Ständiges Nachlaufen

Hier gibts Antworten auf die wichtigsten Erziehungsfragen

Moderator: Kathrin Buholzer

Ständiges Nachlaufen

Beitragvon milu » 03.06.2008, 22:00

Hallo Kathrin
Unsere beiden sind ja bald 3 Jahre alt.Und unser Junge kann keine 5 min. alleine sein!!! Auch nicht alleine mit seiner Schwester.Und wenn ich mal die Wäsche in den oberen Stock bringe, er merkt,dass ich weg bin fängt er an zu schreien,und sucht mich, in einer Aufregung. Wenn er am Morgen aufwacht und seine Schwester,(Sie schlafen im gleichen Zimmer) schon unten ist fängt er gleich an zu weinen!Der Mittagsschlaf machen Sie getrennt, er darf in unserem Bett schlafen,weil sie zusammen nicht mehr geschlafen haben, und das ist kein problem, wenn er dort alleine im Zimmer einschläft! Auch wenn ich im sage,dass er was holen soll irgendwo im Haus, will er nicht alleine gehen. Ich habe ihn auch schon oft gefragt wieso, Er kann mir keine Antwort geben.Ich hab das Gefühl,dass er Angst hat, aber ich weiss beim besten Willen nicht von was!Wir haben auch einen schönen Garten mit einem Gartenzaun, so, dass Sie nicht raus können, wenn ich was ins Haus holen gehe, rennt er mir hinterher, wenn er schön am sändele ist sage ich zum Beispiel nichts geh schnell was holen, geht nicht, er merkt innert sekunden dass ich ins Haus gegangen bin, und springt mir schreiend hinterher! Wenn ich Sie zu meiner Schwester bringe, dass ich was erledigen kann, ist dass kein Problem, Er geht gerne weint auch nicht, wenn ich gehe! Hast Du mir ein paar gute tips wie ich in solchen Situationen mit Ihm umgehen soll?Oder wie ich es Ihm lernen kann,vielleicht hast Du auch einen Idee wieso, dass sein könnte! Ich bin manchmal schon richtig nervig, weil ich nicht einmal alleine aufs Klo kann!!! Bin gespannt auf deine Anregungen
Liebe Grüsse Milu
milu
 
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Beitragvon Kathrin Buholzer » 04.06.2008, 14:39

Hallo milu! Die Frage die sich bei dir stellt ist: Wie kann ich meine Kinder zur Selbstständigkeit erziehen?

Ganz wichtig ist, dass deine Kinder ein gutes Vertrauensverhältnis zu dir aufbauen können. Das heisst, sie müssen sich geborgen und sicher fühlen. Versuch immer wieder am Tag ihnen "wertvolle Zeit" zu schenken. Also immer wieder einen kurzen Moment (zwischen ein paar Sekunden bis zu ein paar Minuten) mit deinen Kinder beschäftigen. Also wenn sie dich etwas fragen, dir etwas zeigen wollen, nicht immer auf später vertrösten, sondern wenn es grad passt, deine Arbeit schnell unterbrechen, zuschauen, zuhören und ihnen einen Moment wertvolle Zeit schenken.

Was ebenfalls sehr wichtig ist, dass wir als Eltern auch Vertrauen in die Fähigkeiten unserer Kinder haben. Wir müssen ihnen etwas zutrauen und ihnen auch Erfahrungsräume öffnen. D.h nicht immer grad alles selber erledigen (auch wenns oft schneller geht und bequemer ist). Wenn dein Kind etwas nicht schafft, vielleicht deshalb auch wütend wird, nimm ihm nicht immer die Arbeit ab und präsentier ihm die Lösung. Versuch zusammen mit ihm eine Lösung zu finden. Frag ihn, was er tun wollte und wie er das jetzt anpacken könnte. Gib ihm Tipps und Hilfestellungen aber erledige es nicht für ihn.
Die Kinder können oft viel mehr, als wir ihnen zutrauen und oft auch mehr, als wir gedacht haben. Viele Eltern räumen ihnen Kindern jedes Steinchen aus dem Weg und möchten sie auch vor allem bewahren. Sie sind fast pausenlos beschäftigt, ihre Wünsche zu erfüllen. Trotzdem ist das Kind oft unzufrieden und quengelig. Überleg dir einmal wie du dich fühlen würdest, wenn du ein unselbstständiger Erwachsener wärst.
Genau so muss sich auch ein unselbstständiges Kind fühlen, so nach dem Motto: "ich kann das nicht allein, ich brauche ständig einen Erwachsenen um mich herum, ohne Erwachsene bin ich hilflos, ich kann es eh nicht allein, deshalb versuche ich es erst gar nicht. Die Erwachsenen müssen immer für mich da sein, damit meine Wünsche erfüllt werden. Sie müssen sich pausenlos mit mir beschäftigen, sonst wirds mir Langweilig und ich mache Blödsinn."
Ein unselbstständiges Kind hat auch das Gefühl, dass es Dinge im Alltag gar nicht selber erledigen kann, weil sie ihm ja meistens von einem Erwachsenen abgenommen werden. Häufig unterstützen wir dieses Gefühl mit Aussagen wie: "Dafür bist du noch zu klein, warte ich helf dir, du kannst das noch nicht." Das Kind wird abhängig von den Erwachsenen und es lernt auch nicht Verantwortung zu übernehmen und auch die Konsequenzen für sein Handeln zu tragen. Es wird bequem egoistisch und nützt andere aus. Ausserdem ist ihm oft Langweilig, weil es gar nie richtig gelernt hat sich selber zu beschäftigen. Ein unselbstständiges Kind hat oft wenig Selbstwertgefühl. Es ist oft unsicher, manchmal schüchtern, mutlos aber auf alle volle hat es ganz hohe Ansprüche an uns Eltern und wird zum Tyrannen. Das vor allem auch, weil es wenig Widerstand spürt und auch nicht gelernt hat mit unangenehmen Situationen fertig zu werden.

