Geschwisterstreit

Hier gibts Antworten auf die wichtigsten Erziehungsfragen

Moderator: Kathrin Buholzer

Geschwisterstreit

Beitragvon mary » 05.12.2013, 23:07

Liebe Kathrin

Ich habe mich schon einmal Anfang Jahr bei dir gemeldet, weil mein älterer Sohn (7) unglaublich gern föpplet, und ich damit riesige Mühe habe. Im Moment sind wir am Anschlag. Die Buben (7 und 3) streiten wahnsinnig viel. Wenn sie auch mal schön zusammen spielen würden, wäre das vielleicht nicht so schlimm für uns. Aber ausser wilde Sachen wie raufen und Kissenschlacht :P klappt es leider wirklich nicht mit dem gemeinsamen Spiel. Vielleicht ist der Altersabstand zu gross, vielleicht sind sie einfach zu ähnliche Charaktere (beide etwas stur und dominant). In ganz seltenen Momenten klappt es und sie spielen auch kurz schön zusammen, und ich weine dann fast vor Rührung :P

Beispiele ihrer Streitereien:

- Wer die Katze streicheln oder halten darf.
- Einander Sachen wegnehmen, nicht geben, nicht teilen
- Fiese Sachen sagen, wie „ich habe eine schönere Zeichnung gemacht als du“, etc.

Gröberes:
- Der Grössere sperrt die Türe zu, so dass der Kleine nicht aus dem Zimmer kommt und Angst hat
- Gröberes, wie den Kleinen einfach so mal kneifen oder hauen (habe noch keine gescheite Konsequenz gefunden, eine Zeit lang war das TV-Verbot, was wir auch durchgezogen haben, das hat aber auch nicht viel genutzt und soll man ja auch nicht machen, jetzt einfach zurechtweisen, den Grossen wegschicken.)

Ich habe beide deine Videos zu Streit zwischen Geschwistern und Eifersucht (der Grosse ist sehr eifersüchtig) geschaut. Ich versuche, sie auch Konflikte selbst austragen zu lassen, aber ich schaffe es nicht. Weil der Kleine mit seinen drei Jahren halt schnell drunter kommt, es wahnsinnig laut wird und ich in letzter Zeit keine Nerven habe und grad ausflippe. Wenn ich denke, dass uns noch zehn solcher Jahre voller Streitereien bevorstehen, dann könnte ich nur heulen. Nur mit einem Kinde oder wenn noch andere Kinder da sind, geht es oft gut. Deshalb machen mein Mann und ich auch öfters getrennt Sachen mit den beiden. Im Sommer sind sie auch viel draussen und mit anderen Kindern unterwegs. Dann ist es einfacher.

Auch haben wir lange am Abend mit dem Grösseren noch etwas alleine gemacht, jetzt lässt das der Kleinere nicht mehr zu, weil er nicht mehr so müde ist und auch gleich lang wie der Grosse wach bleiben möchte.

Im Moment bin ich total in der Negativ-Spirale drin, ich sehe wenig positives und der Grosse fühlt sich abgelehnt von mir. Manchmal ist es leider auch so, dass ich sie trennen muss, und dann halt mit dem Kleinen etwas mache, oder er mir bei der Wäsche hilft oder so. Unsere Familie hat im Moment keine Balance, ich habe das Gefühl, der Grosse fühlt sich ausgeschlossen und das zerreisst mir manchmal fast das Herz und ich vermisse ihn, aber nicht den Buben, der föpplet und stichelt und manchmal ein so fieses Verhalten zeigt.

Meine Batterien sind auch leer im Moment, ich arbeite 60 Prozent und das tut mir gut. Leider freue ich mich gar nicht mehr so auf die gemeinsamen Tage mit den Kids. Ich nehme mir Auszeiten, wie mit meinem Mann essen gehen und Freundinnen treffen. Das ist sicher auch gut.

Ich habe im Moment das Gefühl, ich versage als Mutter und manchmal denke ich Dinge wie; wenn der Grössere ruhiger und lieber wäre, der Kleinere es auf jeden Fall auch wäre.

Wie kann man die Beziehung zwischen Geschwistern verbessern? Wie kann ich wieder ein normales Verhältnis zu meinem älteren Sohn finden? Wie kann ich wieder mehr die positiven Seiten sehen?

Ich denke auch an eine Therapie oder Erziehungsberatung für mich, die Situation wird immer verfahrener.

Zudem bin ich neidisch auf Familien, in denen die Geschwister mehrheitlich nett oder normal zueinander sind (solche kennen wir, ja!) und würde hoffen, dass es bei uns nur ein bisschen besser wird.

