von Kathrin Buholzer » 12.02.2009, 16:43
hallo kathrin
Hallo lunamoon! Schön, dass du hier bei uns gelandet bist! Herzlich willkommen auf dem Elternplaneten!
mein sohn ist 3 jahre alt, er hat noch einen grossen bruder. unser tagesablauf sieht unterschiedlich aus, meistens sind wir vormittags zu hause (spielen, haushalt je nach dem) und gehen am nachmittag, wenn der kleine seinen mittagsschlaf gemacht hat, nach draussen.
unser grosses problem sind die trotzanfälle. sobald etwas nicht nach seinen vorstellungen verläuft, z.b. sein vater morgens in sein zimmer kommt anstatt ich, sein grosser bruder schon in die schule gegangen ist und er ihn nicht wecken kann, oder ich ihn nicht vom wohnzimmer ins kinderzimmer hochtrage, oder er nicht mehr an den kühlschrank soll, weil es in 2 minuten essen gibt (es gibt tausend gründe!!!), schmeisst er sich auf den boden und schreit was das zeug hält!
Ich kann dich gut verstehen, dass dich das nervt, aber: Dein Sohn ist in der Trotzphase. In der Trotzphase, so ab 2,5/3 Jahren erwacht der eigene Wille des Kindes und zeigt sich immer häufiger in Form von Trotzreaktionen und Gehorsamsverweigerungen. Das bedeutet aber nicht, dass sich das Kind in erster Linie gegen seine Eltern wendet, sondern vielmehr, dass das Kind leidet, dass es seine Wünsche nicht selber erfüllen kann.
D.h., es ist in dieser Phase nicht mehr in der Lage die Situation zu überblicken oder zu kontrollieren und gerät darum völlig aus den Fugen.
Dein Sohn versucht immer mehr seine eigenen Wege zu gehen und stösst dabei natürlich und immer wieder an"natürliche" Grenzen. Und er merkt auch, dass du nicht alles so machst und sagst, wie er das gerne möchte.
(Hier noch ein paar Erläuterungen aus dem familienhandbuch.de)
>>Diese ersten Erfahrungen mit dem eigenen Willen und den damit verbundenen aggressiven Gefühlen und Konfliktsituationen bzw. der Umgang damit, werden zu Grunderfahrungen, die das weitere Leben des Kindes er- oder entmutigend prägen werden. Die Kinder erlernen im Idealfall, dass:
... es ist gut, einen eigenen Willen zu entwickeln. Dadurch wird es fähig, eigene Entscheidungen zu treffen und zu erproben, und zu erkennen welche Konsequenzen diese Entscheidungen nach sich ziehen.
... Konfliktsituationen nichts wirklich Bedrohliches sind und zum Leben dazugehören und Lösungen gefunden werden können.
... Konfliktsituationen innere und äußere Spannungen erzeugen. Diese Spannungen sind aber auszuhalten und müssen nicht durch andere Tätigkeiten (z.B. Essen) abreagiert oder sogar verdrängt werden.
... es seine Gefühle äußern und zum Ausdruck bringen kann und seine Eltern halten das aus, bewerten sie nicht, sondern helfen ihm dabei, sie zunehmend in Worte zu fassen und auszudrücken. "Auch wenn ich um mich schlage, schreie und tobe, werde ich von meinen Eltern gemocht."
... bewältigte Konflikte Ereignisse sind, auf die man gemeinsam zurückblicken kann und welche die Beziehung vertiefen.
... es macht Spaß, eigene Erfahrungen zu sammeln, auch wenn manchmal Schmerz und Enttäuschung mit dabei sind. Das Kind verzweifelt nicht, da es von seinen Eltern unterstützt wird, es immer wieder neu zu versuchen. >>
Ganz wichtig ist, dass du gut vorausplanst. D.h dass du deinem Kind immer sagst, was als nächstes passiert und was genau du von ihm erwartest. Auch wenn sie noch recht klein sind.
Versuch den Tag in kleinen Schritten zu erklären. Also am morgen z.B "So, ich räume jetzt die Küche auf, du kannst in der Zeit etwas ruhig für dich spielen. Wenn ich fertig bin, komme ich zu dir und dann können wir zusammen etwas machen." Erklär ihm immer was als nächstes passiert und was DU von ihm erwartest, was er tun soll. Überrasche ihn nicht mit deinen Ideen und Anweisungen. Versuch ihn wenn immer möglich im Haushalt mit einzubeziehen. Er kann dir ganz gut bei gewissen Dingen helfen. z.B Möbel abstauben, die Türrahmen abwischen, staubsaugen. Auch wenn du das Gefühl hast, dass es dir rein "putztechnisch" nicht allzuviel bringt, ist es für sie sehr wichtig. Er hat so a). etwas zu tun und b). das Gefühl, dass er gebraucht wird und etwas tun kann.
