von Kathrin Buholzer » 20.08.2008, 14:51
Hallo Kathrin
Ich bin neu auf dem Elternplanet und hoffe, dass ich durch dieses Forum Hilfe bekommen. Denn die Nerven liegen bei mir und meinem Mann blank und wir wissen einfach nicht mehr weiter.
Hallo Lore! Schön, dass du hier dabei bist, herzlich Willkommen! Wenn du magst, kannst du dich unter "Bewohner des Elternplaneten" noch kurz vorstellen.
Wir haben folgende Situation. Meine Tochter 2 1/2 will/kann nicht mehr alleine einschlafen. Wir müssen immer bei Ihr bleiben und sie in den Schlaf singen oder streicheln. Wenn dies 10 Min gehen würde wäre dies ok doch das Theater geht 1 bis 2 Stunden. Das Problem ist, dass wir vor 4 Monaten Eltern von einer Tochter geworden sind und seitem hat es angefangen. Ich habe sehr viel Verständnis, dass dies eine neue Situation ist und sie noch mehr unsere Zuneigung braucht. Doch wir können nicht 2 Stunden bei Ihr im Zimmer bleiben und die Kleine ignorieren. Meistens sind beide wach, das heisst Geschrei im Kinderzimmer weil die Grosse nicht schlafe will und Geschrei im Wohnzimmer weil die Kleine Shoppen will oder auch Ihre Aufmerksamkeit braucht. Wenn mein Mann und ich beide zu Hause sind können wir uns aufteilen, aber dann will sie immer denjenigen der nicht im Zimmer ist. Wenn mein man nicht zu Hause ist, dann ist es noch schlimmer, weil ich ja nicht gleichzeitig bei beiden Kindern sein kann.
Besprich mit ihr in Ruhe das ganze Gute-Nacht Ritual.
Sag ihr, was du von ihr möchtest. Wie das vor dem "ins Bett gehen" und dann wenn Sie im Bett ist genau ablaufen soll. (Positiv formulieren). Schreibt das zusammen auf, zeichnet, bastelt, klebt und hängt das Ganze gut sichtbar auf. Ihr könnt auch zusammen besprechen was sie tun kann, wenn sie z.B noch gar nicht so müde ist, oder nicht einschlafen kann.
Wichtig ist, dass ihr bevor ihr sie ins Bett bringt nochmals genau sagt, WAS ihr genau von ihr möchtet.
"Lara, jetzt singen wir noch das Gutenachtlied und dann möchte ich, dass du in dein Bett liegst. Ich gebe dir noch einen Gutenachtkuss und dann gehe ich raus.
Wenn sie ruft oder rauskommen will, dann gehst du nochmals zu ihr und sagst ihr ganz ruhig, dass sie sich beruhigen und abliegen soll.
Nicht nur drohen! Also nicht: Wenn du jetzt rauskommst schliessen wir die Türe, besser: "Schau, wenn du jetzt schön im Bett bleibst, dann können wir die Türe offen lassen. Wenn du aber immer wieder rauskommst, dann muss ich die Türe einen Moment zu machen.
Du kannst auch mit ihr abmachen, dass du jetzt ein paar Minuten rausgehst, noch irgendetwas erledigen gehst und sie dann schön ruhig liegen bleiben soll. Sag ihr, wenn das gut klappt, dass du dann nochmals kurz bei ihr vorbeischaust.
Ich habe ein Punktesystem entwickelt für die Grosse als Anreiz. Wenn Du lieb einschläfst oder lieb zu deiner schwester bist, lieb zu mamma -- ein grüner Punkt und wenns halt nicht so klappt ein roter punkt. Wenn es viele grüne punkte hat, darf sie ihren lieblingskleber aufkleben. Das hat 2 tage funktioniert und jetzt auch nicht mehr.
Hier gibt es einige Punkte zu beachten:
Positiv formulieren, was möchtes du von ihr. Nimm nur ein Verhalten. Also nicht fürs Schlafen, fürs lieb sein usw. Nimm auch nur Verhalten, dass du auch wirklich kontrollieren kannst. "Lieb sein" ist ein relativer Begriff. Wann ist man noch lieb? Wenn man einmal schreit, ist man da noch lieb...?
Du kannst etwas witziges basteln, dass siegern hat. Z.B einen Bauernhof einen Zoo, ein Piratenschiff, eine Rennbahn, ein Prinzessinnenschloss usw. Beim Schloss z.B kannst du auf jedes Fenster den Sticker kleben, beim Zoo auf jedes Feld, Abschnitt und beim Zoo z.B in jedes Gehege. Die Punktekarte darf ruhig phantasievoll sein, witzig aussehen und Spass machen. Jedes Mal wenn sie es geschafft hat, im Bett zu bleiben darf sie einen Kleber aufkleben.
Bei kl. Kindern reicht oft schon der Kleber als Belohnung. Du kannst aber auch zusätzlich noch eine Belohung geben. Es muss nicht immer etwas teures, gekauftes sein. Z.B eine Extra Geschichte lesen, ins Schwimmbad gehen, einen Kuchenbacken, eine Velotour usw. lass dir was einfallen. Es ist auch möglich, eine grössere Belohnung in Aussicht zu stellen. Z.B ein Plüschtier, Malfarben muss aber nicht sein.
