plötzlich wieder Baby

Hier gibts Antworten auf die wichtigsten Erziehungsfragen

Moderator: Kathrin Buholzer

plötzlich wieder Baby

Beitragvon Purple » 14.07.2009, 14:16

Liebe Kathrin,

schön dass es dieses Forum hier gibt :) .

Heute bräuchte ich auch mal Deinen Rat.

Und zwar geht es um Geschwisterrivalität. Meine Kinder Sohn M. (3J.) und Tochter P. (1J.) haben 22 Monate Alterunterschied.
Schon von Beginn an war die Eifersucht sehr stark zu spüren, obwohl ich meinen Sohn meines glaubens immer stark mit einbezogen habe.
Das Stillen entpuppte sich als Geduldsprobe. Zum Teil wurden wir regelrecht angesprungen.
Soweit so gut, eine zeitlang hat sich die Lage auch wirklich beruhigt. Jetzt wo unsere Tochter mobiler geworden ist, hat es sich aber wieder zugespitzt. Streit um Spielsachen usw.

Leider musste ich jetzt feststellen, dass M. sich in seiner Entwicklung P. anpasst. Er benimmt sich am Tisch wie sie, er artikuliert wie sie usw.
Mein Mann und ich schauen jetzt immer, dass es eine M.-Zeit gibt, in der er alleine mit Mami oder Papi was unternehmen darf. Aber im Alltag stellt sich das für mich alleine
relativ schwierig raus, da ja P. immer dabei ist.
Im Herbst kommt M. in die Spielgruppe und darf mit Papi samstags in VaKi-Turnen. Ich hoffe dass er danach in seiner Entwicklung wieder etwas gestärkt ist.
Auch sage (und zeige) ich ihm öfters wie lieb ich ihn habe und wie stolz ich auf ihn bin und zeige ihm die Vorteile auf, die man schon hat wenn man grösser ist.

Ich probiere M. wirklich zur Selbständigkeit hin zu fördern (alleine anziehen, Gang zur Toilette usw). Leider hat er null Interesse daran. Er sagt dann immer „Mama bitte helfen, ich kann das nicht alleine usw“.

Dazu kommt dann ja noch die Trotz- und Grenzentestphase mit der ich zur Zeit ja auch kämpfe *grins*

Teilweise komme ich echt an meine Grenzen, da Situation zwischen M. und P. auch echt gefährlich sind, und ich darum sehr gefordert bin.

Hast Du vielleicht einen guten Rat für uns?
Purple
 
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Re: plötzlich wieder Baby

Beitragvon Kathrin Buholzer » 15.07.2009, 17:12

Liebe Kathrin,

schön dass es dieses Forum hier gibt .

Hallo purple! Danke! Schön, dass du hier dabei bist.

Heute bräuchte ich auch mal Deinen Rat.

Und zwar geht es um Geschwisterrivalität. Meine Kinder Sohn M. (3J.) und Tochter P. (1J.) haben 22 Monate Alterunterschied.
Schon von Beginn an war die Eifersucht sehr stark zu spüren, obwohl ich meinen Sohn meines glaubens immer stark mit einbezogen habe.
Das Stillen entpuppte sich als Geduldsprobe. Zum Teil wurden wir regelrecht angesprungen.
Soweit so gut, eine zeitlang hat sich die Lage auch wirklich beruhigt. Jetzt wo unsere Tochter mobiler geworden ist, hat es sich aber wieder zugespitzt. Streit um Spielsachen usw.

