Ratlos...

Hier gibts Antworten auf die wichtigsten Erziehungsfragen

Moderator: Kathrin Buholzer

Ratlos...

Beitragvon Rarawa » 26.07.2012, 23:45

Hallo Kathrin,

Ich mache mir sehr Sorgen wegen meinem 6 Jahre alten Sohn. Er war schon immer ein "schwieriges" Kind. Es fing schon als ganz kleines Kind an. Er hatte sehr große Mühe ein Nein zu akzeptieren. Egal worum es ging, er hat sich nich darum gekümmert was wir Eltern oder sein Umfeld von ihm wollten. So ist das leider immer noch. Alles reden, strafen, belohnen, motivieren, erklären hilft nicht. Ich bin ratlos. Er scheint sich überhaupt nicht in die Situation von seinen Mitmenschen versetzen zu können. Auch empfindet er keine Reue, wenn ihm etwas passiert. Beispiel: Er wirft ein Kind im Vorbeigehen um. Absichtlich. Auf Nachfrage, weil er Lust dazu hatte. Das Kind blutet am Knie. Er kümmert ihn nicht. 10 Min. später wirft er das selbe Kind nochmals um. Ich habe es noch nie erlebt, dass ihm etwas richtig leid tat. Wie kann das sein? Ist das normal? Er kann im Spiel überhaupt nicht auf andere Kinder eingehen. Er spielt nur so wie er will. Wenn andere mitspielen findet er das super. Wenn es ihnen aber zu wild wird und sie nicht mehr wollen, spielt er einfach weiter und kümmert sich nicht drum. Beispiel: Räuber und Poli. Er fängt als Poli die anderen Kinder. Meist sehr grob. Wenn sie dann nicht mehr spielen wollen fängt er die Kinder trotzdem weiter. Wenn ich ihn drauf anspreche, weil inzwischen sicher ein umgeworfenes Kind weint, will er nichts davon wissen, dass die anderen nicht mehr spielen wollen.
Ich nehme mir Zeit, will ihm erklären, wie sich die anderen Kinder fühlen, wenn er so rücksichtslos ist. Er scheint aber überhaupt nicht zu begreifen wovon ich rede. Was soll ich nur tun. Wäre es besser ihn psychologisch abklären zu lassen? Ich war auch schon in der Erziehungsberatung. Die konnte mir leider nicht weiterhelfen. Sie fand ich mache soweit alles richtig und mehr könne ich nicht tun. Mir ist mein Sohn sehr wichtig. Er bekommt mit seinem Verhalten immer mehr Probleme. Er findet keine Freunde, nur lose Kollegschaften. Ich hatte die Hoffnung, das er im Kindergarten merkt, dass man so nicht mit seinen Mitmenschen umgehen kann. Aber nun nach einem Jahr Kindergarten ist es auch nicht besser. Ich wünsche mir nur einen glücklichen kleinen Jungen und würde ihm so gerne helfen. Ich muss wirklich viel mit ihm schimpfen. Das tut mir in der Seele weh. Ich lege auch sehr viel Wert aufs loben. Ich sehe auch, dass er nicht alles falsch macht. Er macht sogar vieles gut. Leider überschattet das negative das positive. Dagegen kann ich nichts tun. Wenn er einen Nachmittag problemlos mit einem Kind spielt und es dann plötzlich mit dem Fahrrad umstößt bleibt leider dieser Eindruck im Gedächtnis haften.

Besten Dank
Rarawa
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Re: Ratlos...

Beitragvon Kathrin Buholzer » 31.07.2012, 17:50

Hallo Kathrin,

Ich mache mir sehr Sorgen wegen meinem 6 Jahre alten Sohn. Er war schon immer ein "schwieriges" Kind. Es fing schon als ganz kleines Kind an. Er hatte sehr große Mühe ein Nein zu akzeptieren. Egal worum es ging, er hat sich nich darum gekümmert was wir Eltern oder sein Umfeld von ihm wollten.

