Ich bin doch kein Boxsack!

Hier gibts Antworten auf die wichtigsten Erziehungsfragen

Moderator: Kathrin Buholzer

Ich bin doch kein Boxsack!

Beitragvon Deborah » 13.12.2008, 18:24

Liebe Kathrin

Heute habe ich das erste mal aus Frustration geweint! Es geht um unseren Sohn Maximilian.

Am Mittag wollte er nicht schlafen, was nicht unbedingt eine Seltenheit ist. Wir gingen dann so um vier Uhr einkaufen. Wir holten sein kleines Wägeli und besprachen zuerst die Wägeli Regeln (nicht in Leute fahren und bei Mami und Papi bleiben.

Sofort spannte ich ihn ein mit kleinen Aufträgen. Ich musste noch einen Kuchen kaufen und so informierte ich ihn darüber. Wir gingen zu der entsprechenden Abteilung und ich fand was ich suchte. Er wollte natürlich einen ganz anderen Kuchen wie ich und ich erklärte ihm, dass wir am Weihnachtsfest (heute Abend) bestimmt Schoggikuchen finden würden. Dann ging er zum Guetzliteig und legte davon einen in sein Wägeli. Da musste ich ihm wieder erklären, dass wir noch genügend zu Hause haben und wir diese zusammen machen können. Mein Mann hob ihn auf und wir redeten mit ihm und plötzlich schlug er mich hart ins Gesicht. Ich packte ihn am Ohr und sagte ihm ganz klar nein.

Er fing an zu weinen und schlug sein Wägeli in die Rayons. Mein Mann kniete sich hin zu ihm und sagte auch ganz klar Nein, und dass man Mami nicht schlagen darf. Dann ging er weiter und wies ihn darauf hin, dass er ihn dann auch aufs Füdelil schlagen würde und ihn dass auch schmerzen würde (mein Mann übertrieb und sagte er könne dann zwei Wochen nicht mehr sitzen. Mein Mann ist ein Patifist und hat Maximilian noch nie geschlagen aber war mit der Situation überfordert).

Natürlich hörte das eine Aufmerksame Einkäuferin und kam subito zu uns hin und fragte Maximilian ob alles in Ordnung sei. Ich erklärte ihr, dass er 3,5 Jahre alt sei einen Wutanfall hätte und ob sie doch bitte weitergehen könne. Sie erwiederte zu meiner Scham, sie hätte auch ein 3,5 jähriges Kind aber so hätte sie noch nie gedroht.

Ich sagte meinem Mann, dass er den Einkauf beenden solle und ich mit Maximilian ins Auto gehen würde, um dort auf ihn zu warten. Ich musste ihn hochheben weil er nicht gehen wollte und dabei schlug er mich. Ich versuchte nicht darauf einzugehen und beim Auto angekommen setzte ich ihn hinten hinein. Auch ich setzte mich hinein und sofort fing er mich wiederholt an zu schlagen. Ich sagte nein und setzte ihn wieder in seinen Sitz. Aber er hörte nicht auf ich weinte und dann habe ich mein Kind zum ersten Mal geschlagen. 3 Schläge (nicht hart) auf sein Füdli. Er weinte und sah, dass ich auch weinte. Plötzlich fing er an mich zu küssen. Aber dann fing er wieder an zu hauen. Bis dann mein Mann kam und ich ihn in sein Auto-Sitztli setzte und wir nach Hause fuhren. Er beruhigte sich, und ich erklärte ihm, dass er nun drei Tage lang seinen Nuggi nicht erhalten würde. Zuhause angekommen kam er in die Küche und entschuldigte sich bei mir.

Ich bin so traurig. Ich habe alles falsch gemacht was es falsch zu machen gibt. Ich fühle mich als ganz schlechte Mutter und schäme mich. Ich versuche mich immer auf das positive zu konzentrieren und ihn zu loben. Aber seit ein paar Wochen muss ich immer öfter Konsequenzen androhen. Die Auszeit funktioniert nicht, ich schicke ihn in sein Zimmer aber er will nie gehen. Er steht dann immer weinend neben mir.

Bitte hilf mir.

Liebe Grüsse
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Beitragvon Kathrin Buholzer » 14.12.2008, 01:13

Liebe Kathrin

Liebe Deborah! Schön dass du den Weg hier herz gefunden hast. Herzlich willkommen auf dem Elternplaneten!

