Dauerndes Schlagen

Hier gibts Antworten auf die wichtigsten Erziehungsfragen

Moderator: Kathrin Buholzer

Dauerndes Schlagen

Beitragvon livspe » 21.07.2008, 10:17

Hallo, mein 26 Monate alter Sohn, schlät dauernd seine 5 Jährige Cousine! Wir wohnen nebeneinander, daher sehen sie sich auch jeden Tag! Teilweise Provoziert sie es auch, aber sehr viel schlägt er sie einfach ohne Grund, oder weil sie einfach nict macht was er will! Ich weiss nicht was ich da machen soll, es nervt richtig! Das witzige an der ganzen Geschichte ist das sie sich 5 min. später wieder in den armen liegen!
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Beitragvon Kathrin Buholzer » 21.07.2008, 10:52

Hallo, mein 26 Monate alter Sohn, schlät dauernd seine 5 Jährige Cousine! Wir wohnen nebeneinander, daher sehen sie sich auch jeden Tag! Teilweise Provoziert sie es auch, aber sehr viel schlägt er sie einfach ohne Grund, oder weil sie einfach nict macht was er will! Ich weiss nicht was ich da machen soll, es nervt richtig! Das witzige an der ganzen Geschichte ist das sie sich 5 min. später wieder in den armen liegen!


Hallo Livspe! Herzlich willkommen hier im Forum und schön, dass du hier dabei bist.
Versuch einmal zu beobachten, wann es Schwierigkeiten gibt. Was ist das Problem, Wann und wo ist es aufgetreten, Was passierte vorher, Was nachher. Evt. wirst du feststellen, dass es ein Verhaltensmuster gibt. Vielleicht ist es ein Machtkampf, vielleicht passiert es aus Langeweile, evt. will er ihr so etwas mitteilen, Vielleicht kann er sich auch nicht anders ausdrücken. z.B wenn sie ihm etwas weggenommen hat. (evt. hat er das auch schon so bei jemandem abgeschaut. Will ich etwas haben oder passt mir etwas nicht, dann schlag ich einfach drein).
Evt. wirst du auch feststellen, dass es gar nicht so häufig vorkommt, wie du vielleicht im Moment meinst.


Schon kleine Kinder merken schnell, dass sie ihre Körperteile als "Waffen" gebrauchen können. Anhand der Reaktionen merken sie, dass man mit beissen oder schlagen Aufmerksamkeit und Zuwendung erhält, auch wenn es negative ist. Er versucht nun, dieses Verhalten immer wieder zu zeigen.
Dein Sohn hat sicher auch gemerkt, dass er mit diesem Verhalten die Kinder z.T auch beherrscht, dass er dann seinen Willen bekommt oder dass er so eine Chance hat sich zu wehren.
Wichtig ist, dass du ihm klar machst, dass du das nicht tolerierst. Sag ihm, dass du von ihm möchtest, dass er lieb und sorgfältig mit den anderen umgehen soll. (Formuliere positiv: also nicht: NICHT schlagen, sondern lieb und anständig umgehen).
Wenn du merkst in welchen Situationen das passiert, dann kannst du mit ihm auch mal anschauen, wie er sich denn sonst auch noch "wehren" könnte. "Wenn dir die Livia das Spielzeug wegnimmt, was könntest du dann tun, anstatt sie zu hauen?". Zeig ihm Alternativen auf, zeig ihm, dass er sich mit Worten ausdrücken soll, wenn ihm etwas nicht passt, hilf ihm dabei andere Formen zu finden.

