Wie kann ich mir Gehör verschaffen?

Hier gibts Antworten auf die wichtigsten Erziehungsfragen

Moderator: Kathrin Buholzer

Wie kann ich mir Gehör verschaffen?

Beitragvon Yvonne1971 » 20.06.2008, 14:59

Hallo,
nach einigem Surfen in puncto Erziehungstipps bin ich auf dieses Forum gestoßen und habe hier auch schon ein paar nützliche Sachen gelesen. Mein konkretes Problem ist, dass ich immer wieder mal meinen Sohn (grade drei geworden) anschreie unddann auch verletzend werde. Noch im selben Moment tut es mir leid. Wenn wir beide wieder ruhiger sind, entschuldige ich mich bei ihm und wir reden noch mal drüber. eigentlich ist er nämlich sehr freundlich und vernünftig.

Typische Situation heute: Er hatte angefangen zu malen. Ich holte ihm noch eine Zeitung als Unterlage (das fand er auch okay). Kaum hatte ich sie unter das Blatt geschoben, klappte er sein Mäppchen zu und meinte, er sei fertig. Also räumte ich die Unterlage wieder weg. Daraufhin fing er an zu schreien, nein, er sei doch nich nicht fertig. Ich meinte, er hätte ja seine Sachen weggelegt und selbst gesagt, er sei fertig. Außerdem wollte ich das Schreien nicht auch noch belohnen. Er brüllte weiter. Ich ging aus dem Zimmer, um ruig zu bleiben. Er rannte hinterher, zerrte an mit herum. Ich sagte ihm noch ein paarmal, warum ich die Unterlage wieder weggetragen hatte, und wollte wissen, warum er denn gesagt habe, dass er fertig sei. Aber er hörte überhaupt nicht zu, sondern schrie immer weiter. Bis mir dann schließlich auch der Geduldsfaden riss und ich zurückbrüllte, er solle mir endlich zuhören. Ich wüsste zu gerne, wie ich aus solchen Situationen herauskomme, OHNE zu schreien. :cry: Wenn man überhaupt nicht mehr auf ihn eingeht oder ihn in sein Zimmer bringt zum Austoben, brüllt er so lange, bis er völlig fertig ist bzw. sich manchmal übergibt.

Schon mal vielen Dank fürs Lesen und eventuelle Tipps

Yvonne
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Beitragvon Kathrin Buholzer » 20.06.2008, 21:13

Hallo,
nach einigem Surfen in puncto Erziehungstipps bin ich auf dieses Forum gestoßen und habe hier auch schon ein paar nützliche Sachen gelesen.

Hallo Yvonne! Schön, dass du hier dabei bist! Herzlich Willkommen im Forum!

Mein konkretes Problem ist, dass ich immer wieder mal meinen Sohn (grade drei geworden) anschreie unddann auch verletzend werde. Noch im selben Moment tut es mir leid. Wenn wir beide wieder ruhiger sind, entschuldige ich mich bei ihm und wir reden noch mal drüber. eigentlich ist er nämlich sehr freundlich und vernünftig.

Das ist schon mal ein guter Weg. Es geht nämlich zuerst darum sich bewusst zu werden, was man bei sich selber ändern will. Man kann Problemverhalten nur ändern, wenn man selber als gutes Beispiel voran geht. Wenn du erwartest, dass dein Sohn mit normaler Stimme, ruhig und anständig mit dir spricht, dann musst du das selber auch tun.

Typische Situation heute: Er hatte angefangen zu malen. Ich holte ihm noch eine Zeitung als Unterlage (das fand er auch okay).

Sag ihm jeweils schon vorher, was er alles fürs malen parat machen muss und sag ihm auch schon, wie das dann mit dam aufräumen läuft. "Was brauchst du alles, wenn du malen willst? Damit du nicht auf den Tisch malst, was brauchst du dazu? Wenn du fertig bist mit Malen, dann möchte ich dass du die Farben in dein Zimmer bringst und die Unterlage wieder dort auf den Tisch legst." Sag ihm jeweils immer vorher, was als nächstes passiert und was du von ihm erwartest.

Kaum hatte ich sie unter das Blatt geschoben, klappte er sein Mäppchen zu und meinte, er sei fertig. Also räumte ich die Unterlage wieder weg.

Ähm, warum räumst DU die Unterlage weg? Gib ihm vorher klare Anweisungen, Aufträge, dann kann er die Sachen nachher, also wenn er das Gefühl hat er sei fertig auch selber versorgen. Er kann dann selber entscheiden, ob er wirklich fertig ist.

Daraufhin fing er an zu schreien, nein, er sei doch nich nicht fertig. Ich meinte, er hätte ja seine Sachen weggelegt und selbst gesagt, er sei fertig.

Wenn du sie ihm schon weggelegt hast (was ich das nächste Mal nicht mehr tun würde), dann sag ihm: "Jetzt habe ich die Unterlage schon weggelegt. Wenn du noch malen willst, dann hol dir die Unterlage einfach wieder."

Außerdem wollte ich das Schreien nicht auch noch belohnen. Er brüllte weiter. Ich ging aus dem Zimmer, um ruig zu bleiben. Er rannte hinterher, zerrte an mit herum. Ich sagte ihm noch ein paarmal, warum ich die Unterlage wieder weggetragen hatte, und wollte wissen, warum er denn gesagt habe, dass er fertig sei.

Lass dich nicht auf Diskussionen ein. Sag ihm vorher klip und klar, was du von ihm erwartest, was er wo und wie versorgen muss. Wenn ihm etwas nicht passt, oder er etwas Bestimmtes will, dann hol ihm das nicht einfach. Zeig ihm, wo es ist und wie er es sich beschaffen kann. Hilf ihm selbstständig zu werden:

Ich kann dir hier auch ein paar grundsätzliche Dinge zum Thema Selbstständigkeit aufzählen:

Es ist sehr wichtig ist, dass wir als Eltern Vertrauen in die Fähigkeiten unserer Kinder haben. Wir müssen ihnen etwas zutrauen und ihnen auch Erfahrungsräume öffnen. D.h nicht immer grad alles selber erledigen (auch wenns oft schneller geht und bequemer ist). Wenn dein Kind etwas nicht schafft, vielleicht deshalb auch wütend wird, nimm ihm nicht immer die Arbeit ab und präsentier ihm die Lösung. Versuch zusammen mit ihm eine Lösung zu finden. Frag ihn, was er tun wollte und wie er das jetzt anpacken könnte. Gib ihm Tipps und Hilfestellungen aber erledige es nicht für ihn.
Die Kinder können oft viel mehr, als wir ihnen zutrauen und oft auch mehr, als wir gedacht haben. Viele Eltern räumen ihnen Kindern jedes Steinchen aus dem Weg und möchten sie auch vor allem bewahren. Sie sind fast pausenlos beschäftigt, ihre Wünsche zu erfüllen. Trotzdem ist das Kind oft unzufrieden und quengelig. Überleg dir einmal wie du dich fühlen würdest, wenn du ein unselbstständiger Erwachsener wärst.
Genau so muss sich auch ein unselbstständiges Kind fühlen, so nach dem Motto: "ich kann das nicht allein, ich brauche ständig einen Erwachsenen um mich herum, ohne Erwachsene bin ich hilflos, ich kann es eh nicht allein, deshalb versuche ich es erst gar nicht. Die Erwachsenen müssen immer für mich da sein, damit meine Wünsche erfüllt werden. Sie müssen sich pausenlos mit mir beschäftigen, sonst wirds mir Langweilig und ich mache Blödsinn."
Ein unselbstständiges Kind hat auch das Gefühl, dass es Dinge im Alltag gar nicht selber erledigen kann, weil sie ihm ja meistens von einem Erwachsenen abgenommen werden. Häufig unterstützen wir dieses Gefühl mit Aussagen wie: "Dafür bist du noch zu klein, warte ich helf dir, du kannst das noch nicht." Das Kind wird abhängig von den Erwachsenen und es lernt auch nicht Verantwortung zu übernehmen und auch die Konsequenzen für sein Handeln zu tragen. Es wird bequem egoistisch und nützt andere aus. Ausserdem ist ihm oft Langweilig, weil es gar nie richtig gelernt hat sich selber zu beschäftigen. Ein unselbstständiges Kind hat oft wenig Selbstwertgefühl. Es ist oft unsicher, manchmal schüchtern, mutlos aber auf alle volle hat es ganz hohe Ansprüche an uns Eltern und wird zum Tyrannen. Das vor allem auch, weil es wenig Widerstand spürt und auch nicht gelernt hat mit unangenehmen Situationen fertig zu werden.

Ein Kind zur Selbstständigkeit erziehen heisst nicht, ihm alles erlauben, alles durchgehen lassen. Es ist das Gegenteil von abhängig sein, angewiesen sein auf den anderen. Also möglichst früh, das selber zu tun, was möglich ist, ohne dass jemand hilft oder es für einen erledigt.
Was heisst das jetzt genau? Versuch immer wieder im Alltag deinem Kind die Möglichkeit zu geben, Dinge zu entdecken, selber auszuprobieren, ganz nach dem Motto: "Hilf mir, es selbst zu tun". Wir unterschätzen unsere Kinder ganz häufig und sind erstaunt, wie viel sie schon selber können. Es ist nicht immer ganz einfach und es ist oft auch anstrengender, mit mehr Zeit und Energie verbunden, wenn wir versuchen unsere Kinder zu mehr Selbstständigkeit zu erziehen. Doch wenn wir es tun, dann werden die Kinder auch weniger am eigenen "Rockzipfel" hängen und weniger quengelig sein.

Lass dein Kind die Dinge die es selbst tun kann auch selber tun. Beobachte dein Kind und wenn du merkst, dass es Hilfe braucht, dann sei ihm eine Stütze, zieh dich aber dann auch wieder zurück.


Aber er hörte überhaupt nicht zu, sondern schrie immer weiter. Bis mir dann schließlich auch der Geduldsfaden riss und ich zurückbrüllte, er solle mir endlich zuhören. Ich wüsste zu gerne, wie ich aus solchen Situationen herauskomme, OHNE zu schreien. Wenn man überhaupt nicht mehr auf ihn eingeht oder ihn in sein Zimmer bringt zum Austoben, brüllt er so lange, bis er völlig fertig ist bzw. sich manchmal übergibt.

Schon mal vielen Dank fürs Lesen und eventuelle Tipps

Yvonne

Wenn du ihn ignorierst, dann einfach so lange, bis er sich wieder beruhigt hat. Wenn du vorher auf ihn eingehst, dann wird er lernen, das nächste Mal einfach noch länger zu brüllen.
Wenn du das Ignorieren nicht aushälst, dann lass es lieber bleiben, oder versuch es später wieder einmal.
Überleg dir einmal, was wolltest du denn überhaupt in dieser Situation von ihm? Wenn er schon am Schreien und ausflippen ist, dann bringt diskutieren und zutexten oft gar nix.

Hier nochmals ein paar wichtige Dinge über Anweisungen.

Wichtig ist, dass du nicht alles x-mal sagst. Wenn du möchtest, dass dein Kind etwas tut, dann folge diesen Schritten: Geh zu ihm hin (also nicht aus einem anderen Zimmer, von draussen nach drinnen…) rufen, sprich es mit Namen an und sag ihm genau was es tun soll: „bitte geh jetzt deine Zähne putzen, sprich bitte in normalem Ton, versorge bitte deine Schuhe …“ (auch hier, immer sagen, was sie tun sollen, was du von ihnen möchtest). Warte ca. 5 Sekunden und gib ihm Zeit zu gehorchen.
Bleib in der Nähe und beobachte es. Wenn es tut was du gesagt hast, dann lobe es.
Wenn nicht dann gib die Anweisung noch einmal. (Gilt nicht bei Problemverhalten, dann die Anweisung nur einmal geben!).
Wenn es wieder nicht gehorcht, dann musst du eine logische Konsequenz folgen lassen. ( also irgendetwas, welches mit seinem Verhalten in Zusammenhang steht. Die Kinder aus der Situation entfernen, das Spielzeug, den Teller einen Moment wegnehmen, keine Geschichte vorlesen usw.). Sag ihnen immer wieso du es tust, drohe nicht, sondern tu es einfach. Wichtig ist, dass du ihnen immer wieder die Möglichkeit gibst es wieder zu üben. Entferne das Spielzeug nur für ca. 5-30 minuten und gib es ihnen dann wieder.