Was du schreibst, erleben viele Eltern mit zwei Kindern. Am Anfang klappt es meistens noch relativ gut, das Baby braucht zwar viel Zuneigung der Mutter, liegt aber doch die meiste Zeit rum und wird einem nicht gefährlich. Doch jetzt, wenn das Baby grösser und mobilier wird, bricht es in sein Territorium ein, will mithelfen, kann aber noch nicht so gut und er wird anfangen, seine Sachen zu verteidigen.
Ich kann dir sagen: Es IST normal. Bis jetzt war deine Tochter keine grosse Gefahr für deinen Jungen. Doch jetzt wo sie mobiler und ein aktiver Teil der Familie wird, bricht sie in sein Territorium ein und diese Eifersucht ist eine Folge davon.
Schau einmal genau hin und achte dich, wann und in welchen Situationen es passiert. Oft sind ja die Kleinen auch nicht immer ganz unschuldig, doch meistens werden dann die Grossen bestraft. "Jetzt lass sie doch mal, sie ist ja noch klein, sei doch vernünftig, du bist schon gross und sie ist noch so klein..." usw. Um was geht es denn bei diesen Streitereien genau? Ist es einfach seine Art sich auszudrücken, weil er vielleicht nicht weiss, wie er es anders machen könnte. Ist es ein Machtspiel, ein buhlen um Aufmerksamkeit?
Zeig deinem Sohn immer wieder (auch vor anderen) wie stolz du auf ihn bist. Lobe und ermutige ihn. Sag ihm wie stolz du auf sein Können, seine Hilfbereitschaft und Selbstständigkeit bist. Lass ihn auch immer wieder Sachen tun, die ältere Kinder schon tun dürfen. z.B am Abend länger aufbleiben, einmal alleine mit Mama oder Papa oder dem Götii etwas unternehmen. Dann hat er nicht das Gefühl, er sei immer im Nachteil. Wenn er sich nämlich genügend bestätigt fühlt, dass er der Grössere und Stärkere ist, dann hat er es weniger nötig, dies seiner kleinen Schwester gegenüber immer unter Beweis zu stellen.
Schau auch, dass er genügend "Rückzugsmöglichkeiten" hat. Es ist durchaus normal, dass er auch einmal etwas ohne das Dabeisein seiner Schwester machen will. Schaff ihm eine Spielecke in seinem Zimmer. Du kannst auch jedem Kind seine eigene Spielkiste zusammenstellen. Dort packst du die Spielsachen rein, die nur für deinen Sohn bestimmt sind. Du kannst diese zusammen mit ihm raussuchen. Dann könnt ihr zum Beispiel noch eine Kiste machen, die für beide bestimmt ist. Alle Spielsachen in dieser Kiste dürfen dann beide brauchen.
Hab auch ein bisschen Verständnis: Kleine Schwestern können ja manchmal auch ganz schön nerven. :-)
Versuch auch immer wieder Zeiten zu schaffen, wo du ausschliesslich Zeit für ihn hast. z.B am Mittag, wenn die Kleine schläft, oder zusammen mit ihm in einen Schwimmkurs gehen, ins turnen usw. Denk auch daran, dass er mit seinen 3 Jahren noch nicht so gut gelernt hat Rücksicht zu nehmen. Zeig ihm wie das geht und hilf ihm dabei. Wie alle Kleinkinder, ist er ein kleiner Egoist, das ist normal, wenn auch nervig! :-)
Versuch auch deine Ansprüche etwas runterzuschrauben. Oft haben wir das Gefühl, dass Geschwister doch immer gut auskommen sollten, dass sie ein Herz und eine Seele sein müssten.
Mit Büchern findet man oft auch einen guten Zugang. Du kannst dich mal im Shop etwas umsehen, dort hat es auch viele Bücher zum Thema "Geschwister". (z.B ein Geschwisterchen für Pauli)
http://www.elternplanet.ch/erziehung-mi ... inder.html


Leider musste ich jetzt feststellen, dass M. sich in seiner Entwicklung P. anpasst. Er benimmt sich am Tisch wie sie, er artikuliert wie sie usw.

Das ist normal. Das passiert oft, bei den älteren Geschwistern. Sie finden es einerseits spannend, andererseits merken sie aber auch, dass die Kleinen mit ihrem Verhalten (Schreien, kreischen, weinen), die Aufmerksamkeit von Mama auf sich ziehen.
Wenn er gerne Baby spielt, dann lass ihn am besten. Du kannst schauen, dass ihr z.B eine Baby-Spiel Zeit abmacht. Nach dem Mittagessen, vor dem ins Bett gehen. Er darf dann Baby sein, du kannst ihn füttern, er darf auch in Babysprache reden usw. Sag ihm, wie lange die Babyzeit dauert und sag ihm dann vorher wann die Zeit vorüber ist.