Pass auch auf, dass du dich nicht immer gleich einmischst. Wenn nicht ein Kind ständig darunter leidet, sie sich selber wieder versöhnen können, dann kannst du sie auch verhandeln lassen.
Wenn es Streit gibt, sie "ziggeln" und du das Gefühl hast, dass du dich einmischen sollst, dann geh zu ihnen und mach folgendes:
Nicht als „Polizist“ in die Situation rein gehen, sondern als „Vermittler“. Wenn sie sich streiten und du zu ihnen gehst, dann versuche nicht gleich selber die Situation zu klären. Also nicht: „ Was ist jetzt schon wieder los? Marco was hast du jetzt schon wieder gemacht? Musst du immer mit anderen streiten? Jetzt gibst du ihnen sofort die Sachen zurück."
Versuch als erstes mal zuzuhören. Was genau ist passiert, versuch nicht zu bewerten und Partei für jemanden zu ergreifen. Hör zu und mach dir ein Bild. Wenn nötig fass das Gehörte zusammen: „Also hani das richtig verstande, Tim du bisch verruckt worde, wüll d Luna nid hett wölle mit dir spile.“ Manchmal reicht schon das Zuhören und die Kinder sind dann schon wieder zur Türe raus.
Versuch auch hier nicht gleich selber die Lösung zu geben. "Eh das ist doch nicht so schlimm. Jetzt lass den Tim halt mal und spiel etwas anderes." Probier deine Kinder zu einer Lösung zu bewegen. „Also, Tim du möchtest jetzt nicht mehr mit Luna spielen? Und du Luna möchtest aber jetzt noch mit Tim weiterspielen? Was tun wir jetzt? Was gibt es für eine Möglichkeit? Habt ihr eine Idee? Welche Idee habt ihr? Wie könnet ihr dieses Problem jetzt am besten lösen?"
Kinder haben meistens selber sehr gute Ideen Probleme zu lösen, man muss sie nur lassen. Wichtig ist, dass du ihnen nur soviel Hilfe wie nötig gibst, so dass sie das Problem eigentlich selber lösen können. Wenn es dann nicht klappt, oder sie sich nicht einigen können, dann kannst du immer noch einschreiten od. eine Lösung vorschlagen.
Wenn sie sich bei einem Streit zum Beispiel gar nicht einigen können dann kannst du immer noch eingreifen und sagen: „Schaut mal, wenn ich euch jetzt nicht einigen könnt, wer zuerst mit dem Auto spielt, dann nehme ich es für 10 Minuten weg. Ich geb's euch dann wieder und in der Zwischenzeit könnt ihr euch überlegen, wie ihr das lösen wollt. Wenn es immer wieder um einzelne Spielsachen Streit gibt, dann könnt ihr ja mal zusammen abmachen, welche Spielsachen jeder für sich selber haben und auch nicht mit dem anderen teilen will. Ihr könnt z.B diese Spielsachen mit einem Punkt oder einem Kleber kennzeichnen. D.h für die Zukunft, dass man diese Sachen nicht miteinander teilen muss. Dafür ist man aber einverstanden, dass alles was keine Kennzeichnung hat, geteilt wird.
Es ist nicht deine Aufgabe abzuwägen und den Schiedsrichter zu spielen, du sollst nur Hilfestellungen geben und die Kinder müssen es dann selber versuchen. Das ist für dich einfacher, denn sonst stehst du immer zwischendrin, du bist immer für irgendjemanden „die Böse“ du kannst es nicht allen recht machen. Deshalb ist es für dich auch viel entspannter, wenn deine Kinder nach Lösungen suchen. Sie werden mit der Zeit auch merken, dass sie dich auch nicht immer rufen müssen, denn du ergreifst ja „keine Partei“ mehr für jemanden.
Manchmal kann auch ein kleines Rollenspiel hilfreich sein, z.B wenn ein Kind bei der Lösungsfindung nicht mitmachen will. Dann kannst du seinen "Part" übernehmen und es mit dem anderen Kind quasi vorzeigen.
Wenn du dann Hilfestellungen gibst, dann versuch das mit viel Fantasie und Einfühlungsvermögen zu machen. Mitzuhelfen Lösungen zu finden muss nämlich nicht nur Stress sein, sondern kann auch Spass machen!
Ich weiss, das ist sehr schwierig am Anfang, vor allem wenn man es sich gewohnt ist, immer gleich einzuschreiten und Tipps zu geben oder zu befehlen, wies jetzt läuft. Es braucht Fingerspitzengefühl um sich auch mal zurückzuhalten und den „Ball“ an die Kinder zurückzugeben. Es wird sicher auch nicht gleich beim ersten Mal klappen, aber probier es einfach immer wieder.