Beobachte dich einmal, WIE du Anweisungen gibst. Denk dran:

Nicht zuviele! Oftmals texten wir unsere Kinder von morgens bis abends mit Anweisungen zu. Je mehr Anweisungen wir geben, umso mehr Möglichkeiten haben die Kinder nicht zu gehorchen. Oftmals geben wir auch einfach nur Anweisungen aus lauter Gewohnheit. "Pass auf dort drüber, diese Pflanzen solltest du nicht anfassen, jetzt musst du dann mal den Schlafanzug anziehen." Hier wäre es besser entweder gar nichts zu sagen oder dann: "Komm her zu mir, Lass die Pflanzen in Ruhe, geh jetzt bitte deinen Schlafanzug anziehen." Überleg dir jeweils, BEVOR du eine Anweisung gibst: Ist diese jetzt wichtig? Denk auch daran, dass du dann auch eine Konsequenz parat haben musst, wenn sie diese nicht befolgt.

Frageform! Immer wieder geben wir Anweisungen als Frage. "Könntest du bitte deine Füsse vom Tisch nehmen? Kommst du bitte? Gehst du jetzt die Hände waschen?" Wenn wir eine Anweisung als Frage formulieren, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn das Kind "Nein" sagt. Also sag immer, WAS genau du von deinem Kind erwartest. Positiv Formulieren!

Zu Ungenau! "Melanie!" oder "Hör auf mit dem Blödsinn!" "Jetzt reichts aber! "Jetzt benimm dich!" Diese vagen Andeutungen sagen dem Kind weder mit was es aufhören, noch was es stattdessen tun soll.

Von weit her! Immer zum Kind hingehen. Nicht von der Küche ins Kinderzimmer schreien!

Zur falschen Zeit! Vorher ankündigen. Nicht einfach den Fernseher ausmachen, oder zum essen rufen. Sag ihm vorher wie lange er etwas tun darf. Stell eine Uhr, oder geh ca. 5 Min. vorher zu ihm hin und sage: "In 5 Minuten können wir essen, wenn ich das nächste Mal komme, dann möchte ich, dass du gleich mitkommst und dir die Hände wäschst."

Es gibt noch weitere "Erziehungsfallen":

Umgang mit Strafen:
Strafe wird angedroht, aber nicht ausgeführt. Das Kind lernt mit der Zeit, dass die Eltern die Strafen nur androhen, aber trotzdem nix passiert.

Strafe als letzte Möglichkeit:
Die Eltern warten zu lange, bevor sie auf das Problemverhalten reagieren. Strafen fallen dann häufig zu hart aus.

Inkonsequente Bestrafung:
Die Eltern sind sich nicht einig, ob und wie sie Konsequenzen anwenden. Für das Kind ist es schwierig zu merken, welche Linie jetzt gilt.

Schau mal, was du mit diesen Tipps und Anregungen anfangen kannst. Melde dich einfach wieder, mit Fragen oder noch mehr Beispielen. Ok?
liebe Grüsse
Kathrin

Kathrin Buholzer
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Beitragvon Yvonne1971 » 21.06.2008, 08:39

Hallo Kathrin,

vielen lieben Dank für die schnelle Antwort.

>>Kaum hatte ich sie unter das Blatt geschoben, klappte er sein Mäppchen zu und meinte, er sei fertig. Also räumte ich die Unterlage wieder weg.

Ähm, warum räumst DU die Unterlage weg? Gib ihm vorher klare Anweisungen, Aufträge, dann kann er die Sachen nachher, also wenn er das Gefühl hat er sei fertig auch selber versorgen. Er kann dann selber entscheiden, ob er wirklich fertig ist. <<

Gute Frage. Ich stand noch daneben und habe mir die Zeitung praktisch reflexartig genommen, damit sie nicht hinterher rumliegt. Außerdem hatte ich sie auch angebracht. Wir machen solche Vorbereitungen meist gemeinsam, nach dem Motto: "Hol du schon mal das, ich kümmere mich in der Zwischenzeit um jenes."

Zum Thema Selbständigkeit - das sehe ich eigentlich genau so, wie du es beschrieben hast. Er hat letztens einen richtigen Entwicklungssprung gemacht und möchte nun ALLES selbst machen, was einfach noch nicht geht. Bei den meisten Dingen ermutige ich ihn, sage ihm, dass er es schon schaffen wird und warte auch geduldig, bis z. B. der Schuh dran ist oder er eine Dose aufgepfriemelt hat.

>>Überleg dir einmal, was wolltest du denn überhaupt in dieser Situation von ihm? Wenn er schon am Schreien und ausflippen ist, dann bringt diskutieren und zutexten oft gar nix. <<

Hm, ich wollte ihm zeigen, dass dieses Hin und Her (jetzt will ich malen, dann wieder nicht, dann doch) nicht okay ist und dass er sich für das eine oder das andere entscheiden sollte. Wenn er sagt, er ist fertig, dann soll er es eben auch sein.

Anderes Beispiel: Er wollte nach draußen zum Spielen, wofür ich ihn kurz umziehen musste. Eigentlich wollte ich grade seinen kleinen Bruder (9 Monate) füttern, aber ich dachte, das geht ja schnell. Mittendrin auf einmal die Erkenntnis, er möchte doch nicht umgezogen werden. Inzwischen hatte der Kleine angefangen, sich zu beschweren. Ich meinte, dann könne Richard (der Große) gerne so bleiben, aber halt nicht raus. Als er die Meinung wieder änderte, sagte ich, okay, ich ziehe dich um, aber jetzt muss ich mich erst um den Kleinen kümmern. Danach gerne. Daraufhin eben auch großes Gejammere, wobei er aber diesmal wirklich todunglücklich war, nicht trotzig. Nachdem Robert (der Kleine) dann auch so richtig mitheulte und an Füttern nicht mehr zu denken war, half ich Richard eben doch beim Umziehen.

