von Kathrin Buholzer » 23.07.2008, 21:09
Hallo Kathrin
Ich bin ganz neu hier.
Hallo und herzlich willkommen, schön dass du hier dabei bist, ich hoffe du fühlst dich wohl!
Du wirst sicher im Gordon Kurs viele hilfreiche Tipps erhalten. Ich gebe dir hier ein paar von meinen noch dazu. Du kannst dann von selber entscheiden und ausprobieren, mit welchen du am besten weiterkommst, welche sich bei euch am besten einsetzen lassen. Es gibt ja nicht die einzig richtige Methode und es ist von Vorteil, wenn man eine Auswahl hat.
Ich habe mich bereits im Thema "Geschwistereifersucht" etwas eingelesen. Ich finde die "Lösungsvorschläge" eigentlich immer logisch und supergut..... Aber wenn ich dann zu Hause in der Praxis bin, dann misslingt mir meist alles. Zur Zeit bin ich an DEM Punkt angelangt, wo ich sagen muss: "das ist doch nicht mehr normal!".
Das verstehe ich gut. Aber ich kann dir sagen: Es IST normal. Bis jetzt war deine Tochter keine grosse Gefahr für deinen Jungen. Doch jetzt wo sie mobiler und ein aktiver Teil der Familie wird, bricht sie in sein Territorium ein und diese Eifersucht ist eine Folge davon.
Schau einmal genau hin und achte dich, wann und in welchen Situationen es passiert. Oft sind ja die Kleinen auch nicht immer ganz unschuldig, doch meistens werden dann die Grossen bestraft. "Jetzt lass sie doch mal, sie ist ja noch klein, sei doch vernünftig, du bist schon gross und sie ist noch so klein..." usw. Um was geht es denn bei diesen Streitereien genau? Ist es einfach seine Art sich auszudrücken, weil er vielleicht nicht weiss, wie er es anders machen könnte. Ist es ein Machtspiel, ein buhlen um Aufmerksamkeit?
Zeig deinem Sohn immer wieder (auch vor anderen) wie stolz du auf ihn bist. Lobe und ermutige ihn. Sag ihm wie stolz du auf sein Können, seine Hilfbereitschaft und Selbstständigkeit bist. Lass ihn auch immer wieder Sachen tun, die ältere Kinder schon tun dürfen. z.B am Abend länger aufbleiben, einmal alleine mit Mama oder Papa oder dem Götii etwas unternehmen. Dann hat er nicht das Gefühl, er sei immer im Nachteil. Wenn er sich nämlich genügend bestätigt fühlt, dass er der Grössere und Stärkere ist, dann hat er es weniger nötig, dies seiner kleinen Schwester gegenüber immer unter Beweis zu stellen.
Schau auch, dass er genügend "Rückzugsmöglichkeiten" hat. Es ist durchaus normal, dass er auch einmal etwas ohne das Dabeisein seiner Schwester machen will. Schaff ihm eine Spielecke in seinem Zimmer. Du kannst auch jedem Kind seine eigene Spielkiste zusammenstellen. Dort packst du die Spielsachen rein, die nur für deinen Sohn bestimmt sind. Du kannst diese zusammen mit ihm raussuchen. Dann könnt ihr zum Beispiel noch eine Kiste machen, die für beide bestimmt ist. Alle Spielsachen in dieser Kiste dürfen dann beide brauchen.
Hab auch ein bisschen Verständnis: Kleine Schwestern können ja manchmal auch ganz schön nerven. :-)
Versuch auch immer wieder Zeiten zu schaffen, wo du ausschliesslich Zeit für ihn hast. z.B am Mittag, wenn die Kleine schläft, oder zusammen mit ihm in einen Schwimmkurs gehen, ins turnen usw. Denk auch daran, dass er mit seinen 3 Jahren noch nicht so gut gelernt hat Rücksicht zu nehmen. Zeig ihm wie das geht und hilf ihm dabei. Wie alle Kleinkinder, ist er ein kleiner Egoist, das ist normal, wenn auch nervig! :-)
Versuch auch deine Ansprüche etwas runterzuschrauben. Oft haben wir das Gefühl, dass Geschwister doch immer gut auskommen sollten, dass sie ein Herz und eine Seele sein müssten.
Ich möchte hier aber noch ein paar konkrete Beispiele von mir und meinen Kindern (bald 3 und etwas über 1 J) schildern.
Noch kurz zu mir, das mir ein sehr wesentlicher PUnkt scheint: Ich bin selber mit Schlägen und sehr autoritär erzogen worden. Über Liebe oder Sexualität wurde nicht gesprochen. Es wurde sich höchstens lächerlich gemacht darüber (zB wenn im TV eine Mutte ihrem Kind sagte, dass sie es lieb hat, dann wurde das immer ins Lächerliche gezogen). Ich habe eine ältere und eine jüngere Schwester. Meine jüngere ist stark übergewichtig (ca 150kg), meine ältere Schwester ist wie ein Jojo, zZ wegen ihrer Scheidung fast magersüchtig und ich hatte nach meiner Kanti eine Bulemie, welche aber von meinen Eltern ebenfalls nicht erkannt wurde, oder besser gesagt, verdrängt wurde ("sie spinnt halt...").