Wenn du das Gefühl hast, dass er sie wirklich ärgert und ihr weh macht, dann musst du natürlich einschreiten.

Wichtig ist, dass du nicht alles x-mal sagst. Wenn du möchtest, dass dein Kind etwas tut, dann folge diesen Schritten: Geh zu ihm hin (also nicht aus einem anderen Zimmer, von draussen nach drinnen…) rufen, sprich ihn mit Namen an und sag ihm genau was er tun soll: „bitte häb dini Füess abe, gang bitte ga Zähnputze, due bitte normal rede, due lieb, fiin, aständig mit der Lena …“ (auch hier, immer sagen, was er tun soll, was du von ihm möchtest). warte ca. 5 Sekunden und gib ihm Zeit zu gehorchen. Bleib in der Nähe und beobachte ihn. Wenn er macht, was du gesagt hast, dann lobe ihn. Wenn nicht dann gib ihm die Anweisung noch einmal. Wenn er wieder nicht gehorcht, dann musst du eine logische Konsequenz folgen lassen. ( also irgendetwas, welches mit seinem Verhalten in Zusammenhang steht. Ihn aus der Situation entfernen, das Spielzeug, den Teller einen Moment wegnehmen, keine Geschichte vorlesen usw.). Sag ihm immer wieso du es tust, drohe nicht, sondern tu es einfach. Wichtig ist, dass du ihm immer wieder die Möglichkeit gibst es wieder zu üben. Entferne das Spielzeug nur für ca. 5-30 minuten und gib sie ihm dann wieder. Wenn es keine Konsequenz gibt, dann setze ihn für eine bis 2 Minuten auf den stillen Stuhl. Er muss dann kurz auf einen Stuhl, Treppe, Boden sitzen, sich beruhigen, kurz nachdenken und du holst ihn dann wieder. (Wie bei der Auszeit). Wenn er nicht still ist, dann bring ihn in die Auszeit. Sag ihm warum: „du bisch nid still gsi, drum muesch itze e moment id uszyt/timeout ids zimmer.
Die Auszeit kannst du z.B auch anwenden, wenn er sie wirklich extra immer wieder haut, sie beisst, oder ihr weh macht.
Die Auszeit ist die letzte Möglichkeit und steht am Ende einer langen Kette von Erziehungsfertigkeiten. (Fam. Regeln, direktes ansprechen, klare ruhige Anweisungen, Log. Konsequenzen, Stiller Stuhl und Auszeit. Die Auszeit funktioniert nur, wenn du vor allem auch die anderen Erziehungsstrategien (beschreibend loben, Aufmerksamkeit schenken, Zuneigung zeiten bei positivem Verhalten, beiläufiges lernen usw.) regelmässig anwendest.

Wichtig bei der Auszeit:
einen uninteressanten Raum wählen (wenn möglich nicht das Kinderzimmer, das Schlafzimmer, Gästezimmer oder auch das WC). Erklär ihm in einer ruhigen Situation, wie die Auszeit abläuft. Sag ihm dann, was du von ihm erwartest. "Ich möchte, dass du dich jetzt beruhigst." Lass ihn dann einfach und verlasse evt. auch den Raum. Bei einem Wutanfall hat es keinen Sinn auf ihn einzureden. Wenn er dich dann haut oder der Wutanfall wirklich ganz heftig ist, dann schick ihn in die Auszeit. Sag ihm warum du es tust.

Die Auszeit würde ich immer dann anwenden, wenn einfach drauflos haut. Da hat es keinen Sinn ihm lange zu erklären. Nimm ihn einen Moment aus der Situation raus, damit er merkt, dass sein Verhalten nicht toleriert wird.
Vielleicht wird das gar nicht nötig sein, wenn du die anderen Sachen, die ich oben beschrieben habe einmal ausprobierst und anwendest. Das einfach so als "Backup", wenn es nicht besser wird.
Schau mal was du mit den Tipps und Anregungen anfangen kannst und melde dich einfach wieder, ok?
liebe Grüsse
Kathrin
Kathrin Buholzer
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