von Kathrin Buholzer » 02.09.2008, 13:02
Liebe Kathrin
Zuerst mal möchte ich Dir ein grosses Lob aussprechen für die geniale Homepage! Genau so ein Angebot habe ich schon lange gesucht! Ich bin sehr froh, dass ich nun fündig geworden bin. In manchen Situationen im Alltag mit Kindern ist man einfach froh, wenn man professionelle Unterstützung und Tips bekommt. Gespräche mit anderen Eltern helfen da sicher auch, aber manchmal verunsichern sie einem nur noch mehr.
Hallo Luana! Danke fürs Lob und ich freue mich natürlich, dass du hierher gefunden hast und hoffentlich eine Weile bei uns mitschreibst. Herzlich Willkommen!
Nun zu meiner Frage. Mein Sohn ist drei Jahre alt, er ist ein lebendiger, eher vorsichtiger Junge, der seine Schwester über alles liebt. Er kann sich sehr gut alleine beschäftigen, spielt aber auch mit seiner Schester (1 Jahr) und anderen Kindern sehr gerne. Der Kontakt zu seiner Familie und Verwandschaft ist im sehr wichtig. Er geht regelmässig zu meinen Eltern (1xpro Woche) und vergöttert auch seine Schwiegereltern.
Wir haben eigentlich seit er Klein ist regelmässig und viel Kontakt zu Kindern, Nachbarn und Kinder in seinem Alter. Das ist kein Problem.
Seit ca 2 Jahren haben wir monatlich mit seinen Babyschwimmkollegen und innen ein Treffen inklusive Mamis. Da zeigte sich schon seine Schüchternheit, oft klebt er die ganze Zeit bei diesen Treffs bei mir und ist richtig verkrampft, erst so nach 2 h, wenn es dann ans Abschiednehmen geht, fängt er an sich mit den anderen Kindern zu beschäftigen und dann bring ich ihn fast nicht mehr Heim.
Wichtig ist immer, dass du mit ihm vorher genau besprichst, was dort alles passiert. Geh mit ihm das "Drehbuch" durch. Wo geht ihr hin, was passiert dort, wer kommt, was könnte er dort machen, was erwartest du von ihm, wie kannst du ihm helfen am Anfang ins Spiel zu finden. Du kannst einzelne Situationen auch mit ihm zu Hause, wie in einem Rollenspiel, mal üben. Dann ist ihm die Situation nicht mehr ganz so fremd. Erinner ihn dann, wenn ihr dort sein immer kurz vorher was ihr besprochen habt. "Ich komme jetzt mit dir zu den anderen Kindern und bleibe auch einen Moment dort, danach geh ich zu den anderen Mamis und unterhalte mich mit ihnen." Schau, dass er einen guten Start hat, dass er sich wohl fühlt. Er darf z.B auch ein paar von seinen Lieblingsspielsachen, Autos, Plüschtiere, Spielteppich usw. mitnehmen, damit er schon Spielsachen hat, die er kennt. Lobe und ermutige ihn und sag ihm auch immer wieder, auch vor den anderen wie stolz du auf ihn bist. Nicht zu hohe Erwartungen haben. Bleib realistisch und setz am Anfang kleine Ziele, die er auch erreichen kann und auf die er auch stolz sein kann.
In der Zwischenzeit geht das langsam ganz gut, in der Regel spielt er nun längere Zeit und klammert nur noch kurz am Anfang. Manchmal gibts aber wieder Rückfälle, wo er wieder sehr fest an mir hängt.
Achte dich einmal darauf, wann es besser und wann schlechter funktionert.
Dazu muss ich sagen, dass er dieses Verhalten eigentlich nur zeigt in einer grösseren Menschenmenge und wenn er Leute nicht kennt. Sonst ist er äusserst kontaktfreudig. Auch wenn wir zuhause Besuch erhalten. Das ist nie ein Problem. Er ist auch alles andere als ein "Mamihöck" und ist auch nicht auf mich fixiert.
Gerade deshalb ist es wichtig, dass du gut vorausplanst, so dass er weiss was auf ihn zu kommt.
Mein Mann und ich kennen dieses Phänomen eigentlich auch etwas an uns. Wir sind kontaktfreudige Menschen, fühlen uns aber in einer neuen oder grösseren Gruppe von Menschen, die wir nicht kennen stets unwohl und haben dann auch eher Hemmungen. Zu Beginn.
Nun geht mein Sohn seit Ende der Sommerferien in die Spielgruppe.
Dort zeigt sich dieses Verhalten wieder, aber in einer sehr ausgeprägten Form. Er ist heute zum dritten Mal gegangen. Ich bin jetzt immer bei ihm geblieben, einmal habe ich einen Versuch genommen zu gehen, und das war im Nachhinein wahrscheinlich falsch... ich weiss es nicht.
