Verzweifelt und müde

Hier gibts Antworten auf die wichtigsten Erziehungsfragen

Moderator: Kathrin Buholzer

Verzweifelt und müde

Beitragvon Angeli3 » 12.09.2012, 08:20

Hallo Katrin
Ich weiss gar nicht wo ich anfangen soll... Ich habe einen bald 3-jährigen Sohn. Er ist ein sehr aktiver, fordernder Junge. Ich arbeite zwei Tage die Woche.
Was mir seit seiner Geburt zu schaffen macht ist sein Schlaf. Er war immer ein schlechter Schläfer, d.h. er brauchte viel meine Nähe, hat nie am Stück mehr wie 3 Nächte durchgeschlafen bis jetzt. Es gab Zeiten, da konnte er alleine einschlafen, aber wachte trotzdem jede Nacht auf und wollte zu uns ins Bett. Momentan ist es so, dass er nicht alleine einschlafen will, d.h. ich bin immer im Zimmer bis er eingeschlafen ist. In der Nacht wacht er dann auf und kommt zu uns ins Elternbett rüber. Ich weiss echt nicht, wie ich ihm das abgewöhnen soll. Wenn ich möchte dass er alleine einschläft, dann kommt er aus seinem Zimmer und will dann direkt in unserem Schlafzimmer einschlafen...
Den Mittagsschlaf macht er seit Monaten nicht mehr. Doch müde wäre er allemal. Wenn wir am Nachmittag mit dem Auto weggehen, dann ist er oft beim Nachhauseweg (um 17.00 Uhr) eingeschlafen und ich musste ihn dann zu Hause wecken... Bei der Tagesmutter macht er jetzt noch Mittagsschlaf... Ich habe hier einfach das Gefühl, versagt zu haben. Ich habe immer geschaut dass er einen Rhythmus hat.
Dazu kommt, dass er einfach nie gehorcht. Vor allem beim Essen macht mich das fast wahnsinnig. Beim Mittagessen ist es am schlimmsten. Da will er schon gar nicht an den Tisch. Er sagt er hat kein Hunger zuerst. Dann kommt er, schaut das Essen an und sagt, er habe dies und jenes nicht gern. Dann kann es vorkommen, dass er gar nichts isst. Später dann hat er natürlich Hunger und möchte etwas essen. Ich habe ihm dann, als es die ersten paar Male vorkam, eine Frucht zu essen gegeben. Ein Mal hat er sogar nach dem Mittagessen gefragt und ich habe es ihm einfach in der Mikrowelle wieder aufgewärmt. Doch ich finde, dass kann es nicht sein. Er muss doch akzeptieren können, dass am Mittag gegessen wird... Ausserdem will er am Tisch meist nicht mit Gabel und Löffel essen. Es ist immer ein Theater am Tisch, anstatt schön, ist es nur anstrengend und nervenaufreibend. Die Tagesmutter hat mir nie erzählt, dass er bei ihr auch so isst. Aber da ist auch die anderen Kinder da.
Mein Problem ist auch, dass ich nicht ruhig bleiben kann. Ich sehe eh nur noch die negativen Seiten. Ausserdem ging es mir die letzten Monaten auch nicht gut aufgrund einer 2. Fehlgeburt...
Ich wäre froh um ein paar Tipps von Deiner Seite.
Liebe Grüsse
P.S. Sorry, ist ein kleiner Roman geworden...
Angeli3
 
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Re: Verzweifelt und müde

Beitragvon Kathrin Buholzer » 12.09.2012, 16:13

Hallo Katrin
Ich weiss gar nicht wo ich anfangen soll... Ich habe einen bald 3-jährigen Sohn. Er ist ein sehr aktiver, fordernder Junge. Ich arbeite zwei Tage die Woche.
Was mir seit seiner Geburt zu schaffen macht ist sein Schlaf. Er war immer ein schlechter Schläfer, d.h. er brauchte viel meine Nähe, hat nie am Stück mehr wie 3 Nächte durchgeschlafen bis jetzt. Es gab Zeiten, da konnte er alleine einschlafen, aber wachte trotzdem jede Nacht auf und wollte zu uns ins Bett. Momentan ist es so, dass er nicht alleine einschlafen will, d.h. ich bin immer im Zimmer bis er eingeschlafen ist. In der Nacht wacht er dann auf und kommt zu uns ins Elternbett rüber. Ich weiss echt nicht, wie ich ihm das abgewöhnen soll. Wenn ich möchte dass er alleine einschläft, dann kommt er aus seinem Zimmer und will dann direkt in unserem Schlafzimmer einschlafen...