Heute habe ich das erste mal aus Frustration geweint! Es geht um unseren Sohn Maximilian.

Am Mittag wollte er nicht schlafen, was nicht unbedingt eine Seltenheit ist. Wir gingen dann so um vier Uhr einkaufen. Wir holten sein kleines Wägeli und besprachen zuerst die Wägeli Regeln (nicht in Leute fahren und bei Mami und Papi bleiben.

Wichtig ist, dass du immer gut vorausplanst. Sag ihm schon vorher, wo ihr genau hingeht, ob zu Fuss oder mit dem Auto. Besprecht auch zusammen, was ihr einkaufen müsst. Ist es ein Grosseinkauf, oder müsst ihr nur ein paar Kleinigkeiten einkaufen. Er kann dir z.B beim Schreiben der Einkaufsliste helfen. Er kann vielleicht auch selber eine Liste aufzeichnen. Er kann ein paar Dinge, die ihr einkaufen müsst auf einen Zettel zeichnen.
Bevor du mit ihm in den Laden gehst, ist es wichtig, dass du ihm sagst, was du genau von ihm erwartest. Besprich Regeln mit ihm. "Bei Mama bleiben, im Laden gehen, nur anfassen, was Mama sagt." (Positiv formulieren)


Sofort spannte ich ihn ein mit kleinen Aufträgen. Ich musste noch einen Kuchen kaufen und so informierte ich ihn darüber. Wir gingen zu der entsprechenden Abteilung und ich fand was ich suchte. Er wollte natürlich einen ganz anderen Kuchen wie ich und ich erklärte ihm, dass wir am Weihnachtsfest (heute Abend) bestimmt Schoggikuchen finden würden. Dann ging er zum Guetzliteig und legte davon einen in sein Wägeli. Da musste ich ihm wieder erklären, dass wir noch genügend zu Hause haben und wir diese zusammen machen können. Mein Mann hob ihn auf und wir redeten mit ihm und plötzlich schlug er mich hart ins Gesicht. Ich packte ihn am Ohr und sagte ihm ganz klar nein.

Wenn du ihm schon vor dem Einkaufen sagst, dass ihr nachher noch Guetzli macht, dann weiss er auch schon, dass ihr schon Teig habt und auch keinen braucht.
Versuch ihn abzulenken. "Schau, wir brauchen grad keinen Guetzliteig wir haben noch, aber guck mal auf deinen Zettel. Was haben wir noch aufgeschrieben? Wir brauchen noch Joghurt. Du darst die Joghurst holen.


Er fing an zu weinen und schlug sein Wägeli in die Rayons. Mein Mann kniete sich hin zu ihm und sagte auch ganz klar Nein, und dass man Mami nicht schlagen darf.

Gib ihm einen anderen Auftrag, wenn er sich nicht an die Regeln hält, dann lass eine logische Konsequenz folgen. Bring das Wägeli zurück. Setz ihn einen Moment in deinen Wagen, geh mit ihm einen Moment raus, z.B auf die Treppe, oder ins Auto.

Dann ging er weiter und wies ihn darauf hin, dass er ihn dann auch aufs Füdelil schlagen würde und ihn dass auch schmerzen würde

uiuiui!! Solche Drohungen solltet ihr unbedingt vermeiden! (Ich hoffe jetzt mal, dass es nur Drohungen sind und ihr das nicht als "Strafmittel" einsetzt). Bei Drohungen ist immer das Problem, dass die Kinder lernen, dass sie erst hören müssen, wenn die Eltern drohen oder auf 3 zählen. Einen Klaps aufs Fudi bringt ausserdem gar nichts. Das Kind lernt nämlich nichts dabei. Es wird sich das nächste Mal wieder genau so daneben benehmen.

(mein Mann übertrieb und sagte er könne dann zwei Wochen nicht mehr sitzen. Mein Mann ist ein Patifist und hat Maximilian noch nie geschlagen aber war mit der Situation überfordert).

Wie kommt dein Mann denn auf eine solche Drohung? Das ist doch eine recht krasse Aussage.

Natürlich hörte das eine Aufmerksame Einkäuferin und kam subito zu uns hin und fragte Maximilian ob alles in Ordnung sei. Ich erklärte ihr, dass er 3,5 Jahre alt sei einen Wutanfall hätte und ob sie doch bitte weitergehen könne. Sie erwiederte zu meiner Scham, sie hätte auch ein 3,5 jähriges Kind aber so hätte sie noch nie gedroht.

