von Kathrin Buholzer » 04.08.2008, 21:36
Hallo zusammen,
Hallo Conny! Herzlich willkommen hier bei uns, schön, dass du hier mitschreibst!
seit einigen Wochen gehts eher schlecht wie recht zur Sache bei uns. Ich versuche mal zu erklären, denn manchmal machen einfach viele Dinge das Fass zum überlaufen und ich kann es gar nicht recht "betiteln".
Hat sich in letzter Zeit bei euch etwas verändert? Irgendwelche Besonderheiten? Kommt er nach den Ferien in den Kiga? Hat er neue Gspändli, ein krankes Grosi? usw.
1. Wenn man mit ihm alleine ist, dann ist alle paletti. Er ist dann kooperativ und hört zu etc. Aber sobald "jemand" dazu kommt, sei es jetzt morgens der kleine Bruder, oder einfach Besuch, auch Papi wer auch immer, dann kehrt sein Verhalten blitzartig. Er "überdreht", macht manchmal den Clown, beginnt Sachen zu schmeissen, kreischt, stampft....macht einfach "negativ" auf sich aufmerksam.
Häufig benehmen sich Kinder daneben, weil wir ihnen nicht genau sagen, WIE sie sich denn zu benehmen sollen. Gerade beim Beispiel Besuch ist es so, dass die Kinder oft gar nicht wissen, was jetzt denn genau passiert. Wer kommt, wie lange? Was machen sie da? Und was wird von mir erwartet? Versuch einmal eine solche Situation gut vorauszuplanen.
1. Gute Vorbereitung: Sag ihm genau, wer kommt? wie lange? was ihr dann alles macht zusammen? Er kann z.B auch alle die Spielsachen wegräumen, die er nicht teilen möchte. Er erklärt sich dann auch einverstanden, dass er die anderen Spielsachen, die noch im Zimmer sind,teilt.
2. Sprich mit ihm über Regeln: Schaut einmal, was es braucht, damit sich alle wohlfühlen, du kannst ihn danach fragen, wenn er nichts sagt, dann erklär ihm was du von ihm erwartest. Positiv formulieren. Also nicht: Nicht blöd tun, sondern: Mit normaler Stimme sprechen, ruhig und anständig mit den anderen umgehen, Hallo sagen wenn sie kommen usw. Du kannst das Fehlverhalten schon aufzählen, aber versuch dann auch zu formulieren, was du gerne möchtest.
3. Schau auch, dass du grad am Anfang versuchst ihn ein wenig zu begleiten. Den Besuch nicht grad auf ihn loslassen, sondern vielleicht alle zusammen mal grad etwas machen. Das Zimmer anschauen, ein Spiel machen usw. Schau auch, dass die Kinder etwas zu tun haben und ins Spiel finden. (Interessante Beschäftigungen parat haben. Das kann z.B auch heissen, dass ihr mal kurz etwas zusammen macht oder zwischendurch mal auf den Spielplatz geht).
4. Lobe und ermutige ihn, wenn es klappt. Du kannst z.B auch vorher mit ihm eine Belohnung abmachen, wenn es klappt. Du musst einfach ganz klar abmachen, wann es die Belohnung gibt. Also das Verhalten welches du erwartest, muss ihm klar sein. Nicht zu viel erwarten und auch nicht zu hohe Ziele setzen. Eine Belohnung kann z.B ein Dessert sein, nachher zusammen ein Buch anschauen, nach dem Essen noch etwas rausgehen use.
5. Konsequenzen einsetzen. Wenn er sich nicht daran hält, dann mach ihn auf das Problem aufmerksam, geh zu ihm hin und sag, was er falsch gemacht hat und was du von ihm erwartest. Sag es ihm einmal und warte dann ein paar Sekunden. Wenn er nicht gehorcht dann musst du eine log. Konsequenz folgen lassen. Das heisst: Es gibt z.B die abgemachte Belohnung nicht oder wenn er sich wirklich total unmöglich benimmt, dann kannst du ihn auch einen Moment in die Auszeit schicken. Du nimmst ihn damit einen Moment aus der Situation raus, er kann sich beruhigen und wieder etwas zu sich selber finden.
