Was muss/kann ich tun???

Verfasst:
09.08.2007, 19:04
von Hilflos
Ich bin nun wohl an einem Punkt angelangt,wo ich alleine nicht mehr klar komme:-(
Ich habe keine Nerven mehr,meine letzte Konsequenz geht so ziemlich den Bach runter,am liebsten würde ich irgendwo hingehen,ohne Kind,ohne Mann:-((
Unser Sohn,(juni3), war schon immer sehr lebhaft,aktiv,fordernd.ohne irgendwelche Àngste....
Mir gehorcht er eigentlich nicht mehr,benutzt die Wörter Arsch....,Scheisse,bin stink sauer usw.Er haut mich,schreit mich an,redet mit mir in einem Ton,als ob ich das kleine Kind wäre und nicht er.
Mein Mann redet ziemlich laut,denke mal,das hat er von ihm abgeschaut.
Mein Mann gibt mir allein die Schuld,ich hätte ihn nicht im Griff,lasse mir alles gefallen usw.
Klar sag ich ihm,das ich das nicht will,das er mich haut,weils weh tut.Klar sag ich ihm auf der Strasse,er darf nicht wegspringen,weils gefährlich ist wegen dem Verkehr und ich will,dass er bei mir an der Hand geht.
Er rennt in jeden Garten,meine Aufforderung wiederzukommen,überhört er.Ich sag es nochmal,warte.drehe mich um,sage, ich gehe,er soll bitte kommen.Er rennt höchstens noch weiter weg.
Ich merke selber,das ich auch immer lauter werde,ungeduldiger,agressiver.
Wie kann ich das ändern,das er mir nicht mehr sooo auf der NAse rumtanzt??
Ich leide,möchte es schön mit ihm haben,freude.
Jeden TAg hoff ich,das es bald Abend wird,damit ich ins Bett kann,unter meine Decke kriechen,mich verstecken,weil ich einfach nicht mehr weiss,wie ich konsequent sein muss.
Hoffe sehr,da sich hier Hilfe/Tipps bekomme
Vielen Dand,Gruss Hilflos!

Verfasst:
09.08.2007, 22:52
von Kathrin Buholzer
Ich bin nun wohl an einem Punkt angelangt,wo ich alleine nicht mehr klar komme:-(
Gut, dass du dich hier gemeldet hast! :-)
Ich habe keine Nerven mehr,meine letzte Konsequenz geht so ziemlich den Bach runter,am liebsten würde ich irgendwo hingehen,ohne Kind,ohne Mann:-((
Das kriegen wir zusammen schon hin, jetzt mal schön der Reihe nach!
Unser Sohn,(juni3), war schon immer sehr lebhaft,aktiv,fordernd.ohne irgendwelche Àngste....
Mir gehorcht er eigentlich nicht mehr,benutzt die Wörter Arsch....,Scheisse,bin stink sauer usw.Er haut mich,schreit mich an,redet mit mir in einem Ton,als ob ich das kleine Kind wäre und nicht er.
Viele Verhaltensmuster, die dein Sohn zeigt, sind "antrainiert", du kannst sie ihm mit deiner Hilfe wieder abtrainieren und neues Verhalten lehren.
Mein Mann redet ziemlich laut,denke mal,das hat er von ihm abgeschaut.
Dann musst du es ihm wieder abgewöhnen! (Also deinem Sohn und auch deinem Mann ;-)
Also, ich kann versuchen, dir ein paar Tipps zu geben. Ich möchte dir vorher aber noch sagen, dass es bei Triple P viele versch. Strategien gibt und am Anfang des Kurses (1. und 2. Kursabend) wird nur über „Prävention“ gesprochen. D.h wie kann ich wünschenswertes Verhalten, also das Verhalten, welches ich mehr sehen möchte fördern. Wie kann ich eine pos. Beziehung zu meinem Kind aufbauen, resp. Fördern. Es wird auch angeschaut, welches die Ursachen für Verhaltensprobleme sind. Erst am 3. Kursabend schauen wir dann jeweils, wie wir mit Problemverhalten umgehen können. Es wird deshalb nicht möglich sein, dir jetzt ein paar Tricks zu zeigen und alles wird gut. Damit es wirklich funktioniert, müsstest du vor allem auch die Strategien kennen und anwenden, welche das Ziel haben, die gute Beziehung zu deinem Kind zu fördern.
Vielleicht kannst du mir ja noch ein paar Beispiele mehr geben, welche Probleme bestehen, dann kann ich dir noch etwas genauer und besser helfen.
Als erstes ist ganz wichtig, dass du versuchst, den Fokus auf das Positive zu richten. D.h Tut dein Kind etwas, dass du toll findest, etwas dass es mehr machen sollten, dann versuch sie zu loben. Also wenn er z.B einen Moment ganz ruhig und lieb spielt, dann geh später zu ihm und sage: „ Das isch de schön, dass du so ruehig und lieb gspielt heit.“ Oder „das hett mi de gfreut, dass du so schön gspilt heit. Aufpassen dass du nicht ins negative fällst. „Es isch de schön, dass de itze ändlich mal nid so lut bisch gsi.“ Man nennt das „Beschreibendes Lob“, also genau die Situation beschreiben die du beobachtet hast und diese loben. Versuch ganz stark, dieses Loben in den Alltag einzubeziehen. D.h nimm dir vor, dein Kind mind. 5 Mal am Tag beschreibend zu loben.