Ganz liebe Grüsse

Mary
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Re: Geschwisterstreit

Beitragvon Kathrin Buholzer » 09.12.2013, 16:01

Liebe Kathrin

Ich habe mich schon einmal Anfang Jahr bei dir gemeldet, weil mein älterer Sohn (7) unglaublich gern föpplet, und ich damit riesige Mühe habe. Im Moment sind wir am Anschlag. Die Buben (7 und 3) streiten wahnsinnig viel. Wenn sie auch mal schön zusammen spielen würden, wäre das vielleicht nicht so schlimm für uns. Aber ausser wilde Sachen wie raufen und Kissenschlacht :P klappt es leider wirklich nicht mit dem gemeinsamen Spiel. Vielleicht ist der Altersabstand zu gross, vielleicht sind sie einfach zu ähnliche Charaktere (beide etwas stur und dominant). In ganz seltenen Momenten klappt es und sie spielen auch kurz schön zusammen, und ich weine dann fast vor Rührung :P

Ich kann dich gut verstehen und es ist wirklich manchmal zum Verzweifeln. Ein 7-jähriger hat ganz viele andere Interessen als ein 3-jähriger, da geb ich dir Recht. Es ist deshalb sehr wichtig, dass er genügend Rückzugsmöglichkeiten hat. Also dass er einen Ort hat, wo er sich zurück ziehen und ohne seinen Bruder sein darf. Am besten soll er auch noch ein Schild an die Türe machen, damit der Bruder weiss, ob er rein kommen oder draussen bleiben soll. Schau mal hier.
http://elternplanet.ch/sgubi-die-legende/tuerschilder/


Beispiele ihrer Streitereien:

- Wer die Katze streicheln oder halten darf.
- Einander Sachen wegnehmen, nicht geben, nicht teilen
- Fiese Sachen sagen, wie „ich habe eine schönere Zeichnung gemacht als du“, etc.

Bei allgemeinen Streitereien, also: "Wer hat das grössere Stück Kuchen, wer darf zuerst irgend etwas tun, wer darf neben Mama sitzen... usw. kann ich dir den "Wunschtag" sehr empfehlen. Schau dir mal das Video dazu an:
http://elternplanet.ch/2010/11/der-wunschtag/

Dann würde ich einmal mit ihnen zusammen sitzen und ihnen mal sagen, was dich stört und traurig macht. Versuch sie da ein bisschen miteinzubeziehen. "Wie wollen wir das machen, damit das in Zukunft etwas besser läuft? Was braucht es, damit sich alle wohl fühlen, wir es schön haben zusammen? Lass sie da auch Ideen einbringen und Lösungen vorschlagen.
Ihr könnt auch zusammen ein paar Regeln und Abmachungen treffen? Was tun, wenn der andere mich ärgert? Wie kann ich STOP sagen, damit es nützt? Welche Konsequenz gibt es, wenn jemand den andern einfach mal so haut oder kneift.
Hier kannst du dir z.B mal das Auszeit Video anschauen:
http://elternplanet.ch/2012/01/wie-funk ... e-auszeit/
Schreibt eure Abmachungen dann mal auf ein Blatt auf. Formuliert positiv und hängt es dann auf. Ihr könnt es auch noch verzieren, mit Bildern oder Fotos.


Gröberes:
- Der Grössere sperrt die Türe zu, so dass der Kleine nicht aus dem Zimmer kommt und Angst hat
- Gröberes, wie den Kleinen einfach so mal kneifen oder hauen (habe noch keine gescheite Konsequenz gefunden, eine Zeit lang war das TV-Verbot, was wir auch durchgezogen haben, das hat aber auch nicht viel genutzt und soll man ja auch nicht machen, jetzt einfach zurechtweisen, den Grossen wegschicken.)

Wie gesagt, hier könntest du dir mal überlegen, ob nicht eine Auszeit ein kurzes Time Out nützlich sein könnte. Eine kurze, räumliche Trennung, um wieder zur Ruhe zu kommen. Nicht nur für die Kinder sondern auch für dich.

Ich habe beide deine Videos zu Streit zwischen Geschwistern und Eifersucht (der Grosse ist sehr eifersüchtig) geschaut. Ich versuche, sie auch Konflikte selbst austragen zu lassen, aber ich schaffe es nicht.

Ich habe noch ein neues Video zu "Geschwisterstreit" gemacht. Schau dir das auch noch mal an:
http://elternplanet.ch/2013/06/erziehun ... er-bruder/
Es geht nicht unbedingt darum, dass sie die Konflikte immer selber austragen müssen. Es geht eher darum, dass wenn du in die Situation rein gehst, dass du das nicht immer als "Polizist" machst, sondern eher als Vermittler. Ich habe das im Video ausführlich erklärt.