Was die anderen Tipps angeht, die dugeschrieben hast, so versuche ich bereits, die meisten zu beherzigen, z. B. rechtzeitig Bescheid sagen, wenn er kommen soll. Gestern Abend ging das leider gründlich daneben. Er wollte absolut nicht ins Bett gehen (trotz Ankündigung), worauf ich meinte, dann gäbe es eben keine Gute-Nacht-Geschichte. Dann kam er immer noch nicht, weil seine Feuerwehrleute unbedingt noch etwas löschen mussten. Gut, meinetwegen, sie konnten ja die Playmobilfigur nicht brennen lassen. Als sie dann aber noch umständlich ihr Werkzeug einräumen mussten, sagte ich noch mal, er sollte jetzt bitte kommen (dabei stand ich neben ihm). Er ging darauf gar nicht ein, also trug ich ihn nach unten in sein Zimmer. Als er merkte, dass ich auf die Gute-Nacht-Geschichte nun wirklich keine große Lust hatte, war er völlig verzweifelt und tat mir sehr leid. Er bekam sie dann auch noch. Er hatte es ja auch nicht böse gemeint, als er nicht kam, aber irgendwann muss ja abends Schluss sein. Etwas Logischeres als die Gute-Nacht-Geschichte fiel mir in dem Moment als Konsequenz auch nicht ein; normalerweise schätzt er sie so, dass das gut funktioniert (kommt aber ganz selten vor, da er in der Regel prima ins Bett geht).

Oh je, jetzt habe ich dir so richtig lang mein Herz ausgeschüttet :oops: Also, konkret: In einer Situation, in der ich merke, dass er wirklich unglücklich ist - wie kann ich etwas zurücknehmen, ohne dass er mich nicht mehr ernst nimmt? Siehe das Beispiel mit dem Umziehen. Ich hätte gar nicht erwartet, dass er dann so schluchzt, sonst hätte ich halt den Kleinen noch kurz jammern lassen. Aber dann konnte ich irgendwie auch nicht mehr zurück - oder sehe ich das falsch?

Und: Gibt es irgendwelche Tricks, wie ich die Ruhe bewahren kann? In ein anderes Zimmer gehen hilft nicht, wenn er hintersaust und weiterbrüllt, bis entweder ich zurückbrülle oder er sich fast übergibt.

Nochmals vielen Dank und liebe Grüße

Yvonne
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Beitragvon Kathrin Buholzer » 22.06.2008, 00:27

Hallo Kathrin,

vielen lieben Dank für die schnelle Antwort.

Bitte gern geschehen!

>>Kaum hatte ich sie unter das Blatt geschoben, klappte er sein Mäppchen zu und meinte, er sei fertig. Also räumte ich die Unterlage wieder weg.

Ähm, warum räumst DU die Unterlage weg? Gib ihm vorher klare Anweisungen, Aufträge, dann kann er die Sachen nachher, also wenn er das Gefühl hat er sei fertig auch selber versorgen. Er kann dann selber entscheiden, ob er wirklich fertig ist. <<

Gute Frage. Ich stand noch daneben und habe mir die Zeitung praktisch reflexartig genommen, damit sie nicht hinterher rumliegt. Außerdem hatte ich sie auch angebracht. Wir machen solche Vorbereitungen meist gemeinsam, nach dem Motto: "Hol du schon mal das, ich kümmere mich in der Zwischenzeit um jenes."

Mach dir das Leben nicht unnötig schwer! Lass ihn halt die Sache selber wegräumen, dann muss er sich nicht ärgern und du auch nicht. Lass ihn möglichst viel selber erledigen.

Zum Thema Selbständigkeit - das sehe ich eigentlich genau so, wie du es beschrieben hast. Er hat letztens einen richtigen Entwicklungssprung gemacht und möchte nun ALLES selbst machen, was einfach noch nicht geht. Bei den meisten Dingen ermutige ich ihn, sage ihm, dass er es schon schaffen wird und warte auch geduldig, bis z. B. der Schuh dran ist oder er eine Dose aufgepfriemelt hat.

Biete ihm dort Hilfe an, wo es nötig ist. Lass ihn dann selber versuchen.

>>Überleg dir einmal, was wolltest du denn überhaupt in dieser Situation von ihm? Wenn er schon am Schreien und ausflippen ist, dann bringt diskutieren und zutexten oft gar nix. <<

Hm, ich wollte ihm zeigen, dass dieses Hin und Her (jetzt will ich malen, dann wieder nicht, dann doch) nicht okay ist und dass er sich für das eine oder das andere entscheiden sollte. Wenn er sagt, er ist fertig, dann soll er es eben auch sein.

Versuch in solchen Situationen nicht zu nah an ihm dran zu sein. Wenn er nicht mehr malen will, dann soll er die Sachen wegräumen. Wenn er sie dann weggeräumt hat und es sich dann anders überlegt, dann lass ihn, er soll dann die Sachen halt wieder hervor nehmen. Auch hier: Mach dir das Leben nicht unnötig schwer. Versuch nicht jede Angelegenheit von deinem Kind zu deinem Problem zu machen.

Anderes Beispiel: Er wollte nach draußen zum Spielen, wofür ich ihn kurz umziehen musste. Eigentlich wollte ich grade seinen kleinen Bruder (9 Monate) füttern, aber ich dachte, das geht ja schnell. Mittendrin auf einmal die Erkenntnis, er möchte doch nicht umgezogen werden. Inzwischen hatte der Kleine angefangen, sich zu beschweren. Ich meinte, dann könne Richard (der Große) gerne so bleiben, aber halt nicht raus. Als er die Meinung wieder änderte, sagte ich, okay, ich ziehe dich um, aber jetzt muss ich mich erst um den Kleinen kümmern.

Lass ihn doch einfach sich selber anziehen. Wenn er raus will, dann sag ihm, dass es ok ist und dass er sich anziehen soll. Du kannst in dieser Zeit den Kleinen füttern. Wenn er's sich dann anders überlegt, ist es auch wieder nicht dein Problem. Wenn er es noch nicht ganz selber schafft, dann gib ihm Hilfestellung aber mach es nicht für ihn. Überleg dir auch einmal, was er denn alles schon selber kann. Oft ist es so, dass wir Eltern aus Bequemlichkeit, weil es einfach schneller geht, weil wir kein Geschrei möchten, den Kindern viel zu viel abnehmen. Die Kinder können oft viel mehr, als wir eigentlich meinen. Versuch ihm nicht alles abzunehmen, es gibt ein gutes Motto: Hilf mir, es selbst zu tun. Wenn er etwas nicht schafft, dann tu es nicht einfach für ihn. Sag z.B "Was musst du als erstes tun, wenn du deine Jacke anziehen willst? Genau, du musst zuerst hier in den Ärmel schlüpfen und dann?" Versuch die Aufgabe in kleine Schritte aufzuteilen und ihn immer danach zu fragen, was als nächstes kommt. Lobe und ermutige ihn, wenn er es schafft. Wenn es nicht klappt, dann gib ihm nur soviel Hilfe wie nötig und lass es ihn dann selber versuchen.

