von Kathrin Buholzer » 27.06.2008, 23:24
Hallo Sara! Zuerst einmal herzlich willkommen, schön dass du hier dabei bist!
Meine Tochter ist 3 Jahre und 9 Monate alt. Ihr Bruder ist nun 9 Monate alt. Wie viele Kinder war sie während 3 Jahren der alleinige Mittelpunkt, vorallem bei den Grosseltern. Wir sind uns bewusst, dass es für sie eine schwierige Situation ist und sie zuerst lernen muss mit der neuen Familien Dynamik klar zu kommen.
Das hast du gut erkannt. Es ist für sie schwierig mit der neuen Situation umzugehen.
Die Reaktion deiner Tochter ist ganz klar: Eifersucht.
Das ist eigentlich eine normale Reaktion. Bis jetzt war der Kleine noch keine so grosse"Gefahr" für sie und hat sie nicht gross gestört. Jetzt da sie älter und mobilier wird, "bricht" sie plötzlich in sein "Territorium, in sein Reich" ein. Sie wird ein aktiver Teil der Familie.
Versuch dort ein gewisses Verständnis zu zeigen, dass sie sich auch über ihren kleinen Bruder ärgern darf. Dass kleine Brüder auch manchmal ganz schön anstrengend sein können.
Sprich mit ihr darüber. Frag sie auch, was sie vielleicht nervt, was sie toll findet am kleinen Bruder.
Was er z.B alles noch lernen muss und wie sie ihm dabei helfen kann.
Du kannst auch mit ihr auch ein paar ganz spezielle Regeln für den Umgang mit dem kleinen Bruder abmachen. Auch hier wieder positiv formulieren. Wie soll sie mit ihm umgehen? Schreibt diese auf ein Blatt, zeichnet, klebt, bastelt und hängt sie irgendwo gut sichtbar auf.
Du kannst z.B auch mit ihr abmachen, welche Spielsachen sie auf gar keinen Fall mit dem kleinen Bruder teilen möchte. Ihr könnt ja diese in eine spez. Kiste versorgen oder einen farbigen Punkt auf diese Spielsachen kleben. Sie erklärt sich dann aber auch einverstanden, dass sie die anderen Sachen teilen muss.
Versuch auch einmal zu beobachten, in welchen Situationen das passiert. Was passierte vorher? Was machte der kleine Bruder vorher, was passierte nachher? Vielleicht kannst du dabei auch ein Verhaltensmuster erkennen.
Es ist so dass es mehr oder weniger gut geht wenn wir alleine sind. Sobald wir aber Besuch bekommen, wird sie plötzlich ganz unnatürlich, d.h. sie lacht forciert und übertrieben, sie wird laut und macht alles um in den Mittelpunkt zu kommen.
Auch das ist eigentlich verständlich. Häufig ist es so, dass sich der Besuch zuerst um das Baby kümmert. Da wird getäschelt, gestreichelt, da gibt es "Aahs" und "Oohs" und "Jöö" und "Jodelidudelidadeli..." :-)
Am besten ist es, wenn man bei einer Familie zu Besuch ist, die ein Baby hat, dass man zuerst das grössere Kind begrüsst und dann erst zum kleineren geht. Vielleicht kannst du deinen Besuch ja mal darauf aufmerksam machen.
Es kommt nicht darauf an ob eine Erwachsene Person zu Besuch ist oder ob meine Freundin mit der 2 1/2 Jährigen Tochter hier ist. Ich komme dann nicht zur Ruhe, weil sie ständig provoziert und ständig am stören ist. Auch wenn ich sie vor dem Besuch beiseite nehme und ihr sage, dass ich es gerne hätte wen sie später nicht so laut ist.
Wichtig ist, dass du sie gut darauf vorbereitest. Das ist allgemein wichtig, im Alltag. Versuch den Tag in kleine Häppchen aufzuteilen. Sag ihr immer, was als nächstes passiert und was du von ihr erwartest.
Bei Risikosituationen, also wenn du schon vorher weisst, dass es schwierig werden könnte, würde ich dir folgendes empfehlen:
1. Gute Vorbereitung
Sag ihr genau wo ihr hingeht, was passiert, wie lange, wer kommt usw.
2. Regeln festlegen
Besprich mit ihr die Regeln. Sag ihr was du genau von ihr erwartest. Positiv formulieren "ruhig bleiben, normal sprechen"Du kannst das Fehlverhalten schon aufzählen (also "nicht den Clown spielen"), aber einfach darauf schauen, dass du vor allem positiv formulierst. Evt. kannst du sie ja selber danach fragen, wie sie sich verhalten soll.
3. Belohnungen abmachen
Besprecht zusammen, was passiert, wenn sie sich gut an die Abmachungen hält. z.B nachher zusammen ein Spiel spielen, ein Büechli schauen, sich ein Dessert auswählen usw..
4. Konsequenzen einsetzen
Sag ihr auch, was passiert wenns nicht klappt. Also es gibt keine Belohnung.