Ich kann ihre Reaktion gut nachvollziehen. Ich habe auch grad etwas geschluckt, als ich das gelesen habe. Ausserdem ist es mutig von ihr, sich in die Situation einzumischen.

Ich sagte meinem Mann, dass er den Einkauf beenden solle und ich mit Maximilian ins Auto gehen würde, um dort auf ihn zu warten. Ich musste ihn hochheben weil er nicht gehen wollte und dabei schlug er mich.

Wichtig ist, dass du deinem Sohn immer genau sagst, was du von ihm möchtest. "Ich möchte, dass du jetzt aufhörst rumzuschreien und mich zu schlagen. Wir gehen jetzt einen Moment zusammen raus. Wenn du dich dann beruhigt hast, dann können wir dann weiter einkaufen."

Ich versuchte nicht darauf einzugehen und beim Auto angekommen setzte ich ihn hinten hinein. Auch ich setzte mich hinein und sofort fing er mich wiederholt an zu schlagen. Ich sagte nein und setzte ihn wieder in seinen Sitz. Aber er hörte nicht auf ich weinte und dann habe ich mein Kind zum ersten Mal geschlagen. 3 Schläge (nicht hart) auf sein Füdli. Er weinte und sah, dass ich auch weinte. Plötzlich fing er an mich zu küssen. Aber dann fing er wieder an zu hauen. Bis dann mein Mann kam und ich ihn in sein Auto-Sitztli setzte und wir nach Hause fuhren.

Ich kann dich verstehen, dass du in der Situation die Kontrolle verloren hast. Schlagen ist immer ein Ausdruck von Hilflosigkeit, das hast du in der Situation sicherlich auch gemerkt. Auch wenn du eine solche Situation erlebst, quäle dich nicht zu fest, sondern überleg dir, was du das nächste Mal besser machen könntest. Wenn dir so etwas passiert, dann ist es wichtig, dass du deinem Sohn sagst, dass es nicht ok war und dass es dir leid tut.

Er beruhigte sich, und ich erklärte ihm, dass er nun drei Tage lang seinen Nuggi nicht erhalten würde. Zuhause angekommen kam er in die Küche und entschuldigte sich bei mir.

Pass immer auf, dass du logische Konsequenzen wählst und ihn dann auch nicht doppelt bestrafst. Den Nuggi wegnehmen für dieses Verhalten ist nicht logisch. Wenn er sich im Laden daneben benimmt, dann lass auch dort eine log. Konsequenz folgen (wie oben beschrieben). Du musst dann nicht noch zusaätzlich eine weitere Konsequenz einsetzen, das ist nicht nötig,

Ich bin so traurig. Ich habe alles falsch gemacht was es falsch zu machen gibt. Ich fühle mich als ganz schlechte Mutter und schäme mich. Ich versuche mich immer auf das positive zu konzentrieren und ihn zu loben. Aber seit ein paar Wochen muss ich immer öfter Konsequenzen androhen.

Konsequenzen muss man nicht androhen. Sonst lernen die Kinder: "Aha, ich muss erst gehorchen, wenn sie drohen, vorher meinen sie es ja eh nicht ernst." Einfach die Anweisung geben, also reden und dann gleich handeln. Wenn du möchtest, dass er mit etwas Neuem beginnt, z.B Zähne putzen, anziehen, aufräumen, reinkommen usw. dann kannst du die Anweisung einmal geben, dann ein paar Sek. Zeit geben zum gehorchen, die Anweisung einmal wiederholen, wieder ein paar Sek. warten und dann die Konsequenz gleich einsetzen. Bei Problemverhalten wie hauen, beissen, schreien usw. die Anweisung nur einmal geben und dann gleich eine Konsequenz einsetzen.

Lasst euch von solchen Anfällen nicht aus dem Konzept bringen. Das ist bei Kleinkindern normal und ihr müsst nicht an euch zweifeln.
Verhindern kannst du solche Trotzanfälle nicht. Es gibt allerdings ein paar Sachen die du tun kannst, damit es vielleicht nicht gar so häufig vorkommt.
- Lass ihm genügend Freiraum, renn nicht ständig hinter ihm her und versuch ihn nicht mit Anweisungen zu zutexten. Normalerweise geben wir immer viel zu viele Anweisungen. Stell Regeln auf, aber nicht zu viele und sei konsequent, wenn diese nicht beachtet werden. Achte darauf, dass du ihm nicht alles abnimmst und ihm dann deine Hilfe anbietest, wenn er nicht weiterkommt. Ganz nach dem Motto: "Hilf mir, es selbst zu tun."

