von Kathrin Buholzer » 16.03.2009, 16:49
Erst einmal vielen Dank, dass ich Deine wertvollen Ratschläge in Anspruch nehmen darf.
Hallo Sosthe! Erst einmal herzlich willkommen hier auf dem Elternplaneten. Schön dass du hier mitschreibst und einen lieben Gruss nach Konolfingen. Bin dort aufgewachsen, zur Schule gegangen und meine Schwester und meine Eltern leben dort...
Unser Junge ist 2,5 Jahre alt, er ist im Allgemeinen ein sehr zufriedenes und ausgeglichenes Kind.
Seit der Geburt unsere Tochter vor 8 Monaten, haben wir jedoch Schwierigkeiten mit ihm, dass er mit anderen Kindern sehr grob umgeht. Bisher richteten sich seine Handgreiflichkeiten auch gegen seine Schwester, das hat sich jedoch deutlich gebessert und ist fast verschwunden.
Das ist eigentlich eine normale Reaktion. Bis jetzt war die Kleine noch keine so grosse"Gefahr" für ihn und hat ihn nicht gross gestört. Jetzt da sie älter und mobilier wird, "bricht" sie plötzlich in sein "Territorium, in sein Reich" ein. Sie wird ein aktiver Teil der Familie.
Versuch dort ein gewisses Verständnis zu zeigen, dass er sich auch über seine kleine Schwester ärgern darf. Dass kleine Schwestern auch manchmal ganz schön anstrengend sein können.... :-)
Sprich mit ihm darüber. Frag ihn auch, was ihn vielleicht nervt, was er toll findet an seiner kleinen Schwester.
Was sie z.B alles noch lernen muss und wie sie ihm dabei helfen kann.
Er schubst und schlägt mit allem Möglichen nach den Kindern, oft je nach Kind unterschiedlich ausgeprägt.
Schon kleine Kinder merken schnell, dass sie ihre Körperteile als "Waffen" gebrauchen können. Anhand der Reaktionen merken sie, dass man mit beissen oder schlagen Aufmerksamkeit und Zuwendung erhält, auch wenn es negative ist. Er versucht nun, dieses Verhalten immer wieder zu zeigen.
Dein Sohn hat sicher auch gemerkt, dass er mit diesem Verhalten die Kinder z.T auch beherrscht.
Wichtig ist, dass du ihm klar machst, dass du das nicht tolerierst. Sag ihm, dass du von ihm möchtest, dass er lieb und sorgfältig mit den anderen umgehen soll. (Formuliere positiv: also nicht: NICHT schlagen, sondern lieb und anständig umgehen).
Sag ihm das jeweils auch schon vorher. Also bevor ihr auf den Spielplatz geht, bevor er mit anderen Kindern in Kontakt kommt
Versuche auch den Fokus vermehrt auf das Positive zu setzen. Also tut er etwas, dass dir gefällt, dann schenke ihm Aufmerksamkeit und lobe ihn. "Hey, das hat mich gefreut, dass du auf dem Spielplatz so toll mit dem Jungen gespielt hast."
Wichtig ist, dass du nicht alles x-mal sagst. Wenn du möchtest, dass dein Kind etwas tut, dann folge diesen Schritten: Geh zu ihm hin (also nicht aus einem anderen Zimmer, von draussen nach drinnen…) rufen, sprich ihn mit Namen an und sag ihm genau was er tun soll: „bitte häb dini Füess abe, gang bitte ga Zähnputze, due bitte normal rede, …“ (auch hier, immer sagen, was er tun soll, was du von ihm möchtest). warte ca. 5 Sekunden und gib ihm Zeit zu gehorchen. Bleib in der Nähe und beobachte ihn. Wenn er macht, was du gesagt hast, dann lobe ihn. Wenn nicht dann gib ihm die Anweisung noch einmal. Wenn er wieder nicht gehorcht, dann musst du eine logische Konsequenz folgen lassen. ( also irgendetwas, welches mit seinem Verhalten in Zusammenhang steht. Ihn aus der Situation entfernen, das Spielzeug, den Teller einen Moment wegnehmen, keine Geschichte vorlesen usw.). Sag ihm immer wieso du es tust, drohe nicht, sondern tu es einfach. Wichtig ist, dass du ihm immer wieder die Möglichkeit gibst es wieder zu üben. Entferne das Spielzeug nur für ca. 5-30 minuten und gib sie ihm dann wieder. Wenn es keine Konsequenz gibt, dann setze ihn für eine bis 2 Minuten auf den stillen Stuhl. Er muss dann kurz auf einen Stuhl, Treppe, Boden sitzen, sich beruhigen, kurz nachdenken und du holst ihn dann wieder. (Wie bei der Auszeit). Wenn er nicht still ist, dann bring ihn in die Auszeit. Sag ihm warum: „du bisch nid still gsi, drum muesch itze e moment id uszyt/timeout ids zimmer.