Verhindern kannst du solche Trotzanfälle nicht. Es gibt allerdings ein paar Sachen die du tun kannst, damit es vielleicht nicht gar so häufig vorkommt.
- Lass ihm genügend Freiraum, renn nicht ständig hinter ihm her und versuch ihn nicht mit Anweisungen zu zutexten. Normalerweise geben wir immer viel zu viele Anweisungen. Stell Regeln auf, aber nicht zu viele und sei konsequent, wenn diese nicht beachtet werden. Achte darauf, dass du ihm nicht alles abnimmst und ihm dann einfach deine Hilfe anbietest, wenn er nicht weiterkommt. Ganz nach dem Motto: "Hilf mir, es selbst zu tun."
- Oft ist es auch möglich in gewissen Dingen zu verhandeln. D.h du kannst ihm eine Auswahl geben und er kann selber entscheiden, was er möchte. ("Soll ich dir die Hand geben, oder willst du alleine raufgehen?" " Möchtest du die blaue oder die grüne Hose anziehen." usw. Einen Kompromiss eingehen, verhandeln, aber nur dort wo es auch wirklich Sinn macht.
- In Situationen in denen er sich ärgert, nützt es oft auch, wenn du versuchst ihn abzulenken. Spirch einfach von etwas anderem. Oft, vergessen die Kinder dann, dass sie ja eigentlich trotzen wollten...
Manchmal merkst du auch schon vorher, dass es bald zu einem Trotzanfall kommt, dann kannst du mit dem Ablenkungsmanöver schon etwas früher anfangen.
Versuche dem Wutanfall möglichst wenig Beachtung zu schenken. Lass ihn einfach einen Moment toben und entferne dich kurz von ihm. Wenn er sich beruhigt hat, kannst du wieder hingehen und sagen: "Super, dass du dich beruhigt hast, also komm jetzt schauen wir mal, gehen wir frühstücken, die Schuhe anziehen... usw."
meistens strampelt er auch noch mit den beinen und haut sich seinen kopf gegen wände oder auf den boden. dann weint er natürlich, weil es ihm weh tut und ich soll dann zu ihm und ihn trösten....
Du kannst ihm z.B ein Kissen anbieten, damit er sich den Kopf darauf hauen kann, oder ihm zeigen, dass er darauf schlagen darf, oder aufs Sofa hauen, wenn er wütend ist. Zeig ihm, wie er mit dieser Wut auch anders umgehen kann. Versuch ruhig zu bleiben und nimm es nicht persönlich. Rede nicht unnötig auf ihn ein. Wenn er sich nicht helfen lassen will, dann lass ihn einfach einen Moment in Ruhe.
meistens packe ich ihn, wenn es mir zuviel wird und bringe ihn in sein zimmer, wo er sich austäubeln kann. manchmal passiert es mir aber leider, dass ich die nerven verliere und wütend werde.
In die Auszeit bringen ist nur nötig, wenn es wirklich so heftig ist, dass er Dinge kaputt macht, andere verletzt. Spar dir das für solche Situationen auf. Wenn du ihn in eine Auszeit bringst, ist es wichtig, dass du das in einem ruhigen Moment mal mit ihm besprichst und ihm sagst, wann er in die Auszeit muss. z.B wenn er andere haut, wenn er jemandem weh tut oder Dinge kaputt macht.
Hier ein paar grundsätzliche Tipps zur Auszeit:
Bei der Auszeit gehst du folgendermassen vor. Du gehst zu ihm und sagst, was er falsch gemacht hat:„Luca, du hesch mi itze grad ghoue, drum muesch du itze für 1 oder 2 Min. id Uszyt.“
Du nimmst ihn ganz ruhig und bestimmt, und bringst ihn in den Auszeitraum. Dieser sollte uninteressant sein, also nicht das Kinderzimmer, sondern das Schlafzimmer, Badezimmer…. Wenn er die festgesetzte Zeit ruhig war (es muss nicht mucksmäuschenstill sein, aber er muss sich einigermassen still verhalten), dann gehst du zu ihm und sagst: „du bisch itze schön still gsi, itze darfsch wieder usecho.“
Versuch nicht mehr über den Vorgang zu sprechen, sondern versuch ihn wieder in eine Aktivität zu verwickeln.