Danach gerne. Daraufhin eben auch großes Gejammere, wobei er aber diesmal wirklich todunglücklich war, nicht trotzig. Nachdem Robert (der Kleine) dann auch so richtig mitheulte und an Füttern nicht mehr zu denken war, half ich Richard eben doch beim Umziehen.

Was die anderen Tipps angeht, die dugeschrieben hast, so versuche ich bereits, die meisten zu beherzigen, z. B. rechtzeitig Bescheid sagen, wenn er kommen soll. Gestern Abend ging das leider gründlich daneben. Er wollte absolut nicht ins Bett gehen (trotz Ankündigung), worauf ich meinte, dann gäbe es eben keine Gute-Nacht-Geschichte.

Drohe nicht mit der Konsequenz. Wenn er nicht kommt, dann sei bereit die Konsequenz durchzuziehen.
Am Abend ist es halt einfach immer so eine Sache. Die Kinder sind müde und da ist es oft besser, die Kinder eher abzulenken.


Dann kam er immer noch nicht, weil seine Feuerwehrleute unbedingt noch etwas löschen mussten. Gut, meinetwegen, sie konnten ja die Playmobilfigur nicht brennen lassen. Als sie dann aber noch umständlich ihr Werkzeug einräumen mussten, sagte ich noch mal, er sollte jetzt bitte kommen (dabei stand ich neben ihm).

Versuch das Ganze spielerisch anzugehen. Vielleicht hättest du ja z.B eine Uhr stellen können. "Also wir stellen jetzt noch den letzten Alarm, wenn der Alarm losgeht, wenn die Uhr läutet. Dann muss alles weggeräumt sein und die Feuerwehrleute müssen ins Bett.

Er ging darauf gar nicht ein, also trug ich ihn nach unten in sein Zimmer. Als er merkte, dass ich auf die Gute-Nacht-Geschichte nun wirklich keine große Lust hatte, war er völlig verzweifelt und tat mir sehr leid. Er bekam sie dann auch noch. Er hatte es ja auch nicht böse gemeint, als er nicht kam, aber irgendwann muss ja abends Schluss sein. Etwas Logischeres als die Gute-Nacht-Geschichte fiel mir in dem Moment als Konsequenz auch nicht ein; normalerweise schätzt er sie so, dass das gut funktioniert (kommt aber ganz selten vor, da er in der Regel prima ins Bett geht).

Wie oben schon geschrieben. Wenn er wirklich nicht kommt und du ihn auch nicht ablenken kannst, dann musst du halt auch einmal die Gute-Nacht-Geschichte weglassen. "Schau, jetzt bist du nicht gekommen, hast so lange Zeit verplempert, jetzt reicht es nicht mehr für die Geschichte. Wir können es morgen wieder versuchen.

Oh je, jetzt habe ich dir so richtig lang mein Herz ausgeschüttet Also, konkret: In einer Situation, in der ich merke, dass er wirklich unglücklich ist - wie kann ich etwas zurücknehmen, ohne dass er mich nicht mehr ernst nimmt?

Was meinst du mit zurücknehmen? Eine Anweisung die du bereits gegeben hast? Diese solltest du eigentlich nicht zurücknehmen, vor allem nicht, wenn er dann jammert oder weint. Er wird so lernen, dass er eine Anweisung von dir mit jammern und weinen umgehen oder sogar umstossen kann.
Versuch auch immer vorher kurz zu überlegen, ob diese Anweisung Sinn macht. Wenn du das Gefühl hast sie sei wichtig, dann gib diese Anweisung (so wie ich es dir im letzten Posting erklärt habe).
Ich denke auch, dass du recht hohe Erwartungen hast an dich und auch an deinen Sohn. Damit machst du dir oft unnötig Stress und Probleme.


Siehe das Beispiel mit dem Umziehen. Ich hätte gar nicht erwartet, dass er dann so schluchzt, sonst hätte ich halt den Kleinen noch kurz jammern lassen. Aber dann konnte ich irgendwie auch nicht mehr zurück - oder sehe ich das falsch?

Und: Gibt es irgendwelche Tricks, wie ich die Ruhe bewahren kann? In ein anderes Zimmer gehen hilft nicht, wenn er hintersaust und weiterbrüllt, bis entweder ich zurückbrülle oder er sich fast übergibt.

Nochmals vielen Dank und liebe Grüße

Yvonne

Ruhe bewahren kannst du vor allem, wenn du dir vorher gut überlegst, WAS du eigentlich genau von deinem Sohn willst. Formuliere positiv. Warte ein paar Sekunden (auf 5 zählen), wenn es nicht ein Problemverhalten ist, dann kannst du die Anweisung noch einmal geben. Wenn es klappt, dann lobe und ermutige ihn. Wenn es nicht klappt, dann sei bereit eine log. Konsequenz anzuwenden. Drohe nicht mit der Konsequenz sondern tu es einfach.
Wenn es einmal keine log. Konsequenz gibt, oder das Problemverhalten grösser ist, dann setze ihn für eine bis 2 Minuten auf den stillen Stuhl. Er muss dann kurz auf einen Stuhl, Treppe, Boden sitzen, sich beruhigen, kurz nachdenken und du holst ihn dann wieder. (Wie bei der Auszeit). Wenn er nicht still ist, dann bring ihn in die Auszeit. Sag ihm warum: „du bisch nid still gsi, drum muesch itze e moment id uszyt/timeout ids zimmer.
In 99% der Fälle, wird der stille Stuhl die ersten paar Male nicht klappen. D.h er wird aufstehen und wegrennen und du musst ihn dann in die Auszeit bringen.
Die Auszeit ist die letzte Möglichkeit und steht am Ende einer langen Kette von Erziehungsfertigkeiten. (Fam. Regeln, direktes ansprechen, klare ruhige Anweisungen, Log. Konsequenzen, Stiller Stuhl und Auszeit. Die Auszeit funktioniert nur, wenn du vor allem auch die anderen Erziehungsstrategien (beschreibend loben, Aufmerksamkeit schenken, Zuneigung zeiten bei positivem Verhalten, beiläufiges lernen usw.) regelmässig anwendest.

