Trotzen, nicht hören, grob sein...

Hier gibts Antworten auf die wichtigsten Erziehungsfragen

Moderator: Kathrin Buholzer

Trotzen, nicht hören, grob sein...

Beitragvon Simea88 » 14.05.2014, 21:55

Hallo Kathrin

Wir haben ein paar ganzheitliche Probleme mit unserer Tochter 2.5 Jährig.

Schon seit je her ist sie grob zu anderen Kindern. Sie schubst, wirft um, umarmt und reisst dabei das andere Kind zu Boden. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Kind jünger oder älter ist. Die kleinen Kinder können sich nicht wehren, und die Grossen sind oftmals so überrumpelt dass sie auch erschrecken. Das schwierige dabei ist, dass die Kinder miteinander spielen können und plötzlich und blitzschnell ändert die Situation und wie im Affekt wird das andere Kind umgeworfen. Sie möchte die anderen oft an der Hand nehmen, oder das Spielen was sie im Sinne hat. Wenn ein anderes Kind nicht möchte, wird sie sauer und lässt so ihr Unverständnis am anderen Kind aus. Oftmals meint sie es jedoch gut und lieb und möchte ein Kind aus Zuneigung umarmen und merkt nicht wieviel "Gewalt" sie hat und wirft es dabei um. Sie hat sehr viel Kraft welche sie selbst nicht einschätzen kann. Alles erklären etc. hat bis jetzt nichts gebracht...

Sind wir beim nächsten: Dem Trotzen. Sie akzeptiert kein NEIN, kein NICHT^, keine Absage. Wir können die Negative Antwort noch so schön einpacken, sobald es nicht nach ihrem Kopf geht, fängt sie an zu trotzen. (Sie schreit, tobt, weint... solange bis sie kaum noch Luft bekommt...) Dein Video dazu habe ich mir schon länger angesehen und auch zu Herzen genommen und einiges davon profitiert. Wir informieren genug früh was passiert, bieten Alternativen, lenken ab, lassen Sie selbst machen und bieten unsere Hilfe an, stellen keine Fragen sondern Anweisungen. (Mein Mann kann den Satz "du hast sie gerade "gefragt" schon nicht mehr hören... wir mussten uns oft an der Nase nehmen!) Was machen? Und wie reagiert man richtig? Ich will konsequent sein und kann nicht jedes Nein zu einem Ja umkehren. (Bsp. "Ich möchte jetzt baden gehen".)
Heute hat Sie so geschrien, geweint, getobt, dass ich sie 5 Minuten im Zimmer gelassen habe. Sie steigert sich jeweils erst recht in eine Sache rein und ignorieren bringt in diesem Fall nichts.
Wenn ich eine Bitte habe, eine klare Ansage mache, stellt sie immer zuerst eine Gegenforderung. (Nein Mami, bring mir zuerst den Nuggi etc..) Es läuft auch hier darauf aus, dass sie mich dirigiert und nicht umgekehrt. Das möchte ich nicht! Wo soll den das noch hinführen- sie ist ja erst 2.5 :roll: Ich muss mich oft auch sehr zusammennehmen, ein Trotzanfall kann gut und gerne 15-30 Minuten andauern!

Zu guter Letzt haben wir vor 6 Wochen auch noch ein Baby bekommen. Zu der ganzen schwierigen Situation gerade noch ein harter Brocken dazu... Auch hier habe ich dein Video gesehen und einiges daraus genommen. Das wir alle erst den neuen Platz finden müssen ist klar. Wir binden sie ein wo wir können, sie darf viel mithelfen. Zum Bruder ist sie auch oft grob, wobei es nicht immer Eifersucht ist, und oft auch nicht absichtlich passiert. Sie hat ihn gerne, das merkt man. Oft unternimmt mein Mann separat etwas mit ihr, oder auch ich. Sie ist jeweils ganz erstaunt, wenn wir mit ihr alleine etwas machen, was nur sie als Grosse darf.

Ganz allgemein, was sind sinnvolle Konsequenzen, wenn etwas nicht wie abgemacht funktioniert?

So, und natürlich ist sie ein ganz härziges, süsses Wesen im Fragealter, Zuckersüss mit ihren Ideen, sie bringt uns sehr oft zum lachen ;-)
Simea88
 
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Re: Trotzen, nicht hören, grob sein...

Beitragvon Kathrin Buholzer » 21.05.2014, 14:38

Hallo Kathrin

Wir haben ein paar ganzheitliche Probleme mit unserer Tochter 2.5 Jährig.

