von Kathrin Buholzer » 31.12.2008, 12:51
Hallo Kathrin
Nach meiner Frage zur Grossen, erbitte ich mir noch Hilfe zur Kleinsten (genau 3 Jahre alt)!
Vorweg: Ich weiss, dass ich ganz viel selber "anerzogen" habe, von dem ich jetzt einiges wieder los werden will! Bin also absolut selber schuld.............................
Ja, ja das ist bei den meisten so. "so wie man in den Wald ruft..." :-)
Gut, meine Kleine ist zu einem richtigen Familentyrannen geworden! Sie kommandiert herum, will vieles selber machen und dann aber doch nicht, hat absolut keine Geduld, begleitet Mama auf Schritt und Tritt und erwartet Rundumpräsentz!
Hier nochmals das Wichtigste zum Thema Selbstständigkeit:
Es ist sehr wichtig ist, dass wir als Eltern Vertrauen in die Fähigkeiten unserer Kinder haben. Wir müssen ihnen etwas zutrauen und ihnen auch Erfahrungsräume öffnen. D.h nicht immer grad alles selber erledigen (auch wenns oft schneller geht und bequemer ist). Wenn dein Kind etwas nicht schafft, vielleicht deshalb auch wütend wird, nimm ihm nicht immer die Arbeit ab und präsentier ihm die Lösung. Versuch zusammen mit ihm eine Lösung zu finden. Frag ihn, was er tun wollte und wie er das jetzt anpacken könnte. Gib ihm Tipps und Hilfestellungen aber erledige es nicht für ihn.
Die Kinder können oft viel mehr, als wir ihnen zutrauen und oft auch mehr, als wir gedacht haben. Viele Eltern räumen ihnen Kindern jedes Steinchen aus dem Weg und möchten sie auch vor allem bewahren. Sie sind fast pausenlos beschäftigt, ihre Wünsche zu erfüllen. Trotzdem ist das Kind oft unzufrieden und quengelig. Überleg dir einmal wie du dich fühlen würdest, wenn du ein unselbstständiger Erwachsener wärst.
Genau so muss sich auch ein unselbstständiges Kind fühlen, so nach dem Motto: "ich kann das nicht allein, ich brauche ständig einen Erwachsenen um mich herum, ohne Erwachsene bin ich hilflos, ich kann es eh nicht allein, deshalb versuche ich es erst gar nicht. Die Erwachsenen müssen immer für mich da sein, damit meine Wünsche erfüllt werden. Sie müssen sich pausenlos mit mir beschäftigen, sonst wirds mir Langweilig und ich mache Blödsinn."
Ein unselbstständiges Kind hat auch das Gefühl, dass es Dinge im Alltag gar nicht selber erledigen kann, weil sie ihm ja meistens von einem Erwachsenen abgenommen werden. Häufig unterstützen wir dieses Gefühl mit Aussagen wie: "Dafür bist du noch zu klein, warte ich helf dir, du kannst das noch nicht." Das Kind wird abhängig von den Erwachsenen und es lernt auch nicht Verantwortung zu übernehmen und auch die Konsequenzen für sein Handeln zu tragen. Es wird bequem egoistisch und nützt andere aus. Ausserdem ist ihm oft Langweilig, weil es gar nie richtig gelernt hat sich selber zu beschäftigen. Ein unselbstständiges Kind hat oft wenig Selbstwertgefühl. Es ist oft unsicher, manchmal schüchtern, mutlos aber auf alle volle hat es ganz hohe Ansprüche an uns Eltern und wird zum Tyrannen. Das vor allem auch, weil es wenig Widerstand spürt und auch nicht gelernt hat mit unangenehmen Situationen fertig zu werden.
Ein Kind zur Selbstständigkeit erziehen heisst nicht, ihm alles erlauben, alles durchgehen lassen. Es ist das Gegenteil von abhängig sein, angewiesen sein auf den anderen. Also möglichst früh, das selber zu tun, was möglich ist, ohne dass jemand hilft oder es für einen erledigt.
Was heisst das jetzt genau? Versuch immer wieder im Alltag deinem Kind die Möglichkeit zu geben, Dinge zu entdecken, selber auszuprobieren, ganz nach dem Motto: "Hilf mir, es selbst zu tun". Wir unterschätzen unsere Kinder ganz häufig und sind erstaunt, wie viel sie schon selber können. Es ist nicht immer ganz einfach und es ist oft auch anstrengender, mit mehr Zeit und Energie verbunden, wenn wir versuchen unsere Kinder zu mehr Selbstständigkeit zu erziehen. Das heisst auch, dass sie Dinge selber holen kann. Wenn sie z.B etwas ausleert, was ja nicht schlimm ist, schimpfe nicht mit ihr, sondern zeig ihr einfach ganz ruhig, wo der Lappen ist und sag ihr, dass sie es aufputzen soll.