Die Auszeit ist die letzte Möglichkeit und steht am Ende einer langen Kette von Erziehungsfertigkeiten. (Fam. Regeln, direktes ansprechen, klare ruhige Anweisungen, Log. Konsequenzen, Stiller Stuhl und Auszeit. Die Auszeit funktioniert nur, wenn du vor allem auch die anderen Erziehungsstrategien (beschreibend loben, Aufmerksamkeit schenken, Zuneigung zeiten bei positivem Verhalten, beiläufiges lernen usw.) regelmässig anwendest.
Wichtig bei der Auszeit:
einen uninteressanten Raum wählen (wenn möglich nicht das Kinderzimmer, das Schlafzimmer, Gästezimmer oder auch das WC). Erklär ihm in einer ruhigen Situation, wie die Auszeit abläuft. Sag ihm dann, was du von ihm erwartest. "Ich möchte, dass du dich jetzt beruhigst." Lass ihn dann einfach und verlasse evt. auch den Raum. Bei einem Wutanfall hat es keinen Sinn auf ihn einzureden. Wenn er dich dann haut oder der Wutanfall wirklich ganz heftig ist, dann schick ihn in die Auszeit. Sag ihm warum du es tust.
Die Auszeit würde ich immer dann anwenden, wenn er einfach drauflos haut. Da hat es keinen Sinn ihm lange zu erklären. Nimm ihn einen Moment aus der Situation raus, damit er merkt, dass sein Verhalten nicht toleriert wird.[/color]
Ich spüre, dass er vorallem Reaktionen damit herausfordert, es nicht wirklich boshaft oder agressiv meint.
Für mich ist dies zu einer grossen Stressituation geworden, ich habe oft keine Lust mehr, mich mit anderen Müttern/Kindern zu treffen. Sein Verhalten macht mir grosse Mühe.
Das kann ich gut verstehen. Trotzdem ist es wichtig, dass er immer wieder Gelegenheiten bekommt, das zu üben. Er kann es nur besser machen, wenn er die Möglichkeit kriegt es zu üben.
Bisher reagierte ich vorallem mit Zurechtweisen und oft versuche ich es mit Deinen beschriebenen Auszeiten, wobei das mässig klappt.
Nur die Auszeit anzuwenden wird nicht so viel bringen. Viel wichtiger ist es, gut vorauszuplanen, ihm zu sagen wo ihr hin geht, wie lange mit wem und was du von ihm erwartest. Setz den Fokus aufs Positive. Lobe und ermutige ihn, wenn er sich an die Abmachungen hält. Geh zu ihm und sag ihm genau, WAS dir gefallen hat. Gib ihm also ein Feedback wenn es gut läuft und nicht nur dann, wenn es nicht klappt.
Da oftmals die Umgebung und Situation unterschiedlich ist, hindert es mich wohl an der konsequenten Durchführung.
Oftmals habe ich auch den Eindruck, je mehr ich mich bemühe, umso schlimmer wird es.