- Oft ist es auch möglich in gewissen Dingen zu verhandeln. D.h du kannst ihm eine Auswahl geben und er kann selber entscheiden, was er möchte. ("Soll ich dir die Hand geben, oder willst du alleine raufgehen?" " Möchtest du die blaue oder die grüne Hose anziehen." usw. Einen Kompromiss eingehen, verhandeln, aber nur dort wo es auch wirklich Sinn macht.

- In Situationen in denen er sich ärgert, nützt es oft auch, wenn du versuchst ihn abzulenken. Manchmal merkst du auch schon vorher, dass es bald zu einem Trotzanfall kommt, dann kannst du mit dem Ablenkungsmanöver schon etwas früher anfangen.
Vorausplanen. Sag ihm immer früh genug, was als nächstes passiert, so dass er sich schon frühzeitig darauf einstellen kann.
Versuche dem Wutanfall möglichst wenig Beachtung zu schenken.

In der Trotzphase, so ab 2,5/3 Jahren erwacht der eigene Wille des Kindes und zeigt sich immer häufiger in Form von Trotzreaktionen und Gehorsamsverweigerungen. Das bedeutet aber nicht, dass sich das Kind in erster Linie gegen seine Eltern wendet, sondern vielmehr, dass das Kind leidet, dass es seine Wünsche nicht selber erfüllen kann.
D.h., es ist in dieser Phase nicht mehr in der Lage die Situation zu überblicken oder zu kontrollieren und gerät darum völlig aus den Fugen.
Dein Sohn versucht immer mehr ihre eigenen Wege zu gehen und stösst dabei natürlich und immer wieder an"natürliche" Grenzen. Und er merkt auch, dass du nicht alles so machst und sagst, wie er das gerne möchte.

(Hier noch ein paar Erläuterungen aus dem familienhandbuch.de)
>>Diese ersten Erfahrungen mit dem eigenen Willen und den damit verbundenen aggressiven Gefühlen und Konfliktsituationen bzw. der Umgang damit, werden zu Grunderfahrungen, die das weitere Leben des Kindes er- oder entmutigend prägen werden. Die Kinder erlernen im Idealfall, dass:

... es ist gut, einen eigenen Willen zu entwickeln. Dadurch wird es fähig, eigene Entscheidungen zu treffen und zu erproben, und zu erkennen welche Konsequenzen diese Entscheidungen nach sich ziehen.
... Konfliktsituationen nichts wirklich Bedrohliches sind und zum Leben dazugehören und Lösungen gefunden werden können.
... Konfliktsituationen innere und äußere Spannungen erzeugen. Diese Spannungen sind aber auszuhalten und müssen nicht durch andere Tätigkeiten (z.B. Essen) abreagiert oder sogar verdrängt werden.
... es seine Gefühle äußern und zum Ausdruck bringen kann und seine Eltern halten das aus, bewerten sie nicht, sondern helfen ihm dabei, sie zunehmend in Worte zu fassen und auszudrücken. "Auch wenn ich um mich schlage, schreie und tobe, werde ich von meinen Eltern gemocht."
... bewältigte Konflikte Ereignisse sind, auf die man gemeinsam zurückblicken kann und welche die Beziehung vertiefen.
... es macht Spaß, eigene Erfahrungen zu sammeln, auch wenn manchmal Schmerz und Enttäuschung mit dabei sind. Das Kind verzweifelt nicht, da es von seinen Eltern unterstützt wird, es immer wieder neu zu versuchen. >>

Wichtig ist, dass du nicht alles x-mal sagst. Wenn du möchtest, dass dein Kind etwas tut, dann folge diesen Schritten:

Geh zu ihm hin (also nicht aus einem anderen Zimmer, von draussen nach drinnen…) rufen, sprich ihn mit Namen an und sag ihm genau was er tun soll: „Ich möchte, dass du jetzt deine Kleider anziehst und dann zum Essen kommst, …“ (auch hier, immer sagen, was er tun soll, was du von ihr möchtest). warte ca. 5 Sekunden und gib ihm Zeit zu gehorchen.
Bleib in der Nähe und beobachte ihn. Wenn er tut, was du gesagt hast, dann lobe ihn.
Wenn nicht dann gib die Anweisung noch einmal. (Gilt nicht bei Problemverhalten, dann die Anweisung nur einmal geben!). Wenn er wieder nicht gehorcht, dann musst du eine logische Konsequenz folgen lassen. ( also irgendetwas, welches mit seinem Verhalten in Zusammenhang steht. Das Kind aus der Situation entfernen, das Spielzeug, den Teller einen Moment wegnehmen, keine Geschichte vorlesen usw.)
Sag ihm immer wieso du es tust, drohe nicht, sondern tu es einfach. Wichtig ist, dass du ihm immer wieder die Möglichkeit gibst es wieder zu üben. Entferne das Spielzeug nur für ca. 5-30 minuten und gib es ihm dann wieder.
Ich Botschaften sind in solchen Situationen auch immer sehr hilfreich. "Wenn du alle deine Sachen hier rumliegen lässt, dann macht mich das wütend, weil ich vorher grad alles schön ordentlich aufgeräumt habe." Oder: "Wenn du so rumtrödelst, dann ärgere ich mich, weil ich gerne mit dir Frühstücken möchte."
Lass ihn verstehen, warum du etwas von ihm möchtest und was es bei dir bewirkt, wenn er es nicht tut.

Beobachte dich einmal, WIE du Anweisungen gibst. Denk dran:

Nicht zuviele! Oftmals texten wir unsere Kinder von morgens bis abends mit Anweisungen zu. Je mehr Anweisungen wir geben, umso mehr Möglichkeiten haben die Kinder nicht zu gehorchen. Oftmals geben wir auch einfach nur Anweisungen aus lauter Gewohnheit. "Pass auf dort drüber, diese Pflanzen solltest du nicht anfassen, jetzt musst du dann mal den Schlafanzug anziehen." Hier wäre es besser entweder gar nichts zu sagen oder dann: "Komm her zu mir, Lass die Pflanzen in Ruhe, geh jetzt bitte deinen Schlafanzug anziehen." Überleg dir jeweils, BEVOR du eine Anweisung gibst: Ist diese jetzt wichtig? Denk auch daran, dass du dann auch eine Konsequenz parat haben musst, wenn er sie nicht befolgt.

Frageform! Immer wieder geben wir Anweisungen als Frage. "Könntest du bitte deine Füsse vom Tisch nehmen? Kommst du bitte? Gehst du jetzt die Hände waschen?" Wenn wir eine Anweisung als Frage formulieren, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn das Kind "Nein" sagt. Also sag immer, WAS genau du von deinem Kind erwartest. Positiv Formulieren!

Zu Ungenau! "Leon!" oder "Hör auf mit dem Blödsinn!" "Jetzt reichts aber! "Jetzt benimm dich!" Diese vagen Andeutungen sagen dem Kind weder mit was es aufhören, noch was es stattdessen tun soll.

Von weit her! Immer zum Kind hingehen. Nicht von der Küche ins Kinderzimmer schreien!

Zur falschen Zeit! Vorher ankündigen. Nicht einfach den Fernseher ausmachen, oder zum essen rufen. Sag ihm vorher wie lange er etwas tun darf. Stell eine Uhr, oder geh ca. 5 Min. vorher zu ihm hin und sage: "In 5 Minuten können wir essen, wenn ich das nächste Mal komme, dann möchte ich, dass du gleich mitkommst und dir die Hände wäschst."

Es gibt noch weitere "Erziehungsfallen":

Umgang mit Strafen:
Strafe wird angedroht, aber nicht ausgeführt. Das Kind lernt mit der Zeit, dass die Eltern die Strafen nur androhen, aber trotzdem nix passiert.

Strafe als letzte Möglichkeit:
Die Eltern warten zu lange, bevor sie auf das Problemverhalten reagieren. Strafen fallen dann häufig zu hart aus.

Inkonsequente Bestrafung:
Die Eltern sind sich nicht einig, ob und wie sie Konsequenzen anwenden. Für das Kind ist es schwierig zu merken, welche Linie jetzt gilt.


Die Auszeit funktioniert nicht, ich schicke ihn in sein Zimmer aber er will nie gehen. Er steht dann immer weinend neben mir.

In welchen Situationen schickst du ihn dann in die Auszeit?
Die Auszeit steht ganz am Schluss von einer ganzen Reihe von Erziehungsfertigkeiten. Deshalb ist es wichtig, die Auszeit nicht einfach so anzuwenden, wenn man grad nicht mehr weiter weiss. Eine Auszeit bietet sich dann an, wenn das Kind wirklich einen heftigen Trotzanfall hat, den man nicht mehr ignorieren kann weil: Das Kind mit Sachen wirft, beisst, dich anspukt, haut, andere Kinder verletzt. Eine Auszeit kann man auch anwenden, wenn man selber merkt, dass man kurz davor ist, sein Kind zu schütteln, zu schlagen. In dem Fall ist es auch möglich, selber in eine Auszeit zu gehen. Also nicht das Kind in die Auszeit zu schicken, sondern selber einen Moment in einen anderen Raum zu gehen. Eine Auszeit kannst du aber auch anwenden, wenn du z.B den "stillen Stuhl" (für etwas weniger grosses Problemverhalten) anwendest und dein Kind auf dem st. Stuhl nicht still war.
überleg dir einfach genau, für welches Verhalten du eine Auszeit anwenden möchtest, dann kann es auch nicht passieren, dass du dein Kind plötzlich für jedes x-beliebige Verhalten ins Time Out schickst. Wichtig ist, dass du das vorher mit deinem Kind besprichst, evt. auch grad wenn ihr Regeln abmacht und ihm sagst, wann es in die Auszeit muss.
Du nimmst es damit einen Moment aus der Situation raus, es kann sich beruhigen und wieder etwas zu sich selber finden.
D.h du gehst zu ihm, sagst was er falsch gemacht hat, erinnerst ihn an die Regel und sagst: „Simon, du hast mich jetzt grad gehauen, wir haben abgemacht, dass wir anständig miteinander umgehen. Du gehst jetzt für 1 oder 2 Min. in die Auszeit.“
Du nimmst ihn ganz ruhig und bestimmt, und bringst ihn in den Auszeitraum. Dieser sollte uninteressant sein, also nicht das Kinderzimmer, sondern das Schlafzimmer, Badezimmer…. Wenn er die festgesetzte Zeit ruhig war (es muss nicht mucksmäuschenstill sein, aber er muss sich einigermassen still verhalten), dann gehst du zu ihm und sagst: „du bisch itze schön still gsi, itze darfsch wieder usecho.“ Versuch nicht mehr über den Vorgang zu sprechen, sondern versuch ihn wieder in eine Aktivität zu verwickeln. Die Auszeit zeigt ihm, dass er ganz klar eine Abmachung eine Regel übertreten hat, es gibt ihm aber auch dir die Möglichkeit euch zu beruhigen. Drohe nicht mit der Auszeit, er wird sonst lernen, dass er erst hören muss, wenn du drohst. Das gilt allgemein bei den Drohungen. Also das berühmte „wed itze nid folgisch, denn… oder itze zelle ig no uf drü“ solltest du vermeiden. Dein Kind lernt nämlich dabei: Ich muss erst dann hören, wenn die Mama laut wird, wenn sie schimpft, droht oder auf 3 zählt. Die Auszeit vorher (also wenn es kein Problemverhalten gibt) mit dem Kind vorbesprechen und genau sagen, was passiert, wieso und wie lange man in die Auszeit muss und wann du es wieder von der Auszeit zurückholst.

Gerade wenn ihr auswärts seid, ist es nicht nötig immer grad den Ausflug abzubrechen. Oft reicht es auch, z.B das Kind einfach einen Moment aus der Situation rauszunehmen. Also z.B einen Moment auf ein Bänkli setzen, in den Kindersitz im Auto, kurz mit ihm vor die Türe zu gehen, einen Moment vor dem Einkaufszentrum auf die Treppe zu sitzen usw. Danach soll das Kind wieder die Möglichkeit bekommen, das richtige Verhalten "zu üben"



Bitte hilf mir.

Liebe Grüsse
Deborah

Ich kann deinen Frust, deinen Ärger und auch deine Hilflosigkeit gut verstehen. Trotzdem bringt es nichts, in dem zu verharren. Du musst dir überlegen, was du das nächste Mal besser machen kannst. Ein paar Tipps und Anregungen habe ich dir jetzt mal gegegeben. Schau mal was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder, mit Fragen, mehr Beispielen und Feedback, ok?
liebe Grüsse
Kathrin
Kathrin Buholzer
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