Wenn er sich während des Tages wie ein Baby benimmt, dann ignoriere das einfach. Sprich einfach normal mit ihm und beachte das nicht. Du kannst ihn darauf aufmerksam machen, wann seine "Baby-Spiel Zeit" ist, dann aber sein Verhalten ignorieren.
Wichtig scheint mir, dass du auch mal schaust, in welchen Situationen er sich so benimmt. Sucht er dann Aufmerksamkeit, ist es ihm Langweilig, möchte er mit dir in Kontakt treten? Du kannst ihm dann versuchen eine Alternative anzubieten, so dass er sich gar nicht in dieses "Baby Spiel" reingeben muss. Lass ihn dir etwas helfen, spiel etwas mit ihm. Verwickle ihn in eine Diskussion, frag ihn etwas usw.

Zeig deinem Sohn immer wieder (auch vor anderen) wie stolz du auf ihn bist. Lobe und ermutige ihn. Sag ihm wie stolz du auf sein Können, seine Hilfbereitschaft und Selbstständigkeit bist. Lass ihn auch immer wieder Sachen tun, die ältere Kinder schon tun dürfen. z.B am Abend länger aufbleiben, einmal alleine mit Mama oder Papa oder dem Götii etwas unternehmen. Dann hat er nicht das Gefühl, er sei immer im Nachteil. Wenn er sich nämlich genügend bestätigt fühlt, dass er der Grössere und Stärkere ist, dann hat er es weniger nötig, dies seiner kleinen Geschwistern gegenüber immer unter Beweis zu stellen.
Schau auch, dass er genügend "Rückzugsmöglichkeiten" hat. Es ist durchaus normal, dass er auch einmal etwas ohne das Dabeisein seiner Schwester machen will. Schaff ihm eine Spielecke in seinem Zimmer. Du kannst auch jedem Kind seine eigene Spielkiste zusammenstellen. Dort packst du die Spielsachen rein, die nur für deinen Sohn bestimmt sind. Du kannst diese zusammen mit ihm raussuchen. Dann könnt ihr zum Beispiel noch eine Kiste machen, die für beide bestimmt ist. Alle Spielsachen in dieser Kiste dürfen dann beide brauchen.
Hab auch ein bisschen Verständnis: Kleine Geschwister können ja manchmal auch ganz schön nerven. :-)
Versuch auch immer wieder Zeiten zu schaffen, wo du ausschliesslich Zeit für ihn hast. z.B am Mittag, wenn die Kleinen schlafen, oder zusammen mit ihm in einen Schwimmkurs gehen, ins turnen usw. Pass auch auf, dass du ihn nicht zu sehr mit der kleinen Schwester vergleichst oder Sätze sagst wie: "Du bist doch jetzt schon ein Grosser, du bist doch kein Baby mehr..."


Mein Mann und ich schauen jetzt immer, dass es eine M.-Zeit gibt, in der er alleine mit Mami oder Papi was unternehmen darf. Aber im Alltag stellt sich das für mich alleine
relativ schwierig raus, da ja P. immer dabei ist.
Im Herbst kommt M. in die Spielgruppe und darf mit Papi samstags in VaKi-Turnen. Ich hoffe dass er danach in seiner Entwicklung wieder etwas gestärkt ist.
Auch sage (und zeige) ich ihm öfters wie lieb ich ihn habe und wie stolz ich auf ihn bin und zeige ihm die Vorteile auf, die man schon hat wenn man grösser ist.

Im Moment hat er vielleicht eher das Gefühl, dass es mehr Nachteile gibt. Versuch mal, dass nicht du die Vor- und Nachteile aufzählst, sondern frag ihn danach. "Was findest du denn so toll, wenn man ein Baby ist? Was darf denn ein Baby alles tun? Wo braucht es Hilfe? Was kann ein Baby gut, was nicht? Was kannst du denn gut?" usw.
Du kannst auch mal mit deinem Sohn, Babyfotos anschauen, oder du zeigst ihm mal ein Video, als er noch ein Baby war. Du kannst ihm auch ein paar Fotos von sich als Baby ausdrucken, damit er sie ausschneiden und aufkleben, verzieren kann. Oder du hängst ein paar Babyfotos von ihm in seinem Zimmer auf.


Ich probiere M. wirklich zur Selbständigkeit hin zu fördern (alleine anziehen, Gang zur Toilette usw). Leider hat er null Interesse daran. Er sagt dann immer „Mama bitte helfen, ich kann das nicht alleine usw“.

