er wird sonst lernen, dass er erst hören muss, wenn du drohst. Das gilt allgemein bei den Drohungen. Also das berühmte „wed itze nid folgisch, denn… oder itze zelle ig no uf drü“ solltest du vermeiden. Dein Kind lernt nämlich dabei: Ich muss erst dann hören, wenn die Mama laut wird, wenn sie schimpft, droht oder auf 3 zählt. Die Auszeit vorher (also wenn es kein Problemverhalten gibt) mit dem Kind vorbesprechen und genau sagen, was passiert, wieso und wie lange man in die Auszeit muss und wann du ihn wieder von der Auszeit zurückholst.

Streiten und Konflikte austragen ist sehr, sehr schwer. (Das können ja oft nicht mal Erwachsene richtig). Sag ihm auch, dass es ok ist, wenn man mal auf seine kleine Schwester sauer ist, dass es aber nicht ok ist, wie er seine Wut rauslässt. Versucht zusammen nach Lösungen zu suchen, damit er einen Ausweg hat, wenn es wieder mal so weit ist.
Die Kleine ist ja jetzt kein kleines Baby mehr, sondern ein aktiver Teil der Familie.
Versuch dort ein gewisses Verständnis zu zeigen, dass er sich auch mal über seine kleine Schwester ärgern darf. Dass kleine Schwestern auch manchmal ganz schön anstrengend sein können.
Sprich mit ihm darüber. Frag ihn auch, was ihn vielleicht nervt, was er toll findet an der kleinen Schwester.

Einen Tipps zum ständigen Streiten, wer z.B zuerst ein Stück Kuchen nehmen darf, wer welches Glas nehmen kann, wer neben Mama sitzen darf usw. findest du auch noch unter "Erziehung mit Fantasie" unter Eifersucht, schau einfach mal hier:

http://www.elternplanet.ch/46.html


Gestern Morgen fühlte ich mich total von seinem Verhalten provoziert (wollte Telefonate erledigen und er sagte er wäre nicht still, da er keinen Trickfilm sehen darf) oder er will sich wieder Schoggi holen oder er telefoniert selbst obwohl ich ihm gesagt habe, dass er das nicht darf. Meine Nerven gingen durch. Was gibt es für Tips um ruhig zu bleiben (ausser Nervenstärckende Mittel)?


Wichtig in solchen Situationen ist, dass du gut vorausplanst. Sag ihm, was du jetzt tust, wie lange du telefonierst und mit wem. Sag ihm, was du von ihm erwartest. Auch hier positiv formulieren: "Ich muss jetzt mit Herrn XY, von der Versicherung etwas am Telefon besprechen. Ich möchte, dass du in dieser Zeit etwas für dich spielst. Wenn du noch grad etwas von mir brauchst, dann kannst du mich jetzt fragen, wenn ich am Telefon bin, möchte ich, dass du ruhig bist. Du kannst nachher, wenn ich fertig bin wieder zu mir kommen."Suche interessante Beschäftigungen. Gib ihm etwas zu tun. Er kann z.B in der Zeit etwas zeichnen, basteln, mit Knete spielen, Kassetten hören usw. Schau mit ihm an, was er denn machen könnte. Du kannst auch eine "Telefonkiste" machen. Diese Kiste ist nur fürs Telefonieren bestimmt. Dort hat es Spielsachen, Farben, Malbücher, kleine Autos, Rätselhefte usw. drin, die er nicht so kennt, die vielleicht neu sind, oder du aus dem Keller mal wieder raufgeholt hast. Sag ihm vorher wie lange er die Kiste brauchen darf, sonst hast du nachher gleich wieder ein Geschrei. "Du darfst jetzt mit der Telefonkiste spielen. Wenn ich fertig mit telefonieren bin, dann stellen wir 5 Minuten die Uhr, du darfst noch etwas weiterspielen wenn du möchtest und danach räumen wir sie wieder weg."
Du kannst auch mit ihm eine Belohnung abmachen. "Wenn es gut geklappt hat und du schön ruhig warst, dann können wir nachher noch zusammen ein Spiel spielen, etwas trinken, z Nüni nehmen, rausgehen etc."
Wenn er sich nicht an die Abmachungen hält, dann sei bereit, das Telefon einen Moment zu unterbrechen. Sag ihm, was er falsch gemacht hat und setz eine log. Konsequenz ein. Nimm ihm z.B das störende Spielzeug weg oder wenn es ganz heftig ist, er schreit und tobt, dann schick ihn einen Moment in die Auszeit.
Wenn es gut geklappt hat, dann lobe und ermutige ihn und sag ihm GENAU, was dir gefallen hat. "Toll, dass du so schön ruhig gezeichnet hast, während ich telefoniert habe."

Versuch im allgemeinen den Fokus aufs Positive zu setzen. Tun deine Kinder Dinge die dir gefallen, die du öfter von ihnen sehen möchtest, dann lobe und ermutige sie. Gib ihn vorallem dann ein Feedback, wenn sie sich gut verhalten. Pass auf, dass du dabei nicht ins Negative fällst. "Endlich mal hast du nicht so blöd getan..."

Vielen lieben Dank für die Tips.

Schau mal, was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder mit Fragen oder Feedback, ok?
liebe Grüsse
Kathrin
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Beitragvon momy » 30.04.2009, 20:04

Vielen lieben Dank für deine Antwort und die Tips. Werde es versuchen so zu machen.

Er hat übrigens dem Bruder eines Spielgruppengspänlis auch einfach den Nuggi weggenommen (ohne irgendwelchen Grund). Warum er das macht weiss ich wirklich nicht.

Besten Dank
momy
 
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