Meine Tochter 16 Monate....

Hier gibts Antworten auf die wichtigsten Erziehungsfragen

Moderator: Kathrin Buholzer

Meine Tochter 16 Monate....

Beitragvon Emily » 21.05.2008, 09:46

Hallo Kathrin,
Ich habe eine kleine Tochter, die mittlerweile 16 Monate alt ist. Wir hatten bis anhin keine grösseren Probleme mit ihr, sie schlief mit 5 Wochen durch, schreit eigentlich nie und ist "meistens" ein durchaus zufriedenes Kind.

Seit einiger Zeit ist dies jedoch anders. Ich versuche ihr gewisse Grenzen zu setzen, wenn sie etwas tut, was ich nicht möchte, sage ich klar Nein, tu das nicht, versuche ihr auch ein bisschen zu erklären warum sie es nicht tun darf. Wenn sie es wieder tut, wir meine Stimme etwas lauter und beim dritten mal nehme ich sie zu mir auf den Schoss und sage es ihr nochmal und behalte sie ca. 5 Minuten bei mir - sozusagen der "stille" Stuhl. Es ist mir durchaus bewusst, das es viel Geduld braucht, bis ein Kind "getscheggt" hat das es etwas nicht tun darf.

Zurzeit ist es aber so, dass wenn ich ihr etwas verbiete, sie manchmal regelrechte Wutausbrüche bekommt. Dann bekommt sie einen roten Kopf schreit laut und wirft gegenstände umher. Ist jemand in der Nähe wird geschlagen. Dasselbe ist, wenn sie etwas versucht zu machen, doch es gelingt ihr nicht, bekommt sie die gleichen Anfälle. Das macht mir etwas Angst. Sieht manchmal richtig Jähzornig aus. Wie soll ich mich da verhalten?? Gar nicht beachten?? Beruhigen kann man sie in diesen Sekunden dann überhaupt nicht.

Wie setze ich ihr klar grenzen?? Was kann ich als Konsequenz einsetzen??

Jemand hat schon gemeint man solle sie für 5 Minuten ins Zimmer sperren....?? Das finde ich aber doch ein bisschen hart, oder kann man das machen??

Ich bin wirklich etwas ratlos im Moment.

Für deine Hilfe danke ich dir schon jetzt vielmals!!

Liebe grüsse Emily
Emily
 
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Beitragvon Kathrin Buholzer » 21.05.2008, 10:35

Hallo Kathrin,

Hallo Emily! Zuerst einmal herzlich Willkommen hier im Forum, schön dass du hier gelandet bist!

Ich habe eine kleine Tochter, die mittlerweile 16 Monate alt ist. Wir hatten bis anhin keine grösseren Probleme mit ihr, sie schlief mit 5 Wochen durch, schreit eigentlich nie und ist "meistens" ein durchaus zufriedenes Kind.

Seit einiger Zeit ist dies jedoch anders. Ich versuche ihr gewisse Grenzen zu setzen, wenn sie etwas tut, was ich nicht möchte, sage ich klar Nein, tu das nicht, versuche ihr auch ein bisschen zu erklären warum sie es nicht tun darf. Wenn sie es wieder tut, wir meine Stimme etwas lauter und beim dritten mal nehme ich sie zu mir auf den Schoss und sage es ihr nochmal und behalte sie ca. 5 Minuten bei mir - sozusagen der "stille" Stuhl. Es ist mir durchaus bewusst, das es viel Geduld braucht, bis ein Kind "getscheggt" hat das es etwas nicht tun darf.

Ganz wichtig ist, dass du gut vorausplanst. D.h dass du deiner Tochter immer sagst, was als nächstes passiert. Auch wenn sie noch recht klein sind.
Versuch den Tag in kleinen Schritten zu erklären. Also am morgen z.B "So, ich räume jetzt die Küche auf, du kannst in der Zeit etwas ruhig für dich spielen. Wenn ich fertig bin, komme ich zu dir und dann können wir zusammen etwas machen." Erklär ihnen immer was als nächstes passiert und was DU von ihnen erwartest, was sie tun soll. Versuch sie wenn immer möglich im Haushalt mit einzubeziehen. Sie können dir ganz gut bei gewissen Dingen helfen. z.B Möbel abstauben, die Türrahmen abwischen, staubsaugen. Auch wenn du das Gefühl hast, dass es dir rein "putztechnisch" nicht allzuviel bringt, ist es für sie sehr wichtig. Sie haben so a). etwas zu tun und b). das Gefühl, dass sie gebraucht werden und etwas tun können. Und du hast sie im Auge. :-)