Er wollte bisher noch nie in den Kreis sitzen, hat auch ausserhalb vom Kreis nicht mitgemacht. Er klammerte sich an mich und braucht Körperkontakt. Beim Malen und Knetten taut er dann jeweils auf und macht mit. Ich darf aber kaum von seiner Seite weichen, es ist wirklich extrem.
Fünf entwicklungsbedingte Angstformen begleiten Menschen ein Leben lang: die Körperkontaktverlustangst, die Achtmonatsangst und die Trennungsangst sind die Ängste, die bis zum dritten Lebensjahr, oder auch darüber hinaus vor allem auftauchen. Die Reaktionen sind hier Schreien, Anklammern an Bezugspersonen, Abwenden, Weglaufen.
So um das dritte Lebensjahr kommt es zur Ausbildung der Vernichtungsangst. Zwischen dem vierten und fünften Jahr entwickelt sich die Angst vor dem Tod.
Wichtig ist, dass du mit ihm vorher ganz genau besprichst, wie das dann genau abläuft. Reinkommen, Schuhe ausziehen, Täschli versorgen, Tschüss sagen, ins Kreisli sitzen.. .oder wie auch immer.
Positiv formulieren! Also nicht: "I möcht nid, dass du mir nachrennsch" sondern "I möcht, dass du zu de andere Chind geisch und ir Spielgruppe blibsch, bis ig di chume cho hole."
Du kannst mit ihm auch ein Abschiedsritual abmachen. Z.B dass ihr euch mit einem spez. Gruss verabschiedet, dass du am Fenster noch winkst, dass du ihm etwas bestimmtes mitgibst, z.B einen Zauberstein, damit er nicht traurig sein muss, ein spez. Zaubertaschentuch, ein Bild usw. (z.B zusammen einen Stein suchen gehen und jeder darf ihn anmalen, verzieren und dann tauscht ihr am Anfang, also bevor du gehst, diese Steine aus).
Besprich mit ihm zusammen genau, wie das bei der Verabschiedung läuft. Sag ihm, was du von ihm erwartest und übe das mit ihm zu Hause. Frag ihn auch ab und zu wieder danach. Weisst du noch was wir abgemacht haben? Wenns dann gar nicht klappt, dann könntest du zusätzlich könntest du einen Punkteplan/Chläberliplan mit ihm machen.
Schau auch, dass du das Verabschieden nicht unnötig in die Länge ziehst: "Also Schätzli, ich geh dann jetzt mal, ist gut? Also machs gut und du musst nicht weinen, gell? Also ist gut, wenn ich jetzt gehe? Gehts, ich möchte jetzt dann langsam gehen?" Er sollte deine Verunsicherung, Angst, dein Unbehangen nicht mitkriegen.
Wissen Sie für mich ist es eigentlich ok, wenn ich noch bei ihm bleibe so lange er das braucht. Ich mage es einfach nicht wenn er sich so an mich klettet. Aber ich bin da einfach extrem unsicher, was ist gut für ihn, wie soll ich mich verhalten, was darf ich nicht machen. Mache ich zuviel? Kann ich ihm ruhig mehr zutrauen. Es ist irgendwie schwierig.
Genau diese Verunsicherung spürt er. Er merkt, dass du selber nicht ganz sicher bist, was du tun sollst. Du musst dir auch überlegen, was du eigentlich gerne möchtest und ihm das dann auch klar kommunizieren und dich auch demenstprechend verhalten. Wenn es für dich ok ist, einen Moment da zu bleiben, dann sag ihm das. Sag ihm auch wie lange du bleibst und dass du dann gehst.
Beim Letzten Mal fühlte ich mich von den anderen Müttern irgendwie unter Druck gesetzt. Alle fragen, musst Du immer noch bei ihm bleiben.etc. Ich bin inzwischen auch die einzige Mutter die noch da bleibt. Es fallen dann auch schon Wörter wie, er ist ein Mamihöck und so.... und das stimmt so einfach nicht.
Ich wäre auch bereit einmal zu gehen und es durchzuziehen, aber ich denke einfach, dass er dann die Freude an der Spielgruppe verliert und das will ich nicht.
Was würden Sie mir raten? Wie soll ich mich verhalten? Lieber bei ihm bleiben, solange er das wünscht oder mit ihm abmachen, das ich das nächste Mal gehe?
Ich kann dir schon den Rat geben, dass ich mit ihm abmachen würde, wie das beim Tschüss sagen abläuft und dann einfach zu gehen. Du musst es aber selber auch wollen, sonst klappt das nicht. Wenn du zögerst, merkt er das und wird natürlich versuchen dich zum Bleiben zu bewegen.
Ich freue mich auf Ihren Rat und danke Ihnen schon im Voraus für Ihre Bemühungen.
Freundliche Grüsse
Luana28
Schau mal was du mit diesen Tipps und Anregungen anfangen kannst und melde dich einfach wieder mit Feedback, Fragen oder noch mehr Beispielen, ok?
liebe Grüsse
Kathrin