Wichtig ist das Vorausplanen. Überrasche deine Tochter nicht mit deinen Plänen, sag ihr was als nächstes passiert. Teile den Tag in kleine Häppchen, damit sie immer weiss, welches die nächsten "Programmpunkte" sind.
Fernsehen:
Sie darf morgens, wenn die Grossen zum Haus raus sind kurz fern sehen, damit ich unter die Dusche hüpfen kann und trotzdem weiss, was sie macht. Bin ich fertig wird abgestellt. Das gibt ein riesen Geschrei!
Vielleicht ist es ja wirklich auch grad ein blöder Moment, weil die Geschichte z.B noch gar nicht fertig ist. Du kannst ihr ja z.B ein paar Geschichten aufnehmen, oder von einer DVD abspielen, dann sagst du ihr am Anfang sie dürfe eine Geschichte schauen und wenn diese fertig ist, dann abstellen. Du kannst sie z.B zusätzlich noch motivieren in dem du ihr sagst: "Wenn das gut klappt und du ohne zu murren abstellst, dann können wir zusammen nachher noch ein Spiel machen ein Buch schauen." usw.
Ich sage ihr ja vorher schon: Mama geht jetzt duschen und du darfst solange fern gucken. Wenn ich fertig bin, dann stellen wir ab.
Nicht wir stellen ab, sondern sie. "Wenn ich fertig bin, dann darfst du die Geschichte noch zu Ende schauen und dann möchte ich, dass du abstellst." Wenn sie es nicht macht, dann kannst du sie z.B fragen: "Soll ich grad abschalten oder willst du selber?" Wenn sie es nicht selber tut, dann schalte den Fernseher einfach aus. Ignoriere Protest.
Sie versucht auch immer und immer wieder den Fernseher selber anzumachen!
Dann lenk sie ab, lass sie etwas machen, gib ihr etwas zu tun. Notfalls ziehst du halt das Kabel einen Moment aus.
Wenn es mit motivieren nicht klappt, dann würde ich als log. Konsequenz sie am nächsten Tag nicht schauen lassen. Sag ihr warum, und dass sie es am übernächsten Tag wieder probieren darf.
Geduld:
Mama durst. (ich bin z.B. am Abwaschen). Ja liebes, komme gleich, will nur noch schnell fertig abwaschen. Mama durst! Jetzt durst. Will trinken.
"Also dann hol dir ein Glas. Dort im Schrank hat es eines." Zeig ihr wo und wie sie selber einschenken kann, das kann sich nämlich mit 3 Jahren sehr gut selber. Dann kann sie selber zu trinken holen und du hast keinen Stress.
Auf gut deutsch: jetzt sofort!!!! Und wenn ich nicht alles stehen und liegen lasse: ein riesen Geschrei!!!
Trotzanfälle:
Natürlich ist sie jetzt im Trotzalter. Das bin ich mir bewusst. Doch frage ich mich, wie ich auf Trotzanfälle reagieren soll?
Wenn sie was haben will und ich nein sage, ein nein ist nunmal ein nein, folgt logischweise der Versuch es "durch zu trötzeln". Das sieht in etwa so aus: Sie fängt an zu kreischen, schreien, sitzt auf den Boden, heult los (ohne Tränen!). Ich ignoriere das. Doch Madame hat Ausdauer! Wenn ich nichts dergleichen tue dauert so ein Gebrüll (in versch. Lautstärken) 30 min und länger! Um die "Sirene" zu stoppen gäbe es nur die Möglichkeit, dass ich sie zu mir nehme! Auch mein lieber Mann hat absolut keine Chance sie abzulenken oder zu beruhigen!
In der Trotzphase, so ab 2,5/3 Jahren erwacht der eigene Wille des Kindes und zeigt sich immer häufiger in Form von Trotzreaktionen und Gehorsamsverweigerungen. Das bedeutet aber nicht, dass sich das Kind in erster Linie gegen seine Eltern wendet, sondern vielmehr, dass das Kind leidet, dass es seine Wünsche nicht selber erfüllen kann.
D.h., es ist in dieser Phase nicht mehr in der Lage die Situation zu überblicken oder zu kontrollieren und gerät darum völlig aus den Fugen.