Wichtig bei der Auszeit:
einen uninteressanten Raum wählen (wenn möglich nicht das Kinderzimmer, das Schlafzimmer, Gästezimmer oder auch das WC). Erklär ihm in einer ruhigen Situation, wie die Auszeit abläuft. Sag ihm dann, was du von ihm erwartest. "Ich möchte, dass du dich jetzt beruhigst." Lass ihn dann einfach und verlasse evt. auch den Raum. Bei einem Wutanfall hat es keinen Sinn auf ihn einzureden. Wenn er dich dann haut oder der Wutanfall wirklich ganz heftig ist, dann schick ihn in die Auszeit. Sag ihm warum du es tust.

Den st. Stuhl und die Auszeit/Time Out vorher, in einem ruhigen Moment, also wenn kein Problemverhalten besteht mit dem Kind besprechen. Sag ihm und erklär ihm, wie das abläuft und wann er in die Auszeit oder auf den st. Stuhl muss.
Bei der Auszeit erhalten Kinder und Eltern die Möglichkeit in hitzigen Situationen zu beruhigen und tief durchzuatmen. Wichtig ist dabei sicher zu stellen, dass das Kind keine Angst bekommt. DEnn im Unterschied zur Strafe soll die Auszeit weder demütigen noch wehtun, sondern die Aufmerksamkeit (z.B für aggressives Verhalten) entziehen. Ähnlich wie beim Eishockey wirkt auch die Auszeit nicht, weil die "zwei Minuten" an sich unangenehm sind, sondern weil das "Time In", das Mitspielen, we[rvoll ist. Richtig angewendet bietet die Auszeit für Kinder eine Chance zu lernen mit ihren Gefühlen (Enttäuschung, Ärger, Wut) umzugehen.
Genau wie beim Sport soll die Auszeit natürlich auch in der Erziehung möglichst wenig zum Einsatz kommen. Es ist eine Möglichkeit auf hitzige Situationen vorbereitet zu sein und bietet auch den Eltern eine Möglichkeit sich zu beruhigen und nichts Unüberlegtes zu tun.

Also, melde dich einfach wieder. Vielleicht mit ein paar Beispielen mehr.
liebe Grüsse
Kathrin
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Beitragvon Yvonne1971 » 22.06.2008, 09:13

Hallo Kathrin,

Danke schön für die Möglichkeit, sich hier Rat zu holen. Allein durch das Aufschreiben und Erklären wird schon manches klarr für mich. Zuder einen Situation wollte ich noch kurz was erklären:


>>Anderes Beispiel: Er wollte nach draußen zum Spielen, wofür ich ihn kurz umziehen musste. Eigentlich wollte ich grade seinen kleinen Bruder (9 Monate) füttern, aber ich dachte, das geht ja schnell. Mittendrin auf einmal die Erkenntnis, er möchte doch nicht umgezogen werden. Inzwischen hatte der Kleine angefangen, sich zu beschweren. Ich meinte, dann könne Richard (der Große) gerne so bleiben, aber halt nicht raus. Als er die Meinung wieder änderte, sagte ich, okay, ich ziehe dich um, aber jetzt muss ich mich erst um den Kleinen kümmern.

Lass ihn doch einfach sich selber anziehen. Wenn er raus will, dann sag ihm, dass es ok ist und dass er sich anziehen soll. Du kannst in dieser Zeit den Kleinen füttern. Wenn er's sich dann anders überlegt, ist es auch wieder nicht dein Problem. Wenn er es noch nicht ganz selber schafft, dann gib ihm Hilfestellung aber mach es nicht für ihn. Überleg dir auch einmal, was er denn alles schon selber kann. Oft ist es so, dass wir Eltern aus Bequemlichkeit, weil es einfach schneller geht, weil wir kein Geschrei möchten, den Kindern viel zu viel abnehmen. Die Kinder können oft viel mehr, als wir eigentlich meinen. Versuch ihm nicht alles abzunehmen, es gibt ein gutes Motto: Hilf mir, es selbst zu tun. Wenn er etwas nicht schafft, dann tu es nicht einfach für ihn. Sag z.B "Was musst du als erstes tun, wenn du deine Jacke anziehen willst? Genau, du musst zuerst hier in den Ärmel schlüpfen und dann?" Versuch die Aufgabe in kleine Schritte aufzuteilen und ihn immer danach zu fragen, was als nächstes kommt. Lobe und ermutige ihn, wenn er es schafft. Wenn es nicht klappt, dann gib ihm nur soviel Hilfe wie nötig und lass es ihn dann selber versuchen. <<

Er hat noch Schwierigkeiten, T-Shirt oder Hose alleine anzuziehen. In der Regel versucht er es, bleibt dann stecken und fragt, ob ich ihm helfen kann. In dieser Situation hatte er auch angefangen, sich anzuziehen, aber er merkte, dass er nicht weiterkam. Aber er hatte halt keine Lust, zu warten, bis ich fertig war. Was ich eben doof fand, war, dass ich ihm ganz normal gesagt hatte, dass ich ihm, wenn er es jetzt wieder anders haben will, eben erst mal nicht mehr helfen kann, weil ich mich um den Kleinen kümmern muss. Da war dann das Geschrei groß.


>>Oh je, jetzt habe ich dir so richtig lang mein Herz ausgeschüttet Also, konkret: In einer Situation, in der ich merke, dass er wirklich unglücklich ist - wie kann ich etwas zurücknehmen, ohne dass er mich nicht mehr ernst nimmt?

Was meinst du mit zurücknehmen? Eine Anweisung die du bereits gegeben hast? Diese solltest du eigentlich nicht zurücknehmen, vor allem nicht, wenn er dann jammert oder weint. Er wird so lernen, dass er eine Anweisung von dir mit jammern und weinen umgehen oder sogar umstossen kann.
Versuch auch immer vorher kurz zu überlegen, ob diese Anweisung Sinn macht. Wenn du das Gefühl hast sie sei wichtig, dann gib diese Anweisung (so wie ich es dir im letzten Posting erklärt habe).
Ich denke auch, dass du recht hohe Erwartungen hast an dich und auch an deinen Sohn. Damit machst du dir oft unnötig Stress und Probleme. <<

Ja, ich meinte, wenn ich etwas verlangt habe, das dann anders ausgeht, als ich dachte (er schluchzt, weil er wirklich unglücklich ist, nicht aus Trotz). Ob es dann okay ist, zu sagen: "Hey, ich wusste nicht, dass das so wichtig für dich ist. Dann machen wir es halt anders." Oder ob er mich dann eben nicht mehr ernst nimmt.