Hmm. Das mit dem "Nein" ist so eine Sache. Oft sagen Kinder einfach nein, wenn man ihnen Sachen verbietet und ihnen keine Alternative anbietet. Das regt Widerstand und sie können das oft nicht akzeptieren. Versuch anstatt einfach nur "nein" zu sagen, ihm wenn immer möglich eine Alternative anzubieten. "Wenn du mit dem Ball spielen willst, dann kannst du das draussen tun. Wenn du rumwürfen willst, dann schau hier geb ich dir eine Matratze" usw. Viele Dinge die Kinder tun wollen sind ja oft ok, aber einfach nicht in der Form oder so, wie sie es tun möchten.
Wenn man ihnen dann Alternativen anbietet, klappt das meist ganz gut.
Dann achte dich doch auch einmal auf deine Anweisungen. Oft gibt man als Eltern nämlich viel zu viele davon, man textet die Kinder zu, so dass sie gar nicht mehr richtig zuhören und sowieso immer nur "nein" sagen oder grad das Gegenteil machen.
Schau mal hier:
http://elternplanet.ch/2011/05/erziehun ... gehorchen/

http://www.elternplanet.ch/2011/05/erzi ... en-teil-2/


So ist das leider immer noch. Alles reden, strafen, belohnen, motivieren, erklären hilft nicht. Ich bin ratlos.

Kannst du mir da noch ein paar Beispiele mehr geben?
Achte dich doch einmal genau in welchen Situationen denn so was passiert? Was geht dem denn voraus? Oft sind Kinder für uns Erwachsene absichtlich grob, aber beim genauen Hinschauen merkt man, dass es nicht stimmt. Sie können vielleicht nicht anders mit Anderen in Kontakt treten. Weil sie es noch nicht richtig gelernt haben, weil sie unsicher sind, weil sie Aufmerksamkeit möchten usw.
Wichtig ist, dass du mit ihm mal darüber sprichst, wie man selber gerne von anderen behandelt werden möchte. Was ist denn wichtig, damit sich alle wohl fühlen?
Ich habe zum Beispiel sehr gute Erfahrungen mit der Pfadi gemacht. Obwohl ich eigentlich kein Pfadi Typ bin und auch skeptisch war, hat das unseren Kids sehr gut getan. In der Gruppe etwas sinnvolles zu machen, draussen zu sein, sich um andere zu kümmern, Teamgeist zu pflegen, sich um andere kümmern, zusammenhalten usw.
Gibt es evt. eine Möglichkeit, dass dein Sohn eine solche oder ähnliche Gruppe besuchen könnte? Das kann auch was anderes sein, ein Verein oder so.


Er scheint sich überhaupt nicht in die Situation von seinen Mitmenschen versetzen zu können. Auch empfindet er keine Reue, wenn ihm etwas passiert. Beispiel: Er wirft ein Kind im Vorbeigehen um. Absichtlich. Auf Nachfrage, weil er Lust dazu hatte. Das Kind blutet am Knie. Er kümmert ihn nicht. 10 Min. später wirft er das selbe Kind nochmals um. Ich habe es noch nie erlebt, dass ihm etwas richtig leid tat. Wie kann das sein? Ist das normal? Er kann im Spiel überhaupt nicht auf andere Kinder eingehen. Er spielt nur so wie er will. Wenn andere mitspielen findet er das super. Wenn es ihnen aber zu wild wird und sie nicht mehr wollen, spielt er einfach weiter und kümmert sich nicht drum. Beispiel: Räuber und Poli. Er fängt als Poli die anderen Kinder. Meist sehr grob. Wenn sie dann nicht mehr spielen wollen fängt er die Kinder trotzdem weiter. Wenn ich ihn drauf anspreche, weil inzwischen sicher ein umgeworfenes Kind weint, will er nichts davon wissen, dass die anderen nicht mehr spielen wollen.

