von Kathrin Buholzer » 31.08.2008, 19:05
Hallo Kathrin
Vielen herzlichen Dank für dieses Forum! Hätte ich früher davon gewusst, wäre ich vielleicht heute nicht so am Ende mit meinen Nerven. Ich freue mich sehr darüber und hoffe auch sehr auf Deine Hilfe. Danke im Voraus!!!
Hallo Andura! Es freut mich, dass du hier dabei bist! Herzlich willkommen auf dem Elternplaneten!
Meine Fragen:
Unsere Tochter ist 4 Jahre alt und wirklich ein Wirbelwind. Sie ist sehr weit für ihr Alter und bringt uns oft an die Grenzen mit ihren Sprüchen und Handlungen.
Seit sie auf der Welt ist, besteht zwischen mir und meiner Schwiegermutter ein Machtkampf. D.h. meine Schw.mutter hängt sehr an unserer Tochter, was ich ja auch gut finde, und unsere Tochter liebt ihr Grosi, was ja auch o.k. ist. Meine Schw.mutter kann mich ganz schön plagen, und hat mir auch immer zu Verstehen gegeben, dass ich so ziemlich alles falsch mache, was ich auch als Mutter machen kann. Sie redete mir auch ständig in die Erziehung rein und es kam oft zu Streit und ein vernünftiges Gespräch kann ich leider mit ihr nicht führen. Es sind wirklich sehr heftige Sprüche die von ihr kamen und ich habe auch psychisch sehr darunter gelitten!!! Das ging so weit, bis wir vor 2 Jahren umgezogen sind. Heute ist es so, dass sie weniger reinredet. Aber die Kommentare sind geblieben. Meine Tochter darf ab und zu beim Grosi spielen einen Tag oder am Nachmittag, vielleicht so alle 2 Wochen einmal. Dann höre ich einfach nicht mehr hin, wenn meine Schw.mutter komische Kommentare abgibt. Ich habe einfach angefangen zu verdrängen oder sage mir immer: Sie wohnt ja nicht mehr nebenan und hat jetzt auch keinen Einfluss mehr auf uns.
Ich kann mir gut vorstellen, dass das eine schwierige Situation ist. Pass auf, dass du diesen Konflikt nicht deiner Tochter in "die Schuhe" schiebst. Mach ihr auch kein schlechtes Gewissen, wenn sie vom Grosi erzählt oder sagt, dass sie gerne dort hin geht. Auch wenns dir schwer fällt, versuch darüber zu stehen. Nimm Anteil, frage nach was sie erlebt hat, sprich mit ihr über die Zeit, die sie dort verbracht hat. Je unkomplizierter und unverkrampfter du damit umgehst umso mehr wird sie dir auch davon erzählen, ganz normal, so wie das eben auch sein sollte.
Jetzt mein Problem: Vor ca. 2 Wochen hat meine Tochter angefangen, dieses Spiel auszunutzen. Sie erpresst mich mit den Worten: Wenn ich das nicht bekomme, dann gehe ich eben zum Grosi.
Versuch immer gut vorauszuplanen. Sag ihr immer genau, was als nächstes passiert und was du von ihr erwartest. Am besten ist, wenn du den Tag in kleine Häppchen einteilst und ihr dann immer früh genug ankündest, was jetzt dann kommt. Dann überraschst du sie auch nicht mit deinen Plänen und sie weiss, was auf sie zu kommt. "Du kannst jetzt noch dein Puzzle fertig machen. Ich komme dann zu dir rauf und dann helf ich dir beim aufräumen und dann gehen wir Hände waschen und essen."
Lass dich nicht auf Erpressungen ein. Am besten ist, wenn du diese Erpressungen ignorierst. Geh einfach nicht darauf ein. Am besten funktioniert eigentlich hier immer ablenken. zB. "Ein Güetzi gibst jetzt vor dem Essen nicht mehr, du darfst es dir aber neben deinen Teller legen und nach dem Essen nehmen." Du kannst ihr auch eine Alternative anbieten. (Also es steht nicht zur Diskussion, dass sie etwas tun muss, sondern du kannst ihr anbieten, dass sie entscheiden kann wie.) z.B "Du musst jetzt reinkommen. Willst du mir die Hand geben, oder selber laufen?"
