Was tun, wenn das (kleine) Kind die Eltern schlägt?

Verfasst:
25.11.2008, 17:12
von SySch
Hallo!
Unsere beiden Kids (Mädche, 3 1/2 Jahre, Knabe 2 1/4 Jahre) sind lustige Gesellen, aufgeweckt und an allem sehr interessiert.
Obwohl es in unserer Familie nicht immer nur harmonisch zu und her geht und wir auch immer mal wieder nicht ganz so reagieren, wie wir es uns eigentlich vorgenommen (oder gelesen) haben, geht es grundsätzlich recht gut.
Sorgen macht uns jedoch, dass unsere Tochter in den letzten Wochen vermehrt immer wieder grössere Wutanfälle hatte, die aus dem Nichts kamen. Zuerst haben wir es lustig und dann stimmt irgendwie überhaupt nichts mehr. Das kann zu jeder Tageszeit passieren. Beim Anziehen, Zähneputzen, Spielen - es ist kein roter Faden sichtbar.
Es scheint, als ob der Zwillig in ihr (Sternzeichen) plötzlich Überhand gewinnt und das andere Gesicht zeigt. Sie beginnt in ihrer Wut zu schlagen (mich oder ihren Vater), zu brüllen, zu stampfen. Ich möchte sie in dieser Zeit gerne halten - das lässt sie jedoch nicht zu. Wir haben es versucht, indem wir während der "Phase" bei ihr bleiben und ihr die Möglichkeit gaben, zu uns zu kommen - wenn gewünscht (offene Arme, Blick aber nicht auf sie gerichtet). Eine andere Variante war, dass wir sie mit ihrem Nuggi und den Lieblingstieren eine Auszeit machen liessen. Nichts ist richtig befriedigend, denn wir kommen in dieser Zeit einfach in keiner Weise an Sie ran und die Anfälle wiederholen sich laufend. Wie können wir uns richtig verhalten? Ich bin völlig geschockt, wenn sie mir oder ihrem Vater einfach ins Gesicht schlägt!
(Unsere Familiensituation ist recht stabil. 1 x pro Woche ist je ein Kind bei den Grosseltern bzw. Schwiegereltern (abwechslungsweise). Und unsere Tochter geht nun das 2. Jahr einmal pro Woche an einem Vormittag in die Spielgruppe. Gerade in dieser Zeit der "Wutanfälle" begann sie übrigens von sich selbst aus mit dem 2. Teil des Trocken werdens: Keine Windeln in der Nacht. Sie macht das super.)
Wir freuen uns auf ihre hilfreichen Tipps!


Verfasst:
26.11.2008, 12:51
von Kathrin Buholzer
Hallo!
Hallo SySch! Herzlich willkommen hier bei uns auf dem Elternplaneten, schön dass du hier mitschreibst.
Unsere beiden Kids (Mädche, 3 1/2 Jahre, Knabe 2 1/4 Jahre) sind lustige Gesellen, aufgeweckt und an allem sehr interessiert.
Obwohl es in unserer Familie nicht immer nur harmonisch zu und her geht und wir auch immer mal wieder nicht ganz so reagieren, wie wir es uns eigentlich vorgenommen (oder gelesen) haben, geht es grundsätzlich recht gut.
Sorgen macht uns jedoch, dass unsere Tochter in den letzten Wochen vermehrt immer wieder grössere Wutanfälle hatte, die aus dem Nichts kamen.
Achte dich einmal, wann es passiert? Ging es um eine Anweisung, sollte sie etwas tun, änderte sich etwas im Ablauf, wolltest du etwas von ihr?
Zuerst haben wir es lustig und dann stimmt irgendwie überhaupt nichts mehr. Das kann zu jeder Tageszeit passieren. Beim Anziehen, Zähneputzen, Spielen - es ist kein roter Faden sichtbar.
Wichtig ist immer, dass du gut vorausplanst. Sag deinen Kindern immer genau, was als nächstes passiert. "Laut denken", überrasch sie nicht mit deinen Plänen. Teile den Tag in kleine "Häppchen" und sag ihnen immer, was jetzt kommt. "Ich räume jetzt noch die Maschine aus und ihr geht schon mal die Hände waschen, danach komme ich zu euch und helfe euch beim Zähneputzen, dann ziehen wir die Schuhe an und gehen noch einen Moment raus."
Verhindern kannst du solche Trotzanfälle nicht. Es gibt allerdings ein paar Sachen die du tun kannst, damit es vielleicht nicht gar so häufig vorkommt.