Versuch einmal zu beobachten, wann es Schwierigkeiten gibt. Führe ein „Verhaltenstagebuch“. Was ist das Problem, Wann und wo ist es aufgetreten, Was passierte vorher, Was nachher. Evt. wirst du feststellen, dass es ein Verhaltensmuster gibt. Vielleicht tut er es, weil er etwas noch nicht so gut kann. Vielleicht macht er es, weil ihm Langweilig ist, vielleicht weiss er auch nicht, was er tun soll, was du von ihm erwartest oder vielleicht sucht er einfach auch nur Aufmerksamkeit. Vielleicht wirst du auch feststellen, dass es gar nicht so häufig vorkommt, wie du vielleicht im Moment meinst.
Dann ist ganz wichtig, dass du mit deinem Kind zusammen ein paar Familienregeln aufstellst. Besprecht miteinander, welchen Umgang ihr untereinander möchtet. Dein Kind kann selber versuchen aufzuzählen, wie man sich verhalten soll, damit es untereinander keinen Streit gibt.v Schreib es so auf, dass er weiss WAS GENAU du von ihm erwartest, was er tun soll.
Also nicht: „I wott nid, dass du duesch houe“, sondern „I wott, dass du fiin, lieb, aständig bisch. " Mir düe aständig und mit normaler Stimm mitenand rede. "Du kannst das Fehlverhalten schon aufzählen, aber schau darauf, dass du ihm genau erklärst was du von ihm möchtest. Schreibt, zeichnet, klebt diese Regeln (3-4 sollten am Anfang reichen) auf ein Blatt. Gestalte sie so, dass sie alle verstehen und hängt sie irgendwo gut sichtbar auf. Familienregeln gelten für die ganze Familie!
Frag ihn auch, was passiert, wenn man jemanden beisst oder schlägt, wie sie sich fühlen würde, wenn ihr jemanden weh tut. Versuch auch evt. Alternativen mit ihr zu besprechen, „ i verstah, dass du mängisch wüetig bisch, was chönnt me denn mache?“.Hesch e Idee? We öpper nid das macht, wo du möchschts, was wär denn e gueti Idee, was chönntsch mache?“ Gib ihm erst Vorschläge, wenn er selber keine weiss.
Bei Regeln musst du auch mit ihm abmachen, was passiert, wenn er sich nicht daran hält Bei beissen, kratzen, schlagen, ganz schlimmen Wörtern usw. würde ich dir vorschlagen, den Stillen Stuhl oder die Auszeit anzuwenden.
Bei uns müssen die Kinder bei diesem Verhalten sofort in die Auszeit. D.h du gehst zu ihm, sagst was er falsch gemacht hat, erinnerst ihn an die Regel und sagst:„Patrick, du hesch mi itze grad gstüpft, mir hei abgmacht, dass mir fiin und lieb mitenand umgöh, drum muesch du itze für 1 oder 2 Min. id Uszyt.“ Du nimmst ihn ganz ruhig und bestimmt, und bringst ihn in den Auszeitraum. Dieser sollte uninteressant sein, also nicht das Kinderzimmer, sondern das Schlafzimmer, Badezimmer…. Wenn er die festgesetzte Zeit ruhig war (es muss nicht mucksmäuschenstill sein, aber er muss sich einigermassen still verhalten), dann gehst du zu ihm und sagst: „du bisch itze schön still gsi, itze darfsch wieder usecho.“
Versuch nicht mehr über den Vorgang zu sprechen, sondern versuch ihn wieder in eine Aktivität zu verwickeln. Die Auszeit zeigt ihm, dass er ganz klar eine Abmachung eine Regel übertreten hat, es gibt ihm aber auch dir die Möglichkeit euch zu beruhigen. Drohe nicht mit der Auszeit, er wird sonst lernen, dass er erst hören muss, wenn du drohst.
Das gilt allgemein bei den Drohungen. Also das berühmte „wed itze nid folgisch, denn… oder itze zelle itze no uf drü“ solltest du vermeiden. Dein Kind lernt nämlich dabei: Ich muss erst dann hören, wenn die Mama laut wird, wenn sie schimpft, droht oder auf 3 zählt.
Versuch anstatt zu drohen, das Kind zu motivieren. „Hey, wenn di itze schnäll aziehsch, denn hei mer när no gnue Zyt fürs Büechli.“ Oder „Due di itze alege und wed agleit bisch denn chasch cho ässe.“ (Nicht: wed di itze nid aleisch, de chasch nid cho ässe).
Die Auszeit vorher (also wenn es kein Problemverhalten gibt) mit dem Kind vorbesprechen und genau sagen, was passiert, wieso und wie lange man in die Auszeit muss und wann du sie wieder von der Auszeit zurückholst. (Wenn du willst, kann ich dir zur Auszeit noch ein paar Merkblätter mailen).
