Mein Mann überfordert unseren Jungen oft

Hier gibts Antworten auf die wichtigsten Erziehungsfragen

Moderator: Kathrin Buholzer

Mein Mann überfordert unseren Jungen oft

Beitragvon Nettermensch » 06.07.2009, 14:50

Hallo Kathrin

Ich habe da ein Problem, das ich bis jetzt nicht so ernst gesehen habe, aber seit wir einen Woche Familienurlaub machten, beschäftigt es mich doch enorm.

Mein Mann hat teilweise absolut keine Ahnung was unser Sohn in seinem Alter schon kann resp. was er noch nicht kann. Er fordert oft Dinge von ihn, die er in seinem Alter (2 3/4) noch nicht kann und auch nicht können muss. Er möchte beispielsweise, dass er ständig "folgt". Sprich mein Mann sagt "komm jetzt" und läuft davon und wartet nicht, bis Junior kommt. Er nervt sich wenn unser Sohn trötzelt, wenn er nicht folgt, wenn er weint und klatscht wenn unser Sohn sich wehtut, obwohl er ihn vorgewarnt hat. Er spricht ihn oft auch ironisch an, obwohl er das gar nicht verstehen kann und unser Sohn schaut ihn dann an und weiss nicht was er tun soll. Ich sage dann oft, er versteht das noch nicht, aber er tut es immer wieder.

Schlimm ist es aber beim Essen und das beschäftigt mich schon enorm. Beim Essen möchte er immer, dass unser Sohn anständig isst. Ich finde ja, er isst sehr schön und vorallem auch gut, aber mein Mann hat immer etwas zu bemängeln und sei es nur, dass der Tisch nach dem Essen verschmiert ist. Inzwischen ist es so, dass unser Sohn mit mir am Mittag ohne Probleme isst, aber abends nicht mehr mit uns am Tisch sitzen will. Er isst ab und zu nachher was bei mir in der Küche, wenn ich am aufräumen bin oder dann gar nichts. Ausser es gibt Fingerfood, dann isst er mit. Ich kann verstehen, dass unser Sohn nicht mehr gerne am gleichen Tisch mit seinem Papi isst, wenn er ständig kritisiert wird beim Essen und habe es meinem Mann auch schon oft gesagt, auch dass unser Sohn noch keine 3 Jahre alt ist und er einfach auch noch Kind sein darf. Aber das vergisst er einfach manchmal und behandelt ihn, als sei er schon 5 oder 10 Jahre alt.

Unser Sohn ist ein wirklich aufgeweckter, vifer kleiner Junge. Auch in vielen Dingen sehr weit und von daher nervt es mich einfach, wenn mein Mann immer noch mehr von ihm verlangt. Es sollte einfach immer alles perfekt sein. Er sollte alles schon können und andererseits wenn er andere sieht, die ihre Kinder überfordern schüttelt er immer den Kopf, aber er selbst sieht es bei sich nicht ein.

Ich weiss einfach nicht, was ich noch tun soll. Mit sich reden lässt mein Mann nicht. Ich habe mir schon überlegt ein Buch zu kaufen (habs auch getan "Kinderjahre" von Largo), wo die groben Entwicklungsschritte der Kinder drin sind, aber der Largo hat mich da ziemlich enttäuscht. Vielleicht weisst du mir noch einen guten Rat.

Lieber Gruss
Nettermensch
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Re: Mein Mann überfordert unseren Jungen oft

Beitragvon Kathrin Buholzer » 06.07.2009, 15:32

Hallo Nettermensch

Ich kann gut verstehen, dass dich das ärgert. Mir ging es beim Lesen auch grad ein wenig so. Trotzdem ist es oft so, dass gerade Männer, welche ihre Kinder nicht so oft sehen, etwas weniger einschätzen können, was ihre Kinder jetzt schon können, oder können sollten. Er meint es sicherlich nicht böse, sondern er hat seine eigene "Wertetabelle". Vielleicht helfen dir/ihm diese Angaben weiter:

Mein Kind mit 2,5 Jahren

Optische Wahrnehmung:
Ordnet 2 Größen zu
Ordnet 2 Farben zu
Ordnet 2 Formen zu
Kennt Nachbarn und Besuch
Sortiert Löffel und Gabel
Sortiert 2 Paar Lottobilder

Feinmotorik:
Blättert Buchseiten um
Steckt Stock ins Rohr
Kippt Perle aus Flasche
Wirft Ball überkopf zu
Ißt allein mit Löffel
Baut Turm aus 4 Würfeln

Grobmotorik:
Spielt in kauerstellung
Frei treppauf, nachgesetzt
Treppab mit geländer
Ersteigt drei Leitersprossen
Geht balanciersicher
Beidbeinsprung am Boden

