Verzweifelte Eltern und verzweifeltes Kind?

Hier gibts Antworten auf die wichtigsten Erziehungsfragen

Moderator: Kathrin Buholzer

Verzweifelte Eltern und verzweifeltes Kind?

Beitragvon hermine32 » 29.08.2010, 13:29

Hallo liebe Kathrin!

Ich bin auf Youtube über einige Deiner Filme gestolpert und da ich Dich sehr symphatisch und Deine Tipps und Ideen erfrischend und gut finde bin ich nun also hier gelandet.

Ich werde bald 32 Jahre alt und seit 5 Jahren mit meinem Mann verheiratet. Wir haben zwei Kinder: Thorge ist im August 3 geworden, Mattes wird im September 1 Jahr alt.

Wahrscheinlich sind viele unserer Probleme nicht besonders exotisch aber die Summe macht es im Moment wirklich schwer, den Alltag zu meistern und (ich schäme mich, es zu schreiben) froh und glücklich über unsere Kinder zu sein. Vor allem Thorge macht es uns momentan wirklich schwer, ihn zu verstehen und Verständnis zu haben.
Die ersten 6 Monate mit Mattes waren sehr anstrengend. Er hat viel geweint, wir mussten ihn ständig rumtragen, nie habe ich eine Nacht länger als 3 Stunden am Stück geschlafen. Tagsüber war ich dementsprechend oft müde und gereizt aber Thorge schien das immer gut wegzustecken. Seitdem Mattes nun krabbelt bzw. läuft ist alles anders geworden. Von morgens bis abends haben wir nur Kämpfe mit dem "Großen". Alles ist "nein", er diskutiert über jeden Pups mit uns, er macht NICHTS, was man ihm sagt, er haut, tritt und schlägt seinen Papa, seinen Bruder und mich. Er schmeisst seine Sachen durch die Gegend - und manchmal macht er einfach nur Dinge, die wir NULL nachvollziehen können. Seit Juni ist er tagsüber trocken und gestern hatte er kurz mal keine Hose an weil der Apfelschorle-Becher umgekippt war und alles dementsprechend nass. Noch bevor ich neue Klamotten parat hatte kam er in die Küche und erzählte mir: "Ich habe auf den Teppich gepischert!" Erst dachte ich das sei ein Scherz aber er hatte tatsächlich den Teppich im Wohnzimmer nass gemacht. Was soll sowas? Ist das Protest?
Letzte Woche hat er beim Mittagsschlaf "Groß" gemacht und einfach seine Windel ausgezogen. Daraufhin hat er (natürlich ungewollt) in seinem Zimmer und im Bad alles verteilt anstatt mich einfach zu rufen. Ich bin ausgerastet! Überall Kinderkac*e. Ich habe ihn gefragt, was das bitte soll? Warum er nicht einfach Bescheid sagt?
Immer öfter spielt Thorge "Baby" und will getragen werden, seinen Apfelschorle wie mit der Flasche trinken usw. Ich mache das gerne mit, denke, dass er so vieles kompensiert.

Vor einigen Wochen haben wir uns in unserer Verzweiflung was überlegt, wie wir Thorge besser gerecht werdern können und eingeführt, dass der Kleine immer vor ihm ins Bett geht und er dann noch Mama und Papa eine Stunde nur für sich hat. Wir spielen dann oder er darf mal länger in die Wanne oder wir lesen was oder schauen auch mal eine DVD. Ausserdem machen mein Mann oder ich immer mal wieder "was Schönes" nur mit dem Großen. Also mal schwimmen gehen oder Eis essen oder den Opa besuchen oder zum Spielplatz. An der schwierigen Situation tagsüber hat das bisher nichts geändert. Aber immer hin schafft es mal wieder positive Gefühle gegenüber Thorge. Leider ist das Positive schnell wieder vorbei sobald wir alle wieder zusammen sind. :(

Mein Mann ist von ruhigem und ausgeglichenem Charakter. Ich bin die, die öfter mal aus der Haut fährt und auch mal rumbrüllt. Seit einiger Zeit schreien wir beide sehr viel. Mein Mann ist mit den Nerven runter und ich bin es auch. Diese ewigen Kämpfe zermürben uns total. Es scheint, als hätten wir die Situation nicht mehr im Griff. Natürlich vergiftet es total die Stimmung hier. Es gibt Tage, da möchte ich am liebsten einfach abhauen. :? Mein großes Kind nervt, mein Mann ist ungehalten und ständig schlecht drauf, mein kleines Kind krakeelt nur in der Gegend rum und will ständig auf den Arm. Dazu noch der Haushalt, die Wäsche und alles, was sonst noch anfällt.
Der Ton hier ist schon lange nicht mehr ruhig und sachlich. Und was ich zu meiner Schande gestehen muss: Thorge hat auch schon mal was auf den Po gekriegt. Ich wollte nie nie nie meine Kinder schlagen. :cry: Er reizt mich so sehr dass ich irgendwann total ausflippe.