D.h du gehst zu ihm, sagst was er falsch gemacht hast, erinnerst ihn an die Regel und sagst: „Luca, du hesch itze grad der Lea gschlage, mir hei abgmacht, dass mir fiin und lieb mitenand umgöh, drum muesch du itze für 1 oder 2 Min. id Uszyt.“ Du nimmst ihn ganz ruhig und bestimmt, und bringst ihn in den Auszeitraum. Dieser sollte uninteressant sein, also nicht das Kinderzimmer, sondern das Schlafzimmer, Badezimmer…. Wenn er die festgesetzte Zeit ruhig war (es muss nicht mucksmäuschenstill sein, aber er muss sich einigermassen still verhalten), dann gehst du zu ihm und sagst: „du bisch itze schön still gsi, itze darfsch wieder usecho.“ Versuch nicht mehr über den Vorgang zu sprechen, sondern versuch ihn wieder in eine Aktivität zu verwickeln. Die Auszeit zeigt ihm, dass er ganz klar eine Abmachung eine Regel übertreten hat, es gibt ihm aber auch dir die Möglichkeit euch zu beruhigen. Drohe nicht mit der Auszeit, er wird sonst lernen, dass er erst hören muss, wenn du drohst. Das gilt allgemein bei den Drohungen. Also das berühmte „wed itze nid folgisch, denn… oder itze zelle ig no uf drü“ solltest du vermeiden. Dein Kind lernt nämlich dabei: Ich muss erst dann hören, wenn die Mama laut wird, wenn sie schimpft, droht oder auf 3 zählt. Die Auszeit vorher (also wenn es kein Problemverhalten gibt) mit dem Kind vorbesprechen und genau sagen, was passiert, wieso und wie lange man in die Auszeit muss und wann du ihn wieder von der Auszeit zurückholst.
Hier noch ein paar grundsätzliche Tipps zu Anweisungen und Konsequenzen:
Wichtig ist, dass du nicht alles x-mal sagst. Wenn du möchtest, dass dein Kind etwas tut, dann folge diesen Schritten: Geh zu ihm hin (also nicht aus einem anderen Zimmer, von draussen nach drinnen…) rufen, sprich es mit Namen an und sag ihm genau was es tun soll: „bitte geh jetzt deine Zähne putzen, sprich bitte in normalem Ton, versorge bitte deine Schuhe …“ (auch hier, immer sagen, was sie tun sollen, was du von ihnen möchtest). Warte ca. 5 Sekunden und gib ihm Zeit zu gehorchen.
Bleib in der Nähe und beobachte es. Wenn es tut was du gesagt hast, dann lobe es.
Wenn nicht dann gib die Anweisung noch einmal. (Gilt nicht bei Problemverhalten, dann die Anweisung nur einmal geben!).
Wenn es wieder nicht gehorcht, dann musst du eine logische Konsequenz folgen lassen. ( also irgendetwas, welches mit seinem Verhalten in Zusammenhang steht. Die Kinder aus der Situation entfernen, das Spielzeug, den Teller einen Moment wegnehmen, keine Geschichte vorlesen usw.). Sag ihnen immer wieso du es tust, drohe nicht, sondern tu es einfach. Wichtig ist, dass du ihnen immer wieder die Möglichkeit gibst es wieder zu üben. Entferne das Spielzeug nur für ca. 5-30 minuten und gib es ihnen dann wieder.
Beobachte dich einmal, WIE du Anweisungen gibst. Denk dran:
Nicht zuviele! Oftmals texten wir unsere Kinder von morgens bis abends mit Anweisungen zu. Je mehr Anweisungen wir geben, umso mehr Möglichkeiten haben die Kinder nicht zu gehorchen. Oftmals geben wir auch einfach nur Anweisungen aus lauter Gewohnheit. "Pass auf dort drüber, diese Pflanzen solltest du nicht anfassen, jetzt musst du dann mal den Schlafanzug anziehen." Hier wäre es besser entweder gar nichts zu sagen oder dann: "Komm her zu mir, Lass die Pflanzen in Ruhe, geh jetzt bitte deinen Schlafanzug anziehen." Überleg dir jeweils, BEVOR du eine Anweisung gibst: Ist diese jetzt wichtig? Denk auch daran, dass du dann auch eine Konsequenz parat haben musst, wenn er sie nicht befolgt.
Frageform! Immer wieder geben wir Anweisungen als Frage. "Könntest du bitte deine Füsse vom Tisch nehmen? Kommst du bitte? Gehst du jetzt die Hände waschen?" Wenn wir eine Anweisung als Frage formulieren, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn das Kind "Nein" sagt. Also sag immer, WAS genau du von deinem Kind erwartest. Positiv Formulieren!
Zu Ungenau! "Leon!" oder "Hör auf mit dem Blödsinn!" "Jetzt reichts aber! "Jetzt benimm dich!" Diese vagen Andeutungen sagen dem Kind weder mit was es aufhören, noch was es stattdessen tun soll.
Von weit her! Immer zum Kind hingehen. Nicht von der Küche ins Kinderzimmer schreien!
Zur falschen Zeit! Vorher ankündigen. Nicht einfach den Fernseher ausmachen, oder zum essen rufen. Sag ihm vorher wie lange er etwas tun darf. Stell eine Uhr, oder geh ca. 5 Min. vorher zu ihm hin und sage: "In 5 Minuten können wir essen, wenn ich das nächste Mal komme, dann möchte ich, dass du gleich mitkommst und dir die Hände wäschst."