Dann hilf ihm, gib ihm Hilfestellungen aber erledige es nicht für ihn. Es ist sehr wichtig ist, dass wir als Eltern Vertrauen in die Fähigkeiten unserer Kinder haben. Wir müssen ihnen etwas zutrauen und ihnen auch Erfahrungsräume öffnen. D.h nicht immer grad alles selber erledigen (auch wenns oft schneller geht und bequemer ist). Wenn dein Kind etwas nicht schafft, vielleicht deshalb auch wütend wird, nimm ihm nicht immer die Arbeit ab und präsentier ihm die Lösung. Versuch zusammen mit ihm eine Lösung zu finden. Frag ihn, was er tun wollte und wie er das jetzt anpacken könnte. Gib ihm Tipps und Hilfestellungen aber erledige es nicht für ihn. Wenn die Kinder noch kleiner sind brauchen sie noch etwas mehr Hilfestellungen.
Die Kinder können oft viel mehr, als wir ihnen zutrauen und oft auch mehr, als wir gedacht haben. Viele Eltern räumen ihnen Kindern jedes Steinchen aus dem Weg und möchten sie auch vor allem bewahren. Sie sind fast pausenlos beschäftigt, ihre Wünsche zu erfüllen. Trotzdem ist das Kind oft unzufrieden und quengelig. Überleg dir einmal wie du dich fühlen würdest, wenn du ein unselbstständiger Erwachsener wärst.
Genau so muss sich auch ein unselbstständiges Kind fühlen, so nach dem Motto: "ich kann das nicht allein, ich brauche ständig einen Erwachsenen um mich herum, ohne Erwachsene bin ich hilflos, ich kann es eh nicht allein, deshalb versuche ich es erst gar nicht. Die Erwachsenen müssen immer für mich da sein, damit meine Wünsche erfüllt werden. Sie müssen sich pausenlos mit mir beschäftigen, sonst wirds mir Langweilig und ich mache Blödsinn."
Ein unselbstständiges Kind hat auch das Gefühl, dass es Dinge im Alltag gar nicht selber erledigen kann, weil sie ihm ja meistens von einem Erwachsenen abgenommen werden. Häufig unterstützen wir dieses Gefühl mit Aussagen wie: "Dafür bist du noch zu klein, warte ich helf dir, du kannst das noch nicht." Das Kind wird abhängig von den Erwachsenen und es lernt auch nicht Verantwortung zu übernehmen und auch die Konsequenzen für sein Handeln zu tragen. Es wird bequem egoistisch und nützt andere aus. Ausserdem ist ihm oft Langweilig, weil es gar nie richtig gelernt hat sich selber zu beschäftigen. Ein unselbstständiges Kind hat oft wenig Selbstwertgefühl. Es ist oft unsicher, manchmal schüchtern, mutlos aber auf alle volle hat es ganz hohe Ansprüche an uns Eltern und wird zum Tyrannen. Das vor allem auch, weil es wenig Widerstand spürt und auch nicht gelernt hat mit unangenehmen Situationen fertig zu werden.

Ein Kind zur Selbstständigkeit erziehen heisst nicht, ihm alles erlauben, alles durchgehen lassen. Es ist das Gegenteil von abhängig sein, angewiesen sein auf den anderen. Also möglichst früh, das selber zu tun, was möglich ist, ohne dass jemand hilft oder es für einen erledigt.
Was heisst das jetzt genau? Versuch immer wieder im Alltag deinem Kind die Möglichkeit zu geben, Dinge zu entdecken, selber auszuprobieren, ganz nach dem Motto: "Hilf mir, es selbst zu tun". Wir unterschätzen unsere Kinder ganz häufig und sind erstaunt, wie viel sie schon selber können. Es ist nicht immer ganz einfach und es ist oft auch anstrengender, mit mehr Zeit und Energie verbunden, wenn wir versuchen unsere Kinder zu mehr Selbstständigkeit zu erziehen.


Dazu kommt dann ja noch die Trotz- und Grenzentestphase mit der ich zur Zeit ja auch kämpfe *grins*

Teilweise komme ich echt an meine Grenzen, da Situation zwischen M. und P. auch echt gefährlich sind, und ich darum sehr gefordert bin.

Hast Du vielleicht einen guten Rat für uns?

Schau mal was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder mit Fragen, Feedback und mehr Beispielen, ok?
liebe Grüsse
Kathrin
Kathrin Buholzer
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