von Kathrin Buholzer » 25.09.2008, 05:17
Hallo Kathrin
Dein Forum ist wirlich toll - ich konnte schon viel Tolles hier lernen, ich muss auch jedes Mal an Dich denken, wenn mir das Wörtlein „nicht“ in meinen Satz rutscht, meinem Mann geht’s genau so . Ich konnte auch schon einigen Freundinnen Dein Forum empfehlen. Bald besuchen wir auch einen Triple P-Kurs - leider nicht bei Dir, da Du von uns weit weg bist. Wir sind schon sehr gespannt!
Hall Elina! Erst einmal herzlich willkommen hier bei uns, schön dass du hier dabei bist. Bin dann gespannt wie dir der Kurs gefallen hat. Du darfst dann natürlich auch weiterhin hier deine Fragen stellen, wenn du möchtest...
Unser 2 jähriges Meitli war schon immer sehr willenstark und selbstbewusst – ein kleines Alpha-Tierchen. Sie weiss genau, was sie will und was nicht. So haben wir wohl schon früh den Fehler gemacht, dass wir ihrem Willen meist schnell nachgegeben haben, da sie extrem laut und heftig war. Sie forderte viel Aufmerksamkeit und war nie wirklich zufrieden. Sie hatte so auch gar nicht die Chance erhalten, ihre eigenen Fähigkeiten kennenzulernen und sich mit sich selbst zu beschäftigen. Mit 2 Jahren sieht das nun so aus, dass sie sich nicht so gut beschäftigen kann, leicht ablenkbar ist und einen Wunsch nach dem anderen hat und wenn es nicht nach ihrem Willen geht, dann wird laut geschrien und mit vollem Körpereinsatz gestrampelt, egal ob daheim, beim spazieren oder beim einkaufen oder sonst wo. . Das Postive daran ist wenigstens, dass sie beim Trotzen noch nie nach uns geschlagen oder gehauen hat.
Du hast das schon sehr gut reflektiert und auch schon gut gemerkt, in welche Erziehungsfallen ihr getappt seid. Da eure Tochter noch sehr klein ist, ist das aber auch kein Problem das noch zu korrigieren.
Mann kann sie jedoch dann kaum mehr halten .Wir müssen teils schon Ausflüge abbrechen. Besuche bei Leuten, wo sie nicht der Mittelpunkt ist, sind sehr sehr mühsam und unangenehm.
Wichtig ist immer, dass ihr gut vorausplant. Sagt ihr immer genau wo ihr hingeht, wie lange mit wem, was ihr dort tut und was ihr von ihr erwartet. Oft benehmen sich Kinder daneben, weil ihnen niemand gesagt hat, WIE genau sie sich denn benehmen sollen. Also wenn ihr einen Ausflug macht, besprecht das gut mit ihr vor. Wenn ihr dann in der Situation drin seid, dann sagt ihr auch immer wieder genau was als nächstes passiert und überrumpelt sie auch nicht mit euren Plänen. Wenn ihr das nämlich gut vorausplant, dann merkt ihr selber dann meistens auch, wo es evt. schon zu Problemen kommen könnte und ihr könnt dem dann auch gleich vorbeugen. Also z.B wenn ihr sagt: "Wenn wir dann reingehen, dann ziehen wir alle die Schuhe aus und begrüssen X und Y. Danach möchten wir, dass du etwas für dich spielst, weil wir uns mit ihnen etwas unterhalten möchten." Dann werdet ihr vielleicht merken, dass sie A gar nichts dabei hat, womit sie spielen kann und B, dass es etwas viel verlangt ist, sich gleich am Anfang an einem mehr oder weniger fremden Ort selber zu beschäftigen. Dann könnt ihr z.B ein paar Spielsachen einpacken und gleich am Anfang z.B mit ihr zusammen das Haus anschauen und ihr auch gleich sagen, in welchen Bereichen sie spielen darf. Evt. müsst ihr am Anfang auch schauen, dass ihr sie etwas mehr mit einbezieht und ihr auch helft sich wohl zu fühlen und ins Spiel zu finden.
Das Vorausplanen ist auch im Alltag eine gute Sache. Versuch den Tag in kleine "Häppchen" einzuteilen und sag ihr immer was als nächstes passiert und was du von ihr erwartest. z.B "Ich gehe jetzt schnell in die Waschküche und dann wenn ich wieder oben bin, ziehen wir die Schuhe an und wir gehen dann zu Fuss noch etwas einkaufen. Wenn du ihr nämlich schon vorher sagst, dass ihr zu Fuss geht, dann wird sie viel weniger einen Anfall kriegen, wenn ihr dann rausgeht, weil sie vielleicht gedacht hat, ihr würdet mit dem Auto gehen.
Ich möchte allerdings erwähnen, dass sie einige Regeln, die wir zu Hause aufgestellt haben, zum grossen Teil einhält. Sie ist auch eine gute Esserin und kann wunderbar alleine einschlafen. Es ist vielmehr, dass sie oft und viel rumschreit, vergleichbar mit einem quengelnden Krabbelbaby. Sie kann zb morgens aufstehen und wenn wir in die Küche kommen und die Milch erst erwärmt werden muss, hat sie den ersten Anfall. Eine Minute später will sie Musik hören, eine Minute später mit Fingerfarben malen etc. etc.
Gerade in diesen Situationen ist das Vorausplanen sehr hilfreich. Sag ihr das schon am Abend vorher oder dann grad am morgen, dass du jetzt in die Küche gehst und du erst die Milch warm machen musst und sie dann erst die Milch trinken kann. Du kannst sie in der Zeit beschäftigen, in dem sie dir z.B etwas helfen kann.