Es gibt noch weitere "Erziehungsfallen":
Umgang mit Strafen:
Strafe wird angedroht, aber nicht ausgeführt. Das Kind lernt mit der Zeit, dass die Eltern die Strafen nur androhen, aber trotzdem nix passiert.
Strafe als letzte Möglichkeit:
Die Eltern warten zu lange, bevor sie auf das Problemverhalten reagieren. Strafen fallen dann häufig zu hart aus.
Inkonsequente Bestrafung:
Die Eltern sind sich nicht einig, ob und wie sie Konsequenzen anwenden. Für das Kind ist es schwierig zu merken, welche Linie jetzt gilt.
Auch wenn er zu jemandem darf und ich ihn abholen gehe oder er wieder nach Hause kommt (oder ich komme nach Hause), dann ist der Teufel los. DAS ist momentan denke ich, wirklich das Hauptproblem!!!
Besprich das nach Hause kommen auch schon vorher. Sag ihm, was dich stört, was dich ärgert und was du von ihm möchtest. Versuch mit ihm Alternativen zu finden. Er wird es wahrscheinlich nicht besser können, als so wie er es jetzt macht.
2. Das andere ist, dass er und sein 3-jähriger Bruder einfach alles umherschmeissen. Anfangs habe ich es weggenommen, dann haben sie einfach das nächste genommen. Ich habe dann ne Liste eingeführt, dass, wenn ein Tag lang nichts geschmissen wird, sie ein Sünneli bekommen und bei 4 Sünneli pro Woche, bekommen sie wieder was zurück.....es artete dann aus und mein Mann und ich räumten das gesamte Spielzimmer leer. Er konnte sich dann die Sünneli mit "anständigem Benehmen" sich wieder verdienen. Nun, mal geht s gut - mal nicht. Aber ich habe eben nicht das Gefühl, dass ihn die Sünneli motivieren, denn eigentlich ist er nicht ein "Sammler-Typ"....
Hier würde ich mit ihnen ein paar Familienregeln aufstellen. Setz dich mal mit ihnen zusammen und besprich mit ihnen, was dich traurig macht. Versuch mal mit ihnen zusammen rauszufinden, wie man denn mit den Sachen umgehen sollte. (vorsichtig, man muss aufpassen, sorgfältig sein usw.)
Frage sie danach. Gib nicht du einfach die Antworten. Frage sie auch, was passiert, wenn man mit den Sachen unvorsichtig umgeht (sie gehen kaputt) Frage sie auch, was ihr machen wollt, wenn sie extra etwas kaputt machen. (die Sachen aus dem Zimmer nehmen, als Entschädigung etwas spezielles im Haushalt helfen usw.) sucht nach Möglichkeiten und Lösungen. Schreibt die Regeln (positiv formulieren) auf. Sie sollen dir ruhig dabei helfen. Zeichnet, schreibt, klebt, bastelt. Alles auf ein Blatt Papier. Ihr könnt es auch alle unterschreiben, so ist es etwas verbindlicher und hängt es irgendwo gut sichtbar auf.
Wenn sie die Regeln missachten dann mach folgendes:
Geh zu ihnen hin und beschreibe das Problem ("du hast jetzt grad dein Spielzeug rumgeschmissen")
Sag ihnen, warum das ein Problem ist ("mich macht das traurig, wenn ihr alle eure Spielsachen kaputt macht oder herumschmeisst, ihr habt dann nur noch kaputte Sachen im Zimmer, oder gar keine mehr.
Frag sie nach den Regeln ("Was haben wir abgemacht? Wie wollen wir mit den Sachen umgehen?")
Wenn es geht, lass sie den richtigen Umgang nochmals üben und lobe sie dann.
Wenn nicht, dann lasse eine log. Konsequenz folgen. D.h das Spielzeug kommt aus dem Zimmer, oder du lässt eine andere Konsequenz folgen, die ihr abgemacht habt.
Lobe und ermutige sie jedes Mal, wenn sie anständig mit den Sachen umgegangen sind. "Ich finds toll, dass ihr sorgfältig mit euren Sachen gespielt habt." Achtung nicht ins negative fallen: "Endlich habt ihr einmal nichts kaputt gemacht."
Mal dies für den Anfang, die anderen Tropfen sind eher pipifax, welche dann aber halt das Fass doch zum überlaufen bringen...
Schau mal, ob du mit diesen Ideen etwas anfangen kannst und melde dich einfach wieder mit Feedback, Fragen und auch mit Antworten und gib mir vielleicht auch noch ein paar Beispiele mehr von solchen Situationen, ok?
liebe Grüsse
Kathrin