- Lass ihr genügend Freiraum, renn nicht ständig hinter ihr her und versuch sie nicht mit Anweisungen zu zutexten. Normalerweise geben wir immer viel zu viele Anweisungen. Stell Regeln auf, aber nicht zu viele und sei konsequent, wenn diese nicht beachtet werden. Achte darauf, dass du ihr nicht alles abnimmst und ihr dann deine Hilfe anbietest, wenn sie nicht weiterkommt. Ganz nach dem Motto: "Hilf mir, es selbst zu tun."
- Oft ist es auch möglich in gewissen Dingen zu verhandeln. D.h du kannst ihr eine Auswahl geben und sie kann selber entscheiden, was sie möchte. ("Soll ich dir die Hand geben, oder willst du alleine raufgehen?" " Möchtest du die blaue oder die grüne Hose anziehen." usw. Einen Kompromiss eingehen, verhandeln, aber nur dort wo es auch wirklich Sinn macht.
- In Situationen in denen sie sich ärgert, nützt es oft auch, wenn du versuchst sie abzulenken. Manchmal merkst du auch schon vorher, dass es bald zu einem Trotzanfall kommt, dann kannst du mit dem Ablenkungsmanöver schon etwas früher anfangen.
Vorausplanen. Sag ihr immer früh genug, was als nächstes passiert, so dass sie sich schon frühzeitig darauf einstellen kann.
Versuche dem Wutanfall möglichst wenig Beachtung zu schenken.
Du kannst sie auch fragen: "Kann ich dir irgendwie helfen?". Lass sie dann einen Moment und ignoriere sie. Wenn sie wirklich einen heftigen Anfall hat, also tobt und schlägt, beisst... dann bring sie einen Moment in die Auszeit.
Bei der Auszeit gehst du folgendermassen vor. Du gehst zu ihr und sagst, was sie falsch gemacht hat:„Kim, du hesch mi itze grad ghoue, drum muesch du itze für 1 oder 2 Min. id Uszyt.“
Du nimmst sie ganz ruhig und bestimmt, und bringst sie in den Auszeitraum. Dieser sollte uninteressant sein, also nicht das Kinderzimmer, sondern das Schlafzimmer, Badezimmer…. Wenn sie die festgesetzte Zeit ruhig war (es muss nicht mucksmäuschenstill sein, aber er muss sich einigermassen still verhalten), dann gehst du zu ihr und sagst: „du bisch itze schön still gsi, itze darfsch wieder usecho.“
Versuch nicht mehr über den Vorgang zu sprechen, sondern versuch sie wieder in eine Aktivität zu verwickeln.
Die Auszeit zeigt ihr, dass sie ganz klar eine Abmachung eine Regel übertreten hat, es gibt ihr aber auch dir die Möglichkeit euch beide zu beruhigen.
Drohe nicht mit der Auszeit, deine Kinder werden sonst lernen, dass sie erst hören müssen, wenn du drohst. Das gilt allgemein bei den Drohungen. Also das berühmte „wed itze nid folgisch, denn… oder itze zelle ig no uf drü“ solltest du vermeiden.
Dein Kind lernt nämlich dabei: Ich muss erst dann hören, wenn die Mama laut wird, wenn sie schimpft, droht oder auf 3 zählt. Versuch anstatt zu drohen, das Kind zu motivieren. „Hey, wenn di itze schnäll aziehsch, denn hei mer när no gnue Zyt fürs Büechli.“ Oder „Due di itze alege und wed agleit bisch denn chasch cho ässe.“ (Nicht: wed di itze nid aleisch, de chasch nid cho ässe).
Die Auszeit vorher (also wenn es kein Problemverhalten gibt) mit dem Kind vorbesprechen und genau sagen, was passiert, wieso und wie lange man in die Auszeit muss und wann du ihn wieder von der Auszeit zurückholst. Die Auszeit solltest du nur anwenden, wenn es wirklich um ein grosses Problemverhalten geht.
Wenn sie rauskommt, dann bring sie ruhig aber bestimmt wieder zurück. Sag ihr, dass sie rauskommen kann wenn sie die abgemachte Zeit ruhig war. Sei bereit die Türe einen Moment zu zumachen. "Kim, ich möchte dass du jetzt im Zimmer bleibst, ich kann die Türe offen lassen, wenn du aber jetzt immer wieder rauskommst, dann muss ich die Türe einen Moment zu machen."
Die Auszeit aber nur bei heftigem Problemverhalten anwenden, sonst lieber einfach ignorieren.
Es scheint, als ob der Zwillig in ihr (Sternzeichen) plötzlich Überhand gewinnt und das andere Gesicht zeigt. Sie beginnt in ihrer Wut zu schlagen (mich oder ihren Vater), zu brüllen, zu stampfen. Ich möchte sie in dieser Zeit gerne halten - das lässt sie jedoch nicht zu.