Ich kann dich gut verstehen und Schlafentzug ist ja wirklich auch Folter. Zu erst einmal ist es ganz wichtig, dass du für dich den Entschluss gefasst hast, etwas zu ändern. Wenn du nämlich denkst: "Eh, das ist ja noch härzig und schön und so schlimm ist das doch eigentlich gar nicht," dann wirst du das nicht ändern können. Dann musst du wissen, dass es ein Kampf werden kann. Er hat sich das jetzt über die Jahre so angewöhnt und wird das nicht einfach so aufgeben wollen. Es braucht viel Nerven und Durchsetzungsvermögen. Du musst auch wissen, dass es völlig ok ist, dass du deine Schlafenszeit wieder für dich haben möchtest. Deswegen bist du keine schlechte Mama oder so. Du kannst deinem Kind Liebe und Zuneigung während des Tages und am Abend geben. In der Nacht braucht er aber auch du deine Ruhe.

Wann steht er denn auf? Schau, dass das immer etwa so zur gleichen Zeit ist. Wie du schon schreibst, ein Rhythmus ist wichtig. Also Essens- und Schlafenszeiten einhalten. Schreib mir doch noch ein bisschen genauer auf, wie das bei euch aussieht. Vielleicht auch euren Tagesablauf.
Dann ist auch ein Ritual am Abend ganz wichtig. Wie sieht das bei euch aus? Schreib mir doch mal, wie das nach dem Nachtessen bei euch weitergeht.
Dann kann ich dir empfehlen mal das "Schlafvideo" anzuschauen. Wenn du es schon gesehen hast, dann schau es dir am Besten noch einmal an.
Wie du hier lesen kannst, braucht die Umsetzung wirklich manchmal viel Geduld und auch Durchhaltewillen:

viewtopic.php?f=11&t=1295


Den Mittagsschlaf macht er seit Monaten nicht mehr. Doch müde wäre er allemal.

Warum macht er denn keinen Mittagsschlaf mehr? Wenn er nicht mehr schlafen kann, dann solltest du unbedingt eine Mittagspause einführen. Schau mal hier:
http://elternplanet.ch/2011/10/die-heil ... tagspause/


Wenn wir am Nachmittag mit dem Auto weggehen, dann ist er oft beim Nachhauseweg (um 17.00 Uhr) eingeschlafen und ich musste ihn dann zu Hause wecken... Bei der Tagesmutter macht er jetzt noch Mittagsschlaf... Ich habe hier einfach das Gefühl, versagt zu haben. Ich habe immer geschaut dass er einen Rhythmus hat.

Was denkst du, warum ist das so? Was ist denn bei der Tagesmutter anders?

Dazu kommt, dass er einfach nie gehorcht. Vor allem beim Essen macht mich das fast wahnsinnig. Beim Mittagessen ist es am schlimmsten. Da will er schon gar nicht an den Tisch. Er sagt er hat kein Hunger zuerst. Dann kommt er, schaut das Essen an und sagt, er habe dies und jenes nicht gern. Dann kann es vorkommen, dass er gar nichts isst.

Habt ihr denn Regeln? Gerade fürs Essen kann das hilfreich sein. Schau hier:

http://elternplanet.ch/2011/05/jetzt-sa ... einfuhren/

und hier:

http://elternplanet.ch/2011/03/nein-nei ... ich-nicht/


Später dann hat er natürlich Hunger und möchte etwas essen. Ich habe ihm dann, als es die ersten paar Male vorkam, eine Frucht zu essen gegeben. Ein Mal hat er sogar nach dem Mittagessen gefragt und ich habe es ihm einfach in der Mikrowelle wieder aufgewärmt.

Hmm. Du verstehst wie das läuft oder? Er denkt sich: "Ok, ich brauch ja hier nicht an den Tisch zu sitzen, es gibt ja nachher etwas von Mama... :-) Damit solltest du sofort aufhören. Besprich das in Ruhe mit ihm. Am besten, wenn ihr zusammen die Regeln bespricht. Schau auch, dass ihr am Tisch eine gemütliche Atmosphäre habt. Ein lustiges Tischset, vielleicht auch einen tollen Teller für ihn, ein tolles Glas usw. Darauf achten, dass ihr beide zusammen am Tisch sitzt. Schau auch, dass du während dem Essen mit ihm plauderst, also nicht nur irgend etwas rumnörgeln. Wir Eltern haben nämlich oftmals die Tendenz dazu. :-)
Dann lass ihn mithelfen. Beim zubereiten, kochen, beim einkaufen, beim Tisch decken. Wenn er sich weigert und nix essen will, dann sitzt er halt einfach am Tisch und isst nix. Es gibt dann aber erst wieder etwas bei der nächsten Mahlzeit. Auch wenn er nachher jammert und Hunger hat. Da musst du dann halt konsequent bleiben.