Setz ein leichtes Ziel. Also z.B nach dem 1. Mal selber einschlafen, ein Kleberli und eine kl. Belohnung. Nach insgesamt 3 Kleberli evt. eine grössere Belohnung und nach einer Woche dann eine grosse Belohnung. Mach es dann etwas schwieriger und lass mit der Zeit die Belohnungen weg und lass die Punktekarte „ausschleichen“. Achtung! Keine Kleber wegnehmen, nicht schimpfen wenns nicht klappt. Keine bösen Gesicher, roten Punkte wenns nicht klappt. Es ist eine Belohnungskarte, wenns gut läuft und keine "Bestrafungskarte" wenns nicht klappt.
Viele Lieblingskleber ist für sie zu weit weg. Ein leichtes Ziel setzen, so dass sie merkt, dass sie es schaffen kann. Gib ihr schon nach dem 1. Mal eine kleine Belohnung. Die Belohnung muss klar sein, das Ziel erreichbar.
Belohne sie fürs "Lieb sein" mit der Schwester nicht mit Klebern.
Zeig deiner Tochter immer wieder (auch vor anderen) wie stolz du auf sie bist. Für deine Tochter ist das eine schwierige Situation. Vom Thron gestossen zu werden ist nicht einfach. Das Baby steht im Mittelpunkt. Wenn das Baby weint und schreit, dann bekommt es Aufmerksamkeit und alle springen und machen was es will.
Lobe und ermutige sie. Sag ihr wie stolz du auf ihr Können, ihre Hilfbereitschaft und Selbstständigkeit bist. Lass sie auch immer wieder Sachen tun, die ältere Kinder schon tun dürfen. z.B am Abend länger aufbleiben, einmal alleine mit Mama oder Papa oder dem Götii etwas unternehmen. Dann hat sie nicht das Gefühl, sie sei immer im Nachteil. Wenn sie sich nämlich genügend bestätigt fühlt, dass sie die Grössere und Stärkere ist, dann hat sie es weniger nötig, dies ihrer kleinen Schwester gegenüber unter Beweis zu stellen.
Schau auch, dass sie genügend "Rückzugsmöglichkeiten" hat. Es ist durchaus normal, dass sie auch einmal etwas ohne das Dabeisein ihrer Schwester machen will. Schaff ihr eine Spielecke in ihrem Zimmer. Du kannst auch jedem Kind seine eigene Spielkiste zusammenstellen. Dort packst du die Spielsachen rein, die nur für deine grössere Tochter bestimmt sind. Du kannst diese zusammen mit ihr raussuchen. Dann könnt ihr zum Beispiel noch eine Kiste machen, die für beide bestimmt ist. Alle Spielsachen in dieser Kiste dürfen dann beide brauchen.
Versuch auch immer wieder Zeiten zu schaffen, wo du ausschliesslich Zeit für sie hast. z.B am Mittag, wenn die Kleine schläft, oder zusammen mit ihr in einen Schwimmkurs gehen, ins turnen usw. Denk auch daran, dass sie mit ihren knapp 3 Jahren noch nicht so gut gelernt hat Rücksicht zu nehmen. Zeig ihr wie das geht und hilf ihr dabei. Wie alle Kleinkinder, ist sie ein kleiner Egoist, das ist normal, wenn auch nervig! :-)
Sorry, dass der Text so lang ist, doch es beschäftig mich sehr.... heute nacht ging das theater sogar bis 4 uhr morgens, bis sie vor erschöpfung eingeschlafen ist und mein Mann sich zu ihr ins bett gelegen hat. Das Ritual ist jeder Abend das gleiche: Milchshoppen und Geschichte, umziehen, waschen, zähne putzen, gutennachtkuss und entscheid wer sie ins zimmer begleitet. Tag revuepassieren, gutenacht lied kuss und dann geht das theater los. Ich hoffe Du kannst mir helfen, weil ich langsam keine Energie mehr habe. Leider wenn ich nicht mehr, werde ich auch laut. mir ist bewusst das es nichts nützt doch wenigstens ist dann 1 minute ruhe.... kannst du mir helfen?
Versuch doch mal das Ganze umzukehren. Milchschoppen (so in ein paar Monaten kannst du den eigentlich langsam weglassen. Milch einfach am Abend in eine Tasse geben. Ihr könnt zusammen eine schöne Tasse aussuchen und sie als grosse Schwester, darf die Milch jetzt in einer Tasse trinken.
Ich würde umziehen, waschen, zähneputzen und dann erst die Geschichte erzählen. Kuschelt euch irgendwo ungestört hin. Sagt ihr immer schon vorher, wer sie begleitet. Nach dem Buch geht sie nochmals aufs WC und dann ins Bett. Im Bett könnt ihr dann noch einen Moment zu ihr sitzen, evt. könnt ihr auch den Tag noch Revue passieren lassen, ein Lied singen und euch dann von ihr verabschieden.
Versuch den Abend wirklich ruhig zu gestalten. Jedes laute Wort, jede Unruhe stört das Abendritual. Bleib ruhig aber bestimmt und sei bereit, sie wenn nötig immer und immer wieder ins Zimmer zu begleiten oder wenn nötig auch einen Moment die Türe zu schliessen.
Schau mal, was du damit anfangen kannst und melde dich mit Feedback, mehr Fragen oder Beispielen einfach wieder, ok?
liebe Grüsse
Kathrin