Schon seit je her ist sie grob zu anderen Kindern. Sie schubst, wirft um, umarmt und reisst dabei das andere Kind zu Boden. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Kind jünger oder älter ist. Die kleinen Kinder können sich nicht wehren, und die Grossen sind oftmals so überrumpelt dass sie auch erschrecken. Das schwierige dabei ist, dass die Kinder miteinander spielen können und plötzlich und blitzschnell ändert die Situation und wie im Affekt wird das andere Kind umgeworfen. Sie möchte die anderen oft an der Hand nehmen, oder das Spielen was sie im Sinne hat. Wenn ein anderes Kind nicht möchte, wird sie sauer und lässt so ihr Unverständnis am anderen Kind aus. Oftmals meint sie es jedoch gut und lieb und möchte ein Kind aus Zuneigung umarmen und merkt nicht wieviel "Gewalt" sie hat und wirft es dabei um. Sie hat sehr viel Kraft welche sie selbst nicht einschätzen kann. Alles erklären etc. hat bis jetzt nichts gebracht...
Also ich kann dich erst einmal beruhigen. Das ist bei vielen Kindern so. In den meisten Fällen passiert das auch nicht aus bösem Willen, sondern einfach aus der Situation heraus. Die Kinder sind in dem Altern auch motorisch auch nicht alle gleich weit, können ihre "Kräfte" auch noch nicht so gut einteilen und es scheint dann, als ob sie das extra machen würden.
Also gib ihr da noch etwas Zeit. Wichtig ist, dass du sie immer mal wieder darauf hinweist. Auch wenn sie grob ist, nicht einfach mit ihr schimpfst, sondern ihr zeigst, WIE sie es dann besser machen könnte und sie es dann auch grad ausprobieren lässt. Wenn sie es versucht, sich Mühe gibt (auch wenn es noch nicht grad 100% klappt, dann gib ihr immer mal wieder positives Feedback)


Sind wir beim nächsten: Dem Trotzen. Sie akzeptiert kein NEIN, kein NICHT^, keine Absage.

Auch das ist in ihrem Alter ganz normal:

Also, keine Panik. Das ist ganz normal, das MUSS sogar so sein.
In der Trotzphase, so ab 2 Jahren (manchmal auch schon etwas früher) erwacht der eigene Wille des Kindes und zeigt sich immer häufiger in Form von Trotzreaktionen und Gehorsamsverweigerungen. Das bedeutet aber nicht, dass sich das Kind in erster Linie gegen seine Eltern wendet, sondern vielmehr, dass das Kind leidet, dass es seine Wünsche nicht selber erfüllen kann.
D.h., es ist in dieser Phase nicht mehr in der Lage die Situation zu überblicken oder zu kontrollieren und gerät darum völlig aus den Fugen.
Eure Tochter versucht immer mehr ihre eigenen Wege zu gehen und stösst dabei natürlich und immer wieder an"natürliche" Grenzen. Und sie merkt auch, dass du nicht alles so machst und sagst, wie sie das gerne möchten.

Auch wenn du viele Dinge schon weisst, so machst, schreibe ich dir trotzdem hier nochmal alles schön im Detail auf. Manchmal hilft es, noch einmal genau hinzuschauen und man entdeckt immer mal wieder ein paar Details, die man noch ändern kann, damit es besser klappt.

(Hier noch ein paar Erläuterungen dazu)
>>Diese ersten Erfahrungen mit dem eigenen Willen und den damit verbundenen aggressiven Gefühlen und Konfliktsituationen bzw. der Umgang damit, werden zu Grunderfahrungen, die das weitere Leben des Kindes er- oder entmutigend prägen werden. Die Kinder erlernen im Idealfall, dass:

... es ist gut, einen eigenen Willen zu entwickeln. Dadurch wird es fähig, eigene Entscheidungen zu treffen und zu erproben, und zu erkennen welche Konsequenzen diese Entscheidungen nach sich ziehen.
... Konfliktsituationen nichts wirklich Bedrohliches sind und zum Leben dazugehören und Lösungen gefunden werden können.
... Konfliktsituationen innere und äußere Spannungen erzeugen. Diese Spannungen sind aber auszuhalten und müssen nicht durch andere Tätigkeiten (z.B. Essen) abreagiert oder sogar verdrängt werden.
... es seine Gefühle äußern und zum Ausdruck bringen kann und seine Eltern halten das aus, bewerten sie nicht, sondern helfen ihm dabei, sie zunehmend in Worte zu fassen und auszudrücken. "Auch wenn ich um mich schlage, schreie und tobe, werde ich von meinen Eltern gemocht."
... bewältigte Konflikte Ereignisse sind, auf die man gemeinsam zurückblicken kann und welche die Beziehung vertiefen.
... es macht Spaß, eigene Erfahrungen zu sammeln, auch wenn manchmal Schmerz und Enttäuschung mit dabei sind. Das Kind verzweifelt nicht, da es von seinen Eltern unterstützt wird, es immer wieder neu zu versuchen. >>