Wenn sie dich häufig erpresst, dann kann das auch damit zusammenhängen, dass du es vielleicht auch häufig machst. Pass also auf mit Drohungen, die solltest du vermeiden! Ich kann dir hier mal ein paar grundsätzliche Tipps zu Anweisungen geben:
WIE du die Anweisungen gibst ist wichtig. Ich kann dir hier ein paar Tipps dazu geben:
Wichtig ist auch, dass du nicht alles x-mal sagst.
Wenn du möchtest, dass dein Kind etwas tut, dann probier mal diesen Schritten zu folgen:
Geh zu ihr hin (also nicht aus einem anderen Zimmer, von draussen nach drinnen…) rufen
sprich sie mit Namen an und sag ihr genau was sie tun soll: „bitte häb dini Füess abe, gang bitte ga Zähnputze, due bitte normal rede, …“ (auch hier, immer sagen, was sie tun soll, was du von ihr möchtest).
Achtung: KEINE Frageform. "Würdest du jetzt bitte aufhören? Kommst du bitte? Lässt du das jetzt bitte sein?" Du gibst ihr eine ANWEISUNG und keine Frage. Sie kann nicht auswählen, ober sie es tun will oder nicht.
Versuch nicht zu drohen! Also nicht: "Wenn du jetzt nicht aufhörst, dann..." oder "Ich sage es jetzt nicht nochmal." oder "Ich zähle jetzt auf 3..." Die Kinder lernen so, dass sie erst gehorchen müssen, wenn du laut wirst oder drohst. (Wenn du das häufig machst, wird deine Tochter das bei dir auch versuchen anzuwenden).
Warte ca. 5 Sekunden und gib ihr Zeit zu gehorchen. Bleib in der Nähe und beobachte sie.
Wenn sie macht, was du gesagt hast, dann lobe sie.
Wenn nicht dann gib ihr die Anweisung noch einmal. (Bei Problemverhalten, also wenn sie mit etwas aufhören soll, dann gib die Anweisung nur 1 Mal und lasse dann gleich eine Konsequenz folgen).
Wenn sie wieder nicht gehorcht, dann musst du eine logische Konsequenz folgen lassen. ( also irgendetwas, welches mit seinem Verhalten in Zusammenhang steht. Sie aus der Situation entfernen, das Spielzeug, den Teller einen Moment wegnehmen, keine Geschichte vorlesen usw.). Sag ihr immer wieso du es tust, drohe nicht, sondern tu es einfach. Wichtig ist, dass du ihr immer wieder die Möglichkeit gibst es wieder zu üben. Entferne das Spielzeug nur für ca. 5-30 minuten und gib es ihr dann wieder.
Beobachte dich einmal, WIE du Anweisungen gibst. Denk dran:
Nicht zuviele! Oftmals texten wir unsere Kinder von morgens bis abends mit Anweisungen zu. Je mehr Anweisungen wir geben, umso mehr Möglichkeiten haben die Kinder nicht zu gehorchen. Oftmals geben wir auch einfach nur Anweisungen aus lauter Gewohnheit. "Pass auf dort drüber, diese Pflanzen solltest du nicht anfassen, jetzt musst du dann mal den Schlafanzug anziehen." Hier wäre es besser entweder gar nichts zu sagen oder dann: "Komm her zu mir, Lass die Pflanzen in Ruhe, geh jetzt bitte deinen Schlafanzug anziehen." Überleg dir jeweils, BEVOR du eine Anweisung gibst: Ist diese jetzt wichtig? Denk auch daran, dass du dann auch eine Konsequenz parat haben musst, wenn er sie nicht befolgt.
Frageform! Immer wieder geben wir Anweisungen als Frage. "Könntest du bitte deine Füsse vom Tisch nehmen? Kommst du bitte? Gehst du jetzt die Hände waschen?" Wenn wir eine Anweisung als Frage formulieren, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn das Kind "Nein" sagt. Also sag immer, WAS genau du von deinem Kind erwartest. Positiv Formulieren!
Zu Ungenau! "Sarah!" oder "Hör auf mit dem Blödsinn!" "Jetzt reichts aber! "Jetzt benimm dich!" Diese vagen Andeutungen sagen dem Kind weder mit was es aufhören, noch was es stattdessen tun soll.
Von weit her! Immer zum Kind hingehen. Nicht von der Küche ins Kinderzimmer schreien!