Das mit den hohen Erwartungen stimmt :? Eigentlich ist er eben wirklich ein lieber Kerl, sagt Bitte und Danke, hilft gerne etc. Nur manchmal hat er eben seine Phasen, in denen man ihn an die Wand klatschen könnte.

Ein Letztes noch: Manchmal versuche ich, ihm etwas zu erklären (warum etwas nicht okay war oder was wir später machen, damit er sich drauf einstellen kann etc.). Dann kommt es vor, dass er überhaupt nicht zuhört. Abgesehen davon, dass ich irgendwo gelesen habe, dass Dreijährige rein physiologisch etwas schlechter hören - was kann ich in so einer Situation tun? Mir ist es wichtig, irgendein Signal zu bekommen, dass er mich verstanden hat. Ich neige dann dazu, alles fünfmal zu wiederholen, aber das ist ja auch nicht gut. Wenn ich aber dann einfach den Mund halte und weggehe, kann ich nicht sicher sein, dass er mir tatsächlich zugehört hat und die Botschaft angekommen ist. Oder doch?

Liebe Grüße

Yvonne

PS: Gestern z. B. gab es keine einzige blöde Situation - da war er einfach nur klasse.
Yvonne1971
 
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Beitragvon Kathrin Buholzer » 22.06.2008, 22:32

Hallo Kathrin,

Danke schön für die Möglichkeit, sich hier Rat zu holen. Allein durch das Aufschreiben und Erklären wird schon manches klarr für mich. Zuder einen Situation wollte ich noch kurz was erklären:


>>Anderes Beispiel: Er wollte nach draußen zum Spielen, wofür ich ihn kurz umziehen musste. Eigentlich wollte ich grade seinen kleinen Bruder (9 Monate) füttern, aber ich dachte, das geht ja schnell. Mittendrin auf einmal die Erkenntnis, er möchte doch nicht umgezogen werden. Inzwischen hatte der Kleine angefangen, sich zu beschweren. Ich meinte, dann könne Richard (der Große) gerne so bleiben, aber halt nicht raus. Als er die Meinung wieder änderte, sagte ich, okay, ich ziehe dich um, aber jetzt muss ich mich erst um den Kleinen kümmern.

Lass ihn doch einfach sich selber anziehen. Wenn er raus will, dann sag ihm, dass es ok ist und dass er sich anziehen soll. Du kannst in dieser Zeit den Kleinen füttern. Wenn er's sich dann anders überlegt, ist es auch wieder nicht dein Problem. Wenn er es noch nicht ganz selber schafft, dann gib ihm Hilfestellung aber mach es nicht für ihn. Überleg dir auch einmal, was er denn alles schon selber kann. Oft ist es so, dass wir Eltern aus Bequemlichkeit, weil es einfach schneller geht, weil wir kein Geschrei möchten, den Kindern viel zu viel abnehmen. Die Kinder können oft viel mehr, als wir eigentlich meinen. Versuch ihm nicht alles abzunehmen, es gibt ein gutes Motto: Hilf mir, es selbst zu tun. Wenn er etwas nicht schafft, dann tu es nicht einfach für ihn. Sag z.B "Was musst du als erstes tun, wenn du deine Jacke anziehen willst? Genau, du musst zuerst hier in den Ärmel schlüpfen und dann?" Versuch die Aufgabe in kleine Schritte aufzuteilen und ihn immer danach zu fragen, was als nächstes kommt. Lobe und ermutige ihn, wenn er es schafft. Wenn es nicht klappt, dann gib ihm nur soviel Hilfe wie nötig und lass es ihn dann selber versuchen. <<

Er hat noch Schwierigkeiten, T-Shirt oder Hose alleine anzuziehen. In der Regel versucht er es, bleibt dann stecken und fragt, ob ich ihm helfen kann.

Wenn er es noch nicht selber kann, dann gib ihm einfach Hilfestellungen. du kannst ihn z.B auch fragen: "Was musst du als erstes tun, wenn du das T-Shirt anziehen willst? Genau, du musst es richtig hinlegen. Mach das grad einmal. Und dann?"Ich würde ihm nicht einfach nur helfen, sondern ihm zeigen, WIE er es selber schaffen kann. Lobe und ermutige ihn wenn es klappt.

In dieser Situation hatte er auch angefangen, sich anzuziehen, aber er merkte, dass er nicht weiterkam. Aber er hatte halt keine Lust, zu warten, bis ich fertig war. Was ich eben doof fand, war, dass ich ihm ganz normal gesagt hatte, dass ich ihm, wenn er es jetzt wieder anders haben will, eben erst mal nicht mehr helfen kann, weil ich mich um den Kleinen kümmern muss. Da war dann das Geschrei groß.

Das ist an und für sich nichts Aussergewöhnliches. Versuch in einer solchen Situation einfach ruhig und standhaft zu bleiben. Lass dich nicht stressen, sondern sag ihm, was du jetzt tun wirst und was du von ihm erwartest. Wenn er weiter schreit, dann ignoriere ihn. Sag ihm, dass du ihm dann hilfst, wenn du fertig bist und wenn er sich dann wieder beruhigt hat.


>>Oh je, jetzt habe ich dir so richtig lang mein Herz ausgeschüttet Also, konkret: In einer Situation, in der ich merke, dass er wirklich unglücklich ist - wie kann ich etwas zurücknehmen, ohne dass er mich nicht mehr ernst nimmt?