Ich habe meine erste grosse Liebe geheiratet und wir sind immer noch glücklich zusammen.
Mache zZ einen Gordon-Kurs.
So, genug zu mir:
Jetzt zu meinen Kids: Der grössere (M) und die jüngere (L).
M ist wahnsinnig eifersüchtig. Es hat sich zwar schon etwas gebessert. Inzwischen können die beiden auch mal 5 Min im Sandkasten (jeder für sich) spielen, ohne dass die kleine eins über die Rübe kriegt....
Versuch immer wieder in solchen Situationen ihn dann zu loben und ihm zu sagen, was dir genau gefallen hat. "Ich find's toll, dass du so schön mit deiner Schwester gespielt hast." pass auf, dass du nicht ins Negative fällst. "Toll, dass du deine Schwester heute mal in Ruhe gelassen hast."
Bsp1: Morgens: Mein Grosser hat den Kidsleep-Wecker und hält sich sehr gut auch daran. Zum Morgenbisi muss ich ihn zwar vorher begleiten, aber dann geht er wieder ins Bett. Wenn der Wecker abgeht, darf er zu mir ins Bett und wir kuscheln zusammen. Noch bevor L aufwacht, sagt er schon, dass hier für L keinen Platz sei. Wenn ich ihm sage, dass mich das traurig macht, dann sagt er: "doch doch, für L ist auch Platz".
Schau, dass er hier wirklich einen Moment mit dir alleine hat, ohne dass seine Schwester dabei ist. Wenn sie dann wach ist, dann kannst du z.B schauen, dass er sich dann schon anziehen darf, oder dass du mit ihm im Bett noch ein Büechli anschaust.
Wenn ich dann L hole und beide ihren Schoppen trinken, dann bestimmt er, wo sie liegen darf/ soll. Er ist der Chef. Er stört sie oft beim trinken und sie beginnt zu weinen. Ich reagiere nicht grad toll und sage ihm, er solle aufhören, sie müsse auch trinken.
Am besten besprichst du das einmal in Ruhe mit ihm. Macht zusammen ab, wie ihr das regeln wollt. Wer wo liegt, wie er sich im Bett verhalten soll. Du kannst ihm (wie oben schon geschrieben) ja während sie trinkt mit etwas anderem beschäftigen. Wahrscheinlich ist es ihm nur Langweilig. Sag ihm auch immer was er tun soll und was du von ihm erwartest. Also nicht: "Ich will nicht dass du die Kleine beim Trinken störst." sondern: "Ich möchte, dass du die Kleine beim Trinken in Ruhe lässt."
Das ganze schaukelt sich manchmal so hoch, dass er dann für gar nichts mehr empfänglich ist und nur noch in einem höchst hochfrequente Ton rumschreit (v.a. wenn SIE auch schon weint).
Ich stelle ihn dann ins Zimmer und er meint dann oft "Nöööö!" und geht wieder raus. Schlussendlich klappt es schon, aber es braucht sehr sehr viel Nerven und Zeit meinerseits.
Bsp2: Ich bin grad die Betten am machen, ER bestimmt wieder, dass L nicht in sein Zimmer darf, sperrt die Türe ab oder versperrt ihr immer den Weg mit den Worten: "Nein, L. Hier ist abgesperrt! Heir darfst Du nicht durch!" Meist schupft er sie zurück und das Geschrei (von beiden, siehe oben beschreiben) geht von vorne los.
Miteinbeziehen kann ich ihn meist nicht, da er so darauf erpicht ist, was SIE grad macht, dass er somit immer am aufpassen ist.
.Hier würde ich nachfragen: "Du bist grad etwas wichtiges am Machen? Du möchtest grad einen Moment für dich sein? Du möchtest jetzt grad, dass deine Schwester nicht in dein Zimmer kommt." Akzeptiere das und lass ihn dann im Ruhe. Ihr könnt z.B zusammen ein Schild basteln, dass er an die Türe kleben oder hängen kann. z.B ein "Lachigesicht" oder ein "Grännigesicht." eine Hand, die den Daumen hoch hält und eine Hand die"Stop" sagt. usw.
Bsp3: Sie spielt mit etwas, das ER natürlich unbedingt auch haben will. Er gibt ihr meist etwas anderes. Wenn sie zufrieden ist, dann belasse ich es auch . Was aber, wenn sie IHR Spielzeug behalten will? Meist nimmt er ihr dann auch wieder das neue weg, weil ER ja auch damit spielen will
.Besprich das mit ihm. Frage ihn nach Alternativen. "Was könntest du tun, wenn du jetzt unbedingt das Spielzeug haben möchtest? Was passiert, wenn du es einfach aus der Hand reisst?"