Auch die Methode, ihn die direkte Konsequenz spüren zu lassen (Bsp: wir sind draussen am Spielen, er schlägt ein Kind, wir gehen darauf nach Hause), funktioniert nicht wirklich- ich habe den Eindruck, es stört ihn nicht mal wirklich, wenn er nicht mit anderen Kindern weiterspielen darf.
Wichtig ist, es vorher genau zu erklären und ihm auch zu sagen, was du von ihm möchtest. Wenn er dann schlägt, geh nicht einfach mit ihm nach Hause, sondern nimm ihn einfach einen Moment aus der Situation raus. z.B muss er einen Moment zu dir aufs Bänkli sitzen, oder muss einfach einen Moment aus dem Sandkasten raus. Lass ihn dann nach der abgemachten Zeit (also nach 5-10 Minuten) wieder mit seiner Tätigkeit fortfahren. Auch wenn er nicht grad zu Tode betrübt zu sein scheint, lass dich davon nicht beeindrucken. Das muss er auch nicht. Bei einer log. Konsequenz geht es nicht darum, dass die Kinder "leiden", es geht auch nicht darum sie "fertig" zu machen, damit sie möglichst am Boden zerstört sind. Wenn Kinder so reagieren wie du es bei deinem Sohn beschreibst, dann heisst das, dass er die logische Konsequenz nachvollziehen kann. Also lass dich von einer solchen Reaktion nicht verunsichern.
In einer Streitsituation ist es wichtig, dass du nicht als „Polizist“ in die Situation rein gehst, sondern als „Vermittler“. Wenn sie sich streiten und du zu ihnen gehst, dann versuche nicht gleich selber die Situation zu klären. Also nicht: „ was isch itze hie scho wider los, Luca was hesch ume gmacht? Muesch immer mit de andere stritte, itze gib ihne sofort die Sache zrügg/la ihn i Rueh usw.“ Versuch als erstes mal zuzuhören. Was genau ist passiert, versuch nicht zu bewerten und Partei für jemanden zu ergreifen. Hör zu und mach dir ein Bild. Wenn nötig fass das Gehörte zusammen: „Also hani das richtig verstande, Luca du bisch verruckt worde, wüll dr Nico dir ds Spilzüg het wäggnoh?"
Versuch auch hier nicht gleich selber die Lösung zu geben. Probier deinen Sohn zu einer Lösung zu bewegen. „Also, Luca, was chönntisch de mache, we der Nico dir ds Spilzüg wägnimmt. Hesch no e anderi Idee, als houe? Was gits itze für ne Möglichkeit? Wie chönnte mir das Problem itze löse?“ Lass ihn einfach so viel selber zur Lösung beitragen, wie sie mit seinen 2,5 Jahren schon kann.
Kinder haben meistens selber sehr gute Ideen Probleme zu lösen, man muss sie nur lassen. Wichtig ist, dass du ihnen nur soviel Hilfe wie nötig gibst, so dass sie das Problem eigentlich selber lösen können. Wenn es dann nicht klappt, oder sie sich nicht einigen können, dann kannst du immer noch einschreiten od. eine Lösung vorschlagen. „Luget, wenn dir öich nid chöit einige, wär itze mit dem Outo spilt, de nimenis itze für ne Moment wäg. 10 Minute gibenis euch de wider und de chöit der de nomal versueche das z löse.“
Ich weiss, das ist sehr schwierig am Anfang, vor allem wenn man es sich gewohnt ist, immer gleich einzuschreiten und Tipps zu geben oder zu befehlen, wies jetzt läuft. Es braucht Fingerspitzengefühl um sich auch mal zurückzuhalten und den „Ball“ an die Kinder zurückzugeben. Es wird sicher auch nicht gleich beim ersten Mal klappen, aber probier es einfach immer wieder.
Was ist Deine Erfahrung? Hast Du mir Vorschläge, wie ich es noch oder anders versuchen kann, dieses Verhaltensmuster zu durchbrechen?
Danke im Vorraus für Deine Tipps, ich bin sehr froh drum!
LG Sosthe
Schau mal, was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder. Mit Fragen, Feedback oder mehr Beispielen, ok?
liebe Grüsse
Kathrin