Dann weiter ist sehr wichtig, dass du für sie interessante Beschäftigungen suchst.
Überleg dir einmal, was sie bei euch zu Hause tun können. Mit welchen Sachen, Gegenständen, Materialien könnten sie spielen. Gib ihnen z.B Tücher, Kartonschachteln, Wäschekorb, Stühle, Zeichnungspapier...
Du kannst ihnen auch eine "Krimskrams-Kiste" machen. Einfach eine Schachtel mit wertlosem Material wie Schnur, Korkzapfen, Silberpapierchen, Knöpfe usw... Schmeiss dort immer wieder etwas rein. Mit dieser Kiste können sie sich dann beschäftigen, basteln, zeichnen, kleben usw.

Wichtig ist, dass du nicht alles x-mal sagst. Wenn du möchtest, dass dein Kind etwas tut, dann folge diesen Schritten:

Geh zu ihm hin (also nicht aus einem anderen Zimmer, von draussen nach drinnen…) rufen, sprich ihn mit Namen an und sag ihm genau was er tun soll: „Ich möchte, dass du jetzt deine Kleider anziehst und dann zum Essen kommst, …“ (auch hier, immer sagen, was sie tun soll, was du von ihr möchtest). (Nicht einfach "Nein" sagen, sondern sagen, WAS sie denn tun soll).
Warte ca. 5 Sekunden und gib ihr Zeit zu gehorchen.
Bleib in der Nähe und beobachte sie. Wenn sie tut, was du gesagt hast, dann lobe sie.
Wenn nicht dann gib die Anweisung noch einmal. (Gilt nicht bei Problemverhalten, dann die Anweisung nur einmal geben!).
Wenn sie wieder nicht gehorcht, dann musst du eine logische Konsequenz folgen lassen. ( also irgendetwas, welches mit seinem Verhalten in Zusammenhang steht. Das Kind aus der Situation entfernen, das Spielzeug, den Teller einen Moment wegnehmen, keine Geschichte vorlesen usw.)
Sag ihr immer wieso du es tust, drohe nicht, sondern tu es einfach. Wichtig ist, dass du ihr immer wieder die Möglichkeit gibst es wieder zu üben. Entferne das Spielzeug nur für ca. 5-30 minuten und gib es ihr dann wieder.

Beobachte dich einmal, WIE du Anweisungen gibst. Denk dran:

Nicht zuviele! Oftmals texten wir unsere Kinder von morgens bis abends mit Anweisungen zu. Je mehr Anweisungen wir geben, umso mehr Möglichkeiten haben die Kinder nicht zu gehorchen. Oftmals geben wir auch einfach nur Anweisungen aus lauter Gewohnheit. "Pass auf dort drüber, diese Pflanzen solltest du nicht anfassen, jetzt musst du dann mal den Schlafanzug anziehen." Hier wäre es besser entweder gar nichts zu sagen oder dann: "Komm her zu mir, Lass die Pflanzen in Ruhe, geh jetzt bitte deinen Schlafanzug anziehen." Überleg dir jeweils, BEVOR du eine Anweisung gibst: Ist diese jetzt wichtig? Denk auch daran, dass du dann auch eine Konsequenz parat haben musst, wenn er sie nicht befolgt.

Frageform! Immer wieder geben wir Anweisungen als Frage. "Könntest du bitte deine Füsse vom Tisch nehmen? Kommst du bitte? Gehst du jetzt die Hände waschen?" Wenn wir eine Anweisung als Frage formulieren, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn das Kind "Nein" sagt. Also sag immer, WAS genau du von deinem Kind erwartest. Positiv Formulieren!

Zu Ungenau! "Leon!" oder "Hör auf mit dem Blödsinn!" "Jetzt reichts aber! "Jetzt benimm dich!" Diese vagen Andeutungen sagen dem Kind weder mit was es aufhören, noch was es stattdessen tun soll.

Von weit her! Immer zum Kind hingehen. Nicht von der Küche ins Kinderzimmer schreien!