Das ist auch etwas ganz, ganz schwieriges. Auf andere eingehen, rücksichtsvoll sein. Das müssen Kinder erst lernen und viele haben damit wirklich Mühe. Du kannst immer mal wieder das Gespräch suchen mit ihm. Mach ihm nicht einfach nur Vorwürfe oder schimpfe mit ihm, sondern schaut gemeinsam, wie er das denn jetzt besser hätte machen können. Du kannst auch vorher mit ihm ein paar konkrete Regeln vereinbaren. Schau, dass sie einfach und klar sind. Wenn er sich daran hält, dann lobe und ermutige ihn. Wenn nicht, also wenn er wirklich böswillig, grundlos jemandem weh tut, dann sollte das eine logische Konsequenz zur Folge haben.

http://elternplanet.ch/2011/06/logische-konsequenzen/


Ich nehme mir Zeit, will ihm erklären, wie sich die anderen Kinder fühlen, wenn er so rücksichtslos ist. Er scheint aber überhaupt nicht zu begreifen wovon ich rede.

Versuch nicht einfach selber nur zu reden. Gerade wenn man viel redet, hören Kinder oft nicht mehr richtig zu. Bezieh ihn in das Gespräch mit ein. Du kannst auch konkrete Situationen schildern, ihn vielleicht auch fragen, was ihn denn geärgert hat. Warum der Junge wohl geweint hat, wie er sich fühlen würde usw. Manchmal können Bücher auch ganz nützlich sein.
Schau mal hier:
http://elternplanet.ch/erziehung-mit-fa ... ps-kinder/


Was soll ich nur tun. Wäre es besser ihn psychologisch abklären zu lassen? Ich war auch schon in der Erziehungsberatung. Die konnte mir leider nicht weiterhelfen. Sie fand ich mache soweit alles richtig und mehr könne ich nicht tun. Mir ist mein Sohn sehr wichtig.

Man merkt, wie sehr dir dein Sohn am Herzen liegt. So wie du das jetzt hier so schilderst, finde ich das jetzt nicht übermässig schlimm. In dem Alter ist das nicht ungewöhnlich, dass Kinder ruppig sind und noch nicht so wirklich ein Gespür haben für andere. Auch dass sie noch nicht so feste Freundschaften haben ist in dem Alter auch normal. Ich kann gut verstehen, dass dich das traurig macht und das du für deinen Sohn nur das Beste möchtest. Ich denke aber, dass du da noch etwas Geduld mit ihm haben musst. Er braucht da von dir einfach immer wieder Unterstützung, Hilfe, Anleitung und Gespräche.
Ich weiss nicht, ob du Bachblüten kennst. Das hat bei uns auch gut geholfen. Am besten googelst du mal nach den Eigenschaften Aggression, hauen usw und Bachblüten und liest dir das mal durch. Du kriegst die Bachblüten in der Apotheke.


Er bekommt mit seinem Verhalten immer mehr Probleme. Er findet keine Freunde, nur lose Kollegschaften. Ich hatte die Hoffnung, das er im Kindergarten merkt, dass man so nicht mit seinen Mitmenschen umgehen kann. Aber nun nach einem Jahr Kindergarten ist es auch nicht besser.

Wie ist denn das Feedback der Kindergärtnerin? Macht sie ähnliche Erfahrungen wie du?

Ich wünsche mir nur einen glücklichen kleinen Jungen und würde ihm so gerne helfen. Ich muss wirklich viel mit ihm schimpfen. Das tut mir in der Seele weh. Ich lege auch sehr viel Wert aufs loben. Ich sehe auch, dass er nicht alles falsch macht. Er macht sogar vieles gut. Leider überschattet das negative das positive. Dagegen kann ich nichts tun. Wenn er einen Nachmittag problemlos mit einem Kind spielt und es dann plötzlich mit dem Fahrrad umstößt bleibt leider dieser Eindruck im Gedächtnis haften.

Das ist wirklich schade und ich möchte dich wirklich ermutigen, den Fokus wieder vermehrt aufs Positive zu legen. Sag ihm immer mal wieder, was dir gefällt, was er gut gemacht hat. Ganz nach dem Motto: "Weniger ist mehr".
http://elternplanet.ch/2011/10/weniger-ist-mehr/

Schau mal was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder. Mit Fragen, Feedback und mehr Beispielen, ok?
Liebe Grüsse
Kathrin
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