Versuch auch ihn abzulenken. Lass ihn dir in einem solchen Moment z.B etwas helfen, gib ihm etwas anderes zu spielen, oder lass ihn z.B den Ort wechseln.
Am meisten nützt immer, wenn ich dann L wegnehme und sage, dass er so alleine spielen muss. Was er aber nicht will. Er mag seine kleine Schwester schon, aber sie stört ihn halt auch.
Dann frag ihn mal, was er denn genau möchte, wie ihr das jetzt lösen könntet.
Er steckt da auch in einem Dilemma und kommt das selber nicht raus.
Ich erwische mich immer bei all den Situationen, wie ich ausraste, M anschreie, Drohungen äussere, ihn beschimpfe, am liebsten xxxx würde (wie meine Eltern damals mit mir). Ich bin dann auf 180 und komme fast gar nicht mehr runter. Und das schon am morgen früh.
Versuch den Fokus mehrs aufs Positive zu setzen. Wenn er etwas Gutes tut, dann lobe ihn.
Beobachte dich einmal, WIE du Anweisungen gibst. Denk dran:
Nicht zuviele! Oftmals texten wir unsere Kinder von morgens bis abends mit Anweisungen zu. Je mehr Anweisungen wir geben, umso mehr Möglichkeiten haben die Kinder nicht zu gehorchen.
Oftmals geben wir auch einfach nur Anweisungen aus lauter Gewohnheit. "Pass auf dort drüber, diese Pflanzen solltest du nicht anfassen, jetzt musst du dann mal den Schlafanzug anziehen." Hier wäre es besser entweder gar nichts zu sagen oder dann: "Komm her zu mir, Lass die Pflanzen in Ruhe, geh jetzt bitte deinen Schlafanzug anziehen." Überleg dir jeweils, BEVOR du eine Anweisung gibst: Ist diese jetzt wichtig? Denk auch daran, dass du dann auch eine Konsequenz parat haben musst, wenn er sie nicht befolgt.
Frageform! Immer wieder geben wir Anweisungen als Frage. "Könntest du bitte deine Füsse vom Tisch nehmen? Kommst du bitte? Gehst du jetzt die Hände waschen?" Wenn wir eine Anweisung als Frage formulieren, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn das Kind "Nein" sagt. Also sag immer, WAS genau du von deinem Kind erwartest. Positiv Formulieren! (Nicht immer nur "Nein" sagen)
Zu Ungenau! "Leon!" oder "Hör auf mit dem Blödsinn!" "Jetzt reichts aber! "Jetzt benimm dich!" Diese vagen Andeutungen sagen dem Kind weder mit was es aufhören, noch was es stattdessen tun soll.
Von weit her! Immer zum Kind hingehen. Nicht von der Küche ins Kinderzimmer schreien!
Zur falschen Zeit! Vorher ankündigen. Nicht einfach den Fernseher ausmachen, oder zum essen rufen. Sag ihm vorher wie lange er etwas tun darf. Stell eine Uhr, oder geh ca. 5 Min. vorher zu ihm hin und sage: "In 5 Minuten können wir essen, wenn ich das nächste Mal komme, dann möchte ich, dass du gleich mitkommst und dir die Hände wäschst."
Es gibt noch weitere "Erziehungsfallen":
Umgang mit Strafen:
Strafe wird angedroht, aber nicht ausgeführt. Das Kind lernt mit der Zeit, dass die Eltern die Strafen nur androhen, aber trotzdem nix passiert.
Strafe als letzte Möglichkeit:
Die Eltern warten zu lange, bevor sie auf das Problemverhalten reagieren. Strafen fallen dann häufig zu hart aus.
Inkonsequente Bestrafung:
Die Eltern sind sich nicht einig, ob und wie sie Konsequenzen anwenden. Für das Kind ist es schwierig zu merken, welche Linie jetzt gilt.
Pass auf mit Drohungen. Obwohl es meistens nützt, lernen die Kinder dabei, dass sie erst hören müssen, wenn du laut wirst, schreist oder auf 3 zählst.
Anstatt: "Wenn du jetzt nicht kommst, dann gibt es keine Geschichte", könntest du sagen: "Wenn du jetzt schnell bist, dann haben wir noch genügend Zeit, das Buch zu schauen." (Bei Gordon wirst du es noch etwas anders lernen)
Ich glaube, ich mache mal einen Stop. Sonst überlade ich noch den Server.
Bin auf Deinen Beitrag gespannt. Vielen Dank schon im Voraus.Schau mal was du mit diesen Tipps und Anregungen anfangen kannst und melde dich einfach wieder, mit Feedback oder noch mehr Fragen, ok?
liebe Grüsse
Kathrin