Was meinst du mit zurücknehmen? Eine Anweisung die du bereits gegeben hast? Diese solltest du eigentlich nicht zurücknehmen, vor allem nicht, wenn er dann jammert oder weint. Er wird so lernen, dass er eine Anweisung von dir mit jammern und weinen umgehen oder sogar umstossen kann.
Versuch auch immer vorher kurz zu überlegen, ob diese Anweisung Sinn macht. Wenn du das Gefühl hast sie sei wichtig, dann gib diese Anweisung (so wie ich es dir im letzten Posting erklärt habe).
Ich denke auch, dass du recht hohe Erwartungen hast an dich und auch an deinen Sohn. Damit machst du dir oft unnötig Stress und Probleme. <<

Ja, ich meinte, wenn ich etwas verlangt habe, das dann anders ausgeht, als ich dachte (er schluchzt, weil er wirklich unglücklich ist, nicht aus Trotz). Ob es dann okay ist, zu sagen: "Hey, ich wusste nicht, dass das so wichtig für dich ist. Dann machen wir es halt anders." Oder ob er mich dann eben nicht mehr ernst nimmt.

Damit würde ich sehr aufpassen. Es kommt zwar manchmal vor, dass man merkt, dass vielleicht auch die Anweisung nicht unbedingt Sinn macht, oder dass man es vielleicht auch anders machen könnte. Trotzdem musst du hier aufpassen, damit er nicht das Gefühl bekommt: "Aha, wenn ich schluchze, laut schreie oder weine, dann kommt die Mama und es läuft dann so wie ich will." Wenn du mal das Gefühl hast, dass es jetzt andersrum auch ginge, oder wenn du findest, deine Anweisung sei jetzt eigentlich gar nicht sooo wichtig, dann kannst du diese schon mal auch rückgängig machen. Ich würde ihm einfach sagen: "Was ist dein Problem? Was hast du tun wollen? Wie hättest du es machen wollen? Ok, du hast Recht, das könnte man gut auch so machen, aber ich möchte, dass du mir das ruhig und ohne zu schreien mitteilst. ich möchte, dass du mir das in ganz normalem Ton sagen kannst." Versuch deine Anweisung erst zurückzunehmen oder zu ändern, wenn er dir das in angemessener Weise mitteilt. Wenn du das immer nur machst, wenn er schreit oder weint, dann setzt das ein falsches Signal. Wenn das oft vorkommt, dann musst du dir auch einmal überlegen, ob du vielleicht einfach zu viele und unnötige Anweisungen gibst. Eigentlich solltest du deine Anweisungen ja nicht korrigieren müssen. D.h Anweisungen nur geben, wenn sie Sinn machen und einfach so aus lauter Gewohnheit. Die Kinder nicht zutexten!

Das mit den hohen Erwartungen stimmt Eigentlich ist er eben wirklich ein lieber Kerl, sagt Bitte und Danke, hilft gerne etc. Nur manchmal hat er eben seine Phasen, in denen man ihn an die Wand klatschen könnte.

Hey, das ist aber normal. Das geht wohl allen Eltern so! Lobe und ermutige ihn immer wieder, sag ihm, WAS genau dir an seinem Verhalten gefallen hat/gefällt. Das ist eben vielleicht gerade deine hohe Erwartung. Es ist lobenswert, wenn du eine gute Mutter sein willst. Wenn du aber Perfektion von dir und deinem Kind erwartest, bringt dir das nur Stress und Ärger.

Ein Letztes noch: Manchmal versuche ich, ihm etwas zu erklären (warum etwas nicht okay war oder was wir später machen, damit er sich drauf einstellen kann etc.). Dann kommt es vor, dass er überhaupt nicht zuhört. Abgesehen davon, dass ich irgendwo gelesen habe, dass Dreijährige rein physiologisch etwas schlechter hören - was kann ich in so einer Situation tun? Mir ist es wichtig, irgendein Signal zu
bekommen, dass er mich verstanden hat.

Wichtig ist, dass du nahe zu ihm hingehst. Du kannst ihm auch die Hand auf die Schulter legen oder seine Hand berühren. Sprich ihn mit Namen an, versuche ruhig und bestimmt zu sein und überleg dir vorher genau, was du sagen möchtest. Achte darauf, dass du mit ihm auf Augenhöhe bist, also nicht von oben nach unten mit ihm sprechen. Du kannst ihm auch immer zwischendurch wieder eine Frage stellen. z.B "Ich räume jetzt die Küche auf und du kannst noch einen Moment etwas für dich spielen. Dann komme ich dich holen und dann möchte ich, dass du die Schuhe anziehst und dann gehen wir einkaufen. Weisst du schon, was du in der Zeit spielen möchtest? Oder: Komm wir schauen schnell welche Schuhe du dann anziehen musst. Du kannst mit solchen Zwischenfragen ihn nicht nur miteinbeziehen sondern auch rausfinden, ob er es verstanden hat. Doch meistens ist es ja schon so, dass die Kinder mehr verstehen als wir meinen. :-) Also mach dir da nicht zu viele Gedanken

Ich neige dann dazu, alles fünfmal zu wiederholen, aber das ist ja auch nicht gut. Wenn ich aber dann einfach den Mund halte und weggehe, kann ich nicht sicher sein, dass er mir tatsächlich zugehört hat und die Botschaft angekommen ist. Oder doch?

Doch, doch die Botschaft ist in den meisten Fällen sicher angekommen. Kinder können oft auch ganz gut so dreinschauen, oder eben gar nicht schauen, dass wir dann oft das Gefühl haben, es sei nicht angekommen.

Liebe Grüße

Yvonne

PS: Gestern z. B. gab es keine einzige blöde Situation - da war er einfach nur klasse.

Das ist toll, immer schön loben und ermutigen!
:-)

liebe Grüsse
Kathrin
Kathrin Buholzer
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Beitragvon Yvonne1971 » 23.06.2008, 10:44

Hallo Kathrin,

deine Tipps haben mir schon weitergeholfen. Vielen Dank :D Ich werde jetzt mal versuchen, das so gut wie möglich zu internalisieren; dann wird es hoffentlich besser klappen. Was ich vor allem an deinen Antworten zu schätzen wusste: Durch die Gegenfragen hast du mich zum Nachdenken gebracht über Dinge, die ich vielleicht sonst nicht hinterfragt hätte. Ich hatte zuvor übrigens auch bei einem großen Forum aus Deutschland reingesehen, aber da dort die Reaktion auf ähnliche Fragen war "Mein Gott, wie kann man nur sein Kind anschreien? Würde ich NIE machen", hatte ich Bedenken, dort zu posten.

Mit einem grade mäßig beleidigten Kind im Hintergrund und guten Vorsätzen für die Zukunft

Yvonne
Yvonne1971
 
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