Sprache:
Verwendet 10 Worte
Nennt sich beim Vornamen
Benennt 2 Eigenschaften
Spricht Zweiwortsatz
Sagt: da, weg, bitte, danke
Verwendet der, die, das

Akustische Wahrnehmungen:
Kennt 20 Wortbedeutungen
Zeigt 4 benannte Personen
Zeigt 8 benannte Dinge
Versteht: wiedersehen, tschüs
Befolgt: Gib mir noch eins
Befolgt: Leg Plüschtier ins Bett

Sozialkontakt:
Hilft im Haushalt
Nennt sich beim Vornamen
Ist froh über neue Gerichte
Zeigt Zuneigung zu anderen
Füttert sein Plüschtier oder Puppe
Bleibt tagsüber sauber

Mein Kind mit 3 Jahren

Optische Wahrnehmung:
Kennt seine Kleidung
Sortiert Teeund Esslöffel
Findet zwei verstecke Dinge
Erkennt Orte wieder
Erkennt Tätigkeit im Bild
Unterscheidet ein und viel

Feinmotorik:
Steckt Kette ins Rohr
Reiht Perlen auf Draht
Holt Bonbon mit Rechengriff
Faltet Papier
Gießt von Becher zu Becher
Malt Rundformen

Grobmotorik:
Geht 3 m auf Zehenballen
Frei Treppab, nachgesetzt
Fußschlußstand, Augen zu
Rennt 15 m ohne Hinfallen
Anlaufsprung über Strich
Beidbeinsprung von Treppe

Sprache:
Sagt: noch, wieder, viel
Wiederholt Viersilbensatz
Fragt: was´n das?
Spricht Dreiwortsatz
Spricht mit Puppe, Teddy
Laute: r, s sch, x, z

Akustische Wahrnehmung:
Versteht doppelte Ortsangaben
Befolgt Doppelauftrag
Zeigt 6 benannte Körperteile
Zeigt Tätigkeit im Bild
Hört zwei Schläge heraus
Befolgt: gib mir eins / viele

Sozialkontakt:
Ist eifersüchtig auf andere
Wartet, bis es dran ist
Bringt gern andere zum Lachen
Führt gern Aufträge aus
Spielt gern Tierrollen
Spricht von sich als "ich"

Jedes Kind ist anders und entwickelt sich unterschiedlich schnell. Es gibt Kinder die im Bereich Sozialkompetenz schon sehr weit sind, dafür aber in der Feinmotorik noch etwas hinten nachhinken, oder umgekehrt. Das sind nur Mindestanforderungen, viele Kinder können davon schon deutlich mehr.

Wichtig finde ich, dass ihr viel Kontakt mit anderen, gleichaltrigen Kindern habt. Vielleicht kann dein Mann ja auch mal euren Sohn irgendwohin begleiten, wo es andere Kinder hat. Man verliert oft etwas die Relationen, wenn man ständig nur um sein eigenes Kind herum ist. Das scheint mir noch wichtiger als ein Buch zu lesen, weil man dann wieder so "enge" Vorgaben im Kopf hat. Es geht darum ein Gefühl zu entwickeln, wie gross sind 3-jährige, wie sprechen sie, wie laut können sie schreien, was geht in ihren Köpfen vor, was tun sie gerne, wo haben sie Mühe.
Am besten sprichst du nochmal mit deinem Mann. Sag ihm, was dir durch den Kopf geht und frag ihn auch mal danach, was er denn KONKRET von eurem Sohn erwartet. Wenn man diese Erwartungen formuliert und nicht immer nur sagt, was er denn NICHT tun sollte, dann merkt man oft auch, wie hoch die eigenen Erwartungen eigentlich sind.
Manchmal ist es auch hilfreich, wenn man sich als Elternpaar einmal ganz konkret mit der Erziehung auseinandersetzt. z.B mal einen Vortrag besucht, oder sich mal für einen Elternkurs anmeldet. Man erhält so wieder eine ganz neue Sicht und es werden einem oft auch Dinge bewusst, die man bis dahin gar nicht so gesehen hat. Man lernt auch wieder "am gleichen Strick" zu ziehen.
Ich weiss nicht, wie offen dein Mann ist. Vielleicht kannst du ihm ja in den entsprechenden Situationen auch ein paar Tipps geben, wie er jetzt anders reagieren könnte. (Ich weiss, oft ist es schwierig, wenn man es als Partnerin sagt, manchmal ist es besser, wenn das eine aussenstehende Person tut...)
Schau mal was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder mit mehr Fragen, Feedback oder Beispielen, ok?
Liebe Grüsse
Kathrin
Kathrin Buholzer
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