Weil der Kleine mit seinen drei Jahren halt schnell drunter kommt, es wahnsinnig laut wird und ich in letzter Zeit keine Nerven habe und grad ausflippe.

Und deshalb ist es ganz wichtig, dass du für dich wieder ein bisschen zur Ruhe kommst, dass du auch auf deine Bedürfnisse achtest. Oftmal hat es gar nicht unbedingt nur mit dem Verhalten der Kinder zu tun, das ist nämlich gar nicht mal sooo aussergewöhnlich. :-) Sondern viel mehr mit unseren Bedürfnissen. Damit wir ruhig und gelassen sein können, brauchen wir ab und zu eine Pause, wir müssen auch Dinge für uns tun. Ich weiss nicht, ob du darauf achtest, aber oftmals vergessen wir das im Alltag immer wieder. Schau, dass du mal wieder etwas für dich machen kannst, oder mal zusammen mit deinem Mann. Geht mal wieder zusammen weg, geh shoppen mit einer Freundin oder Kaffee trinken, macht den Kids am Abend was zu essen, bringt sie ins Bett und kocht dann zusammen in Ruhe mal wieder etwas... usw. Das ist ganz wichtig und bringt für den Erziehungsalltag wirklich ganz, ganz viel.
Was manchmal auch helfen kann, wenn ihr mal nur 1 Kind zum Götti oder zum Grosi schickt zum Übernachten. Dann einfach mal wieder die Zeit nur mit einem Kind geniessen.


Wenn ich denke, dass uns noch zehn solcher Jahre voller Streitereien bevorstehen, dann könnte ich nur heulen. Nur mit einem Kinde oder wenn noch andere Kinder da sind, geht es oft gut. Deshalb machen mein Mann und ich auch öfters getrennt Sachen mit den beiden. Im Sommer sind sie auch viel draussen und mit anderen Kindern unterwegs. Dann ist es einfacher.

Versuch den Fokus auch wieder ein bisschen mehr auf das Positive zu setzen. Manchmal, wenn man so ein bisschen in der Negativspirale drin ist, vergisst man das ein bisschen. Lobe und ermutige sie. Gib ihnen immer dann ein Feedback, wenn etwas gut geklappt hat und sag ihnen GENAU, was dir gefallen hat. Warte nicht zu lange, bis sie schon wieder streiten.
http://elternplanet.ch/2011/05/loben-und-ermutigen/


Auch haben wir lange am Abend mit dem Grösseren noch etwas alleine gemacht, jetzt lässt das der Kleinere nicht mehr zu, weil er nicht mehr so müde ist und auch gleich lang wie der Grosse wach bleiben möchte.

Da würde ich unbedingt schauen, dass ihr den Kleinen etwas früher ins Bett bringt. Er ist ja schliesslich 4 Jahre (!) jünger als der grössere. Das ist ganz wichtig, dass er immer wieder merkt, dass er der grössere Bruder ist, dass er ein paar Dinge mehr kann oder darf, als der Kleinere.
Nimm dir da am Abend besonders Zeit für ihn, mach noch etwas mit ihm, lies ihm eine Geschichte vor, sitz noch ein bisschen an sein Bett, diskutiert und sprecht über den Tag.

Auch ein Briefkasten kann z.b so etwas sein, dass man fürs "Positive Miteinander" benutzen kann. Schau mal hier:
http://elternplanet.ch/2013/01/erziehun ... iefkasten/


Im Moment bin ich total in der Negativ-Spirale drin, ich sehe wenig positives und der Grosse fühlt sich abgelehnt von mir. Manchmal ist es leider auch so, dass ich sie trennen muss, und dann halt mit dem Kleinen etwas mache, oder er mir bei der Wäsche hilft oder so. Unsere Familie hat im Moment keine Balance, ich habe das Gefühl, der Grosse fühlt sich ausgeschlossen und das zerreisst mir manchmal fast das Herz und ich vermisse ihn, aber nicht den Buben, der föpplet und stichelt und manchmal ein so fieses Verhalten zeigt.