Wie können wir die Situation entschärfen? Ist das noch normales Trotzalter? Wie reagiere ich besser und richtiger auf meinen Großen? Bitte, bitte hilf uns, es macht keinen Spass mehr, eine Familie zu sein. :cry:
hermine32
 
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Re: Verzweifelte Eltern und verzweifeltes Kind?

Beitragvon hermine32 » 30.08.2010, 18:55

Wenn jemand anders nen Tipp hat auch gerne her damit...23 mal gelesen und kein Kommentar? :o
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Re: Verzweifelte Eltern und verzweifeltes Kind?

Beitragvon Kathrin Buholzer » 01.09.2010, 01:10

Hallo Hermine
alle warten wohl auf meine Antwort... :-)
Ich meld mich morgen Mittwoch grad bei dir, versprochen!Bin gestern und heute nicht dazu gekommen zurück zu schreiben.
liebe Grüsse
Kathrin
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Re: Verzweifelte Eltern und verzweifeltes Kind?

Beitragvon hermine32 » 01.09.2010, 07:41

Okay. ;-) Ich harre Deiner. Danke.
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Re: Verzweifelte Eltern und verzweifeltes Kind?

Beitragvon Kathrin Buholzer » 01.09.2010, 22:59

Hallo liebe Kathrin!

Ich bin auf Youtube über einige Deiner Filme gestolpert und da ich Dich sehr symphatisch und Deine Tipps und Ideen erfrischend und gut finde bin ich nun also hier gelandet.

Ich werde bald 32 Jahre alt und seit 5 Jahren mit meinem Mann verheiratet. Wir haben zwei Kinder: Thorge ist im August 3 geworden, Mattes wird im September 1 Jahr alt.

Wahrscheinlich sind viele unserer Probleme nicht besonders exotisch aber die Summe macht es im Moment wirklich schwer, den Alltag zu meistern und (ich schäme mich, es zu schreiben) froh und glücklich über unsere Kinder zu sein. Vor allem Thorge macht es uns momentan wirklich schwer, ihn zu verstehen und Verständnis zu haben.
Die ersten 6 Monate mit Mattes waren sehr anstrengend. Er hat viel geweint, wir mussten ihn ständig rumtragen, nie habe ich eine Nacht länger als 3 Stunden am Stück geschlafen. Tagsüber war ich dementsprechend oft müde und gereizt aber Thorge schien das immer gut wegzustecken. Seitdem Mattes nun krabbelt bzw. läuft ist alles anders geworden.

Da kann ich dich erst mal beruhigen. Das ist ganz normal und auch typisch.
Wenn kleine Geschwister grösser werden, ein aktiver Teil der Familie werden und dann auch ins Territorium der Grösseren einbrechen, dann ist das oft ganz schwierig für die "Grösseren". Schliesslich sind sie doch selber auch noch klein.
Gerade wenn die kleineren Kinder grösser werden, müssen ältere Geschwister vieles (auch gerade im Umgang mit ihnen) wieder neu lernen. Er wird sicher auch gemerkt haben, dass der Kleine manchmal vielleicht etwas mehr Aufmerksamkeit kriegt als vielleicht eine Zeitlang vorher, weil er ja eben jetzt mobil ist. Das kann gut sein, dass ihn das ärgert. Oft steigen an die "Grösseren" auch rasch die Erwartungen. Obwohl sie selber noch klein sind, hat man als Eltern dann das Gefühl, das sie doch jetzt "vernünftig" sein sollen, dies und jenes besser machen sollen und das am liebsten von heute auf morgen.

