von Kathrin Buholzer » 05.08.2008, 23:19
Hallo Kathrin
Hallo anduru! Schön, dass du hier dabei bist, herzlich willkommen hier auf dem Elternplaneten!
Mein Junge (27 Monate) ist sehr unberechenbar. Er ist sehr kontaktfreudig und überall wo wir hingehen, geht er sofort auf andere Kinder zu. In einem Moment umarmt er das Kind ganz lieb, im nächsten wird er gewalttätig und haut zu oder stösst das Kind um. Spielt ein Kind friedlich für sich, geht er hin und nimmt ihm ein Spielzeug weg oder beschädigt die z.B. soeben erstellte Sandburg. Will man ihm das Spielzeug dann wegnehmen, wirft er es im hohen Bogen weg.
Schon kleine Kinder merken schnell, dass sie ihre Körperteile als "Waffen" gebrauchen können. Anhand der Reaktionen merken sie, dass man mit beissen oder schlagen, andere Kinder beherrschen kann und Aufmerksamkeit und Zuwendung erhält, auch wenn es negative ist. Er versucht nun, dieses Verhalten immer wieder zu zeigen.
Dein Sohn hat sicher auch gemerkt, dass er mit diesem Verhalten vielleicht auch seinen Willen bekommt oder dass er so eine Chance hat sich zu wehren.
Wichtig ist, dass du ihm klar machst, dass du das nicht tolerierst. Sag ihm, dass du von ihm möchtest, dass er lieb und sorgfältig mit den anderen umgehen soll. (Formuliere positiv: also nicht: NICHT schlagen, sondern lieb und anständig umgehen).
Achte dich einmal, wann es passiert. In welchen Situationen? Wenn du merkst in welchen Situationen das passiert, dann kannst du mit ihm auch mal anschauen, wie er sich denn sonst auch noch verhalten könnte. Zeig ihm Alternativen auf, zeig ihm, dass er sich mit Worten ausdrücken soll, wenn ihm etwas nicht passt, hilf ihm dabei andere Formen zu finden.
In dem Alter wissen Kinder noch nicht wirklich genau was sie da tun. Sie tun es auch nicht bewusst. Es ist ihre Art sich auszudrücken, weil sie es noch nicht anders können.
Es ist wichtig, dass ihr von Anfang an darauf achtet und ihm auch begreiflich macht, dass das nicht geht und ihm vorallem ein Alternativverhalten lernt.
Wenn er dich oder ein anderes Kind haut, dann nimm seine Hand und sage ihm ganz ruhig aber klar "nein". Sag ihm, dass er dich oder andere nicht hauen darf und versucht stattdessen eine Alternative zu finden. Je nachdem wie gut er schon versteht und sprechen kann, hat er vielleicht selber keine Idee, sonst schlag du ihm eine Alternative vor. Versuch auch gut hinzuschauen, was das Problem sein könnte. Wenn er zum Beispiel Aufmerksamkeit möchte, dann sag ihm: "Livio du bist jetzt grad sauer, weil ich grad mit der Frau xy gesprochen habe. Ich will nicht dass du mich haust, wenn du etwas von mir willst, wenn du möchtest dass ich zu dir komme, dann kannst du mich anständig fragen.
In Situationen in denen er sich ärgert, nützt es oft auch, wenn du versuchst ihn abzulenken. Manchmal merkst du auch schon vorher, dass es bald zu einem Trotzanfall kommt, dann kannst du mit dem Ablenkungsmanöver schon etwas früher anfangen. Frag ihn etwas, erzähl ihm was ihr z.B am morgen gemacht habt, was am Nachmittag noch passiert. Lass ihn dir etwas helfen. usw.
Vorausplanen. Sag ihm immer früh genug, was als nächstes passiert, so dass er sich schon frühzeitig darauf einstellen kann.
Versuche dem Wutanfall möglichst wenig Beachtung zu schenken. Ausser natürlich er ist so hefitg, dass du ihn beachten und reagieren MUSST. Dann kannst du ihn in die Auszeit schicken, oder ihn z.b in den Buggy setzen oder zu dir auf die Bank setzen.
Er ist ein Einzelkind, kommt aber praktisch täglich mit anderen Kindern in Kontakt. Ich warne ihn nach einer solchen Attake.
Warne und drohe nicht. Sag ihm einfach, was er tun soll, was du von ihm erwartest. Wenn du drohst, dann wird er lernen, dass er erst hören muss, wenn du drohst, oder auf 3 zählst.
Nützt es nichts, nehme ich ihn in die Auszeit. Zu Hause in sein Zimmer. Unterwechs entweder in den Buggy oder er muss für ein paar Minuten bei mir sitzen bleiben. Sobald er sich beruhigt hat, lasse ich ihn wieder gehen. Je nach dem funktioniert das dann auch - leider jeweils nicht für sehr lange.
Hier noch ein paar Tipps zur Auszeit:
einen uninteressanten Raum wählen (wenn möglich nicht das Kinderzimmer, das Schlafzimmer, Gästezimmer oder auch das WC).
D.h du gehst zu ihm, sagst was er falsch gemacht hast, erinnerst ihn an die Regel und sagst: „Luca, du hast mich jetzt grad geschlagen und bist hier am rumschreien, deshalb gehst du jetzt für 1 oder 2 Minuten in die Auszeit."
