von Kathrin Buholzer » 09.10.2008, 14:35
hallo kathrin
vielen dank für deine ausführlichen antworten!
Bitte, sehr gern geschehen!
ich hätte noch mehr fragen zu der "auszeit" resp. deskalation, denn das ist für uns irgendwie schwierig handzuhaben. das hauptproblem ist, dass wenn es mal eskaliert und j. nur noch schreit, will er auf keinen fall alleine sein. d.h. er klammert sich an unsere beine, springt auf uns, reisst mich an der hand wenn ich weglaufe etc.
Das ist gut möglich, trotzdem ist es wichtig, dass er in gewissen Situationen, also wenn er z.B haut, beisst, Sachen schmeisst, anderen weh tut, einen Moment für sich sein muss. Somit kann er und du dich auch wieder beruhigen. Wichtig ist, dass du das vorher mit ihm gut absprichst. Ihm erklärst wie das abläuft und ihn dann auch ruhig aber bestimmt in die Auszeit bringst. Ich würde nicht das Kinderzimmer wählen. Der Auszeitraum sollte uninteressant sein (z.B das Elternschlafzimmer) und das Kinderzimmer sollte auch nicht der Ort sein, wo man sich von einem Wutanfall erholen sollte.
früher war das kein problem und er beruhigte sich sehr gut in seinem zimmer (deshalb wir auch das für die auszeit nahmen). jetzt schreit er "ich will nicht alleine sein" und wehrt sich dagegen. die regeln sind eigentlich auch klar formuliert
Schaut, dass ihr die Regeln zusammen mit ihm aufstellt. Sie positiv formuliert und sie aufschreit (dazu zeichnet oder Bilder einklebt) unda dann auch irgendwo aufhängt.
und wenn wir merken, dass er aufgedreht ist und es in die falsche richtung läuft, sagen wir oft auch zuerst klar: jetzt hörst du auf, auf den tisch zu hauen, sonst gehst du nach oben. oder ich zähle bis drei, wenn du bis dann nicht aufhörst.... oder wenn du mich noch einmal haust etc.
Nicht drohen! Sagt ihm nicht, was er nicht tun soll, sondern was ihr von ihm erwartest. "Bitte sei ruhig, bitte nimm Messer und Gabel zum Essen, sprich leise..." Du musst die Konsequenzen nicht androhen, sonst wartet dein Sohn immer erst auf die Anzeichen: Laut werden, drohen, auf 3 zählen. Er wird merken, dass er erst hören muss, wenn ihr droht oder auf 3 zählt.
Wichtig ist, dass du nicht alles x-mal sagst. Wenn du möchtest, dass dein Kind etwas tut, dann folge diesen Schritten:
Geh zu ihm hin (also nicht aus einem anderen Zimmer, von draussen nach drinnen…) rufen, sprich ihn mit Namen an und sag ihm genau was er tun soll: „Ich möchte, dass du jetzt deine Kleider anziehst und dann zum Essen kommst, …“ (auch hier, immer sagen, was er tun soll, was du von ihr möchtest). warte ca. 5 Sekunden und gib ihm Zeit zu gehorchen.
Bleib in der Nähe und beobachte ihn. Wenn er tut, was du gesagt hast, dann lobe ihn.
Wenn nicht dann gib die Anweisung noch einmal. (Gilt nicht bei Problemverhalten, dann die Anweisung nur einmal geben!). Wenn er wieder nicht gehorcht, dann musst du eine logische Konsequenz folgen lassen. ( also irgendetwas, welches mit seinem Verhalten in Zusammenhang steht. Das Kind aus der Situation entfernen, das Spielzeug, den Teller einen Moment wegnehmen, keine Geschichte vorlesen usw.)
Sag ihr immer wieso du es tust, drohe nicht, sondern tu es einfach. Wichtig ist, dass du ihr immer wieder die Möglichkeit gibst es wieder zu üben. Entferne das Spielzeug nur für ca. 5-30 minuten und gib es ihr dann wieder.
Ich Botschaften sind in solchen Situationen auch immer sehr hilfreich. "Wenn du alle deine Sachen hier rumliegen lässt, dann macht mich das wütend, weil ich vorher grad alles schön ordentlich aufgeräumt habe." Oder: "Wenn du so rumtrödelst, dann ärgere ich mich, weil ich gerne mit dir Frühstücken möchte."
Lass ihn verstehen, warum du etwas von ihm möchtest und was es bei dir bewirkt, wenn er es nicht tut.
Beobachte dich einmal, WIE du Anweisungen gibst. Denk dran:
Nicht zuviele! Oftmals texten wir unsere Kinder von morgens bis abends mit Anweisungen zu. Je mehr Anweisungen wir geben, umso mehr Möglichkeiten haben die Kinder nicht zu gehorchen.