Doch ich finde, dass kann es nicht sein. Er muss doch akzeptieren können, dass am Mittag gegessen wird... Ausserdem will er am Tisch meist nicht mit Gabel und Löffel essen.

Vielleicht könnt ihr euch darauf einigen, dass es Sachen gibt, die er mit der Gabel ist und andere, die er von Hand essen darf. Vielleicht machst du auch mal einen zMittag, wo ihr nur mit den Händen esst.

Es ist immer ein Theater am Tisch, anstatt schön, ist es nur anstrengend und nervenaufreibend. Die Tagesmutter hat mir nie erzählt, dass er bei ihr auch so isst. Aber da ist auch die anderen Kinder da.
Mein Problem ist auch, dass ich nicht ruhig bleiben kann. Ich sehe eh nur noch die negativen Seiten. Ausserdem ging es mir die letzten Monaten auch nicht gut aufgrund einer 2. Fehlgeburt...

Hast du denn ein bisschen Hilfe und Unterstützung von irgendwo her. Es ist ganz wichtig, dass du auch Zeit für dich hast. z.B am Mittag. Oder auch mal an einem Nachmittag. Für dich einkaufen gehen, mit einer Freundin einen Kaffee trinken, schwimmen gehen, ins Fitness. Kann dein Partner dich unterstützen? Eine Freundin, deine Mutter, evt. einmal die Woche eine Babysitterin engagieren? Du kannst in der Erziehung ruhiger und gelassen bleiben, wenn du deine eignen Bedürfnisse nicht zu sehr vernachlässigst. Toll ist es auch, mal wieder mit deinem Partner etwas alleine zu unternehmen. Vielleicht kann dein Sohn mal beim Götti übernachten oder beim Grosi?
Ich kann dich gut verstehen. Manchmal steckt man wirklich so in einer Negativspirale und denkt, alles laufe verkehrt. Das geht mir manchmal auch so. Du darfst gerne mal ein bisschen meine Blogbeiträge lesen... Dort hab ich das schon ein paar Mal geschrieben. :-)
http://elternplanet.ch/category/elternplanet-magazin/
Ganz wichtig ist, dass du dich wieder auf das Positive besinnst. Was kann er denn gut? Was macht ihn aus? Schau, dass du den Fokus auf das Positive lenkst. Gib ihm dann ein Feedback wenn etwas gut läuft, lobe und ermutige ihn und sag ihm genau, WAS dir gefallen hat.
http://elternplanet.ch/2011/05/loben-und-ermutigen/

Ich kann dir auch noch die beiden Videos zum Thema "Erziehungsfallen" empfehlen. Dort findest du ebenfalls ein paar ganz konkrete nützliche Tipps. u.a auch zum Thema "Anweisungen" geben.

http://elternplanet.ch/2011/05/erziehun ... gehorchen/

http://elternplanet.ch/2011/05/erziehun ... en-teil-2/

Dein Sohn ist 3. Ein aktiver, kleiner Kerl, der viel entdecken will. Er braucht Herausforderungen, etwas zu tun. Schau, dass er bei euch zu Hause viele interessante Dinge zu tun hat. Vielleicht gibt es auch die Möglichkeit, dass er z.B in eine Waldspielgruppe, in eine Spielgruppe, in ein Turnen oder so gehen kann.

Mach dich nicht verrückt. Dein Sohn ist da nicht anders als andere Kinder. Ich denke, es braucht ein paar kleine Kursänderungen und dann habt ihr Beide es wieder toll miteinander. Du bist eine ganz tolle Mama und machst dir viele Gedanken um das Wohlbefinden deines Sohnes.
Wichtig ist, dass du sie zur Selbständigkeit erziehst. ch kann dir mal ein paar grundsätzliche Tipps zum Thema Selbstständig werden geben:

Es ist sehr wichtig ist, dass wir als Eltern und Erwachsene Vertrauen in die Fähigkeiten unserer Kinder haben. Wir müssen ihnen etwas zutrauen und ihnen auch Erfahrungsräume öffnen. D.h nicht immer grad alles selber erledigen (auch wenns oft schneller geht und bequemer ist). Wenn das Kind etwas nicht schafft, vielleicht deshalb auch wütend wird, nimm ihm nicht immer die Arbeit ab und präsentier ihm grad die Lösung. Versuch zusammen mit ihm eine Lösung zu finden. Frag ihn, was er tun wollte und was nicht geklappt hat und überlegt euch, wie er das jetzt anpacken könnte. Gib ihm Tipps und Hilfestellungen aber erledige es nicht für ihn.
Die Kinder können oft viel mehr, als wir ihnen zutrauen und oft auch mehr, als wir gedacht haben. Viele Eltern und Erwachsene räumen ihnen Kindern jedes Steinchen aus dem Weg und möchten sie auch vor allem bewahren. Sie sind fast pausenlos beschäftigt, ihre Wünsche zu erfüllen. Trotzdem ist das Kind oft unzufrieden und quengelig. Überleg dir einmal wie du dich fühlen würdest, wenn du ein unselbstständiger Erwachsener wärst.
Genau so muss sich auch ein unselbstständiges Kind fühlen, so nach dem Motto: "ich kann das nicht allein, ich brauche ständig einen Erwachsenen um mich herum, ohne Erwachsene bin ich hilflos, ich kann es eh nicht allein, deshalb versuche ich es erst gar nicht. Die Erwachsenen müssen immer für mich da sein, damit meine Wünsche erfüllt werden. Sie müssen sich pausenlos mit mir beschäftigen, sonst wirds mir Langweilig und ich mache Blödsinn."
Ein unselbstständiges Kind hat auch das Gefühl, dass es Dinge im Alltag gar nicht selber erledigen kann, weil sie ihm ja meistens von einem Erwachsenen abgenommen werden. Häufig unterstützen wir dieses Gefühl mit Aussagen wie: "Dafür bist du noch zu klein, warte ich helf dir, du kannst das noch nicht." Das Kind wird abhängig von den Erwachsenen und es lernt auch nicht Verantwortung zu übernehmen und auch die Konsequenzen für sein Handeln zu tragen. Es wird bequem egoistisch und nützt andere aus. Ausserdem ist ihm oft Langweilig, weil es gar nie richtig gelernt hat sich selber zu beschäftigen. Ein unselbstständiges Kind hat oft wenig Selbstwertgefühl. Es ist oft unsicher, manchmal schüchtern, mutlos aber auf alle volle hat es ganz hohe Ansprüche an uns Eltern und wird zum Tyrannen. Das vor allem auch, weil es wenig Widerstand spürt und auch nicht gelernt hat mit unangenehmen Situationen fertig zu werden.

Ein Kind zur Selbstständigkeit erziehen heisst nicht, ihm alles erlauben, alles durchgehen lassen. Es ist das Gegenteil von abhängig sein, angewiesen sein auf den anderen. Also möglichst früh, das selber zu tun, was möglich ist, ohne dass jemand hilft oder es für einen erledigt.
Was heisst das jetzt genau? Versuch immer wieder im Alltag dem Kind die Möglichkeit zu geben, Dinge zu entdecken, selber auszuprobieren, ganz nach dem Motto: "Hilf mir, es selbst zu tun". Wir unterschätzen unsere Kinder ganz häufig und sind erstaunt, wie viel sie schon selber können. Es ist nicht immer ganz einfach und es ist oft auch anstrengender, mit mehr Zeit und Energie verbunden, wenn wir versuchen unsere Kinder zu mehr Selbstständigkeit zu erziehen. Doch wenn wir es tun, dann werden die Kinder auch weniger am eigenen "Rockzipfel" hängen.

Lass ihn die Dinge die er selbst tun kann auch selber tun. Beobachte ihn und wenn du merkst, dass er Hilfe braucht, dann sei ihm eine Stütze, zieh dich aber dann auch wieder zurück.

Versuch ihn mit kleinen Dingen zu unterstützen.
Sag ihm immer genau, was du von ihm erwartest. Wenn du merkst, dass er es noch nicht alleine schafft, dann frag ihn, was er als erstes tun muss: "z.B wenn du deine Schuhe anziehen willst, was musst du zuerst machen?" - "Den Verschluss aufmachen." - "Genau, und dann...?" Geh mit ihr das schön Schritt für Schritt durch, lobe und ermutige ihn.

Schau mal was du damit anfangen kannst. Du kannst mir gerne noch ein paar Beispiele und Details aufschreiben, dann kann ich dir noch ein bisschen konkretere Tipps geben. Ok?
Liebe Grüsse
Kathrin


Ich wäre froh um ein paar Tipps von Deiner Seite.
Liebe Grüsse
P.S. Sorry, ist ein kleiner Roman geworden...
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