Zur falschen Zeit! Vorher ankündigen. Nicht einfach den Fernseher ausmachen, oder zum essen rufen. Sag ihm vorher wie lange er etwas tun darf. Stell eine Uhr, oder geh ca. 5 Min. vorher zu ihm hin und sage: "In 5 Minuten können wir essen, wenn ich das nächste Mal komme, dann möchte ich, dass du gleich mitkommst und dir die Hände wäschst."

Es gibt noch weitere "Erziehungsfallen":

Umgang mit Strafen:
Strafe wird angedroht, aber nicht ausgeführt. Das Kind lernt mit der Zeit, dass die Eltern die Strafen nur androhen, aber trotzdem nix passiert.

Strafe als letzte Möglichkeit:
Die Eltern warten zu lange, bevor sie auf das Problemverhalten reagieren. Strafen fallen dann häufig zu hart aus.

Inkonsequente Bestrafung:
Die Eltern sind sich nicht einig, ob und wie sie Konsequenzen anwenden. Für das Kind ist es schwierig zu merken, welche Linie jetzt gilt.


Zurzeit ist es aber so, dass wenn ich ihr etwas verbiete, sie manchmal regelrechte Wutausbrüche bekommt. Dann bekommt sie einen roten Kopf schreit laut und wirft gegenstände umher. Ist jemand in der Nähe wird geschlagen. Dasselbe ist, wenn sie etwas versucht zu machen, doch es gelingt ihr nicht, bekommt sie die gleichen Anfälle. Das macht mir etwas Angst. Sieht manchmal richtig Jähzornig aus. Wie soll ich mich da verhalten?? Gar nicht beachten?? Beruhigen kann man sie in diesen Sekunden dann überhaupt nicht.

Wie setze ich ihr klar grenzen?? Was kann ich als Konsequenz einsetzen??

Verhindern kannst du solche Trotzanfälle nicht. Es gibt allerdings ein paar Sachen die du tun kannst, damit es vielleicht nicht gar so häufig vorkommt.
- Lass ihnen genügend Freiraum, renn nicht ständig hinter ihr her und versuch sie nicht mit Anweisungen zu zutexten.
- Stell Regeln auf, aber nicht zu viele und sei konsequent, wenn diese nicht beachtet werden.
- Achte darauf, dass du ihr nicht alles abnimmst und ihr dann nur deine Hilfe anbietest, wenn sie nicht weiterkommt. Ganz nach dem Motto: "Hilf mir, es selbst zu tun."

- Oft ist es auch möglich in gewissen Dingen zu verhandeln. D.h du kannst ihr eine Auswahl geben und sie kann dann selber entscheiden, was sie möchte. ("Soll ich dir die Hand geben, oder willst du alleine raufgehen?" " Möchtest du die blaue oder die grüne Hose anziehen." usw. Einen Kompromiss eingehen, verhandeln, aber nur dort wo es auch wirklich Sinn macht.

- In Situationen in denen sie sich ärgert, nützt es oft auch, wenn du versuchst sie abzulenken. Manchmal merkst du auch schon vorher, dass es bald zu einem Trotzanfall kommt, dann kannst du mit dem Ablenkungsmanöver schon etwas früher anfangen.
Vorausplanen. Sag ihr immer früh genug, was als nächstes passiert, so dass sie sich schon frühzeitig darauf einstellen kann.
Versuche dem Wutanfall möglichst wenig Beachtung zu schenken.

Wichtig ist, dass du versucht den Fokus aufs Positive zu richten. tut sie etwas dass dir gefällt und das du mehr von ihr sehen möchtest dann schenk ihr Aufmerksamkeit und lobe sie.
Sag ihr genau, WAS dir gefallen hat. "Wenn du dich so schnell anziehst, dann freut mich das sehr, dann haben wir nämlich noch genügend Zeit zusammen etwas zu spielen. oder "Toll, dass du grad gekommen bist, als ich dich gerufen habe."

In der Trotzphase, so ab 2 Jahren erwacht der eigene Wille des Kindes und zeigt sich immer häufiger in Form von Trotzreaktionen und Gehorsamsverweigerungen. Das bedeutet aber nicht, dass sich das Kind in erster Linie gegen seine Eltern wendet, sondern vielmehr, dass das Kind leidet, dass es seine Wünsche nicht selber erfüllen kann.
D.h., es ist in dieser Phase nicht mehr in der Lage die Situation zu überblicken oder zu kontrollieren und gerät darum völlig aus den Fugen.
Deine Tochter versucht immer mehr ihre eigenen Wege zu gehen und stösst dabei natürlich und immer wieder an"natürliche" Grenzen. Und sie merkt auch, dass du nicht alles so machst und sagst, wie sie das gerne möchten.