Schau einmal genau hin und achte dich, wann und in welchen Situationen es passiert. Oft sind ja die Kleinen auch nicht immer ganz unschuldig, doch meistens werden dann "die Grossen" bestraft. "Jetzt lass ihn doch mal, er ist ja noch klein, sei doch vernünftig, du bist schon gross und er ist noch so klein..." usw.
Zeig deinem Sohn immer wieder (auch vor anderen) wie stolz du auf ihn bist. Lobe und ermutige ihn. Sag ihm wie stolz du auf sein Können, seine Hilfbereitschaft und Selbstständigkeit bist. Lass ihn auch immer wieder Sachen tun, die ältere Kinder schon tun dürfen. z.B am Abend länger aufbleiben, einmal alleine mit Mama oder Papa oder dem Gotti etwas unternehmen. Dann hat er nicht das Gefühl, er sei immer im Nachteil. Wenn er sich nämlich genügend bestätigt fühlt, dass er der Grössere und Stärkere ist, dann hat er es etwas weniger nötig, dies seiner kleinen Schwester gegenüber immer unter Beweis zu stellen.
Schau auch, dass er genügend "Rückzugsmöglichkeiten" hat. Es ist durchaus normal, dass er auch einmal etwas ohne das Dabeisein seines Bruders machen will. Es ist auch ok, wenn er Spielsachen hat, die nur er allein brauchen will. Schaff ihm eine Spielecke, oder sag ihm, dass er sich in sein Zimmer zurückziehen kann. Du kannst auch jedem Kind seine eigene Spielkiste zusammenstellen. Dort packst du die Spielsachen rein, die nur für deinen älteren Sohn sind. Du kannst diese zusammen mit ihm raussuchen. Dann könnt ihr zum Beispiel noch eine Kiste machen, die für beide bestimmt ist. Alle Spielsachen in dieser Kiste dürfen dann beide brauchen.

Versuch auch immer wieder Zeiten zu schaffen, wo du ausschliesslich Zeit für ihn hast. z.B am Mittag, wenn der Kleine schläft, oder vielleicht gehst du zusammen mit ihr in einen Schwimmkurs, ins turnen usw. Denk auch daran, dass sie mit ihren 3 Jahren noch nicht immer so gut Rücksicht nehmen kann. Zeig ihm wie das geht und hilf ihm dabei.

Dazu kann ich dir auch das Video "Eifersucht" empfehlen. Weiss nicht, ob du es schon gesehen hast.
http://www.youtube.com/watch?v=b_crrr6xhZA


Von morgens bis abends haben wir nur Kämpfe mit dem "Großen". Alles ist "nein", er diskutiert über jeden Pups mit uns, er macht NICHTS, was man ihm sagt, er haut, tritt und schlägt seinen Papa, seinen Bruder und mich.
Hast du schon das Video zum Thema "Erziehungsfallen 1+2+ angeschaut? Wenn nein, mach das doch mal.
http://www.youtube.com/watch?v=6MUKGGOsyaE

http://www.youtube.com/watch?v=wgAl0iMX4F4


Er schmeisst seine Sachen durch die Gegend - und manchmal macht er einfach nur Dinge, die wir NULL nachvollziehen können. Seit Juni ist er tagsüber trocken und gestern hatte er kurz mal keine Hose an weil der Apfelschorle-Becher umgekippt war und alles dementsprechend nass. Noch bevor ich neue Klamotten parat hatte kam er in die Küche und erzählte mir: "Ich habe auf den Teppich gepischert!" Erst dachte ich das sei ein Scherz aber er hatte tatsächlich den Teppich im Wohnzimmer nass gemacht. Was soll sowas? Ist das Protest?

Das ist wohl seine Art um Aufmerksamkeit zu bekommen... Wichtig ist im Moment, dass du den Fokus aufs Positive legst. Tut er etwas, das dir gefällt, dass er gut gemacht hat, dann lobe und ermutige ihn und sag ihm genau, WAS dir gefallen hat. Gib ihm dann ein Feedback, wenn er sich gut verhalten hat.

Denk auch daran, dass er mitten in der Trotzphase ist. Auch dazu hab ich schon mal ein Video gemacht:
http://www.youtube.com/watch?v=9v7sS1kOmIs


Letzte Woche hat er beim Mittagsschlaf "Groß" gemacht und einfach seine Windel ausgezogen. Daraufhin hat er (natürlich ungewollt) in seinem Zimmer und im Bad alles verteilt anstatt mich einfach zu rufen. Ich bin ausgerastet! Überall Kinderkac*e. Ich habe ihn gefragt, was das bitte soll? Warum er nicht einfach Bescheid sagt?
Immer öfter spielt Thorge "Baby" und will getragen werden, seinen Apfelschorle wie mit der Flasche trinken usw. Ich mache das gerne mit, denke, dass er so vieles kompensiert.