Weisst du, das ist genau das Problem. Er merkt das, fühlt sich etwas zurückgesetzt, vielleicht auch ungerecht behandelt und sucht dann nach Aufmerksamkeit, auch wenn es negative ist. Kinder können sich manchmal angewöhnen, sich "schlecht" zu benehmen, wenn wir sie nicht genügend beachten, wenn sie sich "gut" verhalten.
Da musst du einhaken. Du musst versuchen, das wieder ins Positive zu lenken. Man muss als Eltern auch aufpassen, dass man sich nicht auf die gleiche "kindliche" Ebene begibt, töibelet, gemeine Sachen sagt oder gar nix sagt, einfach weil man beleidigt ist... :-)
Weisst du, ich kann dich sehr gut verstehen, kann dir aber auch sagen, dass das nichts Aussergewöhnliches ist. Das passiert in vielen Familien, auch bei uns. Wichtig ist, dass man es erkennt (und das hast du) und sich überlegt, wie man das wieder in die richtige Bahn lenken kann.
Manchmal muss man auch seine "Erwartungen" etwas überdenken und sich auch mal fragen: Wie oft am Tag kommt das denn tatsächlich vor? Notiere dir das doch einfach mal und dann schau, ob es vielleicht nicht weniger oft passiert, als du das Gefühl hast...


Meine Batterien sind auch leer im Moment, ich arbeite 60 Prozent und das tut mir gut. Leider freue ich mich gar nicht mehr so auf die gemeinsamen Tage mit den Kids. Ich nehme mir Auszeiten, wie mit meinem Mann essen gehen und Freundinnen treffen. Das ist sicher auch gut.

Das ist das was ich meine. Manchmal können Kinder auch nicht immer 100%-ig etwas dafür. Weil wir eben müde, gestresst, ausgelaugt sind, sind wir weniger belastbar, können es weniger mit Humor und Fantasie nehmen und sind auch oft ungerecht.

Ich habe im Moment das Gefühl, ich versage als Mutter und manchmal denke ich Dinge wie; wenn der Grössere ruhiger und lieber wäre, der Kleinere es auf jeden Fall auch wäre.

Wie kann man die Beziehung zwischen Geschwistern verbessern? Wie kann ich wieder ein normales Verhältnis zu meinem älteren Sohn finden? Wie kann ich wieder mehr die positiven Seiten sehen?

In dem du dich wieder mehr auf diese positiven Seiten achtest. Du kannst dir auch ein paar Post It Zetteln in der Wohnung als Reminder aufhängen. z.B mit einem Smiley, der dich daran erinnert, mehr auf das Gute zu achten und dann ein Feedback zu geben.
Ich kann dir auch noch Empfehlen, das hier mal zu lesen und anzuschauen:

Alle Artikel zu den "Erziehungsfallen". Hier mal Teil 1:

http://elternplanet.ch/2013/01/erziehun ... weisungen/

http://elternplanet.ch/2013/09/ueberleb ... ngsalltag/

http://elternplanet.ch/2013/10/liebe-ma ... sen-reden/

http://elternplanet.ch/2012/06/was-mach ... igentlich/

http://elternplanet.ch/2011/10/weniger-ist-mehr/

Schau mal, was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder, ok?
Liebe Grüsse
Kathrin


Ich denke auch an eine Therapie oder Erziehungsberatung für mich, die Situation wird immer verfahrener.
Falls du aus der Nähe von Münsingen bist, kommst du mal zu mir in einen Kurs. :-)

Zudem bin ich neidisch auf Familien, in denen die Geschwister mehrheitlich nett oder normal zueinander sind (solche kennen wir, ja!) und würde hoffen, dass es bei uns nur ein bisschen besser wird.

Hmm. Das meint man immer. ABER: Man sieht ja die Familien nicht 24 Stunden und würde sich manchmal wundern, wie es bei denen zu Hause zu und her geht. Oftmals nicht anders, als bei sich selber... :-)

Ganz liebe Grüsse

Mary
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Re: Geschwisterstreit

Beitragvon mary » 11.12.2013, 22:49

Liebe Kathrin

Du bist ein Schatz. Ich danke dir ganz herzlich für deine Antwort. Ich finde das so toll, dass du dir die Zeit und Mühe nimmst so detailliert zu antworten! 1000 Dank! Die Situation hat sich wieder etwas beruhigt und ich sehe alles positiver. Die Buben sind ja auch wirklich herzig und machen auch vieles ganz gut, aber manchmal wenn sie so wild sind, habe ich einfach Mühe. Wahrscheinlich weil mir das als Frau einfach fremd ist. Deinen Tipp mit dem Schild an der Türe haben wir schon umgesetzt. Und auch sonst werde ich mir deine Tipps zu Herzen nehmen. Leider wohne ich nicht in der Nähe von Münsingen, sonst würde ich grad zu dir in einen Kurs kommen :P

Ich schick dir ganz liebe Grüsse

Mary
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