(Hier noch ein paar Erläuterungen aus dem familienhandbuch.de)
>>Diese ersten Erfahrungen mit dem eigenen Willen und den damit verbundenen aggressiven Gefühlen und Konfliktsituationen bzw. der Umgang damit, werden zu Grunderfahrungen, die das weitere Leben des Kindes er- oder entmutigend prägen werden. Die Kinder erlernen im Idealfall, dass:

... es ist gut, einen eigenen Willen zu entwickeln. Dadurch wird es fähig, eigene Entscheidungen zu treffen und zu erproben, und zu erkennen welche Konsequenzen diese Entscheidungen nach sich ziehen.
... Konfliktsituationen nichts wirklich Bedrohliches sind und zum Leben dazugehören und Lösungen gefunden werden können.
... Konfliktsituationen innere und äußere Spannungen erzeugen. Diese Spannungen sind aber auszuhalten und müssen nicht durch andere Tätigkeiten (z.B. Essen) abreagiert oder sogar verdrängt werden.
... es seine Gefühle äußern und zum Ausdruck bringen kann und seine Eltern halten das aus, bewerten sie nicht, sondern helfen ihm dabei, sie zunehmend in Worte zu fassen und auszudrücken. "Auch wenn ich um mich schlage, schreie und tobe, werde ich von meinen Eltern gemocht."
... bewältigte Konflikte Ereignisse sind, auf die man gemeinsam zurückblicken kann und welche die Beziehung vertiefen.
... es macht Spaß, eigene Erfahrungen zu sammeln, auch wenn manchmal Schmerz und Enttäuschung mit dabei sind. Das Kind verzweifelt nicht, da es von seinen Eltern unterstützt wird, es immer wieder neu zu versuchen. >>


Jemand hat schon gemeint man solle sie für 5 Minuten ins Zimmer sperren....?? Das finde ich aber doch ein bisschen hart, oder kann man das machen??

Wenn sie wirklich schlägt oder Sachen rumschmeisst, dann ist es wichtig, dass du Stellung beziehst und sie nicht mit deiner Aufmerksamkeit belohnst. Sag ihr dass sie damit aufhören soll und was sie stattdessen tun soll. Warte ein paar Sekunden und wenn sie nicht aufhört, dann würde ich sie einen Moment in die "Auszeit" schicken. Das kann ein Trip Trap sein z.B oder so ab zwei Jahren dann auch das Zimmer. (Am besten nicht das Kinderzimmer. Der Raum sollte uninteressant sein, als z.B das Schlafzimmer). Du musst selber entscheiden, ob du sie schon in ein Zimmer bringen willst oder nicht. Ich würde sie in einer solchen Situation nicht auf den Schoss nehmen. Du schenkst ihr so (unbewusst) Aufmerksamkeit für ein Verhalten, das du ja gar nicht möchtest. Du kannst sie dann wieder auf den Schoss nehmen, wenn sie sich beruhigt hat.
Wenn du sie ins Zimmer bringst oder in den Trip Trap setzt dann sag ihr genau, WAS sie falsch gemacht hat. "Du hast mich jetzt grad gehauen, deshalb musst du jetzt einen Moment hier sitzen." Du kannst auch einen Moment weggehen. Signalisiere ihr, dass es nicht in Ordnung ist, wenn sie dich haut.
Sie ist noch grad etwas klein. Wenn sie dann noch etwas älter ist, kann ich dir dann noch den genauen Ablauf d. "stillen Stuhls" und der Auszeit erklären. Jetzt kannst du ja Mal so eine Vorstufe davon ausprobieren.
Schau doch Mal, ob du mit diesen Angaben etwas anfangen kannst und melde dich einfach wieder mit Feedback, Fragen oder noch mehr Beispielen.
Liebe Grüsse
Kathrin


Ich bin wirklich etwas ratlos im Moment.

Für deine Hilfe danke ich dir schon jetzt vielmals!!

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Kathrin Buholzer
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