Die Auszeit zeigt ihm, dass sie ganz klar eine Abmachung eine Regel übertreten hat, es gibt ihm aber auch dir die Möglichkeit euch beide zu beruhigen.
Drohe nicht mit der Auszeit, deine Kinder werden sonst lernen, dass sie erst hören müssen, wenn du drohst. Das gilt allgemein bei den Drohungen. Also das berühmte „wed itze nid folgisch, denn… oder itze zelle ig no uf drü“ solltest du vermeiden.
Dein Kind lernt nämlich dabei: Ich muss erst dann hören, wenn die Mama laut wird, wenn sie schimpft, droht oder auf 3 zählt. Versuch anstatt zu drohen, das Kind zu motivieren. „Hey, wenn di itze schnäll aziehsch, denn hei mer när no gnue Zyt fürs Büechli.“ Oder „Due di itze alege und wed agleit bisch denn chasch cho ässe.“ (Nicht: wed di itze nid aleisch, de chasch nid cho ässe).
Die Auszeit vorher (also wenn es kein Problemverhalten gibt) mit dem Kind vorbesprechen und genau sagen, was passiert, wieso und wie lange man in die Auszeit muss und wann du ihn wieder von der Auszeit zurückholst. Die Auszeit solltest du nur anwenden, wenn es wirklich um ein grosses Problemverhalten geht.
Wenn er rauskommt, dann bring ihn ruhig aber bestimmt wieder zurück. Sag ihm, dass er rauskommen kann wenn er die abgemachte Zeit ruhig war. Sei bereit die Türe einen Moment zu zumachen. "Luca, ich möchte dass du jetzt im Zimmer bleibst, ich kann die Türe offen lassen, wenn du aber jetzt immer wieder rauskommst, dann muss ich die Türe einen Moment zu machen."
Die Auszeit aber nur bei heftigem Problemverhalten anwenden, sonst lieber einfach ignorieren.
dann schimpfe ich mit ihm und bringe ich ihn in sein gitterbett, gehe raus und mache die türe zu, bis er sich beruhigt hat. er haut sich dann auch da den kopf an die gitter stäbe und tobt im bett rum. weint nach mir, will wieder rauskommen.... wenn ich dann zu ihm gehe und ihm erkläre, er könne wieder raus, wenn er sich beruhigt hat, gehts grad nochmal los....
ich versuche wirklich, ruhig zu bleiben, aber ich schaffe das nicht und das macht mir zunehmends mehr mühe. ich denke, ich bin ein schlechtes vorbild, wenn ich ihn anschreie und ausserdem hört er auch dann nicht auf, im gegenteil.
Vorallem kannst du von ihm nicht erwarten, dass er nicht rumschreit, wenn du es selber auch tust...
Wenn du merkst, dass du wütend wirst, dann verordne dir selber eine kleine Auszeit. D.h verlass kurz den Raum, geh einen Moment schnell vor die Türe, trink einen Kaffee usw. Lass dich nicht auf das "kindliche Niveau" runter, wenn er so trotzt, dann versuch auch mal einfach einen Schritt zurück zu stehen, schau deinen Sohn aus den Augenwinkeln an und denk dir dabei einfach: "Mein Kind hat einen Trotzanfall, es ist ganz normal..." ;-)
Nicht der Trotzanfall ist das Problem, sonder wie du damit umgehst.
also mein problem ist nicht in erster linie er, sondern ich....... wie kriege ich das hin, ruhig zu bleiben...
Beobachte dich auch einmal, WIE du Anweisungen gibst. Denk dran:
Nicht zuviele! Oftmals texten wir unsere Kinder von morgens bis abends mit Anweisungen zu. Je mehr Anweisungen wir geben, umso mehr Möglichkeiten haben die Kinder nicht zu gehorchen.
Oftmals geben wir auch einfach nur Anweisungen aus lauter Gewohnheit. "Pass auf dort drüber, diese Pflanzen solltest du nicht anfassen, jetzt musst du dann mal den Schlafanzug anziehen." Hier wäre es besser entweder gar nichts zu sagen oder dann: "Komm her zu mir, Lass die Pflanzen in Ruhe, geh jetzt bitte deinen Schlafanzug anziehen." Überleg dir jeweils, BEVOR du eine Anweisung gibst: Ist diese jetzt wichtig? Denk auch daran, dass du dann auch eine Konsequenz parat haben musst, wenn er sie nicht befolgt.