Du nimmst ihn ganz ruhig und bestimmt, und bringst ihn in den Auszeitraum. Dieser sollte uninteressant sein, also nicht das Kinderzimmer, sondern das Schlafzimmer, Badezimmer…. Wenn er die festgesetzte Zeit ruhig war (es muss nicht mucksmäuschenstill sein, aber er muss sich einigermassen still verhalten), dann gehst du zu ihm und sagst: „du warst jetzt schön still und darfst wieder rauskommen.“ (Du bringst ihn in die Auszeit und du holst ihn auch wieder ab). Versuch nicht mehr über den Vorgang zu sprechen, sondern versuch ihn wieder in eine Aktivität zu verwickeln. Die Auszeit zeigt ihm, dass er ganz klar eine Abmachung eine Regel übertreten hat, es gibt ihm aber auch dir die Möglichkeit euch zu beruhigen. Drohe nicht mit der Auszeit, er wird sonst lernen, dass er erst hören muss, wenn du drohst. Das gilt allgemein bei den Drohungen. Also das berühmte „wenn du jetzt nicht gehorchst, dann... oder ich zähle jetzt auf 3..."solltest du vermeiden. Dein Kind lernt nämlich dabei: Ich muss erst dann hören, wenn die Mama laut wird, wenn sie schimpft, droht oder auf 3 zählt. Die Auszeit vorher (also wenn es kein Problemverhalten gibt) mit dem Kind vorbesprechen und genau sagen, was passiert, wieso und wie lange man in die Auszeit muss und wann du ihn wieder von der Auszeit zurückholst.
Was noch dazu kommt ist, dass er absolut keine Geduld hat. Klappt etwas nicht, gibt er sofort auf und er will sich nicht helfen lassen.
Versuch ihn dann z.B zu fragen: "Was wolltest du gerade tun? Du wolltest jetzt grad dieses Puzzle machen und kommst nicht weiter? Was könntest du jetzt tun?" oder "Kann ich dir irgendwie helfen?" Wenn er sich nicht helfen lassen will, dann lass ihn, bis er sich beruhigt hat und geh dann später wieder zu ihm. Erledige es nicht für ihn, sondern hilf ihm nur dabei.
Inzwischen fühle ich mich immer extrem angespannt, wenn wir irgendwo hin gehen und hoffe, dass er sich nicht wieder so daneben benimmt. Auch habe ich Angst, ihn in einen Kinderkrippe zu bringen.
Besten Dank jetzt schon für deine Tips.
Versuch immer gut vorauszuplanen. Sag ihm immer genau, was als nächstes passiert und was du von ihm erwartest. Beim Weggehen könnte das z.B so aussehen:
1. Gute Vorbereitung
Sag ihm genau wo ihr hingeht, was passiert, wie lange usw. Beim Einkaufen z.B machst du mit ihm zusammen eine Einkaufsliste. Schaut was ihr alles braucht und schreibt es auf einen Zettel. Er darf ja vielleicht auch einen machen, er kann auch einen zeichnen. Sag ihm, dass ihr nur das kauft was auf dem Zettel steht.
2. Regeln festlegen
Besprich mit ihm die Regeln. Sag ihm was du genau von ihm erwartest. Positiv formulieren "Ich möchte, dass du im Geschäft bei mir bleibt. Ich habe Angst, dich sonst zu verlieren." Evt. kannst du ihn ja selber danach fragen, was passieren kann, wenn er wegläuft. Bei Besuch z.B: "Ich möchte, dass du Hallo sagst und dass du lieb und anständig mit den anderen Kindern umgehst."
3. Belohnungen abmachen
Besprecht zusammen, was passiert, wenn sie sich gut an die Abmachungen hält. z.B zusammen etwas trinken gehen, auf den Spielplatz, ein Dessert nach dem Mittagessen, ein Büechli schauen usw.
4. Konsequenzen einsetzen
Wenn es nicht klappt, sei bereit logische Konsequenzen einzusetzen. (Du musst die Konsequenzen nicht ankünden, also nicht drohen "Wenn du wegläufst dann...")
Also z.B keine Belohnung oder das kleine Einkaufswägeli zurück bringen, einen Moment in den Wagen sitzen, einen Moment mit ihm rausgehen und auf die Treppe sitzen. Sag ihm dann immer warum du es tust. "Du bist jetzt grad davon gelaufen, obwohl wir abgemacht haben, dass du bei mir bleibst, deshalb gehen wir jetzt kurz raus, oder deshalb gehen wir nach dem einkaufen nicht mehr auf den Spielplatz. Bei Besuch: eine Auszeit machen (im Auto, in einem Zimmer, draussen), kein Dessert, wenns gar nicht geht, nach Hause gehen.
5. Nachbesprechen
Sag ihm was gut war, lobe ihn dafür und sage ihm auch , was er evt. das nächste Mal noch besser machen könnte.
Das alles z.B schon am Morgen bevor ihr euch auf den Weg macht, kurz mit ihm besprechen. Bevor du dann in den Laden gehst, bevor ihr dann zu jemandem rein geht, kannst du nochmals kurz zu ihm runter knien und ihn nochmals kurz nach den Regeln fragen. (Positiv formulieren, also sagen WAS genau du von ihm erwartest)
Schau mal, ob du mit diesen Tipps etwas anfangen kannst und melde dich einfach wieder. Mit Fragen, Feedback und mehr Beispielen, ok?
liebe Grüsse
Kathrin