Dein Sohn versucht immer mehr seine eigenen Wege zu gehen und stösst dabei natürlich und immer wieder an"natürliche" Grenzen. Und er merkt auch, dass du nicht alles so machst und sagst, wie er das gerne möchte.
(Hier noch ein paar Erläuterungen aus dem familienhandbuch.de)
>>Diese ersten Erfahrungen mit dem eigenen Willen und den damit verbundenen aggressiven Gefühlen und Konfliktsituationen bzw. der Umgang damit, werden zu Grunderfahrungen, die das weitere Leben des Kindes er- oder entmutigend prägen werden. Die Kinder erlernen im Idealfall, dass:
... es ist gut, einen eigenen Willen zu entwickeln. Dadurch wird es fähig, eigene Entscheidungen zu treffen und zu erproben, und zu erkennen welche Konsequenzen diese Entscheidungen nach sich ziehen.
... Konfliktsituationen nichts wirklich Bedrohliches sind und zum Leben dazugehören und Lösungen gefunden werden können.
... Konfliktsituationen innere und äußere Spannungen erzeugen. Diese Spannungen sind aber auszuhalten und müssen nicht durch andere Tätigkeiten (z.B. Essen) abreagiert oder sogar verdrängt werden.
... es seine Gefühle äußern und zum Ausdruck bringen kann und seine Eltern halten das aus, bewerten sie nicht, sondern helfen ihm dabei, sie zunehmend in Worte zu fassen und auszudrücken. "Auch wenn ich um mich schlage, schreie und tobe, werde ich von meinen Eltern gemocht."
... bewältigte Konflikte Ereignisse sind, auf die man gemeinsam zurückblicken kann und welche die Beziehung vertiefen.
... es macht Spaß, eigene Erfahrungen zu sammeln, auch wenn manchmal Schmerz und Enttäuschung mit dabei sind. Das Kind verzweifelt nicht, da es von seinen Eltern unterstützt wird, es immer wieder neu zu versuchen. >>
Verhindern kannst du solche Trotzanfälle nicht. Es gibt allerdings ein paar Sachen die du tun kannst, damit es vielleicht nicht gar so häufig vorkommt.
- Lass ihr genügend Freiraum, renn nicht ständig hinter ihr her und versuch sie nicht mit Anweisungen zu zutexten.
- Stell Regeln auf, aber nicht zu viele und sei konsequent, wenn diese nicht beachtet werden.
- Achte darauf, dass du ihr nicht alles abnimmst und ihr dann nur deine Hilfe anbietest, wenn sie nicht weiterkommt. Ganz nach dem Motto: "Hilf mir, es selbst zu tun."
- Oft ist es auch möglich in gewissen Dingen zu verhandeln. D.h du kannst ihr eine Auswahl geben und sie kann dann selber entscheiden, was sie möchte. ("Soll ich dir die Hand geben, oder willst du alleine raufgehen?" " Möchtest du die blaue oder die grüne Hose anziehen." usw. Einen Kompromiss eingehen, verhandeln, aber nur dort wo es auch wirklich Sinn macht.
- In Situationen in denen sie sich ärgert, nützt es oft auch, wenn du versuchst sie abzulenken. Manchmal merkst du auch schon vorher, dass es bald zu einem Trotzanfall kommt, dann kannst du mit dem Ablenkungsmanöver schon etwas früher anfangen.
Vorausplanen. Sag ihr immer früh genug, was als nächstes passiert, so dass sie sich schon frühzeitig darauf einstellen kann.
Versuche dem Wutanfall möglichst wenig Beachtung zu schenken.
Auch wenns stressig und oft auch nervig ist. Lass dich davon nicht beeindrucken. Wenns dich ärgert, verlass einen Moment den Raum. Oft nützt es auch, wenn man einfach einen Schritt zurück steht, sein Kind aus den Augenwinkeln beobachtet und denkt: "Alles ok, ich habe ein ganz normales Kind." :-) Lass dich nicht erpressen, schimpfe auch nicht mit ihr. Bleib ruhig und standhaft und wenn der Anfall vor bei ist, dann geh wieder zu ihr und sage: "Schön, dass du dich wieder beruhigt hast, jetzt kannst du mir zeigen, was du genau tun wolltest, ich helfe dir."
Hast Du mir auch hierzu Tipps?
Herzliche Grüsse
Niki
Schau mal, was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder, am besten mit noch mehr Beispielen, ok?
liebe Grüsse
Kathrin