Mein Mann gibt mir allein die Schuld,ich hätte ihn nicht im Griff,lasse mir alles gefallen usw.
Dann ist ja gut, dass du dich jetzt gemeldet hast, so dass wir das zusammen verbessern können. :-)
Klar sag ich ihm,das ich das nicht will,das er mich haut,weils weh tut.Klar sag ich ihm auf der Strasse,er darf nicht wegspringen,weils gefährlich ist wegen dem Verkehr und ich will,dass er bei mir an der Hand geht.
Wichtig ist, dass du nicht alles x-mal sagst. Wenn du möchtest, dass dein Kind etwas tut, dann folge diesen Schritten:
Geh zu ihm hin (also nicht aus einem anderen Zimmer, von draussen nach drinnen…) rufen, sprich ihn mit Namen an und sag ihm genau was er tun soll: „Bitte häb dini Füess abe, gang bitte ga Zähnputze, due bitte normalrede, …“ (auch hier, immer sagen, was er tun soll, was du von ihm möchtest). Keine Frageform! "Würdsch bitte?, hörsch itze uf?"
Warte ca. 5 Sekunden und gib ihm Zeit zu gehorchen. Bleib in der Nähe und beobachte ihn. Wenn er macht, was du gesagt hast, dann lobe ihn.
Wenn nicht dann gib ihm die Anweisung noch einmal. Wenn er wieder nicht gehorcht, dann musst du eine logische Konsequenz folgen lassen. ( also irgendetwas, welches mit seinem Verhalten in Zusammenhang steht. Ihn aus der Situation entfernen, das Spielzeug, den Teller einen Moment wegnehmen, keine Geschichte vorlesen, ihn an der Hand nehmen usw.). Sag ihm immer wieso du es tust, drohe nicht, sondern tu es einfach. Wichtig ist, dass du ihm immer wieder die Möglichkeit gibst es wieder zu üben. Entferne das Spielzeug nur für ca. 5-30 minuten und gib sie ihm dann wieder.
Wenn es keine Konsequenz gibt, dann setze ihn für eine bis 2 Minuten auf den stillen Stuhl. Er muss dann kurz auf einen Stuhl, Treppe, Boden sitzen, sich beruhigen, kurz nachdenken und du holst ihn dann wieder. (Wie bei der Auszeit). Wenn er nicht still ist, dann bring ihn in die Auszeit. Sag ihmwarum: „du bisch nid still gsi, drum muesch itze e moment id uszyt/timeout ids zimmer.
Die Auszeit ist die letzte Möglichkeit und steht am Ende einer langen Kette von Erziehungsfertigkeiten (Fam. Regeln, direktes ansprechen, klare ruhige Anweisungen, Log. Konsequenzen, Stiller Stuhl und Auszeit. Die Auszeit funktioniert nur, wenn du vor allem auch die anderen Erziehungsstrategien (beschreibend loben, Aufmerksamkeit schenken, Zuneigung zeiten bei positivem Verhalten, beiläufiges lernen usw.) regelmässig anwendest.
Er rennt in jeden Garten,meine Aufforderung wiederzukommen,überhört er.Ich sag es nochmal,warte.drehe mich um,sage, ich gehe,er soll bitte kommen.Er rennt höchstens noch weiter weg.
Bevor du aus dem Haus gehst, sag ihm ganz genau wo ihr hingeht, mit wem, wie lange. Dann besprich mit ihm die Regeln, sag ihm, was du von ihm erwartest: "Mir gö itze ds Fuess ga ichoufe und i wott, dass du schön bi mir ufem Trottoir duesch loufe." Wenn ihr unterwegs seid und es nicht klappt, dann sag ihm: "Tobias, i möcht dass du bi mir blibsch." Evt. kannst du ihm ja sagen, bis wo er selber gehen darf. "Du darfsch bis dert zum Bänkli ga und dert duesch uf mi warte." Wenns klappt, dann lobe ihn. Wenn ers nicht tut. Dann sag ihm: "Du hesch nid uf mi glost, drum muesch mer itze e Moment d Hand gä" od. "E Moment da uf ds Bänkli hocke." Das mit dem gehen, das würde ich eher nicht machen. Wenn du nämlich sagst: "I ga itze" und davon läufst, dann kann es sein, dass ihm das völlig egal ist und er trotzdem weiterläuft. Dann musst du irgendwann mal umkehren, gebracht hats nichts und er weiss, dass er einfach noch weiter weg laufen muss, damit du umkehrst.
Frage nach, wenn du was nicht verstanden hast und ich kann es dir noch etwas vertiefter erklären.
Denk dran, nimm dir nicht alles auf einmal vor. 1-2 Sachen genügen. Du musst dir auch klar sein, was du bei deinem Kind aber auch bei dir verändern möchtest. Diese Veränderungen wirst du (leider) nicht von heute auf morgen erreichen. Step by Step ist das Motto.
Und viel Spass und Energie beim Ausprobieren!
liebe Grüsse
Kathrin