Oftmals geben wir auch einfach nur Anweisungen aus lauter Gewohnheit. "Pass auf dort drüber, diese Pflanzen solltest du nicht anfassen, jetzt musst du dann mal den Schlafanzug anziehen." Hier wäre es besser entweder gar nichts zu sagen oder dann: "Komm her zu mir, Lass die Pflanzen in Ruhe, geh jetzt bitte deinen Schlafanzug anziehen." Überleg dir jeweils, BEVOR du eine Anweisung gibst: Ist diese jetzt wichtig? Denk auch daran, dass du dann auch eine Konsequenz parat haben musst, wenn er sie nicht befolgt.
Frageform! Immer wieder geben wir Anweisungen als Frage. "Könntest du bitte deine Füsse vom Tisch nehmen? Kommst du bitte? Gehst du jetzt die Hände waschen?" Wenn wir eine Anweisung als Frage formulieren, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn das Kind "Nein" sagt. Also sag immer, WAS genau du von deinem Kind erwartest. Positiv Formulieren! (Nicht immer nur "Nein" sagen)
Zu Ungenau! "Leon!" oder "Hör auf mit dem Blödsinn!" "Jetzt reichts aber! "Jetzt benimm dich!" Diese vagen Andeutungen sagen dem Kind weder mit was es aufhören, noch was es stattdessen tun soll.
Negative, emotionale Botschaften. Das Kind als Person schlecht machen/kritisieren und nicht sein Verhalten. "Bist du heute wieder unmöglich, du bist ein Träumer, ein Frecher, ein Schweinchen, ein Frechdachs, ein Tollpatsch..."
Von weit her! Immer zum Kind hingehen. Nicht von der Küche ins Kinderzimmer schreien!
Zur falschen Zeit! Vorher ankündigen. Nicht einfach den Fernseher ausmachen, oder zum essen rufen. Sag ihm vorher wie lange er etwas tun darf. Stell eine Uhr, oder geh ca. 5 Min. vorher zu ihm hin und sage: "In 5 Minuten können wir essen, wenn ich das nächste Mal komme, dann möchte ich, dass du gleich mitkommst und dir die Hände wäschst."
Es gibt noch weitere "Erziehungsfallen":
Umgang mit Strafen:
Strafe wird angedroht, aber nicht ausgeführt. Das Kind lernt mit der Zeit, dass die Eltern die Strafen nur androhen, aber trotzdem nix passiert.
Strafe als letzte Möglichkeit:
Die Eltern warten zu lange, bevor sie auf das Problemverhalten reagieren. Strafen fallen dann häufig zu hart aus.
Inkonsequente Bestrafung:
Die Eltern sind sich nicht einig, ob und wie sie Konsequenzen anwenden. Für das Kind ist es schwierig zu merken, welche Linie jetzt gilt.
Pass auf mit Drohungen. Obwohl es meistens nützt, lernen die Kinder dabei, dass sie erst hören müssen, wenn du laut wirst, schreist oder auf 3 zählst.
Anstatt: "Wenn du jetzt nicht kommst, dann gibt es keine Geschichte", könntest du sagen: "Wenn du jetzt schnell bist, dann haben wir noch genügend Zeit, das Buch zu schauen."
Wichtig ist auch immer dass du gut vorausplanst. Dass du deinen Sohn nicht mit deinen Plänen überrumpelst. Versuch den Tag in kleine "Häppchen" von 2-3 Std. einzuteilen. Sag ihm immer vorher, was jetzt dann passiert und was du von ihm erwartest. z.B "Ich räume jetzt die Küche auf und du kannst hier noch etwas spielen. Wenn ich fertig bin, dann gehen wir zusammen ins Bad. Ich möchte dass du dann grad ruhig mit mir mitkommst, damit wir die Zähne putzen können." Wenn du ihm das schon vorher ankündest, dann weiss er schon, was auf ihn zukommt und wird dann nicht einfach überrumpelt und ins Bad abkommandiert.
ich habe einfach mühe, mich "richtig" zu verhalten - und weiss oft auch gar nicht genau, was es in dem moment wäre - wenn er wie den verstand ausschaltet und es nur noch darauf anlegt, mit uns streit zu haben. leider reagiere ich dann manchmal auch zu heftig, werde zu laut oder packe ihn zu fest an der hand oder so (oft aus reflex, wenn er mir weh tut).
Dass es weniger ausartet, gut vorausplanen, sagen was du erwartest, Anweisungen richtig geben, keine Drohungen. Wenn es ausartet, ruhig bleiben, ihn in die Auszeit schicken und sagen warum, den Wutanfall ignorieren und nicht darauf eingehen, schimpfen. Wenn es noch nicht so schlimm ist, ablenken, von etwas anderem sprechen, ihm etwas anderes zu tun geben, seine Neugier wecken, mit Fantasie ihn aus der Situation rausholen.
nochmals vielen dank und liebe grüsse
jj
Schau mal, was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder, ok?
liebe Grüsse
Kathrin