Verhindern kannst du solche Trotzanfälle nicht. Es gibt allerdings ein paar Sachen die du tun kannst, damit es vielleicht nicht gar so häufig vorkommt.
- Lass ihr genügend Freiraum, renn nicht ständig hinter ihr her und versuch nicht, sie mit Anweisungen zu zutexten. Normalerweise geben wir immer viel zu viele Anweisungen. Stell Regeln auf, aber nicht zu viele und sei konsequent, wenn diese nicht beachtet werden. Achte darauf, dass du ihr nicht alles abnimmst und ihm dann deine Hilfe anbietest, wenn er nicht weiterkommt. Ganz nach dem Motto: "Hilf mir, es selbst zu tun."

- Oft ist es auch möglich in gewissen Dingen zu verhandeln. D.h du kannst ihr eine Auswahl geben und sie kann selber entscheiden, was er möchte. ("Soll ich dir die Hand geben, oder willst du alleine raufgehen?" " Möchtest du die blaue oder die grüne Hose anziehen." usw. Einen Kompromiss eingehen, verhandeln, aber nur dort wo es auch wirklich Sinn macht.

- In Situationen in denen sie sich ärgert, nützt es oft auch, wenn du versuchst sie abzulenken. Manchmal merkst du auch schon vorher, dass es bald zu einem Trotzanfall kommt, dann kannst du mit dem Ablenkungsmanöver schon etwas früher anfangen.
Vorausplanen. Sag ihr immer früh genug, was als nächstes passiert, so dass sie sich schon frühzeitig darauf einstellen kann.
Versuche dem Wutanfall möglichst wenig Beachtung zu schenken.

Zum Thema trotzen hab ich schon mal ein Video gemacht. Schau mal hier;
http://elternplanet.ch/2011/05/erziehun ... otzphasen/

Diese beiden Videos kann ich dir ebenfalls empfehlen:
http://elternplanet.ch/2011/05/erziehun ... gehorchen/
http://elternplanet.ch/2011/05/erziehun ... en-teil-2/

Und mehr zu den Erziehungsfallen findest du auch hier:
http://elternplanet.ch/2013/01/erziehun ... weisungen/

Wichtig ist es, dass du immer gut vorausplanst:
Schau mal hier.
http://elternplanet.ch/2011/05/vorauspl ... auberwort/

Überrasche deine Tochter nicht mit deinen Anweisungen und wenn sie mal etwas nicht darf, dann sag nicht einfach nur "nein", sondern biete ihr wenn immer möglich eine Alternative an. Versuch diese dann auch möglichst gut zu "verkaufen".

http://elternplanet.ch/2014/02/das-verkaeufer-gen/

Lass sie die Dinge die sie selbst tun kann auch selber tun. Beobachte sie und wenn du merkst, dass sie Hilfe braucht, dann sei ihr eine Stütze, zieh dich aber dann auch wieder zurück.
Gerade wenn Kinder noch klein sind, funktioniert ablenken auch immer ganz gut. Also sprich von etwas anderem, zeig ihr etwas, lass sie mithelfen, gib ihr etwas zu tun, verwickle sie in ein Gespräch, dann wird sie manchmal vergessen, warum sie eigentlich vorher geschrien hat.
Oft ist auch weniger mehr. Also nicht zu viel reden, texten, sagen. Vorher überlegen: Ist das wirklich wichtig, muss ich das jetzt wirklich sagen und warum?

http://elternplanet.ch/2011/10/weniger-ist-mehr/

Und das hier kannst du auch mal noch anschauen:
http://elternplanet.ch/2013/11/der-schrei/

