Hallo liebe Kathrin
Bitte entschuldige, dass ich mich erst jetzt melde
Da musst du doch nicht rot werden ;-))
Vielen Dank für Deine wertvollen Inputs, Anregungen und Tipps zu meinem Thema. Ich werde mir Deine Zeilen noch ein paar mal zu Gemüte führen müssen, ehe ich mich auf diesen neuen Erziehungsstil einlassen kann . Du hast gefragt, welche Regeln bei uns gelten, ob wir die Regeln irgendwo schriftlich festgehalten haben.
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich die von mir verlangten Regeln nirgends klar formuliert habe; ich erwarte sie einfach von meinen Kindern .
Und hier auch nicht. Das kannst du ja jetzt ändern.
Es wird wohl einer meiner ersten Schritte sein, zusammen mit meinen Buben die Regeln zu kommunizieren und sie irgendwo anzubringen, wo sie für alle sichtbar sind. Bei den Zwillingen kann ich wohl im Moment nur mit Symbolen arbeiten - sie können ja noch nicht lesen.
Symbole, zeichnen oder Bilder aus Zeitschriften ausschneiden und aufkleben...
Die von mir persönlichen Regeln sehen in etwa so aus:
Mit dem Essen wird nicht gespielt
Ich möchte, dass meine Kinder den Wert der Nahrung zu schätzen lernen. Ich lege Wert auf ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung; ich koche täglich ein kindergerechtes Mittagessen und gebe mir dabei grosse Mühe. Es treibt mich oftmals zur Weissglut, wenn die Kindern nicht essen wollen, motzen...
Positiv formulieren. Du kannst das Fehlverhalten schon aufzählen aber schau, dass du es dann so aufschreibst, wie du es haben möchtest. z.B mit Messer und Gabel essen. Wenn man fertig ist, Messer und Gabel in den Teller legen. Von allem ein kleines bisschen probieren usw.
Spielsachen werden nicht herum geworfen
Meine Buben sind oftmals übermütig, hauptsächlich abends. In ihrer Übermut beginnen sie dann jeweils, Spielsachen rumzuwerfen. Dies kann mitunter auch gefährlich werden. Ich möchte das nicht - Spielsachen sind zum Spielen da...
Positiv formulieren: Sorge haben zu den Spielsachen. Mit den Spielsachen sorgfältig umgehen.
Ich mag das Streiten nicht
Irgendwie ist bei uns der Wurm drin: unsere Buben streiten sehr oft. Sie wollen immer genau das Spielzeug haben, welches der Andere grad benutzt. In solchen Situationen bin ich oftmals ziemlich überfordert. Ich weiss gar nicht, wie genau ich dann jeweils reagieren soll - oder ob ich überhaupt reagieren soll???
Das ist eine zu hohe Erwartung und die kannst du schlecht als Regel formulieren. Immer lieb sein miteinander, nicht streiten... Das geht nicht!
Es ist auch zu allgemein. Versuch dir vielleicht eine typische Situation vorzustellen und formuliere die Regel dann dazu. z.B: Wenn man ein anderes Spielzeug haben möchte, dann fragt man anständig, ob man es einen Moment brauchen darf.
Es geht ja nicht darum, dass sie nie mehr streiten, sondern darum wie sie in einer solchen Situation angemessen miteinander umgehen.
Wichtig ist auch hier einmal genau hinzuschauen, WANN es passiert. Ist es Eifersucht? Gehen sich die Kinder auf Grund ihrer unterschiedlichen Art auf die Nerven? Ist es ein Machtkampf zwischen den beiden, um zu sehen für wen die Eltern Partei ergreifen?
Oftmals ist es auch so, dass das scheinbar "schwächere" Kind sein Geschwisterchen mit tausend kleinen Sticheleien gerade zu herausfordert. So dass die Eltern dann Partei für das "schwächere" ergreifen. Die Rollen sind so schnell verteilt. Das eine Kind ist das "Liebe" das andere das "Böse".
Streiten ist etwas, was die Kinder lernen müssen.
Wenn es Streit gibt, sie "ziggeln" und du das Gefühl hast, dass du dich einmischen sollst, dann geh zu ihnen und mach folgendes:
Nicht als „Polizist“ in die Situation rein gehen, sondern als „Vermittler“. Wenn sie sich streiten und du zu ihnen gehst, dann versuche nicht gleich selber die Situation zu klären. Also nicht: „ Was ist jetzt schon wieder los? Marco was hast du jetzt schon wieder gemacht? Musst du immer mit anderen streiten? Jetzt gibst du ihnen sofort die Sachen zurück."
Versuch als erstes mal zuzuhören. Was genau ist passiert, versuch nicht zu bewerten und Partei für jemanden zu ergreifen. Hör zu und mach dir ein Bild. Wenn nötig fass das Gehörte zusammen: „Also hani das richtig verstande, Tim du bisch verruckt worde, wüll dr Silvan nid hett wölle mit dir spile.“ Manchmal reicht schon das Zuhören und die Kinder sind dann schon wieder zur Türe raus.