Zur falschen Zeit! Vorher ankündigen. Nicht einfach den Fernseher ausmachen, oder zum essen rufen. Sag ihm vorher wie lange er etwas tun darf. Stell eine Uhr, oder geh ca. 5 Min. vorher zu ihm hin und sage: "In 5 Minuten können wir essen, wenn ich das nächste Mal komme, dann möchte ich, dass du gleich mitkommst und dir die Hände wäschst."
Es gibt noch weitere "Erziehungsfallen":
Umgang mit Strafen:
Strafe wird angedroht, aber nicht ausgeführt. Das Kind lernt mit der Zeit, dass die Eltern die Strafen nur androhen, aber trotzdem nix passiert.
Strafe als letzte Möglichkeit:
Die Eltern warten zu lange, bevor sie auf das Problemverhalten reagieren. Strafen fallen dann häufig zu hart aus.
Inkonsequente Bestrafung:
Die Eltern sind sich nicht einig, ob und wie sie Konsequenzen anwenden. Für das Kind ist es schwierig zu merken, welche Linie jetzt gilt.
Oder das schlimmste was sie tut: Wenn sie mal beim Grosi war, weint sie danach herzzerreissend, sie wolle, dass ICH ausziehe und s Grosi hier her zieht. Es herrscht nur noch GROSI, GROSI, GROSI...!
Lass dich davon nicht beirren! Sie wird niemals jemanden so sehr lieben wie dich! Auch wenn sie das nicht immer so zeigt. Es ist ja toll, dass sie so ein gutes Verhältnis hat und gerne dort hin geht. Versuch das auch ein wenig mit Humor zu nehmen. In einer solchen Situation kannst du z.B mit einer weinerlichen Stimme sagen: "Ojeojeoje. Hast du gehört Bär. Die Léonie möchte, dass ich ausziehe. Und wo soll ich denn hin? Wem soll ich denn in Zukunft das Gutenachtlied singen? Wem soll ich denn eine Geschichte erzählen? Wer kuschelt denn mit mir? Wer singt mir denn schöne Lieder vor...?" Du könntest z.B auch sagen: "Gell, beim Grosi ist es halt schon toll. Dort darf man halt Sachen, die man bei Mama und Papa nicht darf. Das war bei mir, als ich ein kleines Mädchen war auch so. Beim Grosi durfte ich auch immer viel mehr als zu Hause. Was findest du denn alles toll beim Grosi?" Versuch ihr eine Antwort zu geben, die sie nicht erwartet, du nimmst ihr damit den "Wind aus den Segeln". Sie wird dann merken, dass sie dir damit nichts Böses anhaben kann, sondern, dass du dich dafür interessierst und es dich auch nicht stört, wenn sie vom Grosi schwärmt.
Ich weiss, dass sie beim Grosi mehr darf und auch dass meine Schw.mutter mehr Zeit für sie hat, aber ICH bin doch s Mami!
Wenn du mit ihr dann so darüber sprichst, kannst du ihr das ja z.B auch sagen. "Gell beim Grosi ist es toll, das hat immer so viel Zeit? Wäre das etwas, das du dir von der Mama auch wünschen würdest?" Evt. hat sie ja auch Recht. Im Alltag vergessen wir die "wertvolle Zeit" immer etwas. Wir vertrösten unsere Kinder immer wieder auf später. "Ja, ich muss noch schnell staubsaugen. Ich komme dann gleich, warte ich muss noch dies oder jenes zuerst machen." Versuch mal, wenn deine Tochter etwas von dir möchte, dich etwas fragen oder dir etwas zeigen will, das was du gerade tust zu unterbrechen und schenk ihr kurz deine Aufmerksamkeit. Das muss nur ein paar Sekunden bis ein paar Minuten wertvolle Zeit sein. Meistens geht das ja gut.
Unsere Kleine sagt uns in letzter Zeit immer wieder wenn wir mal schimpfen müssen: Dann gehe ich eben fort und komme nicht wieder.
Versuch im allgemeinen den Fokus vermehrt aufs Positive zu setzen. Tut sie etwas, dass du magst, dass dir gefällt, dann lobe und ermutige sie und sag ihr genau, WAS dir gefallen hat. "Toll, dass du grad gekommen bist." Pass auf, dass du nicht ins Negative fällst. "Endlich, hast du mal nicht so blöd getan."
Wenn sie das sagt, dann kannst du sagen: "Ich verstehe, dass du dich jetzt grad ärgerst." oder "Du ärgerst dich jetzt grad, gell?" Kommentiere das aber sonst nicht, wenn sie sagt, dass sie fortgehen will.
Meistens will sie dann zum Grosi. Dass sie mir damit sehr weh tut, und meine Schw.mutter bei solchen Äusserungen auch immer gleich das Gefühl bekommt, unsere Tochter gefällts bei uns eben einfach nicht, das merkt sie natürlich noch nicht.
Wenn sie solche Äusserungen macht, dann macht sie das nicht, weil sie dir damit weh tun will. Kleine Kinder reagieren ganz spontan, sie sind kleine Egoisten. Trage dem Rechnung und nimm das nicht tragisch.
Und ich weiss einfach nicht, wie ich das einer 4-Jährigen irgendwie erklären oder beibringen kann. Ich kann ihr ja schlecht sagen: Deine Grosi ist in Wirklichkeit eine böse Frau, die mich nur immer plagen will und Freude hat wenn Du so redest!!!
Indem du das einfach ignorierst und es nicht so wichtig machst. Trage diesen Konflikt nicht auf dem Rücken deiner Tochter aus.
Sprüche von meiner Schwiegermutter, damit Du mich ein bisschen mehr verstehen kannst:
- Als unser Sohn zur Welt kam, sagte sie: Jetzt hast du ja sowieso keine Zeit mehr für die tochter, sie kann auch bei mir wohnen, wir haben genügend Zimmer.
Hier hättest du sagen können: "Ja du hast Recht, das wird am Anfang sicherlich schwierig beiden gerecht zu werden. Das haben mir auch schon andere Frauen bestätigt. Wie hast du das damals denn gemacht?"
- Als wir zügelten: Sie kniete zu meiner tochter hin und sagte ihr: Jetzt ziehst du weg von mir, ich hoffe es kommt trotzdem gut mit dir.
Das würde ich einfach ignorieren. Ist vielleicht nicht grad sehr glücklich ausgedrückt, aber wahrscheinlich hat sie das einfach etwas ironisch gemeint.
- Wenn ich schimpfte mit der Kleinen, dann kam sie gleich zu uns dazwischen und nahm meine Tochter und sagte: was sollst du denn jetzt schon wieder angestellt haben? Komm lieber zu mir, dein Mami schimpft ja ständig. das alles ist doch gar nicht so schlimm gewesen!!!
"Nein, schlimm war es nicht. Es ist mir wichtig, dass sie auf mich hört, wenn ich ihr etwas sage."
-Wenn wir auf dem Spielplatz waren oder im Hallenbad, dann schiimpft sie mit mir, anstatt Freude zu haben. Das sei viel zu gefährlich mit 2 Kindern und fahrlässig.
"Ich weiss das zu schätzen, dass du dich um die Kinder sorgst. Wenn ich mal Hilfe brauche, dann melde ich mich." Auch wenns schwierig ist im Moment, lass dich hier nicht verunsichern. ;-) Versuch das Ganze etwas mit Humor zu nehmen...
die liste könnte noch länger werden. und ich will dich da nicht volltexten. mir gehts wirklich nur darum, dass ich einen weg suche, aus diesem kampf auszubrechen. ich möchte nicht "gewinnen", sondern einfach nicht mehr jedes mal mit einer Angst dort hingehen. Denn ich habe gemerkt, jeh mehr Angst das ich zeige, desto schlimmer sind die Reaktionen von meiner Tochter und meiner Schw.mutter. Mir fehlt da echt das Selbstbewusstsein.
Je ruhiger, harmonischer und intensiver die Beziehung zwischen deiner Tochter und dir ist, umso gelassener wirst du solche Situationen und auch solche Kommentare nehmen können. Versuch immer wieder schöne und liebevolle Momente zu schaffen. Achte dich auf die Anweisungen, bleib ruhig und konsequent und lobe und ermutige deine Tochter immer wieder.
Danke fürs Zuhören.
Andura
Bitte, sehr gern geschen! Versuch mal, was du damit anfangen kannst und melde dich einfach wieder, mit Fragen und Feedback, ok?
liebe Grüsse
Kathrin