Ich würde davon absehen. Ich würde sie in einem solchen Moment grad kurz in Ruhe lassen, ignorieren. Es setzt ein falsches Zeichen: "Wenn ich brülle und schreie, dann kommt Mama und umarmt mich." Wenn sie sich beruhigt hat, dann kannst du zu ihr hingehen und ihr sagen: "Schön, dass du dich beruhigt hast, jetzt kannst du mir nochmals mit normaler Stimme sagen, was du gerne möchtest."
Solche Wutausbrüche sind in der Trotzphase ganz normal.
In der Trotzphase, so ab 2,5/3 Jahren erwacht der eigene Wille des Kindes und zeigt sich immer häufiger in Form von Trotzreaktionen und Gehorsamsverweigerungen. Das bedeutet aber nicht, dass sich das Kind in erster Linie gegen seine Eltern wendet, sondern vielmehr, dass das Kind leidet, dass es seine Wünsche nicht selber erfüllen kann.
D.h., es ist in dieser Phase nicht mehr in der Lage die Situation zu überblicken oder zu kontrollieren und gerät darum völlig aus den Fugen.
Dein Sohn versucht immer mehr ihre eigenen Wege zu gehen und stösst dabei natürlich und immer wieder an"natürliche" Grenzen. Und er merkt auch, dass du nicht alles so machst und sagst, wie er das gerne möchte.
(Hier noch ein paar Erläuterungen aus dem familienhandbuch.de)
>>Diese ersten Erfahrungen mit dem eigenen Willen und den damit verbundenen aggressiven Gefühlen und Konfliktsituationen bzw. der Umgang damit, werden zu Grunderfahrungen, die das weitere Leben des Kindes er- oder entmutigend prägen werden. Die Kinder erlernen im Idealfall, dass:
... es ist gut, einen eigenen Willen zu entwickeln. Dadurch wird es fähig, eigene Entscheidungen zu treffen und zu erproben, und zu erkennen welche Konsequenzen diese Entscheidungen nach sich ziehen.
... Konfliktsituationen nichts wirklich Bedrohliches sind und zum Leben dazugehören und Lösungen gefunden werden können.
... Konfliktsituationen innere und äußere Spannungen erzeugen. Diese Spannungen sind aber auszuhalten und müssen nicht durch andere Tätigkeiten (z.B. Essen) abreagiert oder sogar verdrängt werden.
... es seine Gefühle äußern und zum Ausdruck bringen kann und seine Eltern halten das aus, bewerten sie nicht, sondern helfen ihm dabei, sie zunehmend in Worte zu fassen und auszudrücken. "Auch wenn ich um mich schlage, schreie und tobe, werde ich von meinen Eltern gemocht."
... bewältigte Konflikte Ereignisse sind, auf die man gemeinsam zurückblicken kann und welche die Beziehung vertiefen.
... es macht Spaß, eigene Erfahrungen zu sammeln, auch wenn manchmal Schmerz und Enttäuschung mit dabei sind. Das Kind verzweifelt nicht, da es von seinen Eltern unterstützt wird, es immer wieder neu zu versuchen. >>
Wir haben es versucht, indem wir während der "Phase" bei ihr bleiben und ihr die Möglichkeit gaben, zu uns zu kommen - wenn gewünscht (offene Arme, Blick aber nicht auf sie gerichtet).
Eine andere Variante war, dass wir sie mit ihrem Nuggi und den Lieblingstieren eine Auszeit machen liessen. Nichts ist richtig befriedigend, denn wir kommen in dieser Zeit einfach in keiner Weise an Sie ran und die Anfälle wiederholen sich laufend. Wie können wir uns richtig verhalten? Ich bin völlig geschockt, wenn sie mir oder ihrem Vater einfach ins Gesicht schlägt!
Wenn sie das mehr aus dem Affekt macht, dann sagt ihr ganz klar "Nein" und sie solle damit aufhören und was ihr von ihr erwartet.
Wenn sie euch aber ganz bewusst haut, also auf euch zukommt, dann würde ich sie einen Moment in die Auszeit bringen und auch sagen warum sie gehen muss.
(Unsere Familiensituation ist recht stabil. 1 x pro Woche ist je ein Kind bei den Grosseltern bzw. Schwiegereltern (abwechslungsweise). Und unsere Tochter geht nun das 2. Jahr einmal pro Woche an einem Vormittag in die Spielgruppe. Gerade in dieser Zeit der "Wutanfälle" begann sie übrigens von sich selbst aus mit dem 2. Teil des Trocken werdens: Keine Windeln in der Nacht. Sie macht das super.)
Wir freuen uns auf ihre hilfreichen Tipps
Versucht im Allgmeinen den Fokus aufs Positive zu lenken. Klappt etwas gut, dann lobt und ermutigt sie und sagt, WAS euch genau gefallen hat.
Schau mal, was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder mit Fragen, mehr Beispielen oder Feedback, ok?
liebe Grüsse
Kathrin