Versuch auch hier nicht gleich selber die Lösung zu geben. "Eh das ist doch nicht so schlimm. Jetzt lass den Tim halt mal und spiel etwas anderes." Probier deine Kinder zu einer Lösung zu bewegen. „Also, Tim du möchtest jetzt nicht mehr mit Silvan spielen? Und du Silvan möchtest aber jetzt noch mit Tim weiterspielen? Was tun wir jetzt? Was gibt es für eine Möglichkeit? Habt ihr eine Idee? Welche Idee habt ihr? Wie könnet ihr dieses Problem jetzt am besten lösen?"
Kinder haben meistens selber sehr gute Ideen Probleme zu lösen, man muss sie nur lassen. Wichtig ist, dass du ihnen nur soviel Hilfe wie nötig gibst, so dass sie das Problem eigentlich selber lösen können. Wenn es dann nicht klappt, oder sie sich nicht einigen können, dann kannst du immer noch einschreiten od. eine Lösung vorschlagen. Wenn sie kleiner sind musst du ihnen dann halt noch etwas mehr einen Vorschlag machen. Wenn sie grösser sind, dann können sie es dann viel häufiger selber.
Wenn sie sich bei einem Streit zum Beispiel gar nicht einigen können dann kannst du immer noch eingreifen und sagen: „Schaut mal, wenn ich euch jetzt nicht einigen könnt, wer zuerst mit dem Auto spielt, dann nehme ich es für 10 Minuten weg. Ich geb's euch dann wieder und in der Zwischenzeit könnt ihr euch überlegen, wie ihr das lösen wollt. Wenn es immer wieder um einzelne Spielsachen Streit gibt, dann könnt ihr ja mal zusammen abmachen, welche Spielsachen jeder für sich selber haben und auch nicht mit dem anderen teilen will. Ihr könnt z.B diese Spielsachen mit einem Punkt oder einem Kleber kennzeichnen. D.h für die Zukunft, dass man diese Sachen nicht miteinander teilen muss. Dafür ist man aber einverstanden, dass alles was keine Kennzeichnung hat, geteilt wird.
Es ist nicht deine Aufgabe abzuwägen und den Schiedsrichter zu spielen, du sollst nur Hilfestellungen geben und die Kinder müssen es dann selber versuchen. Das ist für dich einfacher, denn sonst stehst du immer zwischendrin, du bist immer für irgendjemanden „die Böse“ du kannst es nicht allen recht machen. Deshalb ist es für dich auch viel entspannter, wenn deine Kinder nach Lösungen suchen. Sie werden mit der Zeit auch merken, dass sie dich auch nicht immer rufen müssen, denn du ergreifst ja „keine Partei“ mehr für jemanden.
Manchmal kann auch ein kleines Rollenspiel hilfreich sein, z.B wenn ein Kind bei der Lösungsfindung nicht mitmachen will. Dann kannst du seinen "Part" übernehmen und es mit dem anderen Kind quasi vorzeigen.
Wenn du dann Hilfestellungen gibst, dann versuch das mit viel Fantasie und Einfühlungsvermögen zu machen. Mitzuhelfen Lösungen zu finden muss nämlich nicht nur Stress sein, sondern kann auch Spass machen!
Ich weiss, das ist sehr schwierig am Anfang, vor allem wenn man es sich gewohnt ist, immer gleich einzuschreiten und Tipps zu geben oder zu befehlen, wies jetzt läuft. Es braucht Fingerspitzengefühl um sich auch mal zurückzuhalten und den „Ball“ an die Kinder zurückzugeben. Es wird sicher auch nicht gleich beim ersten Mal klappen, aber probier es einfach immer wieder.
Wenn es z.B immer wieder Streit gibt, wer etwas zuerst tun darf, dann kannst du den "Wem gehört der Tag?" einführen.
Schau hier unter Eifersucht: http://www.elternplanet.ch/46.html#E
Es gäbe gewiss noch viele Regeln, welche ich aufstellen möchte. Leider fehlt mir im Moment grad die nötige Zeit, alles aufzuschreiben. Ich denke jedoch, dass Du gewiss schon das Eine oder Andere siehst, was bei uns krumm läuft und wo Verbesserung und Optimierung angesagt ist...
Uff, mir steht wohl noch eine Menge Arbeit bevor . Ich bin jedoch sehr froh, dass ich hier beim Elternplanet gelandet bin...
Eines schön nach dem Anderen! :-))
Übrigens: Loben tue ich meine Buben wirklich sehr viel. Ich sage ihnen auch sehr viel, dass ich sie liebe - das spüren sie auch. Wir kuscheln auch viel zusammen; dies sind wertvolle Augenblicke in unserem "quirligen" Alltag
Sag ihnen jeweils, was genau dir gefallen hat. "Toll, dass ihr eure Schuhe grad selber versorgt habt." Und aufpassen, dass man nicht ins Negative fällt. "Endlich mal, seid ihr grad gekommen, als ich euch gerufen habe."
Vielen Dank nochmals für Deine wertvolle Hilfe, ich weiss dies sehr zu schätzen! Lg, Shea-Lynn
Das ist sehr gern geschehen! Melde dich einfach wieder mit Fragen, Feedback oder auch mit mehr Beispielen, ok?
liebe Grüsse
Kathrin