Frageform! Immer wieder geben wir Anweisungen als Frage. "Könntest du bitte deine Füsse vom Tisch nehmen? Kommst du bitte? Gehst du jetzt die Hände waschen?" Wenn wir eine Anweisung als Frage formulieren, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn das Kind "Nein" sagt. Also sag immer, WAS genau du von deinem Kind erwartest. Positiv Formulieren! (Nicht immer nur "Nein" sagen)
Zu Ungenau! "Luca!" oder "Hör auf mit dem Blödsinn!" "Jetzt reichts aber! "Jetzt benimm dich!" Diese vagen Andeutungen sagen dem Kind weder mit was es aufhören, noch was es stattdessen tun soll.
Von weit her! Immer zum Kind hingehen. Nicht von der Küche ins Kinderzimmer schreien!
Zur falschen Zeit! Vorher ankündigen. Nicht einfach den Fernseher ausmachen, oder zum essen rufen. Sag ihm vorher wie lange er etwas tun darf. Stell eine Uhr, oder geh ca. 5 Min. vorher zu ihm hin und sage: "In 5 Minuten können wir essen, wenn ich das nächste Mal komme, dann möchte ich, dass du gleich mitkommst und dir die Hände wäschst."
Es gibt noch weitere "Erziehungsfallen":
Umgang mit Strafen:
Strafe wird angedroht, aber nicht ausgeführt. Das Kind lernt mit der Zeit, dass die Eltern die Strafen nur androhen, aber trotzdem nix passiert.
Strafe als letzte Möglichkeit:
Die Eltern warten zu lange, bevor sie auf das Problemverhalten reagieren. Strafen fallen dann häufig zu hart aus.
Inkonsequente Bestrafung:
Die Eltern sind sich nicht einig, ob und wie sie Konsequenzen anwenden. Für das Kind ist es schwierig zu merken, welche Linie jetzt gilt.
Pass auf mit Drohungen. Obwohl es meistens nützt, lernen die Kinder dabei, dass sie erst hören müssen, wenn du laut wirst, schreist oder auf 3 zählst.
Anstatt: "Wenn du jetzt nicht kommst, dann gibt es keine Geschichte", könntest du sagen: "Wenn du jetzt schnell bist, dann haben wir noch genügend Zeit, das Buch zu schauen."
Wenn du möchtest, dass dein Kind etwas tut, dann folge diesen Schritten: Geh zu ihm hin (also nicht aus einem anderen Zimmer, von draussen nach drinnen…) rufen, sprich es mit Namen an und sag ihm genau was es tun soll: „bitte geh jetzt deine Zähne putzen, sprich bitte in normalem Ton, versorge bitte deine Schuhe …“ (auch hier, immer sagen, was sie tun sollen, was du von ihnen möchtest). Warte ca. 5 Sekunden und gib ihm Zeit zu gehorchen.
Bleib in der Nähe und beobachte es. Wenn es tut was du gesagt hast, dann lobe es.
Wenn nicht dann gib die Anweisung noch einmal. (Gilt nicht bei Problemverhalten, dann die Anweisung nur einmal geben!).
Wenn es wieder nicht gehorcht, dann musst du eine logische Konsequenz folgen lassen. ( also irgendetwas, welches mit seinem Verhalten in Zusammenhang steht. Die Kinder aus der Situation entfernen, das Spielzeug, den Teller einen Moment wegnehmen, keine Geschichte vorlesen usw.). Sag ihnen immer wieso du es tust, drohe nicht, sondern tu es einfach. Wichtig ist, dass du ihnen immer wieder die Möglichkeit gibst es wieder zu üben. Entferne das Spielzeug nur für ca. 5-30 minuten und gib es ihnen dann wieder.
Versuch deinen Sohn immer wieder zu motvieren und zu loben, wenn er etwas gut macht. Setz den Fokus aufs Positive und gib ihm Feedback, wenn er sich gut verhält und nicht immer nur dann, wenn er es nicht gut läuft. Pass auf, dass du nicht ins Negative fällst: "Gut, dass du endlich mal nicht so blöd getan hast."
danke für deine antwort.
gruss
lunamoon
Schau mal was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder. Mit Fragen, Feedback und mehr Beispielen, ok?
liebe Grüsse
Kathrin