Lass ihn viel mithelfen. Ein bisschen Verantwortung übernehmen, so dass er merkt, dass es auch Spass machen kann, der grosse Bruder zu sein.

Vor einigen Wochen haben wir uns in unserer Verzweiflung was überlegt, wie wir Thorge besser gerecht werdern können und eingeführt, dass der Kleine immer vor ihm ins Bett geht und er dann noch Mama und Papa eine Stunde nur für sich hat. Wir spielen dann oder er darf mal länger in die Wanne oder wir lesen was oder schauen auch mal eine DVD. Ausserdem machen mein Mann oder ich immer mal wieder "was Schönes" nur mit dem Großen. Also mal schwimmen gehen oder Eis essen oder den Opa besuchen oder zum Spielplatz. An der schwierigen Situation tagsüber hat das bisher nichts geändert. Aber immer hin schafft es mal wieder positive Gefühle gegenüber Thorge. Leider ist das Positive schnell wieder vorbei sobald wir alle wieder zusammen sind.

Das ist ein guter Anfang. Gib ihm da auch etwas Zeit. Versuch auch immer mal wieder am Tag, spezielle für ihn Zeit zu haben. Also nicht immer nur, wenn der Kleine schon schläft. Sonst könnte er das Gefühl kriegen: "Ja klar, jetzt haben sie Zeit, jetzt ist der Kleine eh im Bett..."
Überleg dir auch, ob es nicht etwas gibt, wo er hingehen kann. Ein Turnen, schwimmen, Spielgruppe, weiss nicht, was es diesbezüglich bei euch alles gibt.



Mein Mann ist von ruhigem und ausgeglichenem Charakter. Ich bin die, die öfter mal aus der Haut fährt und auch mal rumbrüllt. Seit einiger Zeit schreien wir beide sehr viel. Mein Mann ist mit den Nerven runter und ich bin es auch. Diese ewigen Kämpfe zermürben uns total. Es scheint, als hätten wir die Situation nicht mehr im Griff. Natürlich vergiftet es total die Stimmung hier. Es gibt Tage, da möchte ich am liebsten einfach abhauen. Mein großes Kind nervt, mein Mann ist ungehalten und ständig schlecht drauf, mein kleines Kind krakeelt nur in der Gegend rum und will ständig auf den Arm. Dazu noch der Haushalt, die Wäsche und alles, was sonst noch anfällt.

Ich kann dich so gut verstehen. Dass ist eine total anstrengende Zeit. Unsere beiden Mädels sind auch nur 18 Monate auseinander und ich habe mich in der Zeit oft gefragt: "Was tu ich hier eigentlich?" Aber es wird besser, das kann ich dir versichern...
Schau, dass du trotzdem immer wieder mal einen Moment Ruhe hast. Sei das am Mittag, für eine Mittagspause. Oder auch mal an einem Nachmittag. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, dass du jemanden hast, der dir die Kinder mal 2 Std. abnimmt. Vielleicht auch ein Babysitter. Manchmal hilft es auch, z.B am Wochenende mal den Kleinen abzugeben und dann nur mit dem Grossen was zu machen. Schaut auch, dass ihr für euch auch Zeit reserviert. Lasst die Kinder mal auswärts übernachten, damit ihr mal wieder Zeit für einander, ohne Kindergeschrei habt.


Der Ton hier ist schon lange nicht mehr ruhig und sachlich. Und was ich zu meiner Schande gestehen muss: Thorge hat auch schon mal was auf den Po gekriegt. Ich wollte nie nie nie meine Kinder schlagen. Er reizt mich so sehr dass ich irgendwann total ausflippe.
Wenn du merkst, dass er dich so ärgert, verordne dir eine kurze Auszeit. Verlass einen Moment den Raum. Atme tief durch. Geh ganz kurz raus, an die frische Luft, mach dir einen Kaffee usw.

Wie können wir die Situation entschärfen? Ist das noch normales Trotzalter? Wie reagiere ich besser und richtiger auf meinen Großen? Bitte, bitte hilf uns, es macht keinen Spass mehr, eine Familie zu sein.

Schau mal, was du damit anfangen kannst und schau dir doch auch mal die Videos in Ruhe an. Stell auch nicht zu hohe Erwartungen an dich und an deinen Sohn, das bringt nur Stress.
Meld dich dann einfach wieder, ok?
liebe Grüsse
Kathrin
Kathrin Buholzer
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