Gib ihr eine Vorgabe: "Wenn wir fertig sind, dann räume ich die Küche auf und du kannst dann...."
Ich gehe jeweils so vor, dass ich nicht einfach ein nein sage, sondern ihr eine Alternative anbiete, zb, dass wir dann später beim Anziehen die Kinder-CD im Zimmer hören. Ich meinte bisher immer, dass wenn ein Kind einen Trotzanfall hat, wenn es etwas nicht bekommt/darf, ist es ja damit schon bestraft und keine Handlung/Konsequenz darauf folgen soll. Ich hatte lediglich manchmal, wenns mit zuveil wurde, das Geschrei nicht mehr jedes Mal beachtet. Im Buch „jedes Kind kann Regeln lernen“ wird jedoch genau das beschrieben, dass man so ein Kind in die Auszeit tun darf. Siehst Du das genau so? Bei Nichteinhalten von Regeln sehe ich dies ganz klar. Ich hatte mich das bisher nicht getraut. Doch in letzter Zeit mussten wir immer mehr merken, dass unsere Tochter uns teils etwas im Griff hat und wohl schon sehr gewohnt ist, dass Mami und Papi spurten. Diesen Kreislauf möchte ich nun unterbrechen und würde mich über Dein Feedback sehr freuen.
Es kommt ein wenig darauf an. Die Auszeit steht ganz am Schluss von einer ganzen Reihe von Erziehungsfertigkeiten. Deshalb ist es wichtig, die Auszeit nicht einfach so anzuwenden, wenn man grad nicht mehr weiter weiss. Eine Auszeit bietet sich dann an, wenn das Kind wirklich einen heftigen Trotzanfall hat, den man nicht mehr ignorieren kann weil: Das Kind mit Sachen wirft, beisst, dich anspukt, haut, andere Kinder verletzt. Eine Auszeit kann man auch anwenden, wenn man selber merkt, dass man kurz davor ist, sein Kind zu schütteln, zu schlagen. In dem Fall ist es auch möglich, selber in eine Auszeit zu gehen. Also nicht das Kind in die Auszeit zu schicken, sondern selber einen Moment in einen anderen Raum zu gehen. Eine Auszeit kannst du aber auch anwenden, wenn du z.B den "stillen Stuhl" (für etwas weniger grosses Problemverhalten) anwendest und dein Kind auf dem st. Stuhl nicht still war.
überleg dir einfach genau, für welches Verhalten du eine Auszeit anwenden möchtest, dann kann es auch nicht passieren, dass du dein Kind plötzlich für jedes x-beliebige Verhalten ins Time Out schickst. Wichtig ist, dass du das vorher mit deinem Kind besprichst, evt. auch grad wenn ihr Regeln abmacht und ihm sagst, wann es in die Auszeit muss.
Du nimmst es damit einen Moment aus der Situation raus, es kann sich beruhigen und wieder etwas zu sich selber finden.
D.h du gehst zu ihr, sagst was sie falsch gemacht hat, erinnerst sie an die Regel und sagst: „Leandra, du hesch itze grad d Lea gschlage, mir hei abgmacht, dass mir fiin und lieb mitenand umgöh, drum muesch du itze für 1 oder 2 Min. id Uszyt.“ Du nimmst sie ganz ruhig und bestimmt, und bringst sie in den Auszeitraum. Dieser sollte uninteressant sein, also nicht das Kinderzimmer, sondern das Schlafzimmer, Badezimmer…. Wenn sie die festgesetzte Zeit ruhig war (es muss nicht mucksmäuschenstill sein, aber sie muss sich einigermassen still verhalten), dann gehst du zu ihr und sagst: „du bisch itze schön still gsi, itze darfsch wieder usecho.“ Versuch nicht mehr über den Vorgang zu sprechen, sondern versuch sie wieder in eine Aktivität zu verwickeln. Die Auszeit zeigt ihr, dass sie ganz klar eine Abmachung eine Regel übertreten hat, es gibt ihr aber auch dir die Möglichkeit euch zu beruhigen. Drohe nicht mit der Auszeit, sie wird sonst lernen, dass sie erst hören muss, wenn du drohst. Das gilt allgemein bei den Drohungen. Also das berühmte „wed itze nid folgisch, denn… oder itze zelle ig no uf drü“ solltest du vermeiden. Dein Kind lernt nämlich dabei: Ich muss erst dann hören, wenn die Mama laut wird, wenn sie schimpft, droht oder auf 3 zählt. Die Auszeit vorher (also wenn es kein Problemverhalten gibt) mit dem Kind vorbesprechen und genau sagen, was passiert, wieso und wie lange man in die Auszeit muss und wann du es wieder von der Auszeit zurückholst.
Gerade wenn ihr auswärts seid, ist es nicht nötig immer grad den Ausflug abzubrechen. Oft reicht es auch, z.B das Kind einfach einen Moment aus der Situation rauszunehmen. Also z.B einen Moment auf ein Bänkli setzen, in den Kindersitz im Auto, kurz mit ihm vor die Türe zu gehen, einen Moment vor dem Einkaufszentrum auf die Treppe zu sitzen usw. Danach soll das Kind wieder die Möglichkeit bekommen, das richtige Verhalten "zu üben".
Ich freue mich auf Deine Antwort.
Schau mal, was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder, ok?
liebe Grüsse
Kathrin