5. Nachbesprechen
Sag ihr was gut war, lobe sie dafür und sage ihr auch , was sie evt. das nächste Mal noch besser machen könnte.
Sie benimmt sich sehr theatralisch und immer darauf aus Aufmerksamkeit zu erlangen. Das macht sie dann auch sehr müde, da es ja anstrengend ist eine solche Darbietung während längere Zeit aufrecht zu halten.
Vielleicht ist sie sich dessen gar nicht bewusst. Vielleicht kennt sie auch keine Alternativen. Für dich ist es wichtig, dass du ihr ein mögliches Alternativverhalten aufzeigst. Besprich das einmal mit ihr, sag ihr was dich stört und versucht mal zusammen eine Möglichkeit zu finden, dass sie sich nicht so in Szene setzen muss. Vielleicht kannst du mit ihr auch ein Codewort abmachen, so dass sie merkt, dass sie wieder am "theäterlen" ist. Wenn sie sich wirklich so daneben benimmt (schlägt, haut, schreit, tobt) dann würde ich sie einen Moment in die "Auszeit" bringen.
D.h du gehst zu ihr, sagst was sie falsch gemacht hat, erinnerst sie an die Regel und sagst:„Lea, du hesch itze grad d Nicole ghoue, mir hei abgmacht, dass mir fiin und lieb mitenand umgöh, drum muesch du itze für 1 oder 2 Min. id Uszyt.“
Du nimmst sie ganz ruhig und bestimmt, und bringst sie in den Auszeitraum. Dieser sollte uninteressant sein, also nicht das Kinderzimmer, sondern das Schlafzimmer, Badezimmer…. Wenn sie die festgesetzte Zeit ruhig war (es muss nicht mucksmäuschenstill sein, aber sie muss sich einigermassen still verhalten), dann gehst du zu ihr und sagst: „du bisch itze schön still gsi, itze darfsch wieder usecho.“
Versuch nicht mehr über den Vorgang zu sprechen, sondern versuch sie wieder in eine Aktivität zu verwickeln.
Die Auszeit zeigt ihr, dass sie ganz klar eine Abmachung eine Regel übertreten hat, es gibt ihr aber auch dir die Möglichkeit euch beide zu beruhigen.
Drohe nicht mit der Auszeit, deine Kinder werden sonst lernen, dass sie erst hören müssen, wenn du drohst. Das gilt allgemein bei den Drohungen. Also das berühmte „wed itze nid folgisch, denn… oder itze zelle ig no uf drü“ solltest du vermeiden.
Dein Kind lernt nämlich dabei: Ich muss erst dann hören, wenn die Mama laut wird, wenn sie schimpft, droht oder auf 3 zählt. Versuch anstatt zu drohen, das Kind zu motivieren. „Hey, wenn di itze schnäll aziehsch, denn hei mer när no gnue Zyt fürs Büechli.“ Oder „Due di itze alege und wed agleit bisch denn chasch cho ässe.“ (Nicht: wed di itze nid aleisch, de chasch nid cho ässe).
Die Auszeit vorher (also wenn es kein Problemverhalten gibt) mit dem Kind vorbesprechen und genau sagen, was passiert, wieso und wie lange man in die Auszeit muss und wann du sie wieder von der Auszeit zurückholst. Die Auszeit solltest du nur anwenden, wenn es wirklich um ein grosses Problemverhalten geht.
Mir scheint es, dass sie sehr auf der Suche nach Aufmerksamkeit ist. Auch wenn's in diesen Fällen vor allem negative ist. Achte darauf, dass du den Fokus vor allem aufs Positive setzt. Tut sie etwas, dass dir gefällt, dass du mehr von ihe sehen möchtest, dann lobe und ermutige sie und sag ihr genau, WAS dir gefallen hat. Auch grad in der Situation mit dem Besuch. "Toll, dass du so schön gespielt hast, dass du mir so gut geholfen hast." Pass auf, dass du nicht ins Negative fällst. "Toll, dass du endlich mal gekommen bist, als ich dich gerufen habe. Wenn das nur immer so wäre, wenn du nur immer so gut auf mich hören würdest...."
Ich frage mich, ob ich richtig reagiere. Ich weiss nicht ob ich sie in diesen Momenten ignorieren sollte, was zumeist schwierig ist, da sie ja sehr laut ist, und den Konflikt sucht, oder wie genau ich reagieren könnte.
Wenn es um leichtes Problemverhalten geht, dann kannst du das gut ignorieren. Für deine Tochter ist es aber vielleicht nützlicher, wenn du ihr hilft aus dieser Situation rauszukommen.
Ich wäre dankbar einige tipps zu bekommen, damit meine Tochter lernt, locker und auf natürliche Weise mit anderen zu spielen und ruhiger ist wenn wir besuch haben. Danke zum voraus. Ich möchte noch sagen, dass wir immer versuchen unserer Tochter auch mit der Ankunft des neuen Geschwisters, weiterhin genügend Aufmerksamkeit zu schenken.
Schau mal, ob du etwas damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder, mit Fragen, Feedback oder mehr Beispielen.
liebe Grüsse
Kathrin Buholzer