Wir können die Negative Antwort noch so schön einpacken, sobald es nicht nach ihrem Kopf geht, fängt sie an zu trotzen. (Sie schreit, tobt, weint... solange bis sie kaum noch Luft bekommt...) Dein Video dazu habe ich mir schon länger angesehen und auch zu Herzen genommen und einiges davon profitiert. Wir informieren genug früh was passiert, bieten Alternativen, lenken ab, lassen Sie selbst machen und bieten unsere Hilfe an, stellen keine Fragen sondern Anweisungen. (Mein Mann kann den Satz "du hast sie gerade "gefragt" schon nicht mehr hören... wir mussten uns oft an der Nase nehmen!) Was machen? Und wie reagiert man richtig? Ich will konsequent sein und kann nicht jedes Nein zu einem Ja umkehren. (Bsp. "Ich möchte jetzt baden gehen".)
Heute hat Sie so geschrien, geweint, getobt, dass ich sie 5 Minuten im Zimmer gelassen habe. Sie steigert sich jeweils erst recht in eine Sache rein und ignorieren bringt in diesem Fall nichts.

Meinst du es bringt nix für dich oder für sie? :-)
Manchmal ist ignorieren einfach das Beste, damit man nicht noch mehr Aufmerksamkeit diesem negativen Verhalten schenkt. Wenn du merkst, dass sie nicht runter kommt, dann hilft manchmal ein Ortswechsel:

Schau mal hier:
http://elternplanet.ch/2013/12/wenn-es- ... sel-bitte/

Wenn Anweisungen nicht klappen, dann ist es immer wieder gut sich mal einen Tag zuzuhören. Oft ist es so, dass man einfach immer noch viel zu viele Anweisungen gibt, zu viel redet und redet und redet.


Wenn ich eine Bitte habe, eine klare Ansage mache, stellt sie immer zuerst eine Gegenforderung. (Nein Mami, bring mir zuerst den Nuggi etc..) Es läuft auch hier darauf aus, dass sie mich dirigiert und nicht umgekehrt. Das möchte ich nicht! Wo soll den das noch hinführen- sie ist ja erst 2.5 :roll: Ich muss mich oft auch sehr zusammennehmen, ein Trotzanfall kann gut und gerne 15-30 Minuten andauern!

Na ja, 15-30 Minuten ist völlig normal. :-)
Also keine Sorge. Ruhig durchatmen.
Wichtig ist, dass du sie ganz viele Dinge selber tun lässt. Warum musst du ihr den Nuggi bringen? Den kann sie selber holen. Manchmal merken wir es gar nicht so, dass wir unseren Kindern so viele Dinge immer abnehmen. Weil es grad schneller ist, weil wir grad keine Zeit haben und dann läuft das mit der Zeit wirklich so ein kleines bisschen in ein tyrannisieren heraus.
Achte dich einmal, wie viele Sachen (die sie eigentlich selber könnte) du für sie übernimmst. :-)

http://elternplanet.ch/2014/05/jetzt-la ... er-machen/


Zu guter Letzt haben wir vor 6 Wochen auch noch ein Baby bekommen. Zu der ganzen schwierigen Situation gerade noch ein harter Brocken dazu... Auch hier habe ich dein Video gesehen und einiges daraus genommen. Das wir alle erst den neuen Platz finden müssen ist klar. Wir binden sie ein wo wir können, sie darf viel mithelfen. Zum Bruder ist sie auch oft grob, wobei es nicht immer Eifersucht ist, und oft auch nicht absichtlich passiert. Sie hat ihn gerne, das merkt man. Oft unternimmt mein Mann separat etwas mit ihr, oder auch ich. Sie ist jeweils ganz erstaunt, wenn wir mit ihr alleine etwas machen, was nur sie als Grosse darf.

Ganz allgemein, was sind sinnvolle Konsequenzen, wenn etwas nicht wie abgemacht funktioniert?

Wichtig ist, dass ihr Abmachungen definiert habt, schau mal hier:

http://elternplanet.ch/2014/03/immer-di ... kussionen/
Die Konsequenzen sollten einfach wenn immer möglich logisch sein:

http://elternplanet.ch/2011/06/logische-konsequenzen/

Schau auch, dass du den Fokus nicht zu sehr aufs Negative legst. Versuch ihr vor allem dann Aufmerksamkeit zu schenken, wenn es gut läuft.

Und ab und zu den Brief an die Eltern wieder durchlesen :-)

http://elternplanet.ch/2014/01/brief-an-die-eltern/

Schau mal was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder. Mit Fragen, Feedback oder mehr Beispielen, ok?
liebe Grüsse
Kathrin


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