Ein Kind zur Selbstständigkeit erziehen heisst nicht, ihm alles erlauben, alles durchgehen lassen. Es ist das Gegenteil von abhängig sein, angewiesen sein auf den anderen. Also möglichst früh, das selber zu tun, was möglich ist, ohne dass jemand hilft oder es für einen erledigt.
Was heisst das jetzt genau? Versuch immer wieder im Alltag deinem Kind die Möglichkeit zu geben, Dinge zu entdecken, selber auszuprobieren, ganz nach dem Motto: "Hilf mir, es selbst zu tun". Wir unterschätzen unsere Kinder ganz häufig und sind erstaunt, wie viel sie schon selber können. Es ist nicht immer ganz einfach und es ist oft auch anstrengender, mit mehr Zeit und Energie verbunden, wenn wir versuchen unsere Kinder zu mehr Selbstständigkeit zu erziehen. Doch wenn wir es tun, dann werden die Kinder auch weniger am eigenen "Rockzipfel" hängen.

Lass dein Kind die Dinge die es selbst tun kann auch selber tun. Beobachte dein Kind und wenn du merkst, dass es Hilfe braucht, dann sei ihm eine Stütze, zieh dich aber dann auch wieder zurück.

Versuch ihn mit kleinen Dingen zu unterstützen. Selber anziehen, waschen, Jacke anziehen, Brot streichen, Dinge wegräumen...
Sag ihm immer genau, was du von ihm erwartest. Wenn du merkst, dass er es noch nicht alleine schafft, dann frag ihn, was er als erstes tun muss: "z.B wenn du deine Schuhe anziehen willst, was musst du zuerst machen?" - "Den Verschluss aufmachen." - "Genau, und dann...?" Geh mit ihm das schön Schritt für Schritt durch, lobe und ermutige ihn.
Versuch auch, dich nicht wegzuschleichen. Wenn er dich sieht, dann geh rasch zu ihm und sag z.B: "Ich muss schnell die Wäsche holen, ich möchte, dass du im Sandkasten bleibst. Ich komme danach gleich wieder zu dir. Was machst du in der Zwischenzeit? Einen Kuchen für mich backen? Tolle Idee, ich möchte einen mit viel Rahm und mit Schoggi. Gut, du machst mir einen Kuchen und ich esse ihn dann grad wenn ich mit der Wäsche zurück bin." Lobe und ermutige ihn wenn es geklappt hat.
Wenn er z.B was holen soll, kannst du z.B sagen: "In deinem Zimmer, liegt der gelbe Pulli, weisst du welchen ich meine? Ich möchte, dass du den schnell holst. Ich warte hier auf der Treppe auf dich." Du kannst auch versuchen ein Spiel daraus zu machen. Er ist der Hund und der Pulli ist ein feiner Knochen. Sag deinem Hündchen, dass du gerne diesen Knochen möchtest, er solle rasch raufgehen und diesen feinen Knochen holen.

Wenn er weint oder schreit, dann spring nicht immer gleich und geh zu ihm. z.B die Situation mit dem WC. Sag ihm, dass du aufs WC gehst und dass du alleine gehen willst. Du kannst ihm fragen, was er in der Zeit machen will. Wenn er dir nachrennt und weint, sei auch mal bereit die Türe zu schliessen und ihn halt einen Moment weinen zu lassen.

Versuch auch viele interessante Beschäftigungen zu suchen. Überleg dir einmal, was er bei euch zu Hause tun kann. Mit welchen Sachen, Gegenständen, Materialien könnte er spielen. Dinge, mit denen er selber etwas "schaffen" kann. Die seine Fantasie anregen und mit denen er selber immer wieder neue Spielvarianten erfinden kann.
Gib deinen Kindern z.B Tücher, alte Kleider (z.B verkleiderlen), Kartonschachteln, Wäschekorb, Stühle, Zeichnungspapier... Du kannst ihnen auch eine "Krimskrams-Kiste" machen. Einfach eine Schachtel mit wertlosem Material wie Schnur, Korkzapfen, Silberpapierchen, Knöpfe usw... Schmeiss dort immer wieder etwas rein. Mit dieser Kiste kann er sich dann beschäftigen, basteln, zeichnen, kleben usw.
Lass sie im Haushalt mithelfen, gib ihnen Aufgaben, damit sie etwas zu tun haben usw.

Schau mal, was du mit diesen Anregungen anfangen kannst und melde dich einfach wieder! Denk dran: Das wird sich jetzt nicht gleich von heute auf morgen ändern, das ist ein Prozess, den du jetzt mit vielen kleinen Veränderungen in Gang bringen kannst.
liebe